Coach Boysen in Großaspach: "Als wäre ich nie weg gewesen"

Nach sechs Jahren Pause ist Hans-Jürgen Boysen wieder als Trainer tätig. Der 62 Jahre alte ehemalige Bundesligaprofi (104 Einsätze für den Karlsruher SC) betreut seit knapp zwei Wochen die SG Sonnenhof Großaspach und soll den selbsternannten "Dorfklub" noch zum Klassenverbleib in der 3. Liga führen. Im DFB.de-Interview spricht Boysen mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über seine Rückkehr.

DFB.de: Nach sechs Jahren ohne Verein sind sie nun seit zwei Wochen als Trainer bei der SG Sonnenhof Großaspach tätig. Mal ehrlich: Hätten Sie das selbst noch für möglich gehalten, Herr Boysen?

Hans-Jürgen Boysen: Sechs Jahre sind tatsächlich eine lange Zeit. Aber auch während dieser Zeit ging es nie ohne Fußball. Ich habe beispielsweise unter Pep Guardiola beim FC Bayern München hospitiert, war auch in England, Spanien, Italien und Argentinien, habe meine Fühler in viele Richtungen ausgestreckt. Es gab auch Angebote aus dem Ausland. Mir war aber die Nähe zur Familie wichtig. Mir reicht es nicht, meine Frau sowie meine Kinder nur für eine begrenzte Zeit im Monat oder der Woche zu sehen. Um mich weiterzubilden, habe ich am Campus der SpVgg Greuther Fürth auch ein einjähriges Fortbildungsstudium im Bereich Sportmanagement absolviert.

DFB.de: Wie war es, wieder die Schulbank zu drücken?

Boysen: Das war schon eine Umstellung. Es lag schließlich eine lange Zeit zurück, dass ich einen Lehrstoff beackert habe. (lacht) Außerdem war ich in dem rund 30-köpfigen Kurs mit Abstand der älteste Teilnehmer. Es hat aber viel Spaß gemacht und der Gedankenaustausch war für alle Beteiligten wertvoll.

DFB.de: Was hat Sie davon überzeugt, nochmal an die Seitenlinie zurückzukehren?

Boysen: Die SG Sonnenhof Großaspach ist für mich nicht irgendein Verein. Ich wohne seit 20 Jahren in Aspach und habe die Entwicklung des Vereins eng miterlebt. Meine Frau ist die Tochter von Klaus Ferber, einem der Gründungsmitglieder der SG Sonnenhof Großaspach. Da entwickelt man automatisch auch eine Bindung zum Verein. Da Interimstrainer Markus Lang noch nicht über die nötige Fußball-Lehrer-Lizenz verfügt, hatte der Verein bei mir angefragt, ob ich helfen könnte. Ich kenne den Verein und die Spieler. Die Eingewöhnung war daher leichter, als wenn ein externer Trainer verpflichtet worden wäre. Als ich mein erstes Training geleitet habe, kam es mir vor, als wäre ich nie weg gewesen.

DFB.de: Es fällt auf, dass Sie während Ihrer Karriere schon für einige Vereine bereits mehrmals tätig waren. Das ist eher ungewöhnlich. Wie kam es dazu?

Boysen: Meine Stationen waren in der Regel recht erfolgreich. Insgesamt bin ich fünfmal aufgestiegen. Ich habe bei meinen Abgängen keine verbrannte Erde hinterlassen und auch von anderer Seite war kein böses Blut dabei. Daher war ich auch gerne insgesamt je dreimal bei Kickers Offenbach und beim SV Sandhausen tätig. Die räumliche Nähe zu meiner Heimat war auch gegeben.

DFB.de: Sie sind seit vielen Jahren dabei. In welchen Bereichen hat sich der Fußball im Laufe Ihrer Karriere am meisten verändert?

Boysen: Im Vergleich zu meiner aktiven Zeit sind die Spiele viel schneller geworden. Aber auch die Arbeit als Trainer hat sich verändert. Die Mannschaften werden taktisch viel ausgeklügelter eingestellt. Durch größere Trainerstäbe ist die individuelle Leistungsförderung viel besser. Die Spieler sind noch professioneller geworden.

DFB.de: In der 3. Liga waren Sie zuletzt in der Saison 2009/2010 tätig. Wie hat sich die Spielklasse seitdem in Ihren Augen entwickelt?

Boysen: Die 3. Liga ist in der Tat zu einer Profiliga geworden. Dass Spieler neben dem Fußball noch einer Arbeit nachgehen, ist die große Ausnahme. Das hat dafür gesorgt, dass die Qualität der Spieler und Mannschaften gestiegen ist. Der Tabellenzweite SV Waldhof Mannheim und der elftplatzierte KFC Uerdingen 05 liegen beispielsweise mit nur fünf Punkten sehr eng beieinander. In unserer Tabellenregion kann es in den nächsten Wochen gerne auch enger zugehen.

DFB.de: Der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz beträgt zwölf Punkte. Hand aufs Herz: Ist der Klassenverbleib noch realistisch?

Boysen: Uns ist bewusst, dass es brutal schwer werden wird. Wir müssen einen riesigen Lauf hinlegen. Es macht aber keinen Sinn, sich nach jedem Spieltag den Punkteabstand und die Anzahl der noch ausstehenden Spiele anzuschauen. Unser Ziel muss es sein, uns in kleinen Schritten kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wozu es dann reicht, werden wir am Saisonende sehen. Solange es in der Theorie noch möglich ist, den Klassenverbleib zu schaffen, ist bei uns die Hoffnung auch noch da.

DFB.de: Bei der SG Sonnenhof werden Sie vom bisherigen Interimstrainer Markus Lang unterstützt. Welche Rolle spielt er?

Boysen: Markus ist sehr wissbegierig und fleißig. Er ist bereits zweimal erfolgreich als Interimstrainer bei der SG Sonnenhof Großaspach eingesprungen und hat den Verein im vergangenen Jahr zum Klassenverbleib geführt. Leider hat es bei ihm bislang noch nicht mit der Anmeldung für die Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Hennef geklappt. Ich denke, dass er gute Chancen hat, nach seiner Erfahrung als U 19-Trainer irgendwann auch im Seniorenbereich als Cheftrainer zu arbeiten.

DFB.de: Was soll die Spielweise Ihrer Mannschaft auszeichnen?

Boysen: Ich bin ein großer Freund von Kombinationsfußball. Das ist bei einer Mannschaft, für die es um den Verbleib in einer Spielklasse geht, aber nicht leicht umzusetzen. Eine kämpferisch und läuferisch starke sowie disziplinierte Leistung steht da zunächst im Vordergrund. Beim 1:0-Heimsieg gegen den Halleschen FC haben wir das bereits gut umgesetzt und in der Schlussphase auch verdient das Siegtor erzielt. Beim 0:2 im Spiel bei der U 23 des FC Bayern München, die meiner Meinung nach spielerisch die beste Mannschaft der Liga stellt, sind wir aber schon etwas an unsere Grenzen gekommen. Aktuell arbeiten wir viel an unserer Spieleröffnung und unserer Raumaufteilung. Denn klar ist auch: Uns helfen aktuell nur Siege. Und die erreichen wir nicht, indem wir nur gut verteidigen.

DFB.de: Ihr Vertrag in Großaspach gilt bis zum Sommer. Wäre auch ein Engagement über das Saisonende hinaus denkbar?

Boysen: Die Frage stellt sich für mich zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Mein Fokus liegt darauf, alles aus der Mannschaft rauszuholen. Dann klettern wir auch in der Tabelle noch ein wenig nach oben. Über den Verbandspokal von Württemberg können wir uns auch noch für den DFB-Pokal qualifizieren. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir uns die Frage stellen, wie es weitergeht. Wichtig wird sein, dass sich der Verein für jedes mögliche Szenario bestens aufstellt. Und das wird er, da bin ich mir ganz sicher.

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Nach sechs Jahren Pause ist Hans-Jürgen Boysen wieder als Trainer tätig. Der 62 Jahre alte ehemalige Bundesligaprofi (104 Einsätze für den Karlsruher SC) betreut seit knapp zwei Wochen die SG Sonnenhof Großaspach und soll den selbsternannten "Dorfklub" noch zum Klassenverbleib in der 3. Liga führen. Im DFB.de-Interview spricht Boysen mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über seine Rückkehr.

DFB.de: Nach sechs Jahren ohne Verein sind sie nun seit zwei Wochen als Trainer bei der SG Sonnenhof Großaspach tätig. Mal ehrlich: Hätten Sie das selbst noch für möglich gehalten, Herr Boysen?

Hans-Jürgen Boysen: Sechs Jahre sind tatsächlich eine lange Zeit. Aber auch während dieser Zeit ging es nie ohne Fußball. Ich habe beispielsweise unter Pep Guardiola beim FC Bayern München hospitiert, war auch in England, Spanien, Italien und Argentinien, habe meine Fühler in viele Richtungen ausgestreckt. Es gab auch Angebote aus dem Ausland. Mir war aber die Nähe zur Familie wichtig. Mir reicht es nicht, meine Frau sowie meine Kinder nur für eine begrenzte Zeit im Monat oder der Woche zu sehen. Um mich weiterzubilden, habe ich am Campus der SpVgg Greuther Fürth auch ein einjähriges Fortbildungsstudium im Bereich Sportmanagement absolviert.

DFB.de: Wie war es, wieder die Schulbank zu drücken?

Boysen: Das war schon eine Umstellung. Es lag schließlich eine lange Zeit zurück, dass ich einen Lehrstoff beackert habe. (lacht) Außerdem war ich in dem rund 30-köpfigen Kurs mit Abstand der älteste Teilnehmer. Es hat aber viel Spaß gemacht und der Gedankenaustausch war für alle Beteiligten wertvoll.

DFB.de: Was hat Sie davon überzeugt, nochmal an die Seitenlinie zurückzukehren?

Boysen: Die SG Sonnenhof Großaspach ist für mich nicht irgendein Verein. Ich wohne seit 20 Jahren in Aspach und habe die Entwicklung des Vereins eng miterlebt. Meine Frau ist die Tochter von Klaus Ferber, einem der Gründungsmitglieder der SG Sonnenhof Großaspach. Da entwickelt man automatisch auch eine Bindung zum Verein. Da Interimstrainer Markus Lang noch nicht über die nötige Fußball-Lehrer-Lizenz verfügt, hatte der Verein bei mir angefragt, ob ich helfen könnte. Ich kenne den Verein und die Spieler. Die Eingewöhnung war daher leichter, als wenn ein externer Trainer verpflichtet worden wäre. Als ich mein erstes Training geleitet habe, kam es mir vor, als wäre ich nie weg gewesen.

DFB.de: Es fällt auf, dass Sie während Ihrer Karriere schon für einige Vereine bereits mehrmals tätig waren. Das ist eher ungewöhnlich. Wie kam es dazu?

Boysen: Meine Stationen waren in der Regel recht erfolgreich. Insgesamt bin ich fünfmal aufgestiegen. Ich habe bei meinen Abgängen keine verbrannte Erde hinterlassen und auch von anderer Seite war kein böses Blut dabei. Daher war ich auch gerne insgesamt je dreimal bei Kickers Offenbach und beim SV Sandhausen tätig. Die räumliche Nähe zu meiner Heimat war auch gegeben.

DFB.de: Sie sind seit vielen Jahren dabei. In welchen Bereichen hat sich der Fußball im Laufe Ihrer Karriere am meisten verändert?

Boysen: Im Vergleich zu meiner aktiven Zeit sind die Spiele viel schneller geworden. Aber auch die Arbeit als Trainer hat sich verändert. Die Mannschaften werden taktisch viel ausgeklügelter eingestellt. Durch größere Trainerstäbe ist die individuelle Leistungsförderung viel besser. Die Spieler sind noch professioneller geworden.

DFB.de: In der 3. Liga waren Sie zuletzt in der Saison 2009/2010 tätig. Wie hat sich die Spielklasse seitdem in Ihren Augen entwickelt?

Boysen: Die 3. Liga ist in der Tat zu einer Profiliga geworden. Dass Spieler neben dem Fußball noch einer Arbeit nachgehen, ist die große Ausnahme. Das hat dafür gesorgt, dass die Qualität der Spieler und Mannschaften gestiegen ist. Der Tabellenzweite SV Waldhof Mannheim und der elftplatzierte KFC Uerdingen 05 liegen beispielsweise mit nur fünf Punkten sehr eng beieinander. In unserer Tabellenregion kann es in den nächsten Wochen gerne auch enger zugehen.

DFB.de: Der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz beträgt zwölf Punkte. Hand aufs Herz: Ist der Klassenverbleib noch realistisch?

Boysen: Uns ist bewusst, dass es brutal schwer werden wird. Wir müssen einen riesigen Lauf hinlegen. Es macht aber keinen Sinn, sich nach jedem Spieltag den Punkteabstand und die Anzahl der noch ausstehenden Spiele anzuschauen. Unser Ziel muss es sein, uns in kleinen Schritten kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wozu es dann reicht, werden wir am Saisonende sehen. Solange es in der Theorie noch möglich ist, den Klassenverbleib zu schaffen, ist bei uns die Hoffnung auch noch da.

DFB.de: Bei der SG Sonnenhof werden Sie vom bisherigen Interimstrainer Markus Lang unterstützt. Welche Rolle spielt er?

Boysen: Markus ist sehr wissbegierig und fleißig. Er ist bereits zweimal erfolgreich als Interimstrainer bei der SG Sonnenhof Großaspach eingesprungen und hat den Verein im vergangenen Jahr zum Klassenverbleib geführt. Leider hat es bei ihm bislang noch nicht mit der Anmeldung für die Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Hennef geklappt. Ich denke, dass er gute Chancen hat, nach seiner Erfahrung als U 19-Trainer irgendwann auch im Seniorenbereich als Cheftrainer zu arbeiten.

DFB.de: Was soll die Spielweise Ihrer Mannschaft auszeichnen?

Boysen: Ich bin ein großer Freund von Kombinationsfußball. Das ist bei einer Mannschaft, für die es um den Verbleib in einer Spielklasse geht, aber nicht leicht umzusetzen. Eine kämpferisch und läuferisch starke sowie disziplinierte Leistung steht da zunächst im Vordergrund. Beim 1:0-Heimsieg gegen den Halleschen FC haben wir das bereits gut umgesetzt und in der Schlussphase auch verdient das Siegtor erzielt. Beim 0:2 im Spiel bei der U 23 des FC Bayern München, die meiner Meinung nach spielerisch die beste Mannschaft der Liga stellt, sind wir aber schon etwas an unsere Grenzen gekommen. Aktuell arbeiten wir viel an unserer Spieleröffnung und unserer Raumaufteilung. Denn klar ist auch: Uns helfen aktuell nur Siege. Und die erreichen wir nicht, indem wir nur gut verteidigen.

DFB.de: Ihr Vertrag in Großaspach gilt bis zum Sommer. Wäre auch ein Engagement über das Saisonende hinaus denkbar?

Boysen: Die Frage stellt sich für mich zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Mein Fokus liegt darauf, alles aus der Mannschaft rauszuholen. Dann klettern wir auch in der Tabelle noch ein wenig nach oben. Über den Verbandspokal von Württemberg können wir uns auch noch für den DFB-Pokal qualifizieren. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir uns die Frage stellen, wie es weitergeht. Wichtig wird sein, dass sich der Verein für jedes mögliche Szenario bestens aufstellt. Und das wird er, da bin ich mir ganz sicher.

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