Deutschland und die Lose - das Glück der Tüchtigen

Vom Engländer Gary Lineker stammt der Satz, dass im Fußball am Ende immer die Deutschen gewinnen. Der hat nach dreizehn titellosen Jahren allmählich an Geltung eingebüßt, aber eines ist geblieben bei Weltmeisterschaften: der Mythos vom deutschen Losglück.

Fast immer waren die Deutschen ziemlich zufrieden, wenn Fortuna Schicksal spielte. Noch in frischer Erinnerung sind die Lose vor der Heim-WM 2006, als es Deutschland mit Polen, der Nummer 16 der Weltrangliste, Costa Rica (21.) und Ecuador (37.) zu tun bekam und mit drei Siegen ins Achtelfinale marschierte.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel, damals in Leipzig von Reportern sogleich um ihre Meinung gebeten, bediente sich zwar aus dem Stehsatz der Fußballweisheiten und betonte: „Keine Mannschaft ist bei einer WM leicht zu schlagen.“ Aber DFB-Präsident Theo Zwanziger gab am gleichen Abend zu: „Wir haben ein Glückslos erwischt.“

Nie in der Vorrunde gescheitert

Dass Deutschland nie in einer Vorrunde gescheitert ist und von 45 Spielen nur vier verloren hat, hatte natürlich nicht nur mit Glück zu tun. Als am 30. November Deutschland 1953 im St. Gotthard-Hotel zu Zürich erstmals ein Gruppengegner zugelost wurde (1934 und 1938 gab es nur K.o.-Spiele), sprach jedenfalls niemand von einem Glückslos.

Die DFB-Elf traf quasi auf den kommenden Weltmeister, die seit drei Jahren ungeschlagenen Ungarn. Gegen sie sah auch Bundestrainer Sepp Herberger keine Chance – und so ließ er sich eine Niederlage vorher schon genehmigen. Schriftlich teilte er dem Verband am 20. April 1954 mit, alle Kraft auf das Türkei-Spiel legen zu wollen und gegen Ungarn nur mit einer B-Elf zu spielen. So kam es zum blamablen 3:8 von Basel, aber bekanntlich auch im Finale von Bern zu einer glücklichen Revanche.

Mit Spanien gerechnet, die Türkei bekommen

Heute unvorstellbar, dass die Auslosung schon vier Monate vor dem Abschluss der Qualifikation stattfand. Es war eine Auslosung mit vielen Unbekannten und Fragezeichen. So rechnete Bundestrainer Sepp Herberger noch bis April damit, gegen Spanien spielen zu müssen, doch setzten sich überraschend die Türken durch.



[bild1]

Vom Engländer Gary Lineker stammt der Satz, dass im Fußball am Ende immer die Deutschen gewinnen. Der hat nach dreizehn titellosen Jahren allmählich an Geltung eingebüßt, aber eines ist geblieben bei Weltmeisterschaften: der Mythos vom deutschen Losglück.

Fast immer waren die Deutschen ziemlich zufrieden, wenn Fortuna Schicksal spielte. Noch in frischer Erinnerung sind die Lose vor der Heim-WM 2006, als es Deutschland mit Polen, der Nummer 16 der Weltrangliste, Costa Rica (21.) und Ecuador (37.) zu tun bekam und mit drei Siegen ins Achtelfinale marschierte.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel, damals in Leipzig von Reportern sogleich um ihre Meinung gebeten, bediente sich zwar aus dem Stehsatz der Fußballweisheiten und betonte: „Keine Mannschaft ist bei einer WM leicht zu schlagen.“ Aber DFB-Präsident Theo Zwanziger gab am gleichen Abend zu: „Wir haben ein Glückslos erwischt.“

Nie in der Vorrunde gescheitert

Dass Deutschland nie in einer Vorrunde gescheitert ist und von 45 Spielen nur vier verloren hat, hatte natürlich nicht nur mit Glück zu tun. Als am 30. November Deutschland 1953 im St. Gotthard-Hotel zu Zürich erstmals ein Gruppengegner zugelost wurde (1934 und 1938 gab es nur K.o.-Spiele), sprach jedenfalls niemand von einem Glückslos.

Die DFB-Elf traf quasi auf den kommenden Weltmeister, die seit drei Jahren ungeschlagenen Ungarn. Gegen sie sah auch Bundestrainer Sepp Herberger keine Chance – und so ließ er sich eine Niederlage vorher schon genehmigen. Schriftlich teilte er dem Verband am 20. April 1954 mit, alle Kraft auf das Türkei-Spiel legen zu wollen und gegen Ungarn nur mit einer B-Elf zu spielen. So kam es zum blamablen 3:8 von Basel, aber bekanntlich auch im Finale von Bern zu einer glücklichen Revanche.

Mit Spanien gerechnet, die Türkei bekommen

Heute unvorstellbar, dass die Auslosung schon vier Monate vor dem Abschluss der Qualifikation stattfand. Es war eine Auslosung mit vielen Unbekannten und Fragezeichen. So rechnete Bundestrainer Sepp Herberger noch bis April damit, gegen Spanien spielen zu müssen, doch setzten sich überraschend die Türken durch.

Die DFB-Elf musste selbst noch im März das damals eigenständige Saarland aus dem Weg räumen. Dessen damaliger Trainer wurde 1963 Nachfolger von Sepp Herberger – und in der Ära Helmut Schön begann es, das Gerede vom deutschen Losglück, das 1958 und 1962 noch nicht aufgekommen war.

5:0 gegen "Aufwärmgegner" Schweiz

Am 6. Januar 1966 wurde Deutschland in London in nicht ganz ungestörter Atmosphäre – die Radioreporter aus aller Welt hatten keine Kabinen und redeten in ihren jeweiligen Landessprachen im Saal wild durcheinander – Schweiz, Spanien und Argentinien zugelost. Letztere beiden hatten 1966 nicht den Ruf von heute, und die Schweiz wurde der erhoffte Aufwärmgegner (5:0). „Man spreche nicht leichtfertig von einem Glückslos“, warnte das Sportmagazin noch vergeblich, „höchstens davon, dass es uns härter hätte treffen können.“

Das galt erst recht für das Jahr 1970, als die zehnjährige Tochter des mexikanischen Verbandspräsidenten Bulgarien, Peru und WM-Debütant Marokko in die deutsche Gruppe loste. „Ich finde diese Gruppe äußerst günstig“, sagte Nationalspieler Günter Netzer, und Schön gab zu: „Selbstverständlich beklage ich mich nicht über die Gruppeneinteilung.“

Sängerknabe sorgt für deutsch-deutsches Duell

1974 im eigenen Land sorgte in Frankfurt ein neunjähriger Schöneberger Sängerknabe für Freude und das erste deutsch-deutsche Länderspiel. „Ein Los, das sich Millionen wünschten“, strahlte Innenminister Hans-Dietrich Genscher. Neben der DDR fanden sich noch die Außenseiter Chile und Australien in der deutschen Gruppe.

Helmut Schön musste sich der zahlreichen Gratulanten erwehren und sagte: „Das müssen sie sich schon für den Tag aufheben, an dem wir die Spiele hinter uns haben.“ Ahnte er schon etwas von? Aber das historische 0:1 gegen die DDR in Hamburg hatte bekanntlich ihr Gutes, die BRD-Auswahl bekam ein anderes Gesicht und zudem leichtere Gegner in der Zwischenrunde. Sie wurde Weltmeister.

Vor der WM 1978 in Argentinien hatte Schön gar keine Sorgen mehr und verschlief sogar die Übertragung der Auslosung in Buenos Aires. Sie war ihm zu spät. Den Journalisten sagte er zuvor aber noch, wie sie ihn zitieren dürften: „Es hätte schlimmer kommen können, aber auch besser." Das passt immer. Polen, Mexiko und Tunesien waren nicht nur für das Fachblatt Kicker „aus jedem Topf das beste Los“. Schöns Team hatte zwar einige Mühe, überstand die Vorrunde aber ohne Gegentor.

[bild2]

"Wunschgruppe" für Derwall

1982 sprach Schöns Nachfolger Jupp Derwall nach den Losen von Madrid von einer „Wunschgruppe“ - und dass er mit dem Zug aus Spanien heimfahren würde, verlöre man gegen Algerien. Jupp Posipal, ein Held von Bern, meinte gar, man könne „morgens gegen Chile und abends gegen Algerien spielen“. Die Afrikaner allerdings bestraften den deutschen Hochmut und siegten mit 2:1. Im Finale stand Deutschland später dennoch.

1986 in Mexiko gab es ausnahmsweise mal schwere Lose (Uruguay, Schottland und Dänemark), Teamchef Franz Beckenbauer sprach bisher Ungesagtes aus: „Wir haben die schwerste Gruppe erwischt.“ Ins Finale kam er dennoch – und in der Folge lächelte wieder das Glück.

Lieblingsgegner Jugoslawien

Auf dem Weg zum Triumph 1990 in Italien waren Deutschlands Rekord-WM-Gegner Jugoslawien (sechs direkte Duelle), die Vereinigten Arabischen Emirate und Kolumbien keine Hindernisse. Und 1994 waren nicht Bolivien und Südkorea das größte Problem, sondern die Mittagshitze in den USA.

Als im Dezember 1997 in Marseille die Lose auf die Nummern 22, 29 und 50 der Welt-Rangliste fielen (Jugoslawien, USA und Iran), sagte Bundestrainer Berti Vogts knapp: „1994 war unsere Gruppe schwerer.“

2002 bekam sein Nachfolger Rudi Völler mit Saudi-Arabien einen idealen Aufbaugegner auf dem Weg ins Endspiel serviert, der prompt 8:0 geschlagen wurde. Irland und Kamerun waren etwas größere Kaliber, gehörten aber auch zu denen, die andere gern gehabt hätten. So war es öfter.