Der erste Triumph von Rom

Belgien gegen Deutschland, heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) in Brüssel zum Auftakt der EM-Qualifikation. Das Duell gab´s auch schon mal in einem Europameisterschaftsfinale, 1980 in Italien - Deutschland siegte in Rom mit 2:1, zehn Jahre vor dem WM-Triumph in jenem Olympiastadion. Der Historiker und DFB.de-Autor Udo Muras hat in die Fußball-Geschichtsbücher geschaut.

Wenn auf die Statistik absoluten Verlass wäre, müsste sich die Nationalmannschaft heute in Brüssel wohl keine Sorgen machen. Von 23 Spielen hat sie nur vier verloren, drei davon noch in der turbulenten Kaiserzeit vor dem Ersten Weltkrieg. Das fällt in die Kategorie Kinderkrankheiten.

Beim 0:3 gegen Belgien anno 1910 in Duisburg kamen vier Zuschauer zu Länderspielehren, und beim 2:6 in Antwerpen gab es den höchsten Pausenrückstand aller Zeiten (0:4), der erst 2004 eingestellt wurde.

Letzte Niederlage 1954 - kurz nach dem WM-Triumph

Die letzte deutsche Niederlage datiert vom September 1954, als der amtierende Weltmeister im ersten Spiel nach dem "Wunder von Bern", dem 3:2 im WM-Finale gegen die schier übermächtigen Ungarn, in Brüssel mit 0:2 unterlag.

Seitdem hat es in 14 Spielen keine Niederlage gegen das Nachbarland mehr gegeben, zuletzt gab es gar sieben Siege in Folge für die DFB-Auswahl -und weiterhin gilt: Wenn es um mehr ging als ums Prestige, hat Deutschland immer gewonnen.

WM-Auftaktspiel 1934: Erster Hattrick der WM-Geschichte

Die Belgier waren der erste Gegner in der langen WM-Historie des DFB. Damals gab es keine Gruppenspiele zum Warmwerden, man startete gleich mit K.o.-Spielen. Die Erwartungen in die Elf von Reichstrainer Otto Nerz waren hochgesteckt, und die Heimat fieberte am Radio mit, als der Deutschland-Sender sich an jenem 27. Mai um 18.25 Uhr in der zweiten Halbzeit aus Florenz meldete. Eine halbstündige Fußballübertragung war viel für die damalige Zeit. Die Italiener interessierten sich umso weniger für die deutsche und belgische WM-Premiere, man zählte in sengender Sonne nur 8000 Zuschauer.



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Belgien gegen Deutschland, heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) in Brüssel zum Auftakt der EM-Qualifikation. Das Duell gab´s auch schon mal in einem Europameisterschaftsfinale, 1980 in Italien - Deutschland siegte in Rom mit 2:1, zehn Jahre vor dem WM-Triumph in jenem Olympiastadion. Der Historiker und DFB.de-Autor Udo Muras hat in die Fußball-Geschichtsbücher geschaut.

Wenn auf die Statistik absoluten Verlass wäre, müsste sich die Nationalmannschaft heute in Brüssel wohl keine Sorgen machen. Von 23 Spielen hat sie nur vier verloren, drei davon noch in der turbulenten Kaiserzeit vor dem Ersten Weltkrieg. Das fällt in die Kategorie Kinderkrankheiten.

Beim 0:3 gegen Belgien anno 1910 in Duisburg kamen vier Zuschauer zu Länderspielehren, und beim 2:6 in Antwerpen gab es den höchsten Pausenrückstand aller Zeiten (0:4), der erst 2004 eingestellt wurde.

Letzte Niederlage 1954 - kurz nach dem WM-Triumph

Die letzte deutsche Niederlage datiert vom September 1954, als der amtierende Weltmeister im ersten Spiel nach dem "Wunder von Bern", dem 3:2 im WM-Finale gegen die schier übermächtigen Ungarn, in Brüssel mit 0:2 unterlag.

Seitdem hat es in 14 Spielen keine Niederlage gegen das Nachbarland mehr gegeben, zuletzt gab es gar sieben Siege in Folge für die DFB-Auswahl -und weiterhin gilt: Wenn es um mehr ging als ums Prestige, hat Deutschland immer gewonnen.

WM-Auftaktspiel 1934: Erster Hattrick der WM-Geschichte

Die Belgier waren der erste Gegner in der langen WM-Historie des DFB. Damals gab es keine Gruppenspiele zum Warmwerden, man startete gleich mit K.o.-Spielen. Die Erwartungen in die Elf von Reichstrainer Otto Nerz waren hochgesteckt, und die Heimat fieberte am Radio mit, als der Deutschland-Sender sich an jenem 27. Mai um 18.25 Uhr in der zweiten Halbzeit aus Florenz meldete. Eine halbstündige Fußballübertragung war viel für die damalige Zeit. Die Italiener interessierten sich umso weniger für die deutsche und belgische WM-Premiere, man zählte in sengender Sonne nur 8000 Zuschauer.

Die Deutschen waren Favorit, hatten sie den Gegner doch erst im Herbst mit 8:1 besiegt. Außerdem hatte sich Belgien ganz ohne Sieg für die WM qualifiziert. Aber mühsam gerieten die ersten Minuten, über die die Fußball Woche schrieb: „Schwer lasteten die hochgespannten Erwartungen aller Deutschen, die sie nicht enttäuschen wollten und durften, auf den Spielern, denen unsere Chance anvertraut worden war. Diese moralische Bürde und das ungewohnte Klima lähmten unsere Spieler lange Zeit so, als hätten sie Bleiplomben an den Fußsohlen.“

Auch das erste deutsche WM-Tor durch den Düsseldorfer Stanislaus Kobierski nach 27 Minuten löste die Fesseln kaum. Ihm glückte ein Kunstschuss „aus keineswegs günstigem Winkel“ gegen Belgiens Torwart Vandeweyer. Aber die Belgier kamen durch Vorhoof noch vor der Pause zu zwei Toren, so dass es mit 1:2 in die Kabinen ging. Die Fußball Woche entschuldigte: „Für die erste Halbzeit muss unseren Leuten außerdem zugutegehalten werden, dass sie gegen einen heftigen Wind und gegen die blendende Sonne zu spielen hatten.“

In der Kabine gab es dann angeblich Kritik an der Taktik von Nerz. Ausgerechnet der 19-jährige Saarbrücker Edmund Conen will Nerz gesagt haben: „Lassen Sie mich mal auf eigene Faust spielen“ - und vom Trainer, der „total fertig“ gewesen sei, zur Antwort bekommen haben: „Mach, was Du willst“. So hat es Conen jedenfalls noch Jahrzehnte später erzählt. Dass man ihn danach sogar noch vor der WM 1990 fragte, hatte einen guten Grund: Er schrieb Geschichte an jenem Mai-Tag in Florenz.

Nach dem Ausglich des Mannheimers Otto Siffling wogte die Partie 20 Minuten hin und her, ehe Conen „auf recht merkwürdige Weise“ (Fußball Woche) mit dem Toreschießen begann. Einen vermutlich schon hinter der Linie gelandeten Flankenball Kobierskis drückte Conen endgültig ins Tor, dann traf er noch aus spitzem Winkel und mit einem Drehschuss. Fertig war der erste Hattrick der WM-Geschichte, für den Conen nur 21 Minuten brauchte – und ganz nebenbei auch der erste deutsche WM-Sieg.

Nach einem 5:2 über Belgien ließ sich manches verschmerzen, etwa dass DFB-Masseur „Tute“ Lehmann als erster Deutscher einen Platzverweis erhielt. Hinter dem Tor stehend, hatte er sich etwas zu sehr über ein Foul aufgeregt, und der italienische Schiedsrichter schickte ihn in die Katakomben.

EM-Halbfinale 1972: Die vielleicht beste deutsche Nationalmannschaft

Die Belgier hatten großes Pech bei der Europameisterschaft im eigenen Land. Trafen sie doch gleich im ersten Spiel auf die vermeintlich beste deutsche Mannschaft aller Zeiten. Da es nur ein Turnier mit vier Mannschaften war, begann die EM schon mit dem Halbfinale - und da standen die „Roten Teufel“ auf verlorenem Posten gegen die von den Genies Franz Beckenbauer und Günter Netzer angetriebene DFB-Auswahl. Die Zeitung "La libre Belgique" schrieb pathetisch vom „größten Kampf, den Belgiens Auswahl je zu bestehen hatte“. Den wollten offiziell 55.669 Zuschauer in Antwerpen miterleben - die meisten davon in der Hoffnung, den Favoriten stolpern zu sehen.

Doch es war die Zeit, in der Gerd Müller nur eine halbe Chance für ein Tor brauchte - jedenfalls wenn er Normalform hatte. Er hatte sie am 14. Juni 1972 auf der „unbespielbaren Steinwüste“ des Stade Bosuil, in die sich Bundestrainer Helmut Schön versetzt fühlte. Der Ball lief auch nicht allzu flüssig beim Starensemble, man sprach hinterher von einem Arbeitssieg. Den Müller möglich machte. Nach 24 Minuten köpfte „der Bomber der Nation“ eine Netzer-Flanke zum 1:0 ein.

In der Pause befahl Belgien-Trainer Raymond Goethals die „Alles oder nichts“-Taktik - und erntete das Nichts. Weil Sepp Maier tapfer hielt und Kollege Müller wieder zuschlug (72.). Der belgische Ehrentreffer von Polleunis änderte nichts an den Fakten. Deutschland stand im Finale, das es mit weit weniger Aufwand gegen die Sowjetunion gewann (3:0). Belgien konnte sich damit trösten, dem neuen Europameister unterlegen gewesen zu sein. Kurz nach dem Abpfiff fanden sie aber keinen Trost: „Wir hätten sie doch schlagen können“, klagte Paul van Himst, damals der Star der Belgier.

EM-Finale 1980: Zwei Hrubesch-Tore zum Triumph

Acht Jahre später gab es in Rom die Chance zur Revanche. Ziemlich überraschend war die junge deutsche Mannschaft von Trainer Jupp Derwall ins Finale eingezogen, aber mit den Belgiern von Raymond Goethals hatte erst recht niemand gerechnet. In einer Gruppe mit Gastgeber Italien, Spanien und England wurden sie sensationell Erster - dank einer perfekten Abseitsfalle. Namen wie Pfaff, van Moer und Ceulemans waren plötzlich in aller Munde.

Bei dieser EM begann die größte Zeit des belgischen Fußballs, der in den Achtzigern für viel Furore sorgte. Zu einem Titel reichte es aber nicht - und das lag auch am Papst. Erzählt man sich jedenfalls. Fakt ist, dass einige deutsche Spieler in der Vorrunde an einer Massenaudienz im Vatikan teilnahmen, wo Johannes Paul II. zum Abschied mit zwei erhobenen Fingern seinen Segen sprach. Stürmer Horst Hrubesch interpretierte die Geste etwas anders: „Horst, mach´ zwei Dinger!“

Zwar blieben sie im nächsten Spiel gegen die Griechen noch aus, aber im Finale glückte dann der Doppelschlag mit päpstlichem Segen - und da wurde er ja viel dringender gebraucht. Zunächst schoss der lange Hamburger nach neun Minuten und 38 Sekunden an jenem 22. Juni 1980 das 1:0, nach Pass von Bernd Schuster, von verzückten englischen Reportern „the young Beckenbauer“ genannt.

Das 1:0 nahmen die Deutschen mit in die Kabine, in die der junge Torwart Harald Schumacher nicht schnell genug gelangen konnte. Die schmerzstillende Spritze in seine Hand wirkte nur eine halbe Stunde, und nun forderte er Professor Heß auf: „Schnell noch eine, ich gehe kaputt vor Schmerzen!“ Der Toni hielt durch. Dagegen musste Mittelfeldspieler Hans-Peter Briegel nach 55 Minuten verletzt raus, und der Spielfluss geriet immer mehr ins Stocken.

Der Ausgleich lag in der Luft, aber nur eine Fehlentscheidung verhalf Belgien dazu: Das Foul von Ulli Stielike an van der Elst erfolgte einen Meter vor dem Strafraum, aber Schiedsrichter Rainea aus Rumänien zeigte auf den Punkt, Vandereycken verwandelte (72.). Dies weckte den deutschen Kampfgeist, und fast in buchstäblich letzter Minute wurde er belohnt. Als es Ecke gab, rannte Karl-Heinz Rummenigge zur Fahne und rief den Fotografen zu: „Stellt die Linsen scharf – jetzt knallt’s!“ Die Ecke kam in den Fünfmeterraum, und noch vor Jean-Marie Pfaff kam Horst Hrubesch mit der Stirn an den Ball - und dieser landete im Netz.

Das war der umjubelte Sieg, wieder mal führte der Weg zum deutschen EM-Titel über Belgien. Als Horst Hrubesch zur Siegerehrung ging, rannte ihm ein Hamburger Journalist in die Arme und rief ihm zu: „Siehst du, Horst, auf den Papst ist Verlass.“

EM-Qualifikation 1992: Zweimal 1:0 für Deutschland

Vor der EM in Schweden trafen sich die Kontrahenten zum bis heute einzigen Mal in einer Qualifikation. Beide Partien waren hart umkämpft und endeten mit dem gleichen Resultat - 1:0 für Deutschland. In Hannover sah es am 1. Mai 1991 zwar nach einem Schützenfest aus, doch nach Lothar Matthäus’ Tor in der dritten Minute, das auch Rudi Völler für sich reklamierte, wurde es vor 56.000 Zuschauern ziemlich langweilig.

Der von Berti Vogts trainierte Weltmeister hatte aber wenig Mühe, die Führung über die Zeit zu bringen. Überschattet wurde die Partie, in der der spätere HSV-Manager Dietmar Beiersdorfer in der Abwehr sein einziges Länderspiel bestritt, von Hooligan-Randalen. Es gab 250 Festnahmen.

Am 20. November 1991 entschied Rudi Völlers 42. Länderspiel-Tor in der 16. Minute eine denkwürdige Schlammschlacht im ehemaligen Heysel-Stadion zu Brüssel. Neun Weltmeister von 1990 schlossen das Tor zur EM auf, nur Libero Manfred Binz und Thomas Doll waren 1990 nicht dabei gewesen.

„Ab nach Schweden - Berti stolz wie ein Kaiser!“ titelte der Kicker und attestierte „Ein Hoch auf dem tiefen Geläuf“. Ausschreitungen blieben diesmal aus - vielleicht auch, weil der Aufruf der belgischen Mannschaft in der Presse fruchtete: „Wir sind für Fairplay. Und ihr?“

WM-Achtelfinale 1994: Grandioses Völler-Comeback

Nach einer durchwachsenen Vorrunde platzte im Achtelfinale von Chicago der Knoten bei der bis dahin eher mittelmäßig aufspielenden deutschen Mannschaft. Wieder trafen die armen Belgier zum denkbar falschen Zeitpunkt auf Deutschland, das am 2. Juli 1994 das beste Spiel bei der WM in den USA machte.

An diesem Tag erlebte Rudi Völler ein grandioses Comeback in der Startelf der Deutschen. Vogts hatte ihn erstmals Karl-Heinz Riedle vorgezogen und der 34-Jährige dankte es schon in der ersten Hälfte mit zwei Toren. Völler war daher überglücklich: „Wer noch nie bei einer WM ein Tor geschossen hat, der kennt auch nicht das absolute Gefühl dafür. Es ist unbeschreiblich.“

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Auch Jürgen Klinsmann und Belgiens Grun trafen, und so stand es zur Pause bereits 3:1 - woran sich erst in letzter Minute noch etwas änderte. Aber Alberts Tor kam zu spät, Deutschland gewann mit 3:2 und zog ins Viertelfinale ein.

Seitdem trafen sich Deutschland und Belgien nur noch in Freundschaft, zuletzt am 20. August 2008 in Nürnberg, als Marko Marin beim 2:0 sein erstes Länderspieltor gelang. Das Video davon war noch lange auf seiner Homepage zu sehen. Deutschland gegen Belgien - bemerkenswerte Momente sind eben fast immer garantiert.