DDR-Klubs Jena und Lok Leipzig verlieren Europacupendspiele

Mittwoch, der 13. Mai, so steht es heute auf dem Kalenderblatt. Nicht zum ersten Mal, natürlich. Manche Geschichten wiederholen sich ganz zuverlässig. Auch die der Europacupendspiele von DDR-Mannschaften, obgleich da kein Kapitel mehr dazu kommen kann. 1981 und 1987 aber schrieben Carl Zeiss Jena und dann Lok Leipzig an diesem Kalendertag ein solches Kapitel in der Geschichte ihres Vereins – und ihres nicht mehr bestehenden Staates. Jeweils ohne Happy End, aber doch ein stolzes Stück Klubgeschichte. DFB.de blickt zurück.

Der größte Tag in der Geschichte von Carl Zeiss Jena sah nicht wie ein solcher aus. Dafür konnte niemand etwas, die Welt war damals eben so. Man sprach vom "Kalten Krieg" und dem "Eisernen Vorhang", der Ost von West trennte, und von Stacheldraht und Mauern zwischen den deutschen Staaten. Der Fußball, dem eine verbindende Kraft zugesprochen wird, zwang sie dazu, den Vorhang ein Stückchen zu öffnen.

Ostblockduell im Westen

Die Mauern in den Köpfen aber standen noch, als Carl Zeiss Jena am 13. Mai 1981 ausgerechnet im Düsseldorfer Rheinstadion um den Europapokal der Pokalsieger spielen musste. Auch der Gegner war nicht erfreut über den Austragungsort, es handelte sich um Dinamo Tiflis aus der Sowjetunion. Ein Ostblockduell im Westen - darauf hatten nur wenige Menschen Lust, und die, die doch Lust hatten, wurden daran gehindert. Glücklich war niemand über diese Konstellation. Auch die Ausrichter nicht.

Acht Jahre hatte sich die Stadt Düsseldorf bei der UEFA um ein Endspiel bemüht, und nun trafen zwei eher unattraktive Ostblock-Mannschaften aufeinander. Mit großen Mengen von Schlachtenbummlern war kaum zu rechnen in Zeiten des Kalten Krieges, immer schwebte bei derartigen Spielen der Generalverdacht der "Republikflucht" über den Reisegruppen, die folglich sorgsam nach ihrer politischen Verlässlichkeit ausgewählt wurden.

So wurde Jena gerade mal von 1000 Fans unterstützt. Insgesamt verloren sich 1981 nur 9000 Menschen ins Stadion, die TV-Übertragung in der ARD tat ihr Übriges. Der kicker hatte es kommen sehen und schrieb schon zwei Tage vorher, es sei "ein beschämendes Zeichen für uns, die wir im satten Westen leben", dass sich niemand Ost-Fußball ansehen wolle. Während umgekehrt mit Sicherheit die Stadien voll wären, würden zwei Westklubs etwa in Leipzig um den Pokal spielen.

Jena gegen die "Südländer der Sowjetunion"

Wie auch immer, unter der Kulisse litten beide gleichermaßen. Sie war die zweitniedrigste eines Europacupfinales, weniger kamen nur 1974 ebenfalls mit DDR-Beteiligung: Magdeburgs Sieg im selben Wettbewerb über den AC Milan sahen in Rotterdam nur 5000 Fans.

Jena war die international erfahrenste Mannschaft der DDR, für den Verein war es schon das 71. Europacupspiel. Auf dem Weg ins Finale gab es einige dicke Brocken zu beseitigen. Am Wegesrand lagen der AS Rom, Titelverteidiger Valencia und Benfica Lissabon, aber auch der englische Drittligist Newport County, gegen den man sich fast am schwersten tat. Die Georgier hatten eine zehnmal so weite Anreise wie ihr Gegner (2500 Kilometer gegenüber 250) und galten aufgrund ihrer Spielweise als die "Südländer der Sowjetunion". Spätestens nach ihrem 4:1 bei West Ham United waren sie in der Fachwelt ein Begriff, alles drehte sich um Spielmacher David Kipiani.

Carl Zeiss setzte weiterhin auf seine beiden 38-Jährigen: Torwart Hans-Ulrich Grapenthin und Linksaußen Eberhard "Matz" Vogel waren nur ein Jahr jünger als der Trainer. Auf der Bank von Carl Zeiss saß ein gewisser Hans Meyer, der es in der Bundesliga und nach der Karriere in diversen Talkshows noch zu einiger Berühmtheit bringen würde. 2007 gewann er mit dem 1. FC Nürnberg den DFB-Pokal. Mit Jena gewann er 1981 leider nichts - außer jeder Menge Respekt.

Das Finale wurde vom Attentat auf den polnischen Papst Johannes Paul überschattet, weshalb die ARD zunächst eine Sondersendung auszustrahlen gedachte, dann aber doch dem Fußball den Vorzug gab. So uninteressant es in Westdeutschland war, so waren doch 41 Länder auf die ARD-Bilder angewiesen. Und sie bekamen sie, was erst 15 Minuten vor dem Anpfiff klar war. Bis dahin hatte auch der Tiflis-Keeper seine Ausrüstung übergestreift. Wobei es nicht seine war, Dinamo hatte sie vergessen. Adidas half spontan aus, auch wenn das Trikot sichtlich eine Nummer zu groß war für Herrn Gabelja.

Jena geht durch Gerhard Hoppe in Führung

Nun zum Fußball: Vor der Pause agierten beide Teams sichtlich gehemmt, die Geisterspielatmosphäre mag eine Rolle gespielt haben. Die Carl Zeiss-Fans gaben immerhin den Ton an und hatten den Torschrei mehrmals auf den Lippen. Etwa nach Jürgen Raabs Kopfballaufsetzer Sekunden nach der Pause.

Jena ging nach 63 Minuten sogar in Führung, als Vogels Flanke an zwei Verteidigern vorbeirauschte und von Gerhard Hoppe verwandelt wurde. "Attraktiver geht's nicht", kommentierte das DDR-Fernsehen. Nur hatte das Tor eine fatale Wirkung. Zum einen für Jena, das "taktisch naiv weiter stürmte", wie Meyer noch Jahrzehnte später beklagte. Zum anderen wurde der Widerstandsgeist der Georgier geweckt, die die Partie durch Treffer von Guzajew (67.) und Darasselja (87.) noch zu ihren Gunsten drehten. Dann kam der Schlusspfiff und Hans Meyer wusste, "dass das in dieser Form für mich mit einer Bezirksauswahlmannschaft aus Jena nicht wieder kommen wird". Da hatte er Recht.

Der größte Tag der Geschichte von Carl Zeiss Jena hätte sicher mehr Resonanz verdient, es war ein gutes Endspiel – nur leider zur falschen Zeit am falschen Ort.

Lok Leipzig gegen die "Übermacht" aus Amsterdam

Auch die dritte DDR-Mannschaft, die ein Europapokalfinale erreichte, schaffte das im Pokalsiegerwettbewerb. Und wie Carl Zeiss Jena musste auch Lokomotive Leipzig an einem 13. Mai antreten – sechs Jahre später, in Athen. Gegner war das übermächtig erscheinende Ajax Amsterdam, dessen Glanzzeiten allerdings vorüber waren. Mit Johan Cruyff hatte Ajax von 1971 bis 1973 den Europacup der Landesmeister gewonnen. Danach war kein internationaler Titel mehr dazu gekommen.

Nun ruhten die Hoffnungen der Niederländer wieder auf Cruyff, der 1987 auf der Trainerbank saß und mit Frank Rijkaard, Marco van Basten, Jan Wouters und Dennis Bergkamp kommende Europameister und Weltstars in seinen Reihen wusste. Niemand stellte die Favoritenfrage, zu glücklich war Lok ins Finale gekommen. Zweimal ging es in die Verlängerung, gegen Bordeaux kam Leipzig erst im Elfmeterschießen eine Runde weiter.

Dass die Lok bis nach Athen gedampft war, war natürlich aller Ehren wert und löste in der Sachsen-Metropole große Begeisterung und viel Stolz aus. Aber noch immer waren die Verhältnisse nicht so, dass ihre Mannschaft davon profitieren konnte. "Die Fans der Blau-Gelben sind klar in der Minderheit", stellte ARD-Sprecher Walter Johannsen nur fest, was niemand mehr feststellen musste. 1000 Fans durften mit nach Athen, wo es diesmal kein Geisterspiel gab. Aber ausverkauft war das neue Olympiastadion bei weitem nicht. 35.000 Zuschauer füllten die Ränge, ebenso viele Plätze blieben leer. Hinter den Toren klafften gewaltige Lücken. Ein Signum von Finals mit DDR-Beteiligung.

Van Basten erzielt den Treffer des Tages

Das Spiel nahm seinen erwarteten Verlauf. Nach 21 Minuten konnten die rund 10.000 Ajax-Fans erstmals jubeln. Die Rechtsflanke des späteren Bielefelders Sonny Silooy köpfte van Basten aus kurzer Distanz in Rene Müllers Kasten. Vier Minuten zuvor hatte Müller noch einen Schuss von Europas bestem Torjäger jener Tage - van Basten gewann den Goldenen Schuh 1986 mit 37 Toren - noch parieren können.

Müllers Gegenüber Menzo hingegen verlebte einen ruhigen Abend. Nur als Frank Edmond eine Bredow-Hereingabe verpasste, musste er kurz zittern – aber nicht eingreifen. Die Lok war an ihrem großen Tag einfach zu harmlos, auch wenn sie nach der Pause, als der überraschend aus der Startelf genommene Kultstürmer Hans-Jörg Leitzke endlich ran durfte, Druck machte. So viel, dass sich der große Cruyff zu einem Kompliment durchrang: "Ich hatte nicht geglaubt, dass uns Lok Leipzig nach der Pause so unter Druck setzen würde. Wir sind über diesen knappen Sieg sehr glücklich."

Denn es blieb beim 1:0, und es war keines der besseren Sorte. Der kicker titelte: "Ajax wirbelte, Lok ohne Dampf". Aber auch der Wirbel der Cruyff-Schützlinge erwies sich als wenig effektiv. "Das Spiel, leider, auch in der zweiten Halbzeit mit nur sehr wenig Höhepunkten", sagte auch Kommentator Johannsen, der sich offenbar an einen anderen Ort wünschte.

Lok-Coach Thomale: "Mannschaft hat ihr Bestes gegeben"

Doch muss man es Außenseiter Lok hoch anrechnen, dass er nur wenig Ajax-Möglichkeiten zuließ. Trainer Hans-Ulrich Thomale sagte nach dem Schlusspfiff des Italieners Luigi Agnolin: "Unsere Mannschaft hat ihr Bestes gegeben. Doch unsere Schwächen im Angriff konnte durch unsere Abwehr nicht völlig kompensiert werden." Für einen begeisterten Empfang in Leipzig reichte es trotzdem.

Damit endete die Finalgeschichte der DDR-Mannschaften im Europapokal mit einem Misserfolg, der sich aber nicht lange so anfühlte. 25 Jahre später trafen sich Trainer und Spieler anlässlich des Jubiläums auf einer Veranstaltung der Leipziger Volkszeitung wieder, auch ein Buch erschien zu Ehren der Helden von 1987. "Der Teamgeist der Mannschaft war einzigartig", betonte der damalige Kapitän Frank Baum noch 2012 – und wenn ein solches Gefühl nach 25 Jahren noch lebt, wie kann man da von Verlierern sprechen?

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Mittwoch, der 13. Mai, so steht es heute auf dem Kalenderblatt. Nicht zum ersten Mal, natürlich. Manche Geschichten wiederholen sich ganz zuverlässig. Auch die der Europacupendspiele von DDR-Mannschaften, obgleich da kein Kapitel mehr dazu kommen kann. 1981 und 1987 aber schrieben Carl Zeiss Jena und dann Lok Leipzig an diesem Kalendertag ein solches Kapitel in der Geschichte ihres Vereins – und ihres nicht mehr bestehenden Staates. Jeweils ohne Happy End, aber doch ein stolzes Stück Klubgeschichte. DFB.de blickt zurück.

Der größte Tag in der Geschichte von Carl Zeiss Jena sah nicht wie ein solcher aus. Dafür konnte niemand etwas, die Welt war damals eben so. Man sprach vom "Kalten Krieg" und dem "Eisernen Vorhang", der Ost von West trennte, und von Stacheldraht und Mauern zwischen den deutschen Staaten. Der Fußball, dem eine verbindende Kraft zugesprochen wird, zwang sie dazu, den Vorhang ein Stückchen zu öffnen.

Ostblockduell im Westen

Die Mauern in den Köpfen aber standen noch, als Carl Zeiss Jena am 13. Mai 1981 ausgerechnet im Düsseldorfer Rheinstadion um den Europapokal der Pokalsieger spielen musste. Auch der Gegner war nicht erfreut über den Austragungsort, es handelte sich um Dinamo Tiflis aus der Sowjetunion. Ein Ostblockduell im Westen - darauf hatten nur wenige Menschen Lust, und die, die doch Lust hatten, wurden daran gehindert. Glücklich war niemand über diese Konstellation. Auch die Ausrichter nicht.

Acht Jahre hatte sich die Stadt Düsseldorf bei der UEFA um ein Endspiel bemüht, und nun trafen zwei eher unattraktive Ostblock-Mannschaften aufeinander. Mit großen Mengen von Schlachtenbummlern war kaum zu rechnen in Zeiten des Kalten Krieges, immer schwebte bei derartigen Spielen der Generalverdacht der "Republikflucht" über den Reisegruppen, die folglich sorgsam nach ihrer politischen Verlässlichkeit ausgewählt wurden.

So wurde Jena gerade mal von 1000 Fans unterstützt. Insgesamt verloren sich 1981 nur 9000 Menschen ins Stadion, die TV-Übertragung in der ARD tat ihr Übriges. Der kicker hatte es kommen sehen und schrieb schon zwei Tage vorher, es sei "ein beschämendes Zeichen für uns, die wir im satten Westen leben", dass sich niemand Ost-Fußball ansehen wolle. Während umgekehrt mit Sicherheit die Stadien voll wären, würden zwei Westklubs etwa in Leipzig um den Pokal spielen.

Jena gegen die "Südländer der Sowjetunion"

Wie auch immer, unter der Kulisse litten beide gleichermaßen. Sie war die zweitniedrigste eines Europacupfinales, weniger kamen nur 1974 ebenfalls mit DDR-Beteiligung: Magdeburgs Sieg im selben Wettbewerb über den AC Milan sahen in Rotterdam nur 5000 Fans.

Jena war die international erfahrenste Mannschaft der DDR, für den Verein war es schon das 71. Europacupspiel. Auf dem Weg ins Finale gab es einige dicke Brocken zu beseitigen. Am Wegesrand lagen der AS Rom, Titelverteidiger Valencia und Benfica Lissabon, aber auch der englische Drittligist Newport County, gegen den man sich fast am schwersten tat. Die Georgier hatten eine zehnmal so weite Anreise wie ihr Gegner (2500 Kilometer gegenüber 250) und galten aufgrund ihrer Spielweise als die "Südländer der Sowjetunion". Spätestens nach ihrem 4:1 bei West Ham United waren sie in der Fachwelt ein Begriff, alles drehte sich um Spielmacher David Kipiani.

Carl Zeiss setzte weiterhin auf seine beiden 38-Jährigen: Torwart Hans-Ulrich Grapenthin und Linksaußen Eberhard "Matz" Vogel waren nur ein Jahr jünger als der Trainer. Auf der Bank von Carl Zeiss saß ein gewisser Hans Meyer, der es in der Bundesliga und nach der Karriere in diversen Talkshows noch zu einiger Berühmtheit bringen würde. 2007 gewann er mit dem 1. FC Nürnberg den DFB-Pokal. Mit Jena gewann er 1981 leider nichts - außer jeder Menge Respekt.

Das Finale wurde vom Attentat auf den polnischen Papst Johannes Paul überschattet, weshalb die ARD zunächst eine Sondersendung auszustrahlen gedachte, dann aber doch dem Fußball den Vorzug gab. So uninteressant es in Westdeutschland war, so waren doch 41 Länder auf die ARD-Bilder angewiesen. Und sie bekamen sie, was erst 15 Minuten vor dem Anpfiff klar war. Bis dahin hatte auch der Tiflis-Keeper seine Ausrüstung übergestreift. Wobei es nicht seine war, Dinamo hatte sie vergessen. Adidas half spontan aus, auch wenn das Trikot sichtlich eine Nummer zu groß war für Herrn Gabelja.

Jena geht durch Gerhard Hoppe in Führung

Nun zum Fußball: Vor der Pause agierten beide Teams sichtlich gehemmt, die Geisterspielatmosphäre mag eine Rolle gespielt haben. Die Carl Zeiss-Fans gaben immerhin den Ton an und hatten den Torschrei mehrmals auf den Lippen. Etwa nach Jürgen Raabs Kopfballaufsetzer Sekunden nach der Pause.

Jena ging nach 63 Minuten sogar in Führung, als Vogels Flanke an zwei Verteidigern vorbeirauschte und von Gerhard Hoppe verwandelt wurde. "Attraktiver geht's nicht", kommentierte das DDR-Fernsehen. Nur hatte das Tor eine fatale Wirkung. Zum einen für Jena, das "taktisch naiv weiter stürmte", wie Meyer noch Jahrzehnte später beklagte. Zum anderen wurde der Widerstandsgeist der Georgier geweckt, die die Partie durch Treffer von Guzajew (67.) und Darasselja (87.) noch zu ihren Gunsten drehten. Dann kam der Schlusspfiff und Hans Meyer wusste, "dass das in dieser Form für mich mit einer Bezirksauswahlmannschaft aus Jena nicht wieder kommen wird". Da hatte er Recht.

Der größte Tag der Geschichte von Carl Zeiss Jena hätte sicher mehr Resonanz verdient, es war ein gutes Endspiel – nur leider zur falschen Zeit am falschen Ort.

Lok Leipzig gegen die "Übermacht" aus Amsterdam

Auch die dritte DDR-Mannschaft, die ein Europapokalfinale erreichte, schaffte das im Pokalsiegerwettbewerb. Und wie Carl Zeiss Jena musste auch Lokomotive Leipzig an einem 13. Mai antreten – sechs Jahre später, in Athen. Gegner war das übermächtig erscheinende Ajax Amsterdam, dessen Glanzzeiten allerdings vorüber waren. Mit Johan Cruyff hatte Ajax von 1971 bis 1973 den Europacup der Landesmeister gewonnen. Danach war kein internationaler Titel mehr dazu gekommen.

Nun ruhten die Hoffnungen der Niederländer wieder auf Cruyff, der 1987 auf der Trainerbank saß und mit Frank Rijkaard, Marco van Basten, Jan Wouters und Dennis Bergkamp kommende Europameister und Weltstars in seinen Reihen wusste. Niemand stellte die Favoritenfrage, zu glücklich war Lok ins Finale gekommen. Zweimal ging es in die Verlängerung, gegen Bordeaux kam Leipzig erst im Elfmeterschießen eine Runde weiter.

Dass die Lok bis nach Athen gedampft war, war natürlich aller Ehren wert und löste in der Sachsen-Metropole große Begeisterung und viel Stolz aus. Aber noch immer waren die Verhältnisse nicht so, dass ihre Mannschaft davon profitieren konnte. "Die Fans der Blau-Gelben sind klar in der Minderheit", stellte ARD-Sprecher Walter Johannsen nur fest, was niemand mehr feststellen musste. 1000 Fans durften mit nach Athen, wo es diesmal kein Geisterspiel gab. Aber ausverkauft war das neue Olympiastadion bei weitem nicht. 35.000 Zuschauer füllten die Ränge, ebenso viele Plätze blieben leer. Hinter den Toren klafften gewaltige Lücken. Ein Signum von Finals mit DDR-Beteiligung.

Van Basten erzielt den Treffer des Tages

Das Spiel nahm seinen erwarteten Verlauf. Nach 21 Minuten konnten die rund 10.000 Ajax-Fans erstmals jubeln. Die Rechtsflanke des späteren Bielefelders Sonny Silooy köpfte van Basten aus kurzer Distanz in Rene Müllers Kasten. Vier Minuten zuvor hatte Müller noch einen Schuss von Europas bestem Torjäger jener Tage - van Basten gewann den Goldenen Schuh 1986 mit 37 Toren - noch parieren können.

Müllers Gegenüber Menzo hingegen verlebte einen ruhigen Abend. Nur als Frank Edmond eine Bredow-Hereingabe verpasste, musste er kurz zittern – aber nicht eingreifen. Die Lok war an ihrem großen Tag einfach zu harmlos, auch wenn sie nach der Pause, als der überraschend aus der Startelf genommene Kultstürmer Hans-Jörg Leitzke endlich ran durfte, Druck machte. So viel, dass sich der große Cruyff zu einem Kompliment durchrang: "Ich hatte nicht geglaubt, dass uns Lok Leipzig nach der Pause so unter Druck setzen würde. Wir sind über diesen knappen Sieg sehr glücklich."

Denn es blieb beim 1:0, und es war keines der besseren Sorte. Der kicker titelte: "Ajax wirbelte, Lok ohne Dampf". Aber auch der Wirbel der Cruyff-Schützlinge erwies sich als wenig effektiv. "Das Spiel, leider, auch in der zweiten Halbzeit mit nur sehr wenig Höhepunkten", sagte auch Kommentator Johannsen, der sich offenbar an einen anderen Ort wünschte.

Lok-Coach Thomale: "Mannschaft hat ihr Bestes gegeben"

Doch muss man es Außenseiter Lok hoch anrechnen, dass er nur wenig Ajax-Möglichkeiten zuließ. Trainer Hans-Ulrich Thomale sagte nach dem Schlusspfiff des Italieners Luigi Agnolin: "Unsere Mannschaft hat ihr Bestes gegeben. Doch unsere Schwächen im Angriff konnte durch unsere Abwehr nicht völlig kompensiert werden." Für einen begeisterten Empfang in Leipzig reichte es trotzdem.

Damit endete die Finalgeschichte der DDR-Mannschaften im Europapokal mit einem Misserfolg, der sich aber nicht lange so anfühlte. 25 Jahre später trafen sich Trainer und Spieler anlässlich des Jubiläums auf einer Veranstaltung der Leipziger Volkszeitung wieder, auch ein Buch erschien zu Ehren der Helden von 1987. "Der Teamgeist der Mannschaft war einzigartig", betonte der damalige Kapitän Frank Baum noch 2012 – und wenn ein solches Gefühl nach 25 Jahren noch lebt, wie kann man da von Verlierern sprechen?

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