DFB in Russland: Brücken der Begegnung

Es ist schon Tradition bei großen Turnieren: Der DFB begleitet auch die WM 2018 mit einem umfangreichen gesellschaftlichen Rahmenprogramm. So soll die verbindende Kraft des Fußballs auch in anderen Bereichen des Lebens genutzt werden. Das verdeutlichte der erste Teil des Programms bereits eindrucksvoll.

Begegnung schaffen, für Werte einstehen - deshalb begleitet der DFB die maximal sieben Spiele der deutschen Mannschaft mit einem kulturellgesellschaftspolitischen Rahmenprogramm. Die letzte von 27 Veranstaltungen ist für den 26. Juni in Kasan geplant. Den Auftakt Anfang Mai bildete die "Deutsch-Russische Fußballwoche". Als man am 10. Mai auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo den Rückflug nach Frankfurt boardete, lagen fünf Tage, acht Termine in zwei Städten, ein "Friedensspiel", Kranzniederlegungen auf dem Mamajew-Hügel und in Rossoschka und das russische Pokalfinale hinter der DFB-Delegation und den deutschen U 18-Junioren. Und es gab Anlass, zufrieden zu sein.

"Wir haben hier ein anderes Bild des Westens vermittelt, als es den Leuten in den russischen Medien sonst rübergebracht wird. Diese Chance bietet sich auch im Sommer", bilanzierte DFB-Präsident Reinhard Grindel, dem gerade diese Reise ein wichtiges Anliegen war. "Hunderttausende Menschen aus Europa und den USA werden zur WM hierherkommen und neugierig sein." Grindels Idee ist dem Verband Hoffnung und Zielsetzung zugleich: "Ein solches Turnier kann zivilgesellschaftliche Brücken bauen."

Grindel: "Es ist ein Wunder"

Begleitet wurde Grindel von Thomas Hitzlsperger, seit nun einem Jahr DFB-Botschafter für Vielfalt, dem 1. DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch, Eugen Gehlenborg, im Präsidium für Sozial- und Gesellschaftspolitik verantwortlich, Bremens Landesverbandspräsidenten Björn Fecker, der für den DFB die Kommission Gesellschaftliche Verantwortung leitet, und Ralf Köttker, DFB-Direktor Öffentlichkeit und Fans. Die fünftägige Reise war eng getaktet. Zu Gast beim Russischen Fußball-Verband (RFS) in Moskau traf man sich mit deutschen und russischen Fanexperten zu einem sehr lebendigen Dialog. Man lud zivilgesellschaftlich engagierte Organisationen ein; dazu zählten das Goethe-Institut, die Heinrich-Böll-Stiftung, das Russische Literaturmuseum und das russische Büro für Jugendaustausch.

Gemeinsam mit Alexander Alajew, dem RFS-Präsidenten, legte der DFB-Präsident Kränze in Wolgograd nieder, auf dem Mamajew-Hügel und in Rossoschka. Man spielte Fußball. Die U 18-Junioren, trainiert von Guido Streichsbier, gewannen gegen Russland 3:1, inklusive eines spektakulären Tores zum 2:0 durch Nicolas Kühn. Am geschichtsträchtigen 8. Mai erklang im ehemaligen Stalingrad, dort wo in der 200 Tage und Nächte währenden Schlacht eine Million Soldaten der Roten Armee auf dem Feld und in den Krankenlagern gestorben sind, die deutsche Hymne. Und alle, Deutsche und Russen, freuten sich. "Nur 75 Jahre danach", sagte Grindel, "es ist ein Wunder." 

Am Ende fühlten alle, dass etwas entstanden war. Begegnung, Dialog, gerade auch über die Unterschiede. "Fußball findet nicht in einem luftleeren Raum statt, sondern immer auch in einem historischen und politischen Kontext. Diese Reise konnte dem Anspruch gerecht werden", bilanzierte Eugen Gehlenborg. Hitzlsperger, 2006 und 2008 im deutschen WM- und EM-Aufgebot und jetzt also wieder im DFB-Einsatz, hatte beratend zur Seite gestanden. Sein Fazit: "Was wir uns vorgenommen haben, hat alles in dieser Woche geklappt. Die DFB-Verantwortlichen, und dabei insbesondere die Abteilung von Stefanie Schulte, haben die knappe Planungszeit effektiv genutzt. Aus meiner Sicht war das hier eine sehr, sehr positive Geschichte." 

Bälle für Watutinki

Beim Fanexperten-Dialog in Moskau, bei dem auch das Russische WM-Organisationskomitee vertreten war, sprach Grindel die Sicherheitsmaßnahmen im Stadion an und sagte: "Wir haben aufgrund der terroristischen Bedrohungen Verständnis für die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen. Gleichzeitig aber muss gewährleistet sein, dass unsere Fans rechtzeitig ins Stadion und damit zum Spiel kommen. Ich werbe für eine gewisse Balance von Sicherheit und Gelassenheit." Mit Erwerb einer Eintrittskarte und einer via Online-Registrierung erhältlichen Fan-ID wird man in Russland Züge und öffentliche Verkehrsmittel kostenfrei nutzen dürfen. Die Webseite des russischen Organisationkomitees informiert darüber, welche Fanutensilien in welcher Größe mit ins Stadion gebracht werden können.

Wenn die Mannschaft am 12. Juni ihr Team-Camp im Moskauer Vorort Watutinki bezieht, wird Zeugwart Thomas Mai ein paar Bälle extra eingepackt haben. "1000 Bälle für Watutinki" heißt die Aktion gleich zu Beginn des Aufenthalts; die Bälle werden an Schulen und ein Kinderheim verschenkt. Für die finanziell höchstdotierte Sozialaktion wurde die Deutsche Schule in Moskau ausgewählt, nachdem man etwa in Brasilien 2014 ebenfalls für Schulen und Kinderbetreuungen und in der Ukraine 2012 für ein Kinderkrankenhaus gespendet hatte. 450 Kinder und Jugendliche werden hier unterrichtet, dazu kommen weitere 120 Kindergartenkinder. Unterrichtet wird komplett in Deutsch. Der DFB und die Nationalmannschaft spenden 80.000 Euro, die über vier Jahre verteilt ausgezahlt werden. "Zu uns kommen Kinder von Expats, von Botschaftsangestellten, von österreichischen und schweizerischen Familien. Wir sind sehr dankbar. Das Geld hilft uns, alle Projekte auf solidere Füße zu stellen. Neu dazu nehmen wir ein Projekt zur deutsch-russischen Geschichte, das wir von der 8. bis in die 12. Klasse durchführen werden", berichtet Schulleiter Uwe Beck.

Schwerpunkte: Fandialog, Gesellschaft, Juniorenfußball und Gedenken

Was der DFB also auch diesen Sommer wieder in einem WM-Land auf die Beine stellt, nennt sich bei Wirtschaftsunternehmen "Corporate Social Responsibility". Fandialog bildet einen Schwerpunkt - Zivilgesellschaft, Juniorenfußball und Gedenken sind die weiteren. Zum CSR-Programm für Russland gehört auch das Themenfeld der Inklusion. Die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft trat am 2. und 3. Juni in St. Petersburg zu zwei Länderspielen gegen Russland an.

Begegnen werden sich auch junge Fußballer aus Brandenburg und Russland. Die Mannschaft finanziert eine Rundreise der Brandenburgischen Sportjugend mit 25.000 Euro. 42 junge Frauen und Männer treten in St. Petersburg, Rostow am Don und in Sotschi bei Straßenturnieren an. Die mit 15.000 Euro unterstützte Reise einer weiteren Jugendgruppe aus Braunschweig führt nach Kasan.

Auch die Kultur wird gefördert. Zum zweiten Mal nach Frankreich 2016 hat die DFB-Kulturstiftung von Fans und Journalisten aus dem Gastgeberland einen ganz besonderen Reiseführer gestalten lassen. Packend und überraschend wird die Fußballgeschichte der elf Austragungsorte und zwölf WM-Stadien erzählt. Und das Goethe-Institut unterstützte man beim Fußball-Sprach-Projekt "Mit Deutsch zum Titel". Für dieses Projekt übernahm Bundestrainer Joachim Löw selbst die Patenschaft. Ist ja auch ein vielversprechendes Motto.

[th]

Es ist schon Tradition bei großen Turnieren: Der DFB begleitet auch die WM 2018 mit einem umfangreichen gesellschaftlichen Rahmenprogramm. So soll die verbindende Kraft des Fußballs auch in anderen Bereichen des Lebens genutzt werden. Das verdeutlichte der erste Teil des Programms bereits eindrucksvoll.

Begegnung schaffen, für Werte einstehen - deshalb begleitet der DFB die maximal sieben Spiele der deutschen Mannschaft mit einem kulturellgesellschaftspolitischen Rahmenprogramm. Die letzte von 27 Veranstaltungen ist für den 26. Juni in Kasan geplant. Den Auftakt Anfang Mai bildete die "Deutsch-Russische Fußballwoche". Als man am 10. Mai auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo den Rückflug nach Frankfurt boardete, lagen fünf Tage, acht Termine in zwei Städten, ein "Friedensspiel", Kranzniederlegungen auf dem Mamajew-Hügel und in Rossoschka und das russische Pokalfinale hinter der DFB-Delegation und den deutschen U 18-Junioren. Und es gab Anlass, zufrieden zu sein.

"Wir haben hier ein anderes Bild des Westens vermittelt, als es den Leuten in den russischen Medien sonst rübergebracht wird. Diese Chance bietet sich auch im Sommer", bilanzierte DFB-Präsident Reinhard Grindel, dem gerade diese Reise ein wichtiges Anliegen war. "Hunderttausende Menschen aus Europa und den USA werden zur WM hierherkommen und neugierig sein." Grindels Idee ist dem Verband Hoffnung und Zielsetzung zugleich: "Ein solches Turnier kann zivilgesellschaftliche Brücken bauen."

Grindel: "Es ist ein Wunder"

Begleitet wurde Grindel von Thomas Hitzlsperger, seit nun einem Jahr DFB-Botschafter für Vielfalt, dem 1. DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch, Eugen Gehlenborg, im Präsidium für Sozial- und Gesellschaftspolitik verantwortlich, Bremens Landesverbandspräsidenten Björn Fecker, der für den DFB die Kommission Gesellschaftliche Verantwortung leitet, und Ralf Köttker, DFB-Direktor Öffentlichkeit und Fans. Die fünftägige Reise war eng getaktet. Zu Gast beim Russischen Fußball-Verband (RFS) in Moskau traf man sich mit deutschen und russischen Fanexperten zu einem sehr lebendigen Dialog. Man lud zivilgesellschaftlich engagierte Organisationen ein; dazu zählten das Goethe-Institut, die Heinrich-Böll-Stiftung, das Russische Literaturmuseum und das russische Büro für Jugendaustausch.

Gemeinsam mit Alexander Alajew, dem RFS-Präsidenten, legte der DFB-Präsident Kränze in Wolgograd nieder, auf dem Mamajew-Hügel und in Rossoschka. Man spielte Fußball. Die U 18-Junioren, trainiert von Guido Streichsbier, gewannen gegen Russland 3:1, inklusive eines spektakulären Tores zum 2:0 durch Nicolas Kühn. Am geschichtsträchtigen 8. Mai erklang im ehemaligen Stalingrad, dort wo in der 200 Tage und Nächte währenden Schlacht eine Million Soldaten der Roten Armee auf dem Feld und in den Krankenlagern gestorben sind, die deutsche Hymne. Und alle, Deutsche und Russen, freuten sich. "Nur 75 Jahre danach", sagte Grindel, "es ist ein Wunder." 

Am Ende fühlten alle, dass etwas entstanden war. Begegnung, Dialog, gerade auch über die Unterschiede. "Fußball findet nicht in einem luftleeren Raum statt, sondern immer auch in einem historischen und politischen Kontext. Diese Reise konnte dem Anspruch gerecht werden", bilanzierte Eugen Gehlenborg. Hitzlsperger, 2006 und 2008 im deutschen WM- und EM-Aufgebot und jetzt also wieder im DFB-Einsatz, hatte beratend zur Seite gestanden. Sein Fazit: "Was wir uns vorgenommen haben, hat alles in dieser Woche geklappt. Die DFB-Verantwortlichen, und dabei insbesondere die Abteilung von Stefanie Schulte, haben die knappe Planungszeit effektiv genutzt. Aus meiner Sicht war das hier eine sehr, sehr positive Geschichte." 

Bälle für Watutinki

Beim Fanexperten-Dialog in Moskau, bei dem auch das Russische WM-Organisationskomitee vertreten war, sprach Grindel die Sicherheitsmaßnahmen im Stadion an und sagte: "Wir haben aufgrund der terroristischen Bedrohungen Verständnis für die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen. Gleichzeitig aber muss gewährleistet sein, dass unsere Fans rechtzeitig ins Stadion und damit zum Spiel kommen. Ich werbe für eine gewisse Balance von Sicherheit und Gelassenheit." Mit Erwerb einer Eintrittskarte und einer via Online-Registrierung erhältlichen Fan-ID wird man in Russland Züge und öffentliche Verkehrsmittel kostenfrei nutzen dürfen. Die Webseite des russischen Organisationkomitees informiert darüber, welche Fanutensilien in welcher Größe mit ins Stadion gebracht werden können.

Wenn die Mannschaft am 12. Juni ihr Team-Camp im Moskauer Vorort Watutinki bezieht, wird Zeugwart Thomas Mai ein paar Bälle extra eingepackt haben. "1000 Bälle für Watutinki" heißt die Aktion gleich zu Beginn des Aufenthalts; die Bälle werden an Schulen und ein Kinderheim verschenkt. Für die finanziell höchstdotierte Sozialaktion wurde die Deutsche Schule in Moskau ausgewählt, nachdem man etwa in Brasilien 2014 ebenfalls für Schulen und Kinderbetreuungen und in der Ukraine 2012 für ein Kinderkrankenhaus gespendet hatte. 450 Kinder und Jugendliche werden hier unterrichtet, dazu kommen weitere 120 Kindergartenkinder. Unterrichtet wird komplett in Deutsch. Der DFB und die Nationalmannschaft spenden 80.000 Euro, die über vier Jahre verteilt ausgezahlt werden. "Zu uns kommen Kinder von Expats, von Botschaftsangestellten, von österreichischen und schweizerischen Familien. Wir sind sehr dankbar. Das Geld hilft uns, alle Projekte auf solidere Füße zu stellen. Neu dazu nehmen wir ein Projekt zur deutsch-russischen Geschichte, das wir von der 8. bis in die 12. Klasse durchführen werden", berichtet Schulleiter Uwe Beck.

Schwerpunkte: Fandialog, Gesellschaft, Juniorenfußball und Gedenken

Was der DFB also auch diesen Sommer wieder in einem WM-Land auf die Beine stellt, nennt sich bei Wirtschaftsunternehmen "Corporate Social Responsibility". Fandialog bildet einen Schwerpunkt - Zivilgesellschaft, Juniorenfußball und Gedenken sind die weiteren. Zum CSR-Programm für Russland gehört auch das Themenfeld der Inklusion. Die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft trat am 2. und 3. Juni in St. Petersburg zu zwei Länderspielen gegen Russland an.

Begegnen werden sich auch junge Fußballer aus Brandenburg und Russland. Die Mannschaft finanziert eine Rundreise der Brandenburgischen Sportjugend mit 25.000 Euro. 42 junge Frauen und Männer treten in St. Petersburg, Rostow am Don und in Sotschi bei Straßenturnieren an. Die mit 15.000 Euro unterstützte Reise einer weiteren Jugendgruppe aus Braunschweig führt nach Kasan.

Auch die Kultur wird gefördert. Zum zweiten Mal nach Frankreich 2016 hat die DFB-Kulturstiftung von Fans und Journalisten aus dem Gastgeberland einen ganz besonderen Reiseführer gestalten lassen. Packend und überraschend wird die Fußballgeschichte der elf Austragungsorte und zwölf WM-Stadien erzählt. Und das Goethe-Institut unterstützte man beim Fußball-Sprach-Projekt "Mit Deutsch zum Titel". Für dieses Projekt übernahm Bundestrainer Joachim Löw selbst die Patenschaft. Ist ja auch ein vielversprechendes Motto.

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