Dr. Theo Zwanziger: "Wir müssen den Rechtsradikalen die Stirn bieten"

Der Geschäftsführende DFB-Präsident und Vizepräsident des Organisationskomitees der FIFA Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, Dr. Theo Zwanziger, hat in einem aktuellen Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) an die nationalen Fußball-Verbände und -Vereine appelliert, während der WM in Deutschland Flagge gegen rechtsradikale Elemente zu zeigen.

Frage: Nur noch eine Woche bis zum WM-Start - mit welcher Vorfreude gehen Sie in die WM, und welche Probleme könnten auf den letzten Metern noch auftauchen?

Dr. Theo Zwanziger: Ich denke, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Die Stadien sind in einem ausgezeichneten Zustand, und das ist enorm wichtig. Probleme kann es sicherlich bis noch mit dem Ticketing und der damit verbundenen Personalisierung geben. Da werden wir alle Hände voll zu tun haben. Das wird bis zum Schluss eine spannende Sache.

Frage: Warum bereitet denn gerade das Ticketing in dieser Form so große Sorgen?

Zwanziger: Unser Ziel war und ist es, volle Stadien zu haben. Uns ist es zum Glück auch gelungen, dass 90 Prozent der Karten an Leute gegangen sind, die auch unbedingt ins Stadion wollen. Nun haben wir noch ein paar Probleme wegen der Personalisierung bei den so genannten VIP-Tickets bekommen, die wir aber auch noch lösen werden.

Frage: Warum ist es denn so wichtig, dass jedes Ticket personalisiert wird, und wie muss man sich bei diesem Aufwand die Einlasskontrolle vorstellen?

Zwanziger: Die Möglichkeit, dass jeder überprüft werden kann, muss sein. Damit wollen wir gegen Fälschungen von Tickets vorbeugen, aber eben auch verhindern, dass gewaltbereite Personen in die Stadien gelangen. Theoretisch kann jeder Besucher überprüft werden. Ob tatsächlich jeder geprüft wird, müssen die Sicherheitsexperten von Spiel zu Spiel entscheiden. Falls es für eine Begegnung sicherheitsrelevante Hinweise gibt, dann werden die Kontrollen entsprechend verstärkt, falls nicht, wird das Prozedere sicher abgekürzt. Wir sind aber bei allen Spielen auf dem neuesten Stand, auch wenn wir den nicht öffentlich machen werden.

Frage: Gibt es noch irgendwelche Dinge, die Ihnen Kopfschmerzen bereiten?

Zwanziger: Durch die vielen Baumaßnahmen im Vorfeld der WM gibt es derzeit auch auf den Zufahrtswegen noch die ein oder andere Baustelle. Da wird es sicherlich mal Ärger geben, aber das ist eigentlich normal und noch das geringste Problem. Wir wissen zudem trotz unserer akribischen Vorbereitung, dass nichts so perfekt ist, dass doch noch mal etwas schief gehen könnte. Ich denke aber, dass wir für alle Eventualitäten gewappnet sind.

Frage: Beunruhigt Sie, dass einige rechte Gruppierungen die WM-Bühne nutzen wollen, um ihre Gesinnung öffentlich zu machen?

Zwanziger: Diese Sache nehme ich sehr ernst, denn das ist ein ganz sensibler Bereich. Vor allem, weil er damit zu tun hat, wie unser Image im Ausland sein wird. Ein Grund für unsere WM-Bewerbung war schließlich, das wiedervereinigte Deutschland zu präsentieren. Und das wiedervereinigte Deutschland hat mit Fremdenfeindlichkeit nichts am Hut.

Frage: Dennoch haben einige Neonazis angekündigt, während der WM auf die Straße zu gehen ...

Zwanziger: Wenn es Aufmärsche von Neonazis geben sollte, wünsche ich mir, dass durch Gegendemonstrationen das wirkliche Deutschland gezeigt wird. Wir haben es mit einer Minderheit zu tun, die unsere demokratischen Grundregeln ausnutzt, um ihr braunes Gedankengut zu verbreiten. Deshalb erwarte ich von unseren Fußballern, dass sie klar Position beziehen und durch aktives Mitmachen Flagge gegen Fremdenfeindlichkeit und für unsere Demokratie zeigen. Deshalb hoffe ich nicht nur, sondern ich appelliere vor allem an unsere Verbände und Vereine, dass sie nicht tatenlos zuschauen. Wir müssen den Rechtsradikalen die Stirn bieten.

Frage: Warum gerade besonders die Verbände und Vereine?

Zwanziger: Weil gerade der Fußball ja sehr integrativ ist und er deshalb auch bei der Bekämpfung von Rassismus und ähnlich schrecklichen Dingen seine Vorbildfunktion wahrnehmen und zeigen muss: "Wir lassen uns unser Deutschland nicht kaputtmachen". Ich erwarte auch von den Medien in dieser Hinsicht Unterstützung. Ich kann leider nicht ausschließen, dass es im Stadion mal eine Hakenkreuz-Fahne zu sehen gibt, aber dann müssen die TV-Anstalten nicht minutenlang dieses Bild übertragen, sondern ein paar Meter weiterschwenken und die wahren deutschen Fans zeigen, die vielleicht sogar durch entsprechende Plakate darauf aufmerksam machen, dass sie mit einer solchen Gesinnung und solchen Parolen nichts am Hut haben und sie aufs Schärfste verurteilen.

Frage: Gibt es denn auch Dinge, die Ihnen im Vorfeld der WM besonders positiv aufgefallen sind?

Zwanziger: Natürlich, in erster Line die vielen stimmungsvollen Events, die in ganz Deutschland zum Thema WM stattfinden. Vor allem haben mich die Mini-Weltmeisterschaften der E- und D-Jugend begeistert, die landesweit in vielen Orten durchgeführt wurden und nicht vom Fernsehen übertragen wurden. Diese Kinder haben unser Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" großartig rübergebracht, wenn sie in den diversen Nationalmannschaftstrikots ihre Spiele ausgetragen haben. Und wenn man zudem gesehen hat, dass in Düsseldorf mehr als 40.000 Fans zum Training unserer Nationalmannschaft kommen, dann ist das fantastisch. Nun müssen wir schauen, dass wir dieser Begeisterung mit der WM noch das I-Tüpfelchen aufsetzen.

Frage: Inwieweit ist die Stimmung in unserem Land denn mit einem erfolgreichen Abschneiden der deutschen Mannschaft verbunden?

Zwanziger: Es ist grundsätzlich richtig, dass die Stimmung bei uns auch vom Abschneiden der deutschen Mannschaft beeinflusst wird. Andererseits gebe ich zu Bedenken, dass nach unserem Vorrunden-Aus bei der EM vor vier Jahren die Begeisterung in Deutschland für das Turnier kaum nachgelassen hat und auch die TV-Einschaltquoten nur geringfügig zurückgegangen sind. Das würde auch bei der WM der Fall sein.

Frage: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft denn zu?

Zwanziger: Mein Vertrauen in diese Mannschaft ist sehr groß. Wir müssen natürlich schauen, dass wir unsere Abwehr noch etwas stabilisieren. Aber wenn wir das Achtelfinale erreichen, wovon ich hundertprozentig überzeugt bin, ist alles drin. [sid]


[bild1]Der Geschäftsführende DFB-Präsident und Vizepräsident des Organisationskomitees der FIFA Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, Dr. Theo Zwanziger, hat in einem aktuellen Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) an die nationalen Fußball-Verbände und -Vereine appelliert, während der WM in Deutschland Flagge gegen rechtsradikale Elemente zu zeigen.



Frage: Nur noch eine Woche bis zum WM-Start - mit welcher
Vorfreude gehen Sie in die WM, und welche Probleme könnten auf den letzten Metern noch auftauchen?



Dr. Theo Zwanziger: Ich denke, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Die Stadien sind in einem ausgezeichneten Zustand, und das ist enorm wichtig. Probleme kann es sicherlich bis noch mit dem Ticketing und der damit verbundenen Personalisierung geben. Da werden wir alle Hände voll zu tun haben. Das wird bis zum Schluss eine spannende Sache.



Frage: Warum bereitet denn gerade das Ticketing in dieser Form so große Sorgen?



Zwanziger: Unser Ziel war und ist es, volle Stadien zu haben. Uns ist es zum Glück auch gelungen, dass 90 Prozent der Karten an Leute gegangen sind, die auch unbedingt ins Stadion wollen. Nun haben wir noch ein paar Probleme wegen der Personalisierung bei den so genannten VIP-Tickets bekommen, die wir aber auch noch lösen werden.



Frage: Warum ist es denn so wichtig, dass jedes Ticket
personalisiert wird, und wie muss man sich bei diesem Aufwand die Einlasskontrolle vorstellen?



Zwanziger: Die Möglichkeit, dass jeder überprüft werden kann, muss sein. Damit wollen wir gegen Fälschungen von Tickets
vorbeugen, aber eben auch verhindern, dass gewaltbereite Personen in die Stadien gelangen. Theoretisch kann jeder Besucher überprüft werden. Ob tatsächlich jeder geprüft wird, müssen die Sicherheitsexperten von Spiel zu Spiel entscheiden. Falls es für eine Begegnung sicherheitsrelevante Hinweise gibt, dann werden die Kontrollen entsprechend verstärkt, falls nicht, wird das Prozedere sicher abgekürzt. Wir sind aber bei allen Spielen auf dem neuesten Stand, auch wenn wir den nicht öffentlich machen werden.



Frage: Gibt es noch irgendwelche Dinge, die Ihnen Kopfschmerzen bereiten?



Zwanziger: Durch die vielen Baumaßnahmen im Vorfeld der WM gibt es derzeit auch auf den Zufahrtswegen noch die ein oder andere Baustelle. Da wird es sicherlich mal Ärger geben, aber das ist eigentlich normal und noch das geringste Problem. Wir wissen zudem trotz unserer akribischen Vorbereitung, dass nichts so perfekt ist, dass doch noch mal etwas schief gehen könnte. Ich denke aber, dass wir für alle Eventualitäten gewappnet sind.



Frage: Beunruhigt Sie, dass einige rechte Gruppierungen die WM-Bühne nutzen wollen, um ihre Gesinnung öffentlich zu machen?



Zwanziger: Diese Sache nehme ich sehr ernst, denn das ist ein ganz sensibler Bereich. Vor allem, weil er damit zu tun hat, wie unser Image im Ausland sein wird. Ein Grund für unsere WM-Bewerbung war schließlich, das wiedervereinigte Deutschland zu präsentieren. Und das wiedervereinigte Deutschland hat mit Fremdenfeindlichkeit nichts am Hut.



Frage: Dennoch haben einige Neonazis angekündigt, während der WM auf die Straße zu gehen ...



Zwanziger: Wenn es Aufmärsche von Neonazis geben sollte,
wünsche ich mir, dass durch Gegendemonstrationen das wirkliche
Deutschland gezeigt wird. Wir haben es mit einer Minderheit zu tun, die unsere demokratischen Grundregeln ausnutzt, um ihr braunes Gedankengut zu verbreiten. Deshalb erwarte ich von unseren Fußballern, dass sie klar Position beziehen und durch aktives Mitmachen Flagge gegen Fremdenfeindlichkeit und für unsere Demokratie zeigen. Deshalb hoffe ich nicht nur, sondern ich appelliere vor allem an unsere Verbände und Vereine, dass sie nicht tatenlos zuschauen. Wir müssen den Rechtsradikalen die Stirn bieten.



Frage: Warum gerade besonders die Verbände und Vereine?



Zwanziger: Weil gerade der Fußball ja sehr integrativ ist und er deshalb auch bei der Bekämpfung von Rassismus und ähnlich
schrecklichen Dingen seine Vorbildfunktion wahrnehmen und zeigen
muss: "Wir lassen uns unser Deutschland nicht kaputtmachen". Ich
erwarte auch von den Medien in dieser Hinsicht Unterstützung. Ich kann leider nicht ausschließen, dass es im Stadion mal eine
Hakenkreuz-Fahne zu sehen gibt, aber dann müssen die TV-Anstalten nicht minutenlang dieses Bild übertragen, sondern ein paar Meter weiterschwenken und die wahren deutschen Fans zeigen, die vielleicht sogar durch entsprechende Plakate darauf aufmerksam machen, dass sie mit einer solchen Gesinnung und solchen Parolen nichts am Hut haben und sie aufs Schärfste verurteilen.



Frage: Gibt es denn auch Dinge, die Ihnen im Vorfeld der WM besonders positiv aufgefallen sind?



Zwanziger: Natürlich, in erster Line die vielen
stimmungsvollen Events, die in ganz Deutschland zum Thema WM
stattfinden. Vor allem haben mich die Mini-Weltmeisterschaften der E- und D-Jugend begeistert, die landesweit in vielen Orten durchgeführt wurden und nicht vom Fernsehen übertragen wurden. Diese Kinder haben unser Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" großartig rübergebracht, wenn sie in den diversen
Nationalmannschaftstrikots ihre Spiele ausgetragen haben. Und wenn man zudem gesehen hat, dass in Düsseldorf mehr als 40.000 Fans zum Training unserer Nationalmannschaft kommen, dann ist das fantastisch. Nun müssen wir schauen, dass wir dieser Begeisterung mit der WM noch das I-Tüpfelchen aufsetzen.



[bild2]Frage: Inwieweit ist die Stimmung in unserem Land denn mit einem erfolgreichen Abschneiden der deutschen Mannschaft verbunden?



Zwanziger: Es ist grundsätzlich richtig, dass die Stimmung bei uns auch vom Abschneiden der deutschen Mannschaft beeinflusst wird. Andererseits gebe ich zu Bedenken, dass nach unserem Vorrunden-Aus bei der EM vor vier Jahren die Begeisterung in Deutschland für das Turnier kaum nachgelassen hat und auch die TV-Einschaltquoten nur geringfügig zurückgegangen sind. Das würde auch bei der WM der Fall sein.



Frage: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft denn zu?



Zwanziger: Mein Vertrauen in diese Mannschaft ist sehr groß. Wir müssen natürlich schauen, dass wir unsere Abwehr noch etwas stabilisieren. Aber wenn wir das Achtelfinale erreichen, wovon ich hundertprozentig überzeugt bin, ist alles drin.