Doris Fitschen: "Ein großartiger Schritt"

144 Länderspiele absolvierte Doris Fitschen für Deutschland. Als die Frauen-Nationalmannschaft 1989 ihren ersten EM-Titel holte, war sie mit dabei und als Spielerin an drei weiteren EM-Triumphen beteiligt. Nach langer Tätigkeit im Marketing des DFB ist sie seit kurzem Gesamtkoordinatorin und Leiterin des Projekts "Frauen im Fußball". Im Interview mit DFB.de spricht die 53-Jährige nun über die heute veröffentlichte Broschüre "Strategie Frauen im Fußball FF27>>".

DFB.de: Frau Fitschen, wie sehen Ihre Aufgaben in Ihrer neuen Rolle beim DFB aus?

Doris Fitschen: Das ist gar nicht so einfach zusammenzufassen. (lacht) Aber meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, übergeordnete Maßnahmen und Themen, die den Frauenfußball betreffen, zu koordinieren. Sowohl was die Akademie und Nationalmannschaften angeht, den Amateurfußball und Spielbetrieb sowie das Marketing, die Kommunikation und Gesellschaftliche Verantwortung. Außerdem fungiere ich als Schnittstelle zu unserem Präsidium und der Geschäftsleitung, zu Stakeholdern aus Politik und Wirtschaft sowie zu nationalen und internationalen Verbänden. Generell bin ich in ständigem Austausch mit den entsprechenden Fachkolleg*innen beim DFB und stimme mich mit diesen ab.

DFB.de: In Zusammenarbeit mit zahlreichen Kolleg*innen ist auch die heute veröffentlichte "Strategie Frauen im Fußball FF27>>" entstanden. Dabei gibt es vier konkrete Kernziele.

Fitschen: Richtig, mit den für die Strategie ausgearbeiteten Maßnahmen wollen wir bis 2027 folgende Ziele erreichen:

  • Unsere Nationalmannschaften und die Vereine der Frauen-Bundesliga haben internationale Titel gewonnen,
  • die Anzahl von aktiven Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen hat sich um 25 Prozent erhöht,
  • die mediale Reichweite des Frauenfußballs über alle Plattformen hinweg hat sich verdoppelt und
  • der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB beträgt mindestens 30 Prozent.

DFB.de: Was muss in den kommenden Jahren passieren, um die formulierten Ziele zu erreichen?

Fitschen: Jetzt geht es noch mehr als in der Vergangenheit darum, die erarbeiteten Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Wir haben für das Erreichen der Ziele klare Kennzahlen definiert, anhand derer wir im Zeitverlauf kontrollieren können, inwiefern die durchgeführten Maßnahmen das bewirken, was wir uns vorgestellt haben. Dabei gehen wir auch mit einer gewissen Flexibilität heran, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Insgesamt wird wichtig sein, dass wir als gesamter DFB an einem Strang ziehen und all unsere Aktivitäten auf die vier formulierten Ziele einzahlen.

DFB.de: Welchen Weg haben alle Beteiligten hinter sich gebracht, um den umfangreichen Maßnahmenplan auszuarbeiten?

Fitschen: Auf dem 43. Ordentlichen DFB-Bundestag im September 2019 wurde der Beschluss zum "Projekt Zukunft weiblich" verabschiedet, aus dem sich später das "Projekt Frauen im Fußball" bildete – neben dem "Projekt Zukunft Fußball" und der "Zukunftsstrategie Amateurfußball" eines der drei wichtigsten Zukunftsprojekte des DFB. Diese drei Projekte existieren aber nicht losgelöst voneinander, wir stehen hier in ständigem Austausch und nutzen Schnittstellen, um auf allen Ebenen so erfolgreich wie möglich zu sein. Die entsprechenden Ziele und Maßnahmen zur "Strategie FF27>>" wurden in einer Projektgruppe bestehend aus Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Fachabteilungen und externen Expert*innen ausgearbeitet. Viele der Maßnahmen sind allerdings schon auf den Weg gebracht und laufen. In Bezug auf die Strategie war mein Ziel, alle Maßnahmen aufzuarbeiten und zu strukturieren, um sie nun vor der Europameisterschaft gesammelt als Strategiepapier zu veröffentlichen.

DFB.de: Inwiefern sind bei der Erarbeitung der Maßnahmen und der Strategie auch Ihre eigenen Erfahrungen eingeflossen, die Sie zum Beispiel als Nationalspielerin gemacht haben?

Fitschen: Natürlich konnte ich all das, was ich als Spielerin, aber auch als langjährige Mitarbeiterin im Marketing des DFB und generell als Frau im Fußball erlebt habe, miteinbringen. Die Strategie ist aber im Team mit den Kolleg*innen aus den unterschiedlichsten Fachabteilungen entstanden, die wiederum durch ihr Know-how und ihre eigenen Erfahrungen wertvollen Input geliefert haben. Selbstverständlich ist es wichtig, dass bei solchen Prozessen und Entscheidungen Menschen involviert sind, die wie ich beispielsweise selbst als Spielerin aktiv waren und sich daher gut in unterschiedliche Rollen hineindenken können.

DFB.de: Was bedeuten die gesteckten Ziele insbesondere in Bezug auf Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen, die im Amateurfußball aktiv sind oder es werden wollen? Schließlich soll deren Anzahl bis 2027 um 25 Prozent erhöht werden.

Fitschen: Enorm wichtig ist hierbei unsere Zusammenarbeit mit den Landes- und Regionalverbänden sowie den Vereinen an der Basis – allein könnten wir das als DFB nicht schaffen. Deshalb ist unser bereits angelaufenes Pilotprojekt "DFB-Assist" eine ganz entscheidende Maßnahme. Dabei wird individuell für jeden Landesverband eine Strategie im Hinblick auf den Frauenfußball erarbeitet, die dann im jeweiligen Verband und seinen Vereinen umgesetzt und gelebt werden soll. Auch die neuen Spielformen im Kinderfußball sind im Rahmen der "Strategie FF27>>" höchstrelevant – denn dadurch werden auch Mädchen profitieren, schließlich sollen auch sie noch mehr gefördert und für den Fußball begeistert werden.

DFB.de: Sie sprechen die Nachwuchsförderung bereits an. Gerade vor dem Hintergrund, dass auch die internationale Konkurrenz immer größer wird: Welche Maßnahmen sind diesbezüglich geplant?

Fitschen: Der letzte Titel der Frauen-Nationalmannschaft liegt mit dem Triumph bei den Olympischen Spielen 2016 bereits sechs Jahre zurück. Es ist Zeit zum Handeln, um den deutschen Frauen- und Mädchenfußball zurück in die Weltspitze zu bringen und dort dauerhaft zu etablieren. Dafür arbeiten wir mit fast 50 Personen im "Projekt Zukunft weiblich" in fünf sportspezifischen Handlungsfeldern an innovativen, nachhaltigen Lösungen. Wichtig ist: Die Spielerinnen stehen dabei immer im Zentrum. Wir wollen beispielsweise eine bessere Ausbildung und Entwicklung von Trainer*innen sicherstellen, die Förderstrukturen optimieren sowie alters- und leistungsgerechte Wettbewerbe insbesondere im Jugendbereich aufbauen.

DFB.de: Was hat es mit dem Projekt "Duale Karriere" auf sich?

Fitschen: Das ist ein Thema, das uns im Rahmen der Strategie besonders am Herzen liegt. Für die Spielerinnen der Frauen-Bundesligen ist es wichtig, sich ein zweites Standbein für die Karriere nach der Karriere aufzubauen. Für uns ist es wiederum wichtig, dass sie das mit dem Leistungssport bestmöglich vereinbaren können. Genau dafür haben wir das Projekt "Duale Karriere" aufgesetzt und im direkten Austausch mit den Spielerinnen Maßnahmen entwickelt. Beispielsweise gibt es für Bundesliga-Spielerinnen die Möglichkeit, die Trainerinnenlizenz in Sonderlehrgängen zu erwerben, Angebote von Stipendien, aber auch Coachings und Unterstützung in Sachen Karriereplanung.

DFB.de: Welche Maßnahmen wurden bzw. werden angeregt, um die Sichtbarkeit des Frauenfußballs und von Frauen im Fußball wie geplant zu erhöhen?

Fitschen: Wir wollen dafür sorgen, dass es mehr Highlight-Spiele gibt – sowohl im DFB-Pokal, der FLYERALARM Frauen-Bundesliga als auch bei der Nationalmannschaft. Und dass diese Spiele den entsprechenden Rahmen bekommen, mit ausverkauften Stadien und einer tollen Atmosphäre, die dann natürlich auch im Zuge von Liveübertragungen medial sichtbar gemacht werden sollen. Ganz wichtig wird auch die Ausschreibung der Medienrechte für die FLYERALARM Frauen-Bundesliga ab der Saison 2023/2024 sein, die im Herbst dieses Jahres geplant ist. Besonders freue ich mich über die von Warner produzierte Doku über unsere Frauen-Nationalmannschaft, deren erste drei Folgen am 6. Juli in den Mediatheken von ARD, MagentaSport und Sky erscheinen. Sie ist in Sachen Sichtbarkeit und Steigerung der Bekanntheit unserer Spielerinnen ein großartiger Schritt – schließlich ist es weltweit die erste Dokumentation über eine Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Und weiter?

Fitschen: Natürlich ist auch der Ausbau unserer digitalen Kanäle von hoher Relevanz. So zum Beispiel auch der erst kürzlich gelaunchte TikTok-Kanal des DFB, auf dem es auch in Bezug auf unsere Frauen-Wettbewerbe und die Nationalmannschaft zahlreiche Inhalte gibt und geben wird. Gerade dadurch können wir eine neue, junge Zielgruppe und insbesondere Mädchen erreichen. Aber auch über unsere anderen Kanäle wollen wir Mädchen und junge Frauen für Fußball begeistern.

DFB.de: Und wie soll erreicht werden, dass der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB bis 2027 mindestens 30 Prozent beträgt?

Fitschen: Hierbei ist noch wichtig zu wissen, dass wir keine Quote einführen möchten. Vielmehr geht es darum, Frauen zu ermutigen, sich in Gremien einzubringen und sie im Hinblick auf Tätigkeiten im Hauptamt beim DFB noch stärker anzusprechen. Beispiele für konkrete Maßnahmen sind die Durchführung von Leadership-Programmen auf DFB-Ebene und in den Landesverbänden, in denen den Teilnehmerinnen das entsprechende Know-how vermittelt wird. Mit unserem Netzwerktreffen "DFB FEMALE BRILLIANCE" wollen wir zudem dafür sorgen, dass sich Frauen untereinander vernetzen und sich gegenseitig unterstützen können. Wichtig ist, dass wir eine positive Haltung zum Thema Frauen im Fußball aufbauen und die Kultur innerhalb des Fußballs verändern.

DFB.de: Die Teams der Frauen-Bundesliga sollen bis 2027 internationale Titel gewonnen haben.

Fitschen: Im ersten Schritt geht es vor allem darum, die Frauen-Bundesliga zu professionalisieren und bessere Strukturen für die Spielerinnen zu schaffen. Dadurch steigern sich dann das Niveau und die Attraktivität der Liga, wovon wir uns erhoffen, auch internationale Top-Spielerinnen für die Vereine in Deutschland zu gewinnen. Ein wichtiges Zeichen war hierfür bereits die Verabschiedung der Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen beim DFB-Bundestag im März. Zudem haben wir unsere Kooperation mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verstärkt und arbeiten hier an weiteren Maßnahmen. All das führt aus meiner Sicht dazu, dass unsere Vereine künftig um Titel mitspielen können. Wobei wir aus meiner Sicht auch aktuell schon zur erweiterten Weltspitze gehören – der VfL Wolfsburg hat in der abgelaufenen Saison immerhin das Halbfinale der UEFA Woman's Champions League erreicht, Bayern München das Viertelfinale. Ich glaube, dass wir auch weiterhin eine sehr gute Rolle spielen werden, hoffentlich dann auch mit dem Gewinn entsprechender Titel.

DFB.de: Apropos Titel: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es für die Frauen-Nationalmannschaft direkt bei der anstehenden EM in England zum ganz großen Wurf reicht?

Fitschen: Wir gehören nach wie vor zu den führenden Nationen im Frauenfußball und sind auch bei der anstehenden EM aus meiner Sicht ein Titelanwärter - gerade das überzeugende 7:0 im letzten Testspiel gegen die Schweiz stimmt mich da sehr zuversichtlich. Die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg ist sehr gut vorbereitet, weshalb ich ihr sehr viel zutraue.

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144 Länderspiele absolvierte Doris Fitschen für Deutschland. Als die Frauen-Nationalmannschaft 1989 ihren ersten EM-Titel holte, war sie mit dabei und als Spielerin an drei weiteren EM-Triumphen beteiligt. Nach langer Tätigkeit im Marketing des DFB ist sie seit kurzem Gesamtkoordinatorin und Leiterin des Projekts "Frauen im Fußball". Im Interview mit DFB.de spricht die 53-Jährige nun über die heute veröffentlichte Broschüre "Strategie Frauen im Fußball FF27>>".

DFB.de: Frau Fitschen, wie sehen Ihre Aufgaben in Ihrer neuen Rolle beim DFB aus?

Doris Fitschen: Das ist gar nicht so einfach zusammenzufassen. (lacht) Aber meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, übergeordnete Maßnahmen und Themen, die den Frauenfußball betreffen, zu koordinieren. Sowohl was die Akademie und Nationalmannschaften angeht, den Amateurfußball und Spielbetrieb sowie das Marketing, die Kommunikation und Gesellschaftliche Verantwortung. Außerdem fungiere ich als Schnittstelle zu unserem Präsidium und der Geschäftsleitung, zu Stakeholdern aus Politik und Wirtschaft sowie zu nationalen und internationalen Verbänden. Generell bin ich in ständigem Austausch mit den entsprechenden Fachkolleg*innen beim DFB und stimme mich mit diesen ab.

DFB.de: In Zusammenarbeit mit zahlreichen Kolleg*innen ist auch die heute veröffentlichte "Strategie Frauen im Fußball FF27>>" entstanden. Dabei gibt es vier konkrete Kernziele.

Fitschen: Richtig, mit den für die Strategie ausgearbeiteten Maßnahmen wollen wir bis 2027 folgende Ziele erreichen:

  • Unsere Nationalmannschaften und die Vereine der Frauen-Bundesliga haben internationale Titel gewonnen,
  • die Anzahl von aktiven Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen hat sich um 25 Prozent erhöht,
  • die mediale Reichweite des Frauenfußballs über alle Plattformen hinweg hat sich verdoppelt und
  • der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB beträgt mindestens 30 Prozent.

DFB.de: Was muss in den kommenden Jahren passieren, um die formulierten Ziele zu erreichen?

Fitschen: Jetzt geht es noch mehr als in der Vergangenheit darum, die erarbeiteten Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Wir haben für das Erreichen der Ziele klare Kennzahlen definiert, anhand derer wir im Zeitverlauf kontrollieren können, inwiefern die durchgeführten Maßnahmen das bewirken, was wir uns vorgestellt haben. Dabei gehen wir auch mit einer gewissen Flexibilität heran, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Insgesamt wird wichtig sein, dass wir als gesamter DFB an einem Strang ziehen und all unsere Aktivitäten auf die vier formulierten Ziele einzahlen.

DFB.de: Welchen Weg haben alle Beteiligten hinter sich gebracht, um den umfangreichen Maßnahmenplan auszuarbeiten?

Fitschen: Auf dem 43. Ordentlichen DFB-Bundestag im September 2019 wurde der Beschluss zum "Projekt Zukunft weiblich" verabschiedet, aus dem sich später das "Projekt Frauen im Fußball" bildete – neben dem "Projekt Zukunft Fußball" und der "Zukunftsstrategie Amateurfußball" eines der drei wichtigsten Zukunftsprojekte des DFB. Diese drei Projekte existieren aber nicht losgelöst voneinander, wir stehen hier in ständigem Austausch und nutzen Schnittstellen, um auf allen Ebenen so erfolgreich wie möglich zu sein. Die entsprechenden Ziele und Maßnahmen zur "Strategie FF27>>" wurden in einer Projektgruppe bestehend aus Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Fachabteilungen und externen Expert*innen ausgearbeitet. Viele der Maßnahmen sind allerdings schon auf den Weg gebracht und laufen. In Bezug auf die Strategie war mein Ziel, alle Maßnahmen aufzuarbeiten und zu strukturieren, um sie nun vor der Europameisterschaft gesammelt als Strategiepapier zu veröffentlichen.

DFB.de: Inwiefern sind bei der Erarbeitung der Maßnahmen und der Strategie auch Ihre eigenen Erfahrungen eingeflossen, die Sie zum Beispiel als Nationalspielerin gemacht haben?

Fitschen: Natürlich konnte ich all das, was ich als Spielerin, aber auch als langjährige Mitarbeiterin im Marketing des DFB und generell als Frau im Fußball erlebt habe, miteinbringen. Die Strategie ist aber im Team mit den Kolleg*innen aus den unterschiedlichsten Fachabteilungen entstanden, die wiederum durch ihr Know-how und ihre eigenen Erfahrungen wertvollen Input geliefert haben. Selbstverständlich ist es wichtig, dass bei solchen Prozessen und Entscheidungen Menschen involviert sind, die wie ich beispielsweise selbst als Spielerin aktiv waren und sich daher gut in unterschiedliche Rollen hineindenken können.

DFB.de: Was bedeuten die gesteckten Ziele insbesondere in Bezug auf Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen, die im Amateurfußball aktiv sind oder es werden wollen? Schließlich soll deren Anzahl bis 2027 um 25 Prozent erhöht werden.

Fitschen: Enorm wichtig ist hierbei unsere Zusammenarbeit mit den Landes- und Regionalverbänden sowie den Vereinen an der Basis – allein könnten wir das als DFB nicht schaffen. Deshalb ist unser bereits angelaufenes Pilotprojekt "DFB-Assist" eine ganz entscheidende Maßnahme. Dabei wird individuell für jeden Landesverband eine Strategie im Hinblick auf den Frauenfußball erarbeitet, die dann im jeweiligen Verband und seinen Vereinen umgesetzt und gelebt werden soll. Auch die neuen Spielformen im Kinderfußball sind im Rahmen der "Strategie FF27>>" höchstrelevant – denn dadurch werden auch Mädchen profitieren, schließlich sollen auch sie noch mehr gefördert und für den Fußball begeistert werden.

DFB.de: Sie sprechen die Nachwuchsförderung bereits an. Gerade vor dem Hintergrund, dass auch die internationale Konkurrenz immer größer wird: Welche Maßnahmen sind diesbezüglich geplant?

Fitschen: Der letzte Titel der Frauen-Nationalmannschaft liegt mit dem Triumph bei den Olympischen Spielen 2016 bereits sechs Jahre zurück. Es ist Zeit zum Handeln, um den deutschen Frauen- und Mädchenfußball zurück in die Weltspitze zu bringen und dort dauerhaft zu etablieren. Dafür arbeiten wir mit fast 50 Personen im "Projekt Zukunft weiblich" in fünf sportspezifischen Handlungsfeldern an innovativen, nachhaltigen Lösungen. Wichtig ist: Die Spielerinnen stehen dabei immer im Zentrum. Wir wollen beispielsweise eine bessere Ausbildung und Entwicklung von Trainer*innen sicherstellen, die Förderstrukturen optimieren sowie alters- und leistungsgerechte Wettbewerbe insbesondere im Jugendbereich aufbauen.

DFB.de: Was hat es mit dem Projekt "Duale Karriere" auf sich?

Fitschen: Das ist ein Thema, das uns im Rahmen der Strategie besonders am Herzen liegt. Für die Spielerinnen der Frauen-Bundesligen ist es wichtig, sich ein zweites Standbein für die Karriere nach der Karriere aufzubauen. Für uns ist es wiederum wichtig, dass sie das mit dem Leistungssport bestmöglich vereinbaren können. Genau dafür haben wir das Projekt "Duale Karriere" aufgesetzt und im direkten Austausch mit den Spielerinnen Maßnahmen entwickelt. Beispielsweise gibt es für Bundesliga-Spielerinnen die Möglichkeit, die Trainerinnenlizenz in Sonderlehrgängen zu erwerben, Angebote von Stipendien, aber auch Coachings und Unterstützung in Sachen Karriereplanung.

DFB.de: Welche Maßnahmen wurden bzw. werden angeregt, um die Sichtbarkeit des Frauenfußballs und von Frauen im Fußball wie geplant zu erhöhen?

Fitschen: Wir wollen dafür sorgen, dass es mehr Highlight-Spiele gibt – sowohl im DFB-Pokal, der FLYERALARM Frauen-Bundesliga als auch bei der Nationalmannschaft. Und dass diese Spiele den entsprechenden Rahmen bekommen, mit ausverkauften Stadien und einer tollen Atmosphäre, die dann natürlich auch im Zuge von Liveübertragungen medial sichtbar gemacht werden sollen. Ganz wichtig wird auch die Ausschreibung der Medienrechte für die FLYERALARM Frauen-Bundesliga ab der Saison 2023/2024 sein, die im Herbst dieses Jahres geplant ist. Besonders freue ich mich über die von Warner produzierte Doku über unsere Frauen-Nationalmannschaft, deren erste drei Folgen am 6. Juli in den Mediatheken von ARD, MagentaSport und Sky erscheinen. Sie ist in Sachen Sichtbarkeit und Steigerung der Bekanntheit unserer Spielerinnen ein großartiger Schritt – schließlich ist es weltweit die erste Dokumentation über eine Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Und weiter?

Fitschen: Natürlich ist auch der Ausbau unserer digitalen Kanäle von hoher Relevanz. So zum Beispiel auch der erst kürzlich gelaunchte TikTok-Kanal des DFB, auf dem es auch in Bezug auf unsere Frauen-Wettbewerbe und die Nationalmannschaft zahlreiche Inhalte gibt und geben wird. Gerade dadurch können wir eine neue, junge Zielgruppe und insbesondere Mädchen erreichen. Aber auch über unsere anderen Kanäle wollen wir Mädchen und junge Frauen für Fußball begeistern.

DFB.de: Und wie soll erreicht werden, dass der Frauenanteil in Gremien und hauptamtlichen Führungsebenen des DFB bis 2027 mindestens 30 Prozent beträgt?

Fitschen: Hierbei ist noch wichtig zu wissen, dass wir keine Quote einführen möchten. Vielmehr geht es darum, Frauen zu ermutigen, sich in Gremien einzubringen und sie im Hinblick auf Tätigkeiten im Hauptamt beim DFB noch stärker anzusprechen. Beispiele für konkrete Maßnahmen sind die Durchführung von Leadership-Programmen auf DFB-Ebene und in den Landesverbänden, in denen den Teilnehmerinnen das entsprechende Know-how vermittelt wird. Mit unserem Netzwerktreffen "DFB FEMALE BRILLIANCE" wollen wir zudem dafür sorgen, dass sich Frauen untereinander vernetzen und sich gegenseitig unterstützen können. Wichtig ist, dass wir eine positive Haltung zum Thema Frauen im Fußball aufbauen und die Kultur innerhalb des Fußballs verändern.

DFB.de: Die Teams der Frauen-Bundesliga sollen bis 2027 internationale Titel gewonnen haben.

Fitschen: Im ersten Schritt geht es vor allem darum, die Frauen-Bundesliga zu professionalisieren und bessere Strukturen für die Spielerinnen zu schaffen. Dadurch steigern sich dann das Niveau und die Attraktivität der Liga, wovon wir uns erhoffen, auch internationale Top-Spielerinnen für die Vereine in Deutschland zu gewinnen. Ein wichtiges Zeichen war hierfür bereits die Verabschiedung der Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen beim DFB-Bundestag im März. Zudem haben wir unsere Kooperation mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verstärkt und arbeiten hier an weiteren Maßnahmen. All das führt aus meiner Sicht dazu, dass unsere Vereine künftig um Titel mitspielen können. Wobei wir aus meiner Sicht auch aktuell schon zur erweiterten Weltspitze gehören – der VfL Wolfsburg hat in der abgelaufenen Saison immerhin das Halbfinale der UEFA Woman's Champions League erreicht, Bayern München das Viertelfinale. Ich glaube, dass wir auch weiterhin eine sehr gute Rolle spielen werden, hoffentlich dann auch mit dem Gewinn entsprechender Titel.

DFB.de: Apropos Titel: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es für die Frauen-Nationalmannschaft direkt bei der anstehenden EM in England zum ganz großen Wurf reicht?

Fitschen: Wir gehören nach wie vor zu den führenden Nationen im Frauenfußball und sind auch bei der anstehenden EM aus meiner Sicht ein Titelanwärter - gerade das überzeugende 7:0 im letzten Testspiel gegen die Schweiz stimmt mich da sehr zuversichtlich. Die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg ist sehr gut vorbereitet, weshalb ich ihr sehr viel zutraue.

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