Club der Nationalspieler in Leipzig

Sie waren Leitfiguren des DDR-Fußballs. Etliche von ihnen sind heute Legenden und manch einer noch immer ein Leuchtturm des Sports in Ostdeutschland. Die ehemaligen Nationalspieler der DDR, von denen drei Dutzend sich jetzt im Rahmen des Länderspiels gegen Russland zum Regionalen Treffen des Clubs der Nationalspieler (CdN) in Leipzig trafen. Bei einem Abend der gemeinsamen Erinnerungen – am Ende verbunden in großer Zuversicht für die Zukunft ihrer heutigen Nachfolger. "Ein Abend von zentraler Bedeutung", so Joachim Streich, der Rekordmann des DDR-Fußballs im Bericht von DFB-Mitarbeiter Wolfgang Tobien.

Leipzig, das einstige, inzwischen zur hochmodernen Red-Bull-Arena umgebaute Zentralstadion und häufig auch Russland waren drei wegweisende Meilensteine mit großem Erinnerungspotenzial. Zum Beispiel für Eberhard Vogel (75), der gegen die damalige UdSSR im Entscheidungsspiel der Olympia-Qualifikation 1964 mit einem Kunstschuss beim Eckball zum 3:1 den Weg zur Bronzemedaille, dem ersten großen Erfolg des DDR-Fußballs, freigeschossen hatte.

Oder für Konrad Weise (67), einer der Olympiasieger von 1976 und in 86 Länderspielen der beste Abwehrspieler der DDR-Auswahl überhaupt. Der schnelle und zweikampfstarke "Terrier", im normalen sportlichen Betrieb in Jena zu Hause, macht aus seiner Ansicht keinen Hehl, dass die riesige Betonschüssel des Leipziger Zentralstadions international wie für den DDR-Fußball insgesamt der richtige Bestimmungsort gewesen sei. Hier haben wir in der Qualifikation gegen die damals hochfavorisierte CSSR die Grundlage für unser Gold bei Olympia in Montreal gelegt. Und hier haben wir vor allem auch legendäre Spiele gegen die Russen mit unseren Siegen 1973 und 1977 vor jeweils 110.000 Zuschauern abgeliefert."

"Leipzig war mein Leben als Fußballer"

"Die Russen", wie die Spieler der Sowjetunion damals trotz der Berufung hochklassiger Akteure vor allem aus der Ukraine und Georgien im Volksmund durchaus mit Respekt genannt wurden, und Leipzig mit seinen unglaublichen Massen, dies waren, so Weise, "zwei ganz starke Pole in meiner Karriere gewesen". Und heute sei es, so betont der Abwehrspezialist, den viele Experten 1974 im All-Star-Team der WM-Endrunde in Deutschland gesehen hatten, "von ganz zentraler Bedeutung für die Stadt und die Region, hier Bundesliga-Fußball zu haben."

Mit großen Gefühlen blickt auch Henning Frenzel (66) nach 56 Länderspielen und 420 Oberligapartien für Lok Leipzig auf seine Karriere zurück. "Leipzig war mein Leben als Fußballer", versichert er, der wegen seines so leichten und eleganten Angriffsspiel der Liebling der Fans gewesen ist. Nur zu ganz wichtigen Begegnungen und bei Länderspielen trat der Mittelstürmer, für den das kleinere und am Tag seines Karriererücktritts in ein gigantisch verwandeltes Blumenmeer Bruno-Plache-Stadion die Heimstatt im Alltag gewesen war, im Zentralstadion gegen den Ball. Und feierte dort spektakuläre Erfolge, wie er jetzt wieder mal zu berichten weiß. Zum Beispiel mit seinem Volleyschuss zum 1:0-Sieg (und ersten Sieg im 9. Spiel) über die damals noch herausragenden Ungarn. Oder als er, im gleichen Jahr 1986 an gleicher Stelle ebenfalls in einem EM-Qualifikationsspiel die Niederlande nach 0:2-Rückstand mit drei Toren zum 4:3 bezwang.

Frenzel, ein ganz Großer des Leipziger Fußballs, der zu seiner Glanzzeit von der Nominierung für die WM ´74 und Olympia ´76 ausgeschlossen wurde. "Weil ich mich geweigert habe, von unserem Auswahltrainer Buschner zu ihm nach Jena delegiert zu werden, so sein heute noch bitterer Rückblick.

"Absolute Lieblingsstätte bei internationalen Berufungen"

Ohne Zorn und Bitternis blickt dagegen der einstige Magdeburger Torjäger Joachim Streich zurück. Für den Rekordnationalspieler (102 Einsätze) und Rekordschützen (55 Treffer) war das Zentralstadion "meine absolute Lieblingsstätte bei internationalen Berufungen. Wegen der ungeheueren Begeisterung und des riesigen Zuschaueraufkommens". Hier hat der Mann von der Ostsee, in Wismar geboren und in Rostock bei Hansa fußballerisch ins Blickfeld gekommen, mit seinen Treffern die Sowjets besiegt. "Leipzig und das Zentralstadion hatten für mich immer einen ganz besonders hohen Stellenwert."

Diesen hätte es gegen Ende seiner nicht allzu langen Länderspiel-Laufbahn auch für Heiko Scholz (52) haben können. Noch am 12. November 1990 war es beschlossene Sache, dass neun Tage später der DFB und der Fußballverband (DFV) der DDR aus Anlass der deutschen Fußballvereinigung eine Gala zwischen der Auswahl des DFV und den aktuellen Weltmeistern des DFB stattfinden lassen. Neben Sammer, Doll, Kirsten, Thom, Wosz oder Kracht stand auch Heiko Scholz im bereits fest nominierten Kader. Doch am 13. November 1990 wurde dieser besondere Ost-West-Vergleich abgesagt und ging wegen zu hoher Sicherheitsrisiken im Zentralstadion als das ausgefallene Länderspiel in die Fußball-Annalen ein. "Schade, mit diesen Granaten, die sich nicht zufällig später in der Bundesliga höchst erfolgreich behauptet haben, in einer Mannschaft gegen die Weltmeister um Matthäus, Völler und Klinsmann zu spielen, wäre ein ganz großes Highlight für mich gewesen", sagt Scholz, der nach sieben DDR-Länderspielen für Lok Leipzig auch einen Einsatz in der Eliteauswahl des DFB nach seinem Wechsel zu Bayer Leverkusen vorzuweisen hat.

Uneingeschränkt stimmten aber alle Anwesenden beim jüngsten "Klassentreffen" der ehemaligen DDR-Nationalspieler der aktuellen Einschätzung ihres Klassenprimus zur Nationalmannschaft am Ende des so enttäuschenden Jahres 2018 zu: "Es hat sich auch bei diesem Spiel gegen Russland bestätigt, dass Leipzig ein besonderer und toller Schauplatz für deutsche Länderspiele ist", sagt der einstige DDR-Schützenkönig nach dem 3:0-Sieg des verjüngten Löw-Teams und erklärt: "Dies sah doch heute nach wirklichem Neuanfang aus, mit diesem jugendlichen Schwung, dem Tempo und der Frische vor allem in der ersten Halbzeit. Ich habe wirklich nur überragende Erinnerungen an diese Sportstadt und diese Sportstätte. Vielleicht wird man auch dem heutigen Länderspielsieg über Russland im Rückblick mal eine zentrale Bedeutung zuschreiben." Als Jungbrunnen Leipzig beim Start in eine neue Ära.

 

[wt]

Sie waren Leitfiguren des DDR-Fußballs. Etliche von ihnen sind heute Legenden und manch einer noch immer ein Leuchtturm des Sports in Ostdeutschland. Die ehemaligen Nationalspieler der DDR, von denen drei Dutzend sich jetzt im Rahmen des Länderspiels gegen Russland zum Regionalen Treffen des Clubs der Nationalspieler (CdN) in Leipzig trafen. Bei einem Abend der gemeinsamen Erinnerungen – am Ende verbunden in großer Zuversicht für die Zukunft ihrer heutigen Nachfolger. "Ein Abend von zentraler Bedeutung", so Joachim Streich, der Rekordmann des DDR-Fußballs im Bericht von DFB-Mitarbeiter Wolfgang Tobien.

Leipzig, das einstige, inzwischen zur hochmodernen Red-Bull-Arena umgebaute Zentralstadion und häufig auch Russland waren drei wegweisende Meilensteine mit großem Erinnerungspotenzial. Zum Beispiel für Eberhard Vogel (75), der gegen die damalige UdSSR im Entscheidungsspiel der Olympia-Qualifikation 1964 mit einem Kunstschuss beim Eckball zum 3:1 den Weg zur Bronzemedaille, dem ersten großen Erfolg des DDR-Fußballs, freigeschossen hatte.

Oder für Konrad Weise (67), einer der Olympiasieger von 1976 und in 86 Länderspielen der beste Abwehrspieler der DDR-Auswahl überhaupt. Der schnelle und zweikampfstarke "Terrier", im normalen sportlichen Betrieb in Jena zu Hause, macht aus seiner Ansicht keinen Hehl, dass die riesige Betonschüssel des Leipziger Zentralstadions international wie für den DDR-Fußball insgesamt der richtige Bestimmungsort gewesen sei. Hier haben wir in der Qualifikation gegen die damals hochfavorisierte CSSR die Grundlage für unser Gold bei Olympia in Montreal gelegt. Und hier haben wir vor allem auch legendäre Spiele gegen die Russen mit unseren Siegen 1973 und 1977 vor jeweils 110.000 Zuschauern abgeliefert."

"Leipzig war mein Leben als Fußballer"

"Die Russen", wie die Spieler der Sowjetunion damals trotz der Berufung hochklassiger Akteure vor allem aus der Ukraine und Georgien im Volksmund durchaus mit Respekt genannt wurden, und Leipzig mit seinen unglaublichen Massen, dies waren, so Weise, "zwei ganz starke Pole in meiner Karriere gewesen". Und heute sei es, so betont der Abwehrspezialist, den viele Experten 1974 im All-Star-Team der WM-Endrunde in Deutschland gesehen hatten, "von ganz zentraler Bedeutung für die Stadt und die Region, hier Bundesliga-Fußball zu haben."

Mit großen Gefühlen blickt auch Henning Frenzel (66) nach 56 Länderspielen und 420 Oberligapartien für Lok Leipzig auf seine Karriere zurück. "Leipzig war mein Leben als Fußballer", versichert er, der wegen seines so leichten und eleganten Angriffsspiel der Liebling der Fans gewesen ist. Nur zu ganz wichtigen Begegnungen und bei Länderspielen trat der Mittelstürmer, für den das kleinere und am Tag seines Karriererücktritts in ein gigantisch verwandeltes Blumenmeer Bruno-Plache-Stadion die Heimstatt im Alltag gewesen war, im Zentralstadion gegen den Ball. Und feierte dort spektakuläre Erfolge, wie er jetzt wieder mal zu berichten weiß. Zum Beispiel mit seinem Volleyschuss zum 1:0-Sieg (und ersten Sieg im 9. Spiel) über die damals noch herausragenden Ungarn. Oder als er, im gleichen Jahr 1986 an gleicher Stelle ebenfalls in einem EM-Qualifikationsspiel die Niederlande nach 0:2-Rückstand mit drei Toren zum 4:3 bezwang.

Frenzel, ein ganz Großer des Leipziger Fußballs, der zu seiner Glanzzeit von der Nominierung für die WM ´74 und Olympia ´76 ausgeschlossen wurde. "Weil ich mich geweigert habe, von unserem Auswahltrainer Buschner zu ihm nach Jena delegiert zu werden, so sein heute noch bitterer Rückblick.

"Absolute Lieblingsstätte bei internationalen Berufungen"

Ohne Zorn und Bitternis blickt dagegen der einstige Magdeburger Torjäger Joachim Streich zurück. Für den Rekordnationalspieler (102 Einsätze) und Rekordschützen (55 Treffer) war das Zentralstadion "meine absolute Lieblingsstätte bei internationalen Berufungen. Wegen der ungeheueren Begeisterung und des riesigen Zuschaueraufkommens". Hier hat der Mann von der Ostsee, in Wismar geboren und in Rostock bei Hansa fußballerisch ins Blickfeld gekommen, mit seinen Treffern die Sowjets besiegt. "Leipzig und das Zentralstadion hatten für mich immer einen ganz besonders hohen Stellenwert."

Diesen hätte es gegen Ende seiner nicht allzu langen Länderspiel-Laufbahn auch für Heiko Scholz (52) haben können. Noch am 12. November 1990 war es beschlossene Sache, dass neun Tage später der DFB und der Fußballverband (DFV) der DDR aus Anlass der deutschen Fußballvereinigung eine Gala zwischen der Auswahl des DFV und den aktuellen Weltmeistern des DFB stattfinden lassen. Neben Sammer, Doll, Kirsten, Thom, Wosz oder Kracht stand auch Heiko Scholz im bereits fest nominierten Kader. Doch am 13. November 1990 wurde dieser besondere Ost-West-Vergleich abgesagt und ging wegen zu hoher Sicherheitsrisiken im Zentralstadion als das ausgefallene Länderspiel in die Fußball-Annalen ein. "Schade, mit diesen Granaten, die sich nicht zufällig später in der Bundesliga höchst erfolgreich behauptet haben, in einer Mannschaft gegen die Weltmeister um Matthäus, Völler und Klinsmann zu spielen, wäre ein ganz großes Highlight für mich gewesen", sagt Scholz, der nach sieben DDR-Länderspielen für Lok Leipzig auch einen Einsatz in der Eliteauswahl des DFB nach seinem Wechsel zu Bayer Leverkusen vorzuweisen hat.

Uneingeschränkt stimmten aber alle Anwesenden beim jüngsten "Klassentreffen" der ehemaligen DDR-Nationalspieler der aktuellen Einschätzung ihres Klassenprimus zur Nationalmannschaft am Ende des so enttäuschenden Jahres 2018 zu: "Es hat sich auch bei diesem Spiel gegen Russland bestätigt, dass Leipzig ein besonderer und toller Schauplatz für deutsche Länderspiele ist", sagt der einstige DDR-Schützenkönig nach dem 3:0-Sieg des verjüngten Löw-Teams und erklärt: "Dies sah doch heute nach wirklichem Neuanfang aus, mit diesem jugendlichen Schwung, dem Tempo und der Frische vor allem in der ersten Halbzeit. Ich habe wirklich nur überragende Erinnerungen an diese Sportstadt und diese Sportstätte. Vielleicht wird man auch dem heutigen Länderspielsieg über Russland im Rückblick mal eine zentrale Bedeutung zuschreiben." Als Jungbrunnen Leipzig beim Start in eine neue Ära.