DFB-Wochenschau: Merkel-Comeback und Weise-Demission

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

28. November

Vor 40 Jahren haben elf Spieler von Eintracht Braunschweig am Sonntag einen unangenehmen Termin. Das DFB-Sportgericht verhört die Spieler in Frankfurt wegen der Vorkommnisse im Abstiegskampf 1971, in dem es Manipulationen gegeben hat. Die Braunschweiger gestehen die Entgegennahme einer Siegprämie über 40.000 DM vor dem Spiel gegen Oberhausen. Angeblich glaubten sie damals, sie von einem Gönner erhalten zu haben. Dass der Geldbote im Auftrag von Arminia Bielefeld gehandelt hat, wollen sie nicht gewusst haben. Im Übrigen sei eine Siegprämie, von wem auch immer, ja keine Manipulation. Torwart Horst Wolter muss sich von Chefankläger Horst Kindermann aber auch Fragen zu seinen Leistungen bei zwei hohen Niederlagen gefallen lassen. Wolter ist perplex: „Ist denn heute schon jedes Resultat, das eine Überraschung bedeutet, ein Anlass, um sich zu wundern, möglicherweise sogar zu verdächtigen?“ Im Herbst 1971, wo der Skandal noch lange nicht vor seiner Aufklärung steht, offenbar schon.

Vor 30 Jahren überstrahlt das Comeback von Meister-Trainer Max Merkel die Bundesliga. Die Premiere mit dem Karlsruher SC misslingt jedoch: im Heimspiel unterliegen die Badener dem 1. FC Köln mit 1:4, es gibt Pfiffe und Schmäh-Transparente gegen den neuen Coach. KSC-Präsident Roland Schmider sieht sich dennoch bestätigt: „Allein wegen Merkel sind 10.000 Zuschauer mehr gekommen.“ Die Kölner springen mit dem Sieg auf Platz eins und feiern ihren Torhüter Harald „Toni“ Schumacher, der beim Stand von 0:1 einen Elfmeter von Stephan Groß hält. Kölns Dank gilt auch Aufsteiger Werder Bremen, der Tabellenführer HSV nach großem Kampf schlägt (3:2) und somit stürzt. Herausragend beim Sieger sind Torwart Dieter Burdenski und Doppel-Torschütze Uwe Reinders. Meister Bayern München kommt zuhause im Verfolgerduell nur zu einem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach, Lothar Matthäus gleicht die frühe Führung von Karl-Heinz Rummenigge mit einem satten Fernschuss aus 25 Metern aus. Trainer Jupp Heynckes hatte ihn angestachelt, er würde wohl nur noch in der U 21 treffen, erzählte Matthäus hinterher über sein „Wut-Tor“. Ansonsten ist es der Tag der Aufholjagden: Eintracht Frankfurt (in Düsseldorf) und Kaiserslautern (in Dortmund) retten nach 0:2-Rückständen jeweils noch ein 2:2. Die Eintracht dankt Joker Michael Künast, der beide Tore erzielt. Nur Duisburgs Luft reicht nicht ganz; im Duell bei Darmstadt 98 kommt der MSV nach 0:3 noch auf 2:3 heran. Zu wenig, um den Sturz auf den 18. Platz zu verhindern. Weniger Zuschauer als bei diesem Spiel (8000) kommen nur nach Leverkusen, wo 6000 gegen VfB Stuttgart auch die wenigsten Tore erleben – nämlich keine. Aufsteiger Eintracht Braunschweig bietet seinem Anhang am meisten: ein 4:2 gegen den 1. FC Nürnberg, verbunden mit dem Sprung auf Platz sieben. Arminia Bielefelds Heimspiel gegen Bochum wird noch am Spieltag abgesagt: die Alm ist nur eine Schlammwüste.

Vor 15 Jahren gibt es in der Türkei einen Europarekord: 33 Elfmetertore sehen die Zuschauer des Pokalspiels Genclerbirligi gegen Galatasaray Istanbul (17:16), ehe ein Sieger fest steht. Kurios: für die Torhüter ist das Spektakel kein Ruhmesblatt, nur ein Elfmeter wird gehalten.

Vor zehn Jahren wird die 2. Runde im DFB-Pokal komplettiert. Nachdem am Vortag bereits zwei Bundesligisten gescheitert sind (HSV 0:2 vs. VfB Stuttgart und Werder Bremen 3:4 nach Elfmetern bei Drittligist KFC Uerdingen), kommen zwei hinzu, darunter ein logisches Opfer, denn in München steigt das einzige Bundesligaduell. Das Spiel TSV 1860 gegen Borussia Mönchengladbach verdient weit mehr als nur 5700 Zuschauer. Die Gäste führen zur Pause bereits mit 3:1, ehe sie von den Löwen noch „gefressen“ werden – Michael Wiesinger schießt in der 73. Minute das entscheidende 4:3. In aller Munde ist jedoch der Kroate Davor Suker, Torschützenkönig der WM 1998. Bei seinem Löwen-Debüt glückt Suker gleich ein Tor.

Eine kleine Sensation glückt Amateurligist Darmstadt 98, der den SC Freiburg im Elfmeterschießen mit 6:4 hinauswirft. Freiburgs Leichtsinn wird bestraft; das Team trainiert noch am Spieltag zuhause und kommt erst zwei Stunden vor Anpfiff in Darmstadt an. Der 1. FC Kaiserslautern gewinnt das Südwestderby bei Zweitligist Waldhof Mannheim durch ein Tor von Olaf Marschall in letzter Minute mit 3:2. Der 1. FC Köln stürmt den Aachener Tivoli (2:1).

Am selben Abend fällt das Champions League-Spiel zwischen Juventus Turin und Bayer Leverkusen bereits zum zweiten Mal wegen Nebels aus. Man einigt sich auf einen dritten Termin am nächsten Tag um 15 Uhr, weil Nachmittags-Nebel seltener in Turin ist als am Abend.

29. November

Vor 30 Jahren trennt sich Bundesliga-Schlusslicht Duisburg von Trainer Friedhelm Wenzlaff und präsentiert den 59-jährigen Kuno Klötzer als Nachfolger. Kapitän Bernard Dietz appelliert: „Es rennt und kämpft keiner für den anderen. Ich hoffe, dass Kuno Klötzer das wieder gerade biegt. Denn hier liegt der wahre Grund für die Misere des MSV.“ Vorgänger Wenzlaff erfährt von seiner Entlassung übrigens durch den Abruf eines Reporters.

Vor 25 Jahren freut sich die Bundesliga über einen neuen Zuschauerboom. 220.600 passieren die Stadiontore Ende November, fast 40.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs. Insgesamt sind im Verglich zur Vorsaison nach 16 Spieltagen 206.400 Zuschauer mehr gekommen und der Kicker titelt: „Alte Liebe neu entflammt“. Was am spannenden Titelkampf liegen mag. Drei Mannschaften können noch Herbstmeister werden: die Bayern, Bayer Leverkusen und der HSV. Die besten Chancen haben die Bayern, nach dem 1:0 gegen VfB Stuttgart durch das erste Bundesliga-Tor von Hansi Flick neuer Tabellenführer. Ein gutes Spiel sehen die 45.000 im Olympia-Stadion aber nicht. „Erst Flick – dann Flickschusterei“, dichtet der Kicker. Bayern-Trainer Udo Lattek schießt in der Schlussphase sogar den Ball vor einem Stuttgarter Einwurf weg, so sehr zittert der Meister um die Punkte. Nach dem Spiel kündigt der Meister-Trainer seinen Abschied zum Saisonende an – zugunsten seiner Familie. In der Bayer-Familie gibt es dagegen weniger Harmonie. Im Duell der Werksklubs gewinnt Uerdingen beim bisherigen Tabellenführer Leverkusen 4:1. Der gelernte Verteidiger Wolfgang Funkel schießt zwei Tore, der gelernte Stürmer, Bruder Friedhelm, agiert als Libero.

Der HSV schließt zu Leverkusen auf und gewinnt bei Aufsteiger Blau-Weiß Berlin mit 3:1. Die Berliner resignieren schon fast: „Wer Realist ist, kann nur noch auf Platz 16 hoffen.“, sagt BW-Profi Horst Feilzer. Um den kämpfen auch Fortuna Düsseldorf (2:5 in Bremen) und der FC Homburg (1:5 in Mannheim). Das punktgleiche Trio trennen bereits vier Zähler vom Rest des Feldes. Dennoch gibt es auch bei Eintracht Frankfurt (12. nach dem 0:1 gegen Schalke) und dem 1. FC Köln (14. nach dem 1:3 in Mönchengladbach) lange Gesichter. Toni Schumacher wird sogar von Christian Hochstätter getunnelt und der junge Trainer Christoph Daum klagt: „Wir hatten nie eine Siegchance.“

Vor 20 Jahren ist Borussia Dortmund Tabellenführer für eine Nacht. Flemming Povlsens Tor entscheidet die Freitagspartie gegen den Karlsruher SC (1:0). Erstmals seit neun Jahren genießen die Borussen wieder mal das Gefühl, Spitze zu sein.

Am selben Tag beendet die Frauen-Nationalmannschaft ihre WM-Premiere in China. Im Spiel um Platz 3 ist die Elf von Gero Bisanz gegen Schweden chancenlos (0:4). Bisanz: „Wir waren total platt, haben mit laufender Turnierfolge mannschaftlich abgebaut.“ Aller Anfang ist eben schwer…

Vor zehn Jahren bestreitet Bayer Leverkusen nach zuvor zwei Nebelabsagen endlich sein erstes Zwischenrundenspiel in der Champions League. Vor nur 3500 Zuschauern geht der Bundesligist bei Juventus Turin unter – 0:4 (0:3). Trainer Klaus Toppmöller: „Wir sind nie in die Zweikämpfe gekommen und waren gar nicht auf dem Platz.“

30. November

Vor 70 Jahren finden Punktspiele in den Gauligen statt. Das Revierderby hat noch nicht die Bedeutung wie heute, zu überlegen ist Schalke 04 gegenüber Borussia vor und auch im Krieg. Anno 1941 trifft im Westfalen-Gau zwar der Zweite auf den Ersten, aber das Ergebnis dokumentiert den Klassenunterschied: 1:6! Schon zur Pause führen die Knappen zur Ernüchterung der 25.000 in der „Dortmunder Kampfbahn“, wie der Kicker schreibt, 4:0. Hermann Eppenhoff ist ein klassischer Hattrick vergönnt, aber als Werner Erdmann nach 47 Minuten verkürzt, „riss dieser Gegenerfolg mit dem Beifall der Massen auch die Borussen mit.“ Ernst Kuzorra und Fritz Szepan ersticken mit ihren Toren die aufkeimende Hoffnung der BVB-Anhänger. Mit 14:0 Punkten ist Schalke nicht nur im Westen das Maß aller Dinge.

Weit spannender verläuft das Derby in der „Nordmark“, wo der HSV nach dem 2:1 bei Eimsbüttel als neuer Tabellenführer firmiert. 10.000 Zuschauer am Hoheluft-Platz sehen HSV-Tore von K. Weber und Hans-Jürgen Kowalkowski und das zu späte Anschlusstor durch Hans Rode per Elfmeter. In der „Ostmark“ fällt ein Resultat aus dem Rahmen: Admira Wien gewinnt das Derby gegen Herbstmeister Austria mit 7:0, für den Kicker schlicht ein „Admira-Wunder“, das sich allerdings mit drei Platzverweisen gegen Austria-Kicker, darunter DFB-Nationalspieler Hans Mock, erklären lässt. Als die Dezimierungen einsetzen, steht es aber schon 3:0. Im Bayern-Gau muss Bayern München eine herbe 2.6-Niederlage gegen Spielvereinigung Fürth quittieren, die schon nach vier Minuten 2:0 führt. In Sachsen schießt der Dresdner SC wieder mal den Vogel ab und gewinnt in Döbeln glatt mit 8:0. Dabei gehen die drei Innenstürmer Richard Hofmann, Helmut Schön und Horst Schade leer aus, was dem Kicker eine Extrameldung wert ist. „Der DSC schafft ein Kuriosum“.

Das 0:8 ist dagegen keines mehr, in allen Gau-Ligen gibt es derartige Resultate. Ansatzweise Chancengleichheit ist durch die Kriegserfordernisse oft nicht mehr gegeben. Aber der Spielbetrieb soll um jeden Preis aufrecht erhalten werden.

Vor 20 Jahren liegt ein punktgleiches Trio an der Bundesliga-Spitze. Herbstmeister Eintracht Frankfurt büßt gegen Fortuna Düsseldorf einen Zähler ein (1:1) und regiert nur noch mit der Mehrheit von drei Toren vor dem VfB Stuttgart (2:0 vs. MSV Duisburg) und Borussia Dortmund, die am Vortag den KSC 1:0 geschlagen hat. Eintracht-Stürmer Jörn Andersen hat dabei ein seltsames déjà-vu-Erlebnis. Zum dritten Mal in Folge verweigert Schiedsrichter Markus Merk dem Norweger ein Tor, was Andersen seiner Frau schon am Morgen prophezeit hat. Die Abseitsentscheidung war nichtsdestotrotz korrekt. Durch den Frankfurter Punktverlust ist auch Meister 1. FC Kaiserslautern wieder ganz dicht dran; nach dem 4:1 gegen Dynamo Dresden liegen die Pfälzer nur einen Zähler hinter dem Top-Trio. Für Bayern München ist der Weg in gewohnte Gefilde spätestens nach diesem Spieltag endgültig verbaut: nach der fünften Heimniederlage, einem furiosen 3:4 gegen Werder Bremen, müssen die Bayern wieder nach unten schauen. Der Rekordmeister ist nur Zwölfter und Präsident Fritz Scherer beklagt: „Das war genauso disziplinlos wie vor sechs Wochen.“ Der junge Sören Lerby hat den erhofften Umschwung nach der Heynckes-Entlassung nicht einleiten können und steht bereits in der Kritik. Doch Scherer beteuert: „Wir ziehen das mit Lerby durch.“ Einmal haben auch die Bayern-Fans etwas zu lachen am letzten November-Samstag anno 1991: Der Werder-Torwart köpft einen Lattenabpraller ins eigene Tor und tritt als einziger Bremer verärgert vor die Presse: „Das war einfach Pech. Sicher, ich ziehe die kuriosen Situationen irgendwie an. Meine guten Aktionen sind vergessen.“

So eng wie an der Spitze ist es auch im Keller, die letzten Fünf liegen nur einen Zähler auseinander und senden Lebenszeichen. Schlusslicht Wattenscheid putzt die Stuttgarter Kickers vor nur 3000 Zuschauern (Saisonminusrekord) mit 4:1, Fortuna Düsseldorf punktet in Frankfurt und Borussia Mönchengladbach befördert selbst ein 2:2 gegen Leverkusen zwei Plätze nach oben.

Es ist auch ein Tag mit Fan-Ärger: Das Spiel HSV gegen Schalke (2:1) wird unterbrochen, weil Unverbesserliche eine Rauchbombe werfen. Auch am Betzenberg ist dicke Luft: hier wird eine Rauchbombe noch mit Tränengas angereichert und einige Spieler brauchen Tropfen um den Durchblick zu bewahren.

Am selben Tag wird das erste WM-Finale der Frauen ausgetragen. In Peking schlägt die USA Norwegen mit 2:1.

1. Dezember

Vor 40 Jahren spielt Borussia Mönchengladbach im Europacup der Meister in Berlin gegen Inter Mailand. Es ist die Wiederholung des wegen eines Büchsenwurfs am Bökelberg annullierten Hinspiels (7:1). 85.000 Zuschauer sehen im Olympia-Stadion das Kontrastprogramm, diesmal fällt überhaupt kein Tor. Das 0:0 ist nach dem 2:4 in Mailand zu wenig für den Deutschen Meister, dem das Pech treu bleibt in dieser Paarung. Ulrik Le Fevre köpft an die Latte (20.), Klaus-Dieter Sieloff scheitert zuvor sogar mit einem Elfmeter an Bordon (18.). Kein Wunder, „sechs Mailänder umringen ihn, machen ihn nervös.“ (Kicker) Auch sonst ist es ein unfaires Spiel. Luggi Müller scheidet mit Verdacht auf Wadenbeinbruch aus. „Von vielen Fouls entnervt“, titelt der Kicker seine Analyse des ersten Europacupspiels einer deutschen Mannschaft, das wiederholt werden muss.

Vor zehn Jahren wird der 15. Spieltag der Bundesliga ausgetragen. Bayer Leverkusen kassiert in Bremen seine erste Saisonniederlage (1:2) und büßt Abwehrchef Jens Nowotny (Platzverweis) ein, nicht aber die Tabellenführung. Der Vorsprung vor Borussia Dortmund (2:0 in Köln) ist noch groß genug und die Bayern spielen erst am nächsten Tag in Berlin. Werder Bremens Marco Bode avanciert an diesem Tag dank seines Treffers zum 1:1 zum Rekordtorschützen des Klubs in der Liga – mit nunmehr 98 Toren. Kaiserslautern hält Anschluss ans Spitzentrio, der junge Miroslav Klose trifft beim 3:0 gegen SC Freiburg und sein Kollege Olaf Marschall ahnt: „Der Miro kann ein Großer werden“. Der Abstiegskampf fordert einen weiteren Personalwechsel, der Tabellenvierzehnte Hansa Rostock entlässt Trainer Friedhelm Funkel. Nach dem 1:2 gegen Wolfsburg wird Funkel noch im Stadion, zwei Stunden nach Abpfiff, gefeuert. Funkel verspürt sogar „Erleichterung, der Druck war einfach zu groß“. Eng wird es allmählich auch für Nürnbergs Klaus Augenthaler nach dem 0:3 gegen Schalke, wo der Club außer drei Punkten auch zwei Spieler verliert: Marek Nikl und Tomasz Kos fliegen vom Platz. 22 Minuten halten neun Nürnberger ein 0:1 gegen Schalke, ehe Ebbe Sand in der Nachspielzeit noch zwei Tore schießt. Augenthaler trocken: „Zu neunt haben wir besser gespielt.“

Am selben Tag werden in Busan/Südkorea die Vorrunden-Gruppen zur WM 2002 ausgelost. Deutschland trifft auf Saudi-Arabien, Irland und Kamerun mit Trainer Winfried Schäfer. DFB-Teamchef Rudi Völler sagt: „Das müsste zu schaffen sein.“

2. Dezember

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Wer nicht reisen muss, ist im Süden im Vorteil, nur Kickers Offenbach (2:2 in Augsburg) bringt überhaupt einen Punkt mit. Ansonsten ist außer Spesen nichts gewesen für die Gästeteams am vorletzten Spieltag der Hinrunde. Die Herbstmeisterfrage bleibt offen, denn sowohl Tabellenführer VfB Stuttgart (3:0 vs. Waldhof Mannheim) als auch Verfolger 1. FC Nürnberg (5:0 vs. 1860 München) punkten. Im direkten Aufeinandertreffen wird sie am kommenden Sonntag in Nürnberg geklärt. Genauso hoch wie Nürnberg gewinnt ausgerechnet VfL Neckarau (5:0 vs. FSV Frankfurt), so dass auch im Keller Spannung herrscht. Bayern München gehört auch zu den Gefährdeten, steht nach dem 2:0 über Kickers Stuttgart auf dem viertletzten Platz (13.). Die meisten Tore fallen bei Ex-Meister VfR Mannheim (5:1 vs. Fürth), die wenigsten in Schweinfurt. Aber auch der Vorletzte kommt in den Genuss des Heimvorteils, der über diesem Spieltag schwebt, und schlägt Spitzenklub VfB Mühlburg durch ein Tor in letzter Minute 1:0. Der Schiedsrichter pfeift nach Erwin Aumeiers Schuss sofort ab.

Im Norden hingegen bedeutet das Heimrecht viel Kummer und Mühen an diesem Tag. Nur Arminia Hannover gewinnt vor eigenem Publikum (3:1 vs. Werder Bremen). Drei Partien enden 2:2, darunter die des HSV in Bremerhaven (14.000 Zuschauer) und zweimal triumphieren die Gäste. Tabellenführer Holstein Kiel gewinnt bereits sein sechstes Auswärtsspiel (3:1 vs. Eintracht Braunschweig) und wird „immer drohender für Hamburg“, wie das Sport Magazin findet. Hamburg ist auch St. Pauli, mit 18:8 Punkten ebenfalls ein Meisteraspirant. Am Millerntor steigt das verrückteste Spiel des Sonntags: bis zur 79. Minute heißt es gegen Eintracht Osnabrück 0:0, dann treffen Karl-Heinz Kassenbrock und Heinz Henke (85.) für die Gäste. Doch Gustav-Adolf Wöhler (87.) und Alfred Boller (89.) retten noch einen Punkt, der sich wie ein Sieg anfühlt.

Im Westen ist die Herbstmeisterfrage noch immer ein Fall für Drei. Rot-Weiß Essen hält die Spitze auch am Ruhetag, denn Alemannia Aachen kommt beim Meidericher SV nur zu einem 1:1. Auf Platz drei verharrt Schalke 04, das vor der Rekordkulisse des Sonntags (25.000) den 1. FC Köln 2:1 bezwingt. Paul Matzkowski erzielt in der 83. Minute per Handelfmeter den umjubelten Siegtreffer in der Glückauf-Kampfbahn. Er fällt den Schalkern schwer ihre Überzahl zu nutzen, die aus dem Platzverweis des Kölners Willi Bars (43.) resultiert. Bars will nach seinem Blackout, einem vorsätzlichen Foul, übrigens nicht auch noch in die Zeitung und entreißt einem Fotografen die auf ihn gerichtete Kamera. Schalke geht nach der Pause durch Hans Kleina (58.) in Führung. Zehn Kölner hoffen nach Günther Schemmerlings Ausgleich (81.) nur kurz auf einen Punkt, dann erhält Schalke seinen von Nationalspieler Paul Mebus verursachten Handelfmeter.

Auch Borussia Dortmunds Anhänger haben endlich Grund zur Freude. Im Abstiegsduell behält der BVB gegen Schlusslicht Fortuna Düsseldorf klar die Oberhand (5:1). Fortuna führt zunächst, doch dann dreht der BVB auf, Edmund Kasperski trifft allein dreimal und damit im Westen am besten. Genauso hoch gewinnt ein weiteres Kellerkind: die von Ernst Kuzorra trainierte Spielvereinigung Erkenschwick putzt Hamborn 07 mit 5:1. Im Südwesten zweifelt niemand mehr am Herbstmeister. Der 1. FC Saarbrücken ist nur wegen zweier ausstehender Nachholspiele noch nicht gekrönt und bleibt nach dem souveränen 4:1 gegen Phönix Ludwigshafen ungeschlagen bei 22:2 Punkten. Die Gäste helfen dem Primus mit zwei Eigentoren tüchtig. Der deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern ist dagegen als Fünfter schon weit abgeschlagen, beim dramatischen 3:3 auf dem Betzenberg gegen Wormatia Worms wächst das FCK-Lazarett, in dem bereits Ottmar Walter und Horst Eckel lagern, weiter an: Mittelläufer Werner Liebrich scheidet nach 37 Minuten aus. Insofern ist der Punkt in Unterzahl noch etwas wert, Werner Kohlmeyer, dem auch ein Eigentor unterläuft, rettet ihn mit einem Handelfmeter (81.). Nur eines ist wie immer beim FCK: Fritz Walter ist der beste Mann auf dem Platz.

Vor zehn Jahren schlägt Hertha BSC den amtierenden Champions League-Gewinner, Weltpokalsieger und Meister Bayern München mit 2:1. Die seit nunmehr zehn Spielen ungeschlagenen Berliner drehen vor 52.000 Zuschauern, mehr gehen wegen Umbaus nicht rein, die Partie im Endspurt. Bayerns Führung durch Nico Kovac egalisiert Joker Andreas Neuendorf und der Ungar Pal Dardai überwindet Nationalkeeper Oliver Kahn mit einem Fernschuss (84.). Das kostet Bayern die Tabellenführung, auch Platz zwei müssen sie abgeben.

Das Hamburger Derby verläuft zunächst einseitig, endet aber unerwartet dramatisch. Nach 3:0-Pausenführung rettet der HSV einen knappen 4:3-Sieg gegen St. Pauli über die Zeit.

3. Dezember

Vor 100 Jahren kommt es zu unschönen Szenen auf einem Frankfurter Sportplatz. Der FFV Amicitia von 1902 unterliegt zuhause in der obersten Nordkreis A-Klasse dem FC Hanau 93 mit 2:5. Zuschauer lassen ihre Wut am Hanauer Möller aus und schlagen ihn mit Stöcken. Folgenschwere Schläge. In der Pionierzeit des Fußballs kosten derartige Vorkommnisse die Klassenzugehörigkeit, Amicitia wird zum Zwangsabstieg verdonnert und zu einer einjährigen Spielsperre.

Am selben Tag schlägt Bayern München den MTV Augsburg im Meisterschaftsspiel mit 8:2.

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Norden zieht der HSV seine einsamen Kreise, Hannover 96 wird am Rothenbaum mühelos 4:0 geschlagen. Schon in der 1. Minute, präzise nach 30 Sekunden, überwindet Charly Dörfel Helmut Isendahl im Gästetor. Gerd Krugs Elfmeter (55.) ist die Vorentscheidung, dann kommt auch Uwe Seeler noch zu Torehren (75., 80.). „Gräßlich war das Wetter, der Platz dazu seifig und glatt und schwer bespielbar. Die 7000 Zuschauer erlebten trotz dieser widrigen Umstände ein ausgezeichnetes Spiel.“ Der HSV-Vorsprung wächst auf fünf Punkte an, da Verfolger Werder Bremen sich von St. Pauli 1:1 trennt. Alfred Brüggen entreißt mit seinem Tor (89.) den Bremern den Sieg. Die nur 8000 Zuschauer im Weser-Stadion bilden dennoch die Rekordkulisse an diesem tristen Sonntag im Norden.

Im Südwesten fallen 38 Tore, davon 31 für die Gastgeber. Es gibt sieben Heimsiege, am höchsten triumphiert Tura Ludwigshafen (8:0 vs. Eintracht Trier). Die ersten Sechs der Tabelle gewinnen allesamt, sodass es nicht zu Verschiebungen kommt. Herbstmeister FK Pirmasens regiert weiter (4:1 vs. Ludwigshafener SC), Borussia Neunkirchen (4:1 vs. VfR Kaiserslautern) und der 1. FC Kaiserslautern (4:1 vs. Neuendorf) bleiben dran. Bei aller Spannung findet die Liga kaum Interessenten, selbst zum Betzenberg kommen anno 1961 nur 2000 Zuschauer.

Im Westen finden nur Pokalspiele statt: Westfalia Herne schaltet Schwarz-Weiß Essen aus (4:2), Fortuna Düsseldorf packt Borussia Dortmund nach Rückstand (2:1) und der 1. FC Köln gewinnt das Stadtderby bei Viktoria mit 4:1, Karl-Heinz Thielen trifft dreifach. In jenen Jahren werden die Endrundenteilnehmer des DFB-Pokals auf regionaler Ebene ermittelt.

Am selben Tag schlägt Meister 1. FC Nürnberg im Europapokal Fenerbahce Istanbul durch ein Tor von Tasso Wild mit 1:0 (72.) und zieht ins Viertelfinale ein. Der größte internationale Erfolg des Altmeisters lässt die 46.000 jubeln, aber das Sport Magazin sortiert die Fakten und macht wenig Hoffnung vor den Spielen gegen Cup-Verteidiger Benfica Lissabon: „Keineswegs meisterlich, keineswegs in überzeugendem Stil, keineswegs so mitreißend, dass man sagen könnte, der Club ginge aussichtsreich in die nächste Runde“.

Vor 25 Jahren gibt es in der Bundesliga zwei Entlassungen. Eintracht Frankfurt trennt sich von Trainer Dietrich Weise. Weise wird die Suspendierung des Spielers Wolfgang Kraus, der zugleich Teammanager ist, zum Verhängnis. Nachfolger wird Timo Zahnleiter. Auch auf Schalke endet ein Machtkampf Trainer/Manager mit einer Trennung: hier aber ist der Trainer (Rolf Schafstall) der Sieger und der Manager muss gehen: Rudi Assauer. Der Vorstand begründet: „Das Verhältnis zwischen Trainer und Manager war irreparabel.“

Vor 20 Jahren wird das DFB-Pokalfinale komplettiert. Titelverteidiger Werder Bremen wirft Meister 1. FC Kaiserslautern aus dem Wettbewerb, 20.000 Zuschauer sehen einen 2:0-Heimsieg der Rehhagel-Elf, für die Uwe Harttgen und Stefan Kohn treffen.

4. Dezember

Vor 40 Jahren startet der DFB-Pokal 1971/72 mit 32 Mannschaften. Ausgeschieden ist noch keine, denn der Modus sieht Rückspiele vor. Zum Glück für Meister Bayern München, der bei Aufsteiger Fortuna Köln trotz Führung durch Uli Hoeneß 2:1 verliert. 19.000 Zuschauer feiern im Südstadion die Torschützen Wolfgang Glock und Rolf Bauerkämper, die binnen zwei Minuten die Partie drehen. Bayern-Trainer Udo Lattek kritisiert Überheblichkeit in den eigenen Reihen: „Einige Herren meinen schon seit Jahren, sie seien die Größten.“ Souveräner meistert Borussia Mönchengladbach seine Aufgabe: bei Bayer Leverkusen gewinnt der Meister mit 3:0 und kann für die 2. Runde planen. Tabellenführer Schalke 04 bestätigt seine Saisonleistungen auch im Pokal und schlägt Hertha BSC 3:1. Kleine Sensationen verbuchen Schweinfurt 05 (1:0 gegen Eintracht Frankfurt) und Holstein Kiel (5:4 gegen Hannover 96), die nach dem alten Modus große Sensationen gewesen wären. So bekommen die Verlierer noch eine zweite Chance.

Vor zehn Jahren überzeugt Bayer Leverkusen in der Champions League. Im zweiten Zwischenrundenspiel schlägt die Werkself nach torloser erster Hälfte Deportivo La Coruna noch mit 3:0. Ze Roberto, Oliver Neuville und Michael Ballack treffen binnen 15 Minuten (64., 67., 79.) und begeistern nicht nur die 22.500 Zuschauer. „Traumfußball, da schlägt das Herz jedes Fußballfans höher“, sagt Trainer Klaus Toppmöller.

Am selben Abend zieht Borussia Dortmund ins Achtelfinale des UEFA-Pokals ein. Wie im Hinspiel gelingt auch zuhause erst in letzter Minute ein Tor gegen den FC Kopenhagen: diesmal köpft Derek Sörensen das Siegtor, wofür ihn Mitspieler Evanilson Huckepack vom Platz trägt.

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

28. November

Vor 40 Jahren haben elf Spieler von Eintracht Braunschweig am Sonntag einen unangenehmen Termin. Das DFB-Sportgericht verhört die Spieler in Frankfurt wegen der Vorkommnisse im Abstiegskampf 1971, in dem es Manipulationen gegeben hat. Die Braunschweiger gestehen die Entgegennahme einer Siegprämie über 40.000 DM vor dem Spiel gegen Oberhausen. Angeblich glaubten sie damals, sie von einem Gönner erhalten zu haben. Dass der Geldbote im Auftrag von Arminia Bielefeld gehandelt hat, wollen sie nicht gewusst haben. Im Übrigen sei eine Siegprämie, von wem auch immer, ja keine Manipulation. Torwart Horst Wolter muss sich von Chefankläger Horst Kindermann aber auch Fragen zu seinen Leistungen bei zwei hohen Niederlagen gefallen lassen. Wolter ist perplex: „Ist denn heute schon jedes Resultat, das eine Überraschung bedeutet, ein Anlass, um sich zu wundern, möglicherweise sogar zu verdächtigen?“ Im Herbst 1971, wo der Skandal noch lange nicht vor seiner Aufklärung steht, offenbar schon.

Vor 30 Jahren überstrahlt das Comeback von Meister-Trainer Max Merkel die Bundesliga. Die Premiere mit dem Karlsruher SC misslingt jedoch: im Heimspiel unterliegen die Badener dem 1. FC Köln mit 1:4, es gibt Pfiffe und Schmäh-Transparente gegen den neuen Coach. KSC-Präsident Roland Schmider sieht sich dennoch bestätigt: „Allein wegen Merkel sind 10.000 Zuschauer mehr gekommen.“ Die Kölner springen mit dem Sieg auf Platz eins und feiern ihren Torhüter Harald „Toni“ Schumacher, der beim Stand von 0:1 einen Elfmeter von Stephan Groß hält. Kölns Dank gilt auch Aufsteiger Werder Bremen, der Tabellenführer HSV nach großem Kampf schlägt (3:2) und somit stürzt. Herausragend beim Sieger sind Torwart Dieter Burdenski und Doppel-Torschütze Uwe Reinders. Meister Bayern München kommt zuhause im Verfolgerduell nur zu einem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach, Lothar Matthäus gleicht die frühe Führung von Karl-Heinz Rummenigge mit einem satten Fernschuss aus 25 Metern aus. Trainer Jupp Heynckes hatte ihn angestachelt, er würde wohl nur noch in der U 21 treffen, erzählte Matthäus hinterher über sein „Wut-Tor“. Ansonsten ist es der Tag der Aufholjagden: Eintracht Frankfurt (in Düsseldorf) und Kaiserslautern (in Dortmund) retten nach 0:2-Rückständen jeweils noch ein 2:2. Die Eintracht dankt Joker Michael Künast, der beide Tore erzielt. Nur Duisburgs Luft reicht nicht ganz; im Duell bei Darmstadt 98 kommt der MSV nach 0:3 noch auf 2:3 heran. Zu wenig, um den Sturz auf den 18. Platz zu verhindern. Weniger Zuschauer als bei diesem Spiel (8000) kommen nur nach Leverkusen, wo 6000 gegen VfB Stuttgart auch die wenigsten Tore erleben – nämlich keine. Aufsteiger Eintracht Braunschweig bietet seinem Anhang am meisten: ein 4:2 gegen den 1. FC Nürnberg, verbunden mit dem Sprung auf Platz sieben. Arminia Bielefelds Heimspiel gegen Bochum wird noch am Spieltag abgesagt: die Alm ist nur eine Schlammwüste.

Vor 15 Jahren gibt es in der Türkei einen Europarekord: 33 Elfmetertore sehen die Zuschauer des Pokalspiels Genclerbirligi gegen Galatasaray Istanbul (17:16), ehe ein Sieger fest steht. Kurios: für die Torhüter ist das Spektakel kein Ruhmesblatt, nur ein Elfmeter wird gehalten.

Vor zehn Jahren wird die 2. Runde im DFB-Pokal komplettiert. Nachdem am Vortag bereits zwei Bundesligisten gescheitert sind (HSV 0:2 vs. VfB Stuttgart und Werder Bremen 3:4 nach Elfmetern bei Drittligist KFC Uerdingen), kommen zwei hinzu, darunter ein logisches Opfer, denn in München steigt das einzige Bundesligaduell. Das Spiel TSV 1860 gegen Borussia Mönchengladbach verdient weit mehr als nur 5700 Zuschauer. Die Gäste führen zur Pause bereits mit 3:1, ehe sie von den Löwen noch „gefressen“ werden – Michael Wiesinger schießt in der 73. Minute das entscheidende 4:3. In aller Munde ist jedoch der Kroate Davor Suker, Torschützenkönig der WM 1998. Bei seinem Löwen-Debüt glückt Suker gleich ein Tor.

Eine kleine Sensation glückt Amateurligist Darmstadt 98, der den SC Freiburg im Elfmeterschießen mit 6:4 hinauswirft. Freiburgs Leichtsinn wird bestraft; das Team trainiert noch am Spieltag zuhause und kommt erst zwei Stunden vor Anpfiff in Darmstadt an. Der 1. FC Kaiserslautern gewinnt das Südwestderby bei Zweitligist Waldhof Mannheim durch ein Tor von Olaf Marschall in letzter Minute mit 3:2. Der 1. FC Köln stürmt den Aachener Tivoli (2:1).

Am selben Abend fällt das Champions League-Spiel zwischen Juventus Turin und Bayer Leverkusen bereits zum zweiten Mal wegen Nebels aus. Man einigt sich auf einen dritten Termin am nächsten Tag um 15 Uhr, weil Nachmittags-Nebel seltener in Turin ist als am Abend.

29. November

Vor 30 Jahren trennt sich Bundesliga-Schlusslicht Duisburg von Trainer Friedhelm Wenzlaff und präsentiert den 59-jährigen Kuno Klötzer als Nachfolger. Kapitän Bernard Dietz appelliert: „Es rennt und kämpft keiner für den anderen. Ich hoffe, dass Kuno Klötzer das wieder gerade biegt. Denn hier liegt der wahre Grund für die Misere des MSV.“ Vorgänger Wenzlaff erfährt von seiner Entlassung übrigens durch den Abruf eines Reporters.

Vor 25 Jahren freut sich die Bundesliga über einen neuen Zuschauerboom. 220.600 passieren die Stadiontore Ende November, fast 40.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs. Insgesamt sind im Verglich zur Vorsaison nach 16 Spieltagen 206.400 Zuschauer mehr gekommen und der Kicker titelt: „Alte Liebe neu entflammt“. Was am spannenden Titelkampf liegen mag. Drei Mannschaften können noch Herbstmeister werden: die Bayern, Bayer Leverkusen und der HSV. Die besten Chancen haben die Bayern, nach dem 1:0 gegen VfB Stuttgart durch das erste Bundesliga-Tor von Hansi Flick neuer Tabellenführer. Ein gutes Spiel sehen die 45.000 im Olympia-Stadion aber nicht. „Erst Flick – dann Flickschusterei“, dichtet der Kicker. Bayern-Trainer Udo Lattek schießt in der Schlussphase sogar den Ball vor einem Stuttgarter Einwurf weg, so sehr zittert der Meister um die Punkte. Nach dem Spiel kündigt der Meister-Trainer seinen Abschied zum Saisonende an – zugunsten seiner Familie. In der Bayer-Familie gibt es dagegen weniger Harmonie. Im Duell der Werksklubs gewinnt Uerdingen beim bisherigen Tabellenführer Leverkusen 4:1. Der gelernte Verteidiger Wolfgang Funkel schießt zwei Tore, der gelernte Stürmer, Bruder Friedhelm, agiert als Libero.

Der HSV schließt zu Leverkusen auf und gewinnt bei Aufsteiger Blau-Weiß Berlin mit 3:1. Die Berliner resignieren schon fast: „Wer Realist ist, kann nur noch auf Platz 16 hoffen.“, sagt BW-Profi Horst Feilzer. Um den kämpfen auch Fortuna Düsseldorf (2:5 in Bremen) und der FC Homburg (1:5 in Mannheim). Das punktgleiche Trio trennen bereits vier Zähler vom Rest des Feldes. Dennoch gibt es auch bei Eintracht Frankfurt (12. nach dem 0:1 gegen Schalke) und dem 1. FC Köln (14. nach dem 1:3 in Mönchengladbach) lange Gesichter. Toni Schumacher wird sogar von Christian Hochstätter getunnelt und der junge Trainer Christoph Daum klagt: „Wir hatten nie eine Siegchance.“

Vor 20 Jahren ist Borussia Dortmund Tabellenführer für eine Nacht. Flemming Povlsens Tor entscheidet die Freitagspartie gegen den Karlsruher SC (1:0). Erstmals seit neun Jahren genießen die Borussen wieder mal das Gefühl, Spitze zu sein.

Am selben Tag beendet die Frauen-Nationalmannschaft ihre WM-Premiere in China. Im Spiel um Platz 3 ist die Elf von Gero Bisanz gegen Schweden chancenlos (0:4). Bisanz: „Wir waren total platt, haben mit laufender Turnierfolge mannschaftlich abgebaut.“ Aller Anfang ist eben schwer…

Vor zehn Jahren bestreitet Bayer Leverkusen nach zuvor zwei Nebelabsagen endlich sein erstes Zwischenrundenspiel in der Champions League. Vor nur 3500 Zuschauern geht der Bundesligist bei Juventus Turin unter – 0:4 (0:3). Trainer Klaus Toppmöller: „Wir sind nie in die Zweikämpfe gekommen und waren gar nicht auf dem Platz.“

30. November

Vor 70 Jahren finden Punktspiele in den Gauligen statt. Das Revierderby hat noch nicht die Bedeutung wie heute, zu überlegen ist Schalke 04 gegenüber Borussia vor und auch im Krieg. Anno 1941 trifft im Westfalen-Gau zwar der Zweite auf den Ersten, aber das Ergebnis dokumentiert den Klassenunterschied: 1:6! Schon zur Pause führen die Knappen zur Ernüchterung der 25.000 in der „Dortmunder Kampfbahn“, wie der Kicker schreibt, 4:0. Hermann Eppenhoff ist ein klassischer Hattrick vergönnt, aber als Werner Erdmann nach 47 Minuten verkürzt, „riss dieser Gegenerfolg mit dem Beifall der Massen auch die Borussen mit.“ Ernst Kuzorra und Fritz Szepan ersticken mit ihren Toren die aufkeimende Hoffnung der BVB-Anhänger. Mit 14:0 Punkten ist Schalke nicht nur im Westen das Maß aller Dinge.

Weit spannender verläuft das Derby in der „Nordmark“, wo der HSV nach dem 2:1 bei Eimsbüttel als neuer Tabellenführer firmiert. 10.000 Zuschauer am Hoheluft-Platz sehen HSV-Tore von K. Weber und Hans-Jürgen Kowalkowski und das zu späte Anschlusstor durch Hans Rode per Elfmeter. In der „Ostmark“ fällt ein Resultat aus dem Rahmen: Admira Wien gewinnt das Derby gegen Herbstmeister Austria mit 7:0, für den Kicker schlicht ein „Admira-Wunder“, das sich allerdings mit drei Platzverweisen gegen Austria-Kicker, darunter DFB-Nationalspieler Hans Mock, erklären lässt. Als die Dezimierungen einsetzen, steht es aber schon 3:0. Im Bayern-Gau muss Bayern München eine herbe 2.6-Niederlage gegen Spielvereinigung Fürth quittieren, die schon nach vier Minuten 2:0 führt. In Sachsen schießt der Dresdner SC wieder mal den Vogel ab und gewinnt in Döbeln glatt mit 8:0. Dabei gehen die drei Innenstürmer Richard Hofmann, Helmut Schön und Horst Schade leer aus, was dem Kicker eine Extrameldung wert ist. „Der DSC schafft ein Kuriosum“.

Das 0:8 ist dagegen keines mehr, in allen Gau-Ligen gibt es derartige Resultate. Ansatzweise Chancengleichheit ist durch die Kriegserfordernisse oft nicht mehr gegeben. Aber der Spielbetrieb soll um jeden Preis aufrecht erhalten werden.

Vor 20 Jahren liegt ein punktgleiches Trio an der Bundesliga-Spitze. Herbstmeister Eintracht Frankfurt büßt gegen Fortuna Düsseldorf einen Zähler ein (1:1) und regiert nur noch mit der Mehrheit von drei Toren vor dem VfB Stuttgart (2:0 vs. MSV Duisburg) und Borussia Dortmund, die am Vortag den KSC 1:0 geschlagen hat. Eintracht-Stürmer Jörn Andersen hat dabei ein seltsames déjà-vu-Erlebnis. Zum dritten Mal in Folge verweigert Schiedsrichter Markus Merk dem Norweger ein Tor, was Andersen seiner Frau schon am Morgen prophezeit hat. Die Abseitsentscheidung war nichtsdestotrotz korrekt. Durch den Frankfurter Punktverlust ist auch Meister 1. FC Kaiserslautern wieder ganz dicht dran; nach dem 4:1 gegen Dynamo Dresden liegen die Pfälzer nur einen Zähler hinter dem Top-Trio. Für Bayern München ist der Weg in gewohnte Gefilde spätestens nach diesem Spieltag endgültig verbaut: nach der fünften Heimniederlage, einem furiosen 3:4 gegen Werder Bremen, müssen die Bayern wieder nach unten schauen. Der Rekordmeister ist nur Zwölfter und Präsident Fritz Scherer beklagt: „Das war genauso disziplinlos wie vor sechs Wochen.“ Der junge Sören Lerby hat den erhofften Umschwung nach der Heynckes-Entlassung nicht einleiten können und steht bereits in der Kritik. Doch Scherer beteuert: „Wir ziehen das mit Lerby durch.“ Einmal haben auch die Bayern-Fans etwas zu lachen am letzten November-Samstag anno 1991: Der Werder-Torwart köpft einen Lattenabpraller ins eigene Tor und tritt als einziger Bremer verärgert vor die Presse: „Das war einfach Pech. Sicher, ich ziehe die kuriosen Situationen irgendwie an. Meine guten Aktionen sind vergessen.“

So eng wie an der Spitze ist es auch im Keller, die letzten Fünf liegen nur einen Zähler auseinander und senden Lebenszeichen. Schlusslicht Wattenscheid putzt die Stuttgarter Kickers vor nur 3000 Zuschauern (Saisonminusrekord) mit 4:1, Fortuna Düsseldorf punktet in Frankfurt und Borussia Mönchengladbach befördert selbst ein 2:2 gegen Leverkusen zwei Plätze nach oben.

Es ist auch ein Tag mit Fan-Ärger: Das Spiel HSV gegen Schalke (2:1) wird unterbrochen, weil Unverbesserliche eine Rauchbombe werfen. Auch am Betzenberg ist dicke Luft: hier wird eine Rauchbombe noch mit Tränengas angereichert und einige Spieler brauchen Tropfen um den Durchblick zu bewahren.

Am selben Tag wird das erste WM-Finale der Frauen ausgetragen. In Peking schlägt die USA Norwegen mit 2:1.

1. Dezember

Vor 40 Jahren spielt Borussia Mönchengladbach im Europacup der Meister in Berlin gegen Inter Mailand. Es ist die Wiederholung des wegen eines Büchsenwurfs am Bökelberg annullierten Hinspiels (7:1). 85.000 Zuschauer sehen im Olympia-Stadion das Kontrastprogramm, diesmal fällt überhaupt kein Tor. Das 0:0 ist nach dem 2:4 in Mailand zu wenig für den Deutschen Meister, dem das Pech treu bleibt in dieser Paarung. Ulrik Le Fevre köpft an die Latte (20.), Klaus-Dieter Sieloff scheitert zuvor sogar mit einem Elfmeter an Bordon (18.). Kein Wunder, „sechs Mailänder umringen ihn, machen ihn nervös.“ (Kicker) Auch sonst ist es ein unfaires Spiel. Luggi Müller scheidet mit Verdacht auf Wadenbeinbruch aus. „Von vielen Fouls entnervt“, titelt der Kicker seine Analyse des ersten Europacupspiels einer deutschen Mannschaft, das wiederholt werden muss.

Vor zehn Jahren wird der 15. Spieltag der Bundesliga ausgetragen. Bayer Leverkusen kassiert in Bremen seine erste Saisonniederlage (1:2) und büßt Abwehrchef Jens Nowotny (Platzverweis) ein, nicht aber die Tabellenführung. Der Vorsprung vor Borussia Dortmund (2:0 in Köln) ist noch groß genug und die Bayern spielen erst am nächsten Tag in Berlin. Werder Bremens Marco Bode avanciert an diesem Tag dank seines Treffers zum 1:1 zum Rekordtorschützen des Klubs in der Liga – mit nunmehr 98 Toren. Kaiserslautern hält Anschluss ans Spitzentrio, der junge Miroslav Klose trifft beim 3:0 gegen SC Freiburg und sein Kollege Olaf Marschall ahnt: „Der Miro kann ein Großer werden“. Der Abstiegskampf fordert einen weiteren Personalwechsel, der Tabellenvierzehnte Hansa Rostock entlässt Trainer Friedhelm Funkel. Nach dem 1:2 gegen Wolfsburg wird Funkel noch im Stadion, zwei Stunden nach Abpfiff, gefeuert. Funkel verspürt sogar „Erleichterung, der Druck war einfach zu groß“. Eng wird es allmählich auch für Nürnbergs Klaus Augenthaler nach dem 0:3 gegen Schalke, wo der Club außer drei Punkten auch zwei Spieler verliert: Marek Nikl und Tomasz Kos fliegen vom Platz. 22 Minuten halten neun Nürnberger ein 0:1 gegen Schalke, ehe Ebbe Sand in der Nachspielzeit noch zwei Tore schießt. Augenthaler trocken: „Zu neunt haben wir besser gespielt.“

Am selben Tag werden in Busan/Südkorea die Vorrunden-Gruppen zur WM 2002 ausgelost. Deutschland trifft auf Saudi-Arabien, Irland und Kamerun mit Trainer Winfried Schäfer. DFB-Teamchef Rudi Völler sagt: „Das müsste zu schaffen sein.“

2. Dezember

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Wer nicht reisen muss, ist im Süden im Vorteil, nur Kickers Offenbach (2:2 in Augsburg) bringt überhaupt einen Punkt mit. Ansonsten ist außer Spesen nichts gewesen für die Gästeteams am vorletzten Spieltag der Hinrunde. Die Herbstmeisterfrage bleibt offen, denn sowohl Tabellenführer VfB Stuttgart (3:0 vs. Waldhof Mannheim) als auch Verfolger 1. FC Nürnberg (5:0 vs. 1860 München) punkten. Im direkten Aufeinandertreffen wird sie am kommenden Sonntag in Nürnberg geklärt. Genauso hoch wie Nürnberg gewinnt ausgerechnet VfL Neckarau (5:0 vs. FSV Frankfurt), so dass auch im Keller Spannung herrscht. Bayern München gehört auch zu den Gefährdeten, steht nach dem 2:0 über Kickers Stuttgart auf dem viertletzten Platz (13.). Die meisten Tore fallen bei Ex-Meister VfR Mannheim (5:1 vs. Fürth), die wenigsten in Schweinfurt. Aber auch der Vorletzte kommt in den Genuss des Heimvorteils, der über diesem Spieltag schwebt, und schlägt Spitzenklub VfB Mühlburg durch ein Tor in letzter Minute 1:0. Der Schiedsrichter pfeift nach Erwin Aumeiers Schuss sofort ab.

Im Norden hingegen bedeutet das Heimrecht viel Kummer und Mühen an diesem Tag. Nur Arminia Hannover gewinnt vor eigenem Publikum (3:1 vs. Werder Bremen). Drei Partien enden 2:2, darunter die des HSV in Bremerhaven (14.000 Zuschauer) und zweimal triumphieren die Gäste. Tabellenführer Holstein Kiel gewinnt bereits sein sechstes Auswärtsspiel (3:1 vs. Eintracht Braunschweig) und wird „immer drohender für Hamburg“, wie das Sport Magazin findet. Hamburg ist auch St. Pauli, mit 18:8 Punkten ebenfalls ein Meisteraspirant. Am Millerntor steigt das verrückteste Spiel des Sonntags: bis zur 79. Minute heißt es gegen Eintracht Osnabrück 0:0, dann treffen Karl-Heinz Kassenbrock und Heinz Henke (85.) für die Gäste. Doch Gustav-Adolf Wöhler (87.) und Alfred Boller (89.) retten noch einen Punkt, der sich wie ein Sieg anfühlt.

Im Westen ist die Herbstmeisterfrage noch immer ein Fall für Drei. Rot-Weiß Essen hält die Spitze auch am Ruhetag, denn Alemannia Aachen kommt beim Meidericher SV nur zu einem 1:1. Auf Platz drei verharrt Schalke 04, das vor der Rekordkulisse des Sonntags (25.000) den 1. FC Köln 2:1 bezwingt. Paul Matzkowski erzielt in der 83. Minute per Handelfmeter den umjubelten Siegtreffer in der Glückauf-Kampfbahn. Er fällt den Schalkern schwer ihre Überzahl zu nutzen, die aus dem Platzverweis des Kölners Willi Bars (43.) resultiert. Bars will nach seinem Blackout, einem vorsätzlichen Foul, übrigens nicht auch noch in die Zeitung und entreißt einem Fotografen die auf ihn gerichtete Kamera. Schalke geht nach der Pause durch Hans Kleina (58.) in Führung. Zehn Kölner hoffen nach Günther Schemmerlings Ausgleich (81.) nur kurz auf einen Punkt, dann erhält Schalke seinen von Nationalspieler Paul Mebus verursachten Handelfmeter.

Auch Borussia Dortmunds Anhänger haben endlich Grund zur Freude. Im Abstiegsduell behält der BVB gegen Schlusslicht Fortuna Düsseldorf klar die Oberhand (5:1). Fortuna führt zunächst, doch dann dreht der BVB auf, Edmund Kasperski trifft allein dreimal und damit im Westen am besten. Genauso hoch gewinnt ein weiteres Kellerkind: die von Ernst Kuzorra trainierte Spielvereinigung Erkenschwick putzt Hamborn 07 mit 5:1. Im Südwesten zweifelt niemand mehr am Herbstmeister. Der 1. FC Saarbrücken ist nur wegen zweier ausstehender Nachholspiele noch nicht gekrönt und bleibt nach dem souveränen 4:1 gegen Phönix Ludwigshafen ungeschlagen bei 22:2 Punkten. Die Gäste helfen dem Primus mit zwei Eigentoren tüchtig. Der deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern ist dagegen als Fünfter schon weit abgeschlagen, beim dramatischen 3:3 auf dem Betzenberg gegen Wormatia Worms wächst das FCK-Lazarett, in dem bereits Ottmar Walter und Horst Eckel lagern, weiter an: Mittelläufer Werner Liebrich scheidet nach 37 Minuten aus. Insofern ist der Punkt in Unterzahl noch etwas wert, Werner Kohlmeyer, dem auch ein Eigentor unterläuft, rettet ihn mit einem Handelfmeter (81.). Nur eines ist wie immer beim FCK: Fritz Walter ist der beste Mann auf dem Platz.

Vor zehn Jahren schlägt Hertha BSC den amtierenden Champions League-Gewinner, Weltpokalsieger und Meister Bayern München mit 2:1. Die seit nunmehr zehn Spielen ungeschlagenen Berliner drehen vor 52.000 Zuschauern, mehr gehen wegen Umbaus nicht rein, die Partie im Endspurt. Bayerns Führung durch Nico Kovac egalisiert Joker Andreas Neuendorf und der Ungar Pal Dardai überwindet Nationalkeeper Oliver Kahn mit einem Fernschuss (84.). Das kostet Bayern die Tabellenführung, auch Platz zwei müssen sie abgeben.

Das Hamburger Derby verläuft zunächst einseitig, endet aber unerwartet dramatisch. Nach 3:0-Pausenführung rettet der HSV einen knappen 4:3-Sieg gegen St. Pauli über die Zeit.

3. Dezember

Vor 100 Jahren kommt es zu unschönen Szenen auf einem Frankfurter Sportplatz. Der FFV Amicitia von 1902 unterliegt zuhause in der obersten Nordkreis A-Klasse dem FC Hanau 93 mit 2:5. Zuschauer lassen ihre Wut am Hanauer Möller aus und schlagen ihn mit Stöcken. Folgenschwere Schläge. In der Pionierzeit des Fußballs kosten derartige Vorkommnisse die Klassenzugehörigkeit, Amicitia wird zum Zwangsabstieg verdonnert und zu einer einjährigen Spielsperre.

Am selben Tag schlägt Bayern München den MTV Augsburg im Meisterschaftsspiel mit 8:2.

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Norden zieht der HSV seine einsamen Kreise, Hannover 96 wird am Rothenbaum mühelos 4:0 geschlagen. Schon in der 1. Minute, präzise nach 30 Sekunden, überwindet Charly Dörfel Helmut Isendahl im Gästetor. Gerd Krugs Elfmeter (55.) ist die Vorentscheidung, dann kommt auch Uwe Seeler noch zu Torehren (75., 80.). „Gräßlich war das Wetter, der Platz dazu seifig und glatt und schwer bespielbar. Die 7000 Zuschauer erlebten trotz dieser widrigen Umstände ein ausgezeichnetes Spiel.“ Der HSV-Vorsprung wächst auf fünf Punkte an, da Verfolger Werder Bremen sich von St. Pauli 1:1 trennt. Alfred Brüggen entreißt mit seinem Tor (89.) den Bremern den Sieg. Die nur 8000 Zuschauer im Weser-Stadion bilden dennoch die Rekordkulisse an diesem tristen Sonntag im Norden.

Im Südwesten fallen 38 Tore, davon 31 für die Gastgeber. Es gibt sieben Heimsiege, am höchsten triumphiert Tura Ludwigshafen (8:0 vs. Eintracht Trier). Die ersten Sechs der Tabelle gewinnen allesamt, sodass es nicht zu Verschiebungen kommt. Herbstmeister FK Pirmasens regiert weiter (4:1 vs. Ludwigshafener SC), Borussia Neunkirchen (4:1 vs. VfR Kaiserslautern) und der 1. FC Kaiserslautern (4:1 vs. Neuendorf) bleiben dran. Bei aller Spannung findet die Liga kaum Interessenten, selbst zum Betzenberg kommen anno 1961 nur 2000 Zuschauer.

Im Westen finden nur Pokalspiele statt: Westfalia Herne schaltet Schwarz-Weiß Essen aus (4:2), Fortuna Düsseldorf packt Borussia Dortmund nach Rückstand (2:1) und der 1. FC Köln gewinnt das Stadtderby bei Viktoria mit 4:1, Karl-Heinz Thielen trifft dreifach. In jenen Jahren werden die Endrundenteilnehmer des DFB-Pokals auf regionaler Ebene ermittelt.

Am selben Tag schlägt Meister 1. FC Nürnberg im Europapokal Fenerbahce Istanbul durch ein Tor von Tasso Wild mit 1:0 (72.) und zieht ins Viertelfinale ein. Der größte internationale Erfolg des Altmeisters lässt die 46.000 jubeln, aber das Sport Magazin sortiert die Fakten und macht wenig Hoffnung vor den Spielen gegen Cup-Verteidiger Benfica Lissabon: „Keineswegs meisterlich, keineswegs in überzeugendem Stil, keineswegs so mitreißend, dass man sagen könnte, der Club ginge aussichtsreich in die nächste Runde“.

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Vor 25 Jahren gibt es in der Bundesliga zwei Entlassungen. Eintracht Frankfurt trennt sich von Trainer Dietrich Weise. Weise wird die Suspendierung des Spielers Wolfgang Kraus, der zugleich Teammanager ist, zum Verhängnis. Nachfolger wird Timo Zahnleiter. Auch auf Schalke endet ein Machtkampf Trainer/Manager mit einer Trennung: hier aber ist der Trainer (Rolf Schafstall) der Sieger und der Manager muss gehen: Rudi Assauer. Der Vorstand begründet: „Das Verhältnis zwischen Trainer und Manager war irreparabel.“

Vor 20 Jahren wird das DFB-Pokalfinale komplettiert. Titelverteidiger Werder Bremen wirft Meister 1. FC Kaiserslautern aus dem Wettbewerb, 20.000 Zuschauer sehen einen 2:0-Heimsieg der Rehhagel-Elf, für die Uwe Harttgen und Stefan Kohn treffen.

4. Dezember

Vor 40 Jahren startet der DFB-Pokal 1971/72 mit 32 Mannschaften. Ausgeschieden ist noch keine, denn der Modus sieht Rückspiele vor. Zum Glück für Meister Bayern München, der bei Aufsteiger Fortuna Köln trotz Führung durch Uli Hoeneß 2:1 verliert. 19.000 Zuschauer feiern im Südstadion die Torschützen Wolfgang Glock und Rolf Bauerkämper, die binnen zwei Minuten die Partie drehen. Bayern-Trainer Udo Lattek kritisiert Überheblichkeit in den eigenen Reihen: „Einige Herren meinen schon seit Jahren, sie seien die Größten.“ Souveräner meistert Borussia Mönchengladbach seine Aufgabe: bei Bayer Leverkusen gewinnt der Meister mit 3:0 und kann für die 2. Runde planen. Tabellenführer Schalke 04 bestätigt seine Saisonleistungen auch im Pokal und schlägt Hertha BSC 3:1. Kleine Sensationen verbuchen Schweinfurt 05 (1:0 gegen Eintracht Frankfurt) und Holstein Kiel (5:4 gegen Hannover 96), die nach dem alten Modus große Sensationen gewesen wären. So bekommen die Verlierer noch eine zweite Chance.

Vor zehn Jahren überzeugt Bayer Leverkusen in der Champions League. Im zweiten Zwischenrundenspiel schlägt die Werkself nach torloser erster Hälfte Deportivo La Coruna noch mit 3:0. Ze Roberto, Oliver Neuville und Michael Ballack treffen binnen 15 Minuten (64., 67., 79.) und begeistern nicht nur die 22.500 Zuschauer. „Traumfußball, da schlägt das Herz jedes Fußballfans höher“, sagt Trainer Klaus Toppmöller.

Am selben Abend zieht Borussia Dortmund ins Achtelfinale des UEFA-Pokals ein. Wie im Hinspiel gelingt auch zuhause erst in letzter Minute ein Tor gegen den FC Kopenhagen: diesmal köpft Derek Sörensen das Siegtor, wofür ihn Mitspieler Evanilson Huckepack vom Platz trägt.