Die Gelbe und Rote Karte werden 50

Sie gehört zum Fußball wie der Stollenschuh und die Eckfahne, und doch war sie nicht immer da: die Gelbe Karte. Am 12. Januar 1971 wurde sie vom DFB-Spielausschuss in der Bundesliga und den damals zweitklassigen Regionalligen zunächst probeweise für eine halbe Saison eingeführt - und auf den Tag genau heute vor 50 Jahren erstmals in der Bundesliga gezückt.

Es traf den Duisburger Hannes Linßen in der Freitagabendpartie des MSV bei RW Oberhausen. Angeblich zu Unrecht, Schiedsrichter Horst Bonacker soll ihn verwechselt haben mit Djordje Pavlic. Vollständig aufklären lässt sich das nicht mehr. Die Spielberichtsbogen sind nicht erhalten, und die Sportpresse hatte noch ihre Schwierigkeiten mit dem neuen Instrument, das im Übrigen keine Regeländerung darstellte, sondern nur ein Schritt in Richtung Moderne war.

Nun wussten alle Spieler, Kommentatoren und Zuschauer auch Bescheid, wenn der Schiedsrichter jemanden verwarnt hatte. Verwarnungen gab es schon immer, bloß wurden sie zuvor nur mündlich ausgesprochen. Wie auch Platzverweise, für die es ebenfalls ab der Rückrunde 1970/1971 eine Karte gab - die Rote. Sie feierte am 3. April 1971 Bundesligapremiere, es erwischte Frankfurts Nationalspieler Friedel Lutz.

Als Ken Aston an der Ampel stand

Die Farbe kam übrigens erst ins Spiel, weil sich bei der WM 1966 in England vor aller Augen groteske Szenen abspielten, die der Fan ansonsten nur von seinem Dorfplatz kannte. Ein des Feldes verwiesener Spieler ging einfach nicht runter - so geschehen bei der Partie Argentinien gegen England, die der Deutsche Rudolf Kreitlein leitete. Kreitlein rief schließlich Polizisten zu Hilfe, die den argentinischen Kapitän Antonio Rattin, der minutenlang nach einem Dolmetscher verlangt hatte, quasi abführten. Es war ein Skandal mit Folgen.

Am Abend der Partie stand der FIFA-Schiedsrichterbetreuer Ken Aston in London wieder mal zwei Stunden im Stau und hatte ausführlich Gelegenheit, sich das Prinzip der Ampeln zu vergegenwärtigen. In der Kensington Street kam ihm die Erleuchtung, wie das Akzeptanzproblem der Schiedsrichter zu lösen sei: "Yellow take it easy, red stop, you are off!" Der Fußball bekam seine Signalfarben, die heute alle Welt kennt und die im Alltagsleben ebenso gebräuchlich sind.

Aston erzählte Kreitlein von seiner Idee am nächsten Tag, der machte eine Eingabe bei der FIFA. Deren Regelboard beriet drei Jahre und gab die Idee zur WM 1970 zur Umsetzung frei. Da das Experiment als gelungen betrachtet wurde, kamen auch die Nationalverbände auf den Geschmack. Noch zu kurzfristig für den Saisonstart 1970/1971 zwar, aber in der Winterpause nahmen die Dinge beim DFB ihren Lauf.

Gelb-Premiere schafft es zu "Wer wird Millionär?"

Die Regionalliga Südwest, die schon am 9. Januar 1971 startete, war der Pionier auf deutschem Boden, hier gab es die ersten Verwarnungen. Die Sünder wurden aber zumindest im Kicker nicht verzeichnet - und so war es auch zum Start in die Rückserie der Bundesliga, auf den sich die Schiedsrichter auf einer Tagung in Frankfurt am 16. Januar 1971 vorbereiteten. Dennoch gibt es einen Beleg für die Verwarnung an Hannes Linßen: Die regionale WAZ notierte damals den historischen Moment, angeblich war es nach einem Foul an Franz Krauthausen.

Ob es die Karte dafür oder für die Proteste gab, bleibt im Ungefähren, auch Linßen weiß das 50 Jahre später nicht aufzuklären. Der langjährige Zweitligatrainer kann sich an vieles in diesem Spiel erinnern, auch dass ihn DFB-Trainer Jupp Derwall beobachtete und wegen seiner starken Leistung beim 2:0-Auswärtssieg zum Juniorenländerspiel nach Albanien mitnahm, "aber dass ich der erste Gelbsünder war, das habe ich nur später immer mal wieder gehört."

Zuletzt vor zwei Jahren wieder, als er im TV-Sessel saß und "Wer wird Millionär?" guckte. Nachdem ein Kandidat sich mit 16.000 Euro zufrieden gegeben hatte, wollte Jauch diesen noch etwas kitzeln und zeigte ihm zum Spaß die 500.000 Euro-Frage. Plötzlich leuchtete Linßens Name auf dem Bildschirm, und "ich bekam einen Schreck, ich dachte zunächst, es wird nach mir gefahndet wie bei Aktenzeichen XY." Doch es ging nur um Linßens Pioniertat. Es gab mehrere Antwortmöglichkeiten, die richtige wäre die erste Gelbe Karte der Bundesliga gewesen. Kurios, dass sich die Redaktion sicherer war als der "Täter", der es eben "nicht sicher gewusst" hätte.

Dank Walter Frosch: Gelbsperre kommt 1979

Da die Karten im Gegensatz zu den mündlichen Verwarnungen zu Oberligazeiten keine Spielsperren nach sich zogen - damals musste man nach der dritten einmal aussetzen -, wurden sie in der Presse kaum registriert. Weshalb sich die Gesamtzahl nicht mehr ermitteln lässt, nur eine Untergrenze: Die Zahl aller im Fachblatt Kicker erwähnten Karten in der Bundesliga beläuft sich auf 48.879, davon 46.586 Gelbe. Die Dunkelziffer ist höher, wahrscheinlich steht die 50.000. Karte unmittelbar bevor.

Wie ging es nach dem Probehalbjahr weiter? Schon bald gab es Stimmen, die eine Aufwertung der Gelben Karte forderten. Sie habe ihre abschreckende Wirkung verloren, kommentierte der Kicker im August 1971 anlässlich von zehn Verwarnungen bei einem Aufstiegsrundenspiel. Das Fachblatt forderte: "Führt wieder die Regelung ein, dass drei Verwarnungen eine automatische Spielsperre nach sich ziehen. Macht Gelb wieder zur wirklich 'gelben Gefahr'!"

Der Legende nach war es der Zweitligaspieler von St. Pauli, Walter Frosch, der in der Saison 1976/1977 mit 18 Verwarnungen den letzten Anstoß zur Einführung der Gelbsperre gab. Sie kam ab der Saison 1979/1980 in den Profifußball, zunächst ab vier Gelben gab es eine Spielsperre. Die Ersten waren Braunschweigs Wolfgang Grobe und Gladbachs Jürgen Fleer. Die Kartenflut konnte das nur kurz eindämmen, ab 1982/1983 stieg sie wieder rasant an, und 1990/1991 wurde die 1000er-Grenze genommen.

Gelb-Rot ab 1991

Der DFB reagierte mit Einführung der Gelb-Roten Karte zur Saison 1991/1992. Wer sie erhielt, wurde nur ein Spiel gesperrt - dafür wurde die Gelbsperre vorübergehend abgeschafft. Ab 1993/1994 war die Gelbsperre wieder da, nun musste ein Spieler nach der fünften Verwarnung einmal aussetzen - so ist es immer noch.

Danach gab es noch manche Modifizierung in der Frage, wofür Gelb gezückt werden müsse (zum Beispiel bei Rudelbildung) oder gar Rot (ab 1990/1991 für Notbremse). Um die Berechtigung so mancher Karte wurde immer gestritten, aber ihre Bedeutung ist seit 50 Jahren gleich: Gelb take it easy, Rot stop, you are off!

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Sie gehört zum Fußball wie der Stollenschuh und die Eckfahne, und doch war sie nicht immer da: die Gelbe Karte. Am 12. Januar 1971 wurde sie vom DFB-Spielausschuss in der Bundesliga und den damals zweitklassigen Regionalligen zunächst probeweise für eine halbe Saison eingeführt - und auf den Tag genau heute vor 50 Jahren erstmals in der Bundesliga gezückt.

Es traf den Duisburger Hannes Linßen in der Freitagabendpartie des MSV bei RW Oberhausen. Angeblich zu Unrecht, Schiedsrichter Horst Bonacker soll ihn verwechselt haben mit Djordje Pavlic. Vollständig aufklären lässt sich das nicht mehr. Die Spielberichtsbogen sind nicht erhalten, und die Sportpresse hatte noch ihre Schwierigkeiten mit dem neuen Instrument, das im Übrigen keine Regeländerung darstellte, sondern nur ein Schritt in Richtung Moderne war.

Nun wussten alle Spieler, Kommentatoren und Zuschauer auch Bescheid, wenn der Schiedsrichter jemanden verwarnt hatte. Verwarnungen gab es schon immer, bloß wurden sie zuvor nur mündlich ausgesprochen. Wie auch Platzverweise, für die es ebenfalls ab der Rückrunde 1970/1971 eine Karte gab - die Rote. Sie feierte am 3. April 1971 Bundesligapremiere, es erwischte Frankfurts Nationalspieler Friedel Lutz.

Als Ken Aston an der Ampel stand

Die Farbe kam übrigens erst ins Spiel, weil sich bei der WM 1966 in England vor aller Augen groteske Szenen abspielten, die der Fan ansonsten nur von seinem Dorfplatz kannte. Ein des Feldes verwiesener Spieler ging einfach nicht runter - so geschehen bei der Partie Argentinien gegen England, die der Deutsche Rudolf Kreitlein leitete. Kreitlein rief schließlich Polizisten zu Hilfe, die den argentinischen Kapitän Antonio Rattin, der minutenlang nach einem Dolmetscher verlangt hatte, quasi abführten. Es war ein Skandal mit Folgen.

Am Abend der Partie stand der FIFA-Schiedsrichterbetreuer Ken Aston in London wieder mal zwei Stunden im Stau und hatte ausführlich Gelegenheit, sich das Prinzip der Ampeln zu vergegenwärtigen. In der Kensington Street kam ihm die Erleuchtung, wie das Akzeptanzproblem der Schiedsrichter zu lösen sei: "Yellow take it easy, red stop, you are off!" Der Fußball bekam seine Signalfarben, die heute alle Welt kennt und die im Alltagsleben ebenso gebräuchlich sind.

Aston erzählte Kreitlein von seiner Idee am nächsten Tag, der machte eine Eingabe bei der FIFA. Deren Regelboard beriet drei Jahre und gab die Idee zur WM 1970 zur Umsetzung frei. Da das Experiment als gelungen betrachtet wurde, kamen auch die Nationalverbände auf den Geschmack. Noch zu kurzfristig für den Saisonstart 1970/1971 zwar, aber in der Winterpause nahmen die Dinge beim DFB ihren Lauf.

Gelb-Premiere schafft es zu "Wer wird Millionär?"

Die Regionalliga Südwest, die schon am 9. Januar 1971 startete, war der Pionier auf deutschem Boden, hier gab es die ersten Verwarnungen. Die Sünder wurden aber zumindest im Kicker nicht verzeichnet - und so war es auch zum Start in die Rückserie der Bundesliga, auf den sich die Schiedsrichter auf einer Tagung in Frankfurt am 16. Januar 1971 vorbereiteten. Dennoch gibt es einen Beleg für die Verwarnung an Hannes Linßen: Die regionale WAZ notierte damals den historischen Moment, angeblich war es nach einem Foul an Franz Krauthausen.

Ob es die Karte dafür oder für die Proteste gab, bleibt im Ungefähren, auch Linßen weiß das 50 Jahre später nicht aufzuklären. Der langjährige Zweitligatrainer kann sich an vieles in diesem Spiel erinnern, auch dass ihn DFB-Trainer Jupp Derwall beobachtete und wegen seiner starken Leistung beim 2:0-Auswärtssieg zum Juniorenländerspiel nach Albanien mitnahm, "aber dass ich der erste Gelbsünder war, das habe ich nur später immer mal wieder gehört."

Zuletzt vor zwei Jahren wieder, als er im TV-Sessel saß und "Wer wird Millionär?" guckte. Nachdem ein Kandidat sich mit 16.000 Euro zufrieden gegeben hatte, wollte Jauch diesen noch etwas kitzeln und zeigte ihm zum Spaß die 500.000 Euro-Frage. Plötzlich leuchtete Linßens Name auf dem Bildschirm, und "ich bekam einen Schreck, ich dachte zunächst, es wird nach mir gefahndet wie bei Aktenzeichen XY." Doch es ging nur um Linßens Pioniertat. Es gab mehrere Antwortmöglichkeiten, die richtige wäre die erste Gelbe Karte der Bundesliga gewesen. Kurios, dass sich die Redaktion sicherer war als der "Täter", der es eben "nicht sicher gewusst" hätte.

Dank Walter Frosch: Gelbsperre kommt 1979

Da die Karten im Gegensatz zu den mündlichen Verwarnungen zu Oberligazeiten keine Spielsperren nach sich zogen - damals musste man nach der dritten einmal aussetzen -, wurden sie in der Presse kaum registriert. Weshalb sich die Gesamtzahl nicht mehr ermitteln lässt, nur eine Untergrenze: Die Zahl aller im Fachblatt Kicker erwähnten Karten in der Bundesliga beläuft sich auf 48.879, davon 46.586 Gelbe. Die Dunkelziffer ist höher, wahrscheinlich steht die 50.000. Karte unmittelbar bevor.

Wie ging es nach dem Probehalbjahr weiter? Schon bald gab es Stimmen, die eine Aufwertung der Gelben Karte forderten. Sie habe ihre abschreckende Wirkung verloren, kommentierte der Kicker im August 1971 anlässlich von zehn Verwarnungen bei einem Aufstiegsrundenspiel. Das Fachblatt forderte: "Führt wieder die Regelung ein, dass drei Verwarnungen eine automatische Spielsperre nach sich ziehen. Macht Gelb wieder zur wirklich 'gelben Gefahr'!"

Der Legende nach war es der Zweitligaspieler von St. Pauli, Walter Frosch, der in der Saison 1976/1977 mit 18 Verwarnungen den letzten Anstoß zur Einführung der Gelbsperre gab. Sie kam ab der Saison 1979/1980 in den Profifußball, zunächst ab vier Gelben gab es eine Spielsperre. Die Ersten waren Braunschweigs Wolfgang Grobe und Gladbachs Jürgen Fleer. Die Kartenflut konnte das nur kurz eindämmen, ab 1982/1983 stieg sie wieder rasant an, und 1990/1991 wurde die 1000er-Grenze genommen.

Gelb-Rot ab 1991

Der DFB reagierte mit Einführung der Gelb-Roten Karte zur Saison 1991/1992. Wer sie erhielt, wurde nur ein Spiel gesperrt - dafür wurde die Gelbsperre vorübergehend abgeschafft. Ab 1993/1994 war die Gelbsperre wieder da, nun musste ein Spieler nach der fünften Verwarnung einmal aussetzen - so ist es immer noch.

Danach gab es noch manche Modifizierung in der Frage, wofür Gelb gezückt werden müsse (zum Beispiel bei Rudelbildung) oder gar Rot (ab 1990/1991 für Notbremse). Um die Berechtigung so mancher Karte wurde immer gestritten, aber ihre Bedeutung ist seit 50 Jahren gleich: Gelb take it easy, Rot stop, you are off!

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