Christian Brand: "Die Spieler hingen mir an den Lippen"

Christian Brand, U 19-Trainer beim SV Werder Bremen, überwintert mit seinem Team als Tabellenzweiter in der Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga. Der 49-Jährige stand in dieser Spielzeit auch für zwei Spiele bei den Profis in der Verantwortung. Im DFB.de-Interview spricht Brand mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Zusammenarbeit mit dem Team und den harten Weg ins Profigeschäft.

DFB.de: Am 9. Februar startet Ihre Mannschaft mit der Nachholpartie gegen den FC Carl Zeiss Jena in den Saisonendspurt. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Stand der Vorbereitung, Herr Brand?

Christian Brand: Das Jena-Spiel fällt eigentlich noch mitten in die Vorbereitung, weil unsere erste reguläre Meisterschaftspartie erst für den 20. Februar in Leipzig angesetzt ist. Aber wir nehmen es, wie es kommt. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden. Die Mannschaft ist fokussiert und hat nach der Pause wieder richtig Bock auf Fußball.

DFB.de: Worauf werden Sie in den hochkarätigen Testspielen gegen Borussia Dortmund, den FC Ingolstadt 04, den SC Preußen Münster, den dänischen Vertreter Odense BK sowie den Ligakonkurrenten Hertha BSC besonders den Fokus richten?

Brand: In den offensiven und defensiven Teamblöcken müssen wir uns verbessern. Die Verteidigung des eigenen Tores spielt dabei eine wesentliche Rolle, weil wir zuletzt zu viele Chancen zugelassen hatten. Um im Profigeschäft Fuß zu fassen, ist dieser Bereich extrem wichtig. Auch die Abläufe immer Offensivbereich müssen weiter verfeinert werden.

DFB.de: Aktuell liegt Ihr Team mit zwei Nachholspielen in der Hinterhand zehn Punkte hinter dem souveränen Tabellenführer Hertha BSC. Wie bewerten Sie die Lage im Rennen um die Staffelmeisterschaft?

Brand: Unser abschließendes Testspiel am 12. Februar gegen Hertha BSC wird für uns ein guter Gradmesser sein. Wir haben zuletzt gegen die Berliner 2:5 verloren, deshalb ist es für die Jungs eine gute Standortbestimmung. Hertha BSC spielt eine ganz starke Runde, hat bislang kontinuierlich gepunktet. Es wird schwierig, sie von Platz eins zu verdrängen. Wir werden versuchen, unsere Nachholspiele zu gewinnen, und wollen weiter dranbleiben.

DFB.de: Im Schnitt erzielt Ihr Team in jedem Spiel drei Treffer, stellt damit die gefährlichste Angriffsreihe. Was zeichnet die U 19 von Werder Bremen besonders aus?

Brand: Wir haben im abgelaufenen Jahr sieben Spiele in Folge gewonnen, wollen möglichst an diesen fantastischen Lauf anknüpfen, den sich die Jungs hart erarbeitet haben. Wir spielen im vorderen Bereich mit sehr hohem Tempo, versuchen variabel und nicht zu sehr positionsgebunden zu sein. Außerdem verfügt die Mannschaft über einen hervorragenden Teamgeist. Das konnte ich beispielsweise auch feststellen, als ich für eine Woche bei den Profis eingesprungen war und die Jungs viele Dinge untereinander geklärt hatten.

DFB.de: Nach 130 Erst- und Zweitligaeinsätzen haben Sie sich dazu entschieden, die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Warum?

Brand: Nach meiner Profikarriere hatte ich zunächst eine Auszeit vom Fußball genommen und in Luzern als Journalist bei einer Tageszeitung gearbeitet. Aber die meisten, die mit dem Spiel einmal angefangen haben, kommen schwer davon los. So war es auch bei mir. Anschließend habe ich mit der Trainerausbildung begonnen. Als ich beim SC Kriens in der Schweiz meine aktive Karriere habe ausklingen lassen, fehlte im Nachwuchsbereich ein Trainer und man ist auf mich zugekommen. Das hat mir auf Anhieb sehr viel Spaß gemacht.

DFB.de: Sie waren schon Cheftrainer in Regensburg und Rostock, haben jedoch 2018 wieder als U 17-Trainer beim SV Werder angefangen. In dieser Saison halfen Sie nach der Trennung von Markus Anfang kurzzeitig als Interimstrainer bei den Profis aus. Mit welchen Eindrücken sind Sie zur U 19 zurückgekehrt?

Brand: Mir hat die Arbeit als Interimscoach viel Spaß gemacht. Dennoch ist der Druck, positive Ergebnisse abliefern zu müssen, viel höher. Ich habe dort mit gestandenen Spielern zusammengearbeitet, für die die Situation auch nicht einfach war. Wir haben beim SV Werder aber eine hohe Durchlässigkeit nach oben. Deshalb kann ich den Jungs bei der U 19 jetzt vielleicht noch besser vor Augen führen, was nötig ist, um ganz oben im Lizenzbereich anzukommen. Die Spieler hingen mir an den Lippen, wollten genau wissen, was bei den Profis abgeht. Durch diese Erfahrung kommt man bei den Jungs mit einer ganz anderen Strahlkraft und Glaubwürdigkeit rüber. Einen Tag nach der Zweitligapartie mit den Profis bei Holstein Kiel habe ich bei der U 19 im Bus gesessen und wir sind zur Partie beim VfL Osnabrück gefahren. Ich war es den Jungs einfach schuldig, schließlich ist das meine Mannschaft. Beim VfL haben wir durch einen Treffer der Marke Tor des Monats in der Nachspielzeit 3:2 gewonnen.

DFB.de: Streben Sie mittelfristig wieder eine Position im Profigeschäft an oder sehen Sie sich langfristig in der Nachwuchsabteilung?

Brand: Ich fühle mich in meiner jetzigen Rolle pudelwohl, will einfach einen guten Job machen. Alles andere wird sich fügen. Ohnehin ist vieles im Fußball nicht planbar. Profifußball ist schon eine geile Sache, aber Jugendfußball eben auch.

DFB.de: Die Profis haben sich nach Startschwierigkeiten mittlerweile in der Spitzengruppe festgesetzt. Wie wichtig wäre ein direkter Wiederaufstieg auch für die Nachwuchsabteilung?

Brand: Die Profimannschaft ist das Flaggschiff eines Vereins. Außerdem garantiert die Zugehörigkeit zum Oberhaus wirtschaftliche Stabilität, die auch der Nachwuchsabteilung - beispielsweise im Hinblick auf Transfers - ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Der Wiederaufstieg wäre eine tolle Sache, für die wir alle die Daumen drücken. Aber in der 2. Bundesliga muss man dicke Bretter bohren.

DFB.de: Darauf bereiten Sie Ihre Spieler vor. Worauf legen Sie im Training am meisten Wert?

Brand: Ich versuche, den Jungs Freude und Spaß zu vermitteln. Ich möchte, dass sie mit Begeisterung dabei sind. Die Spieler sollen bei jeder Einheit fokussiert und immer bereit sein, um an ihre Grenzen zu gehen. Dabei darf der Spaß aber nicht in den Hintergrund rücken. Es gibt 57 Nachwuchs-Bundesligateams mit jeweils 25 Spielern. Das sind fast 1500 Talente, die allesamt Profis werden wollen. Auf dem Weg in den bezahlten Fußball ist die Konkurrenz groß, nur die wenigsten schaffen es bis ganz nach oben. Deshalb muss man bei jeder Trainingseinheit alles geben.

DFB.de: Worin liegt für Sie der Reiz, mit jungen Spielern zu arbeiten?

Brand: Die individuelle Weiterentwicklung ist bei jungen Menschen spannend zu beobachten. Die Entwicklungssprünge sind enorm. Innerhalb von zwei Monaten hat man manchmal einen ganz anderen Spieler vor sich, der andere in seiner Entwicklung überholt hat. Es ist immer spannender, mit Menschen zu arbeiten, die noch Ziele haben.

DFB.de: Mit Jean Manuel Mbom, Nick Woltemade, Niclas Füllkrug, Eren Dinkci, Abdenego Nankishi, Niklas Schmidt oder Ilia Gruev stehen etliche ehemalige Bremer Nachwuchsspieler im Profikader. Was muss ein junger Spieler mitbringen, um den Sprung zu schaffen?

Brand: Er muss eine hohe Leidensfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Rückschläge mitbringen. Als 19-Jähriger steht man plötzlich mit ganz erfahrenen Spielern im Kader. Wenn ein junger Spieler im Profibereich angekommen ist, hat er bereits einen harten Weg bestritten. Aber dann geht es erst richtig los. Für den Schweizer Fußballverband war ich bei einer Trainerfortbildung dabei, an der auch Hansi Flick und Arsène Wenger teilgenommen hatten. Auf die Frage, was ein Spieler der Zukunft mitbringen muss, antwortete Wenger: "Er muss alles mitbringen und in jedem Bereich überdurchschnittlich gut sein. Schnelligkeit, Physis, Durchsetzungskraft, Technik und Taktik sind die Attribute, auf die es ankommt."

[mspw]

Christian Brand, U 19-Trainer beim SV Werder Bremen, überwintert mit seinem Team als Tabellenzweiter in der Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga. Der 49-Jährige stand in dieser Spielzeit auch für zwei Spiele bei den Profis in der Verantwortung. Im DFB.de-Interview spricht Brand mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Zusammenarbeit mit dem Team und den harten Weg ins Profigeschäft.

DFB.de: Am 9. Februar startet Ihre Mannschaft mit der Nachholpartie gegen den FC Carl Zeiss Jena in den Saisonendspurt. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Stand der Vorbereitung, Herr Brand?

Christian Brand: Das Jena-Spiel fällt eigentlich noch mitten in die Vorbereitung, weil unsere erste reguläre Meisterschaftspartie erst für den 20. Februar in Leipzig angesetzt ist. Aber wir nehmen es, wie es kommt. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden. Die Mannschaft ist fokussiert und hat nach der Pause wieder richtig Bock auf Fußball.

DFB.de: Worauf werden Sie in den hochkarätigen Testspielen gegen Borussia Dortmund, den FC Ingolstadt 04, den SC Preußen Münster, den dänischen Vertreter Odense BK sowie den Ligakonkurrenten Hertha BSC besonders den Fokus richten?

Brand: In den offensiven und defensiven Teamblöcken müssen wir uns verbessern. Die Verteidigung des eigenen Tores spielt dabei eine wesentliche Rolle, weil wir zuletzt zu viele Chancen zugelassen hatten. Um im Profigeschäft Fuß zu fassen, ist dieser Bereich extrem wichtig. Auch die Abläufe immer Offensivbereich müssen weiter verfeinert werden.

DFB.de: Aktuell liegt Ihr Team mit zwei Nachholspielen in der Hinterhand zehn Punkte hinter dem souveränen Tabellenführer Hertha BSC. Wie bewerten Sie die Lage im Rennen um die Staffelmeisterschaft?

Brand: Unser abschließendes Testspiel am 12. Februar gegen Hertha BSC wird für uns ein guter Gradmesser sein. Wir haben zuletzt gegen die Berliner 2:5 verloren, deshalb ist es für die Jungs eine gute Standortbestimmung. Hertha BSC spielt eine ganz starke Runde, hat bislang kontinuierlich gepunktet. Es wird schwierig, sie von Platz eins zu verdrängen. Wir werden versuchen, unsere Nachholspiele zu gewinnen, und wollen weiter dranbleiben.

DFB.de: Im Schnitt erzielt Ihr Team in jedem Spiel drei Treffer, stellt damit die gefährlichste Angriffsreihe. Was zeichnet die U 19 von Werder Bremen besonders aus?

Brand: Wir haben im abgelaufenen Jahr sieben Spiele in Folge gewonnen, wollen möglichst an diesen fantastischen Lauf anknüpfen, den sich die Jungs hart erarbeitet haben. Wir spielen im vorderen Bereich mit sehr hohem Tempo, versuchen variabel und nicht zu sehr positionsgebunden zu sein. Außerdem verfügt die Mannschaft über einen hervorragenden Teamgeist. Das konnte ich beispielsweise auch feststellen, als ich für eine Woche bei den Profis eingesprungen war und die Jungs viele Dinge untereinander geklärt hatten.

DFB.de: Nach 130 Erst- und Zweitligaeinsätzen haben Sie sich dazu entschieden, die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Warum?

Brand: Nach meiner Profikarriere hatte ich zunächst eine Auszeit vom Fußball genommen und in Luzern als Journalist bei einer Tageszeitung gearbeitet. Aber die meisten, die mit dem Spiel einmal angefangen haben, kommen schwer davon los. So war es auch bei mir. Anschließend habe ich mit der Trainerausbildung begonnen. Als ich beim SC Kriens in der Schweiz meine aktive Karriere habe ausklingen lassen, fehlte im Nachwuchsbereich ein Trainer und man ist auf mich zugekommen. Das hat mir auf Anhieb sehr viel Spaß gemacht.

DFB.de: Sie waren schon Cheftrainer in Regensburg und Rostock, haben jedoch 2018 wieder als U 17-Trainer beim SV Werder angefangen. In dieser Saison halfen Sie nach der Trennung von Markus Anfang kurzzeitig als Interimstrainer bei den Profis aus. Mit welchen Eindrücken sind Sie zur U 19 zurückgekehrt?

Brand: Mir hat die Arbeit als Interimscoach viel Spaß gemacht. Dennoch ist der Druck, positive Ergebnisse abliefern zu müssen, viel höher. Ich habe dort mit gestandenen Spielern zusammengearbeitet, für die die Situation auch nicht einfach war. Wir haben beim SV Werder aber eine hohe Durchlässigkeit nach oben. Deshalb kann ich den Jungs bei der U 19 jetzt vielleicht noch besser vor Augen führen, was nötig ist, um ganz oben im Lizenzbereich anzukommen. Die Spieler hingen mir an den Lippen, wollten genau wissen, was bei den Profis abgeht. Durch diese Erfahrung kommt man bei den Jungs mit einer ganz anderen Strahlkraft und Glaubwürdigkeit rüber. Einen Tag nach der Zweitligapartie mit den Profis bei Holstein Kiel habe ich bei der U 19 im Bus gesessen und wir sind zur Partie beim VfL Osnabrück gefahren. Ich war es den Jungs einfach schuldig, schließlich ist das meine Mannschaft. Beim VfL haben wir durch einen Treffer der Marke Tor des Monats in der Nachspielzeit 3:2 gewonnen.

DFB.de: Streben Sie mittelfristig wieder eine Position im Profigeschäft an oder sehen Sie sich langfristig in der Nachwuchsabteilung?

Brand: Ich fühle mich in meiner jetzigen Rolle pudelwohl, will einfach einen guten Job machen. Alles andere wird sich fügen. Ohnehin ist vieles im Fußball nicht planbar. Profifußball ist schon eine geile Sache, aber Jugendfußball eben auch.

DFB.de: Die Profis haben sich nach Startschwierigkeiten mittlerweile in der Spitzengruppe festgesetzt. Wie wichtig wäre ein direkter Wiederaufstieg auch für die Nachwuchsabteilung?

Brand: Die Profimannschaft ist das Flaggschiff eines Vereins. Außerdem garantiert die Zugehörigkeit zum Oberhaus wirtschaftliche Stabilität, die auch der Nachwuchsabteilung - beispielsweise im Hinblick auf Transfers - ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Der Wiederaufstieg wäre eine tolle Sache, für die wir alle die Daumen drücken. Aber in der 2. Bundesliga muss man dicke Bretter bohren.

DFB.de: Darauf bereiten Sie Ihre Spieler vor. Worauf legen Sie im Training am meisten Wert?

Brand: Ich versuche, den Jungs Freude und Spaß zu vermitteln. Ich möchte, dass sie mit Begeisterung dabei sind. Die Spieler sollen bei jeder Einheit fokussiert und immer bereit sein, um an ihre Grenzen zu gehen. Dabei darf der Spaß aber nicht in den Hintergrund rücken. Es gibt 57 Nachwuchs-Bundesligateams mit jeweils 25 Spielern. Das sind fast 1500 Talente, die allesamt Profis werden wollen. Auf dem Weg in den bezahlten Fußball ist die Konkurrenz groß, nur die wenigsten schaffen es bis ganz nach oben. Deshalb muss man bei jeder Trainingseinheit alles geben.

DFB.de: Worin liegt für Sie der Reiz, mit jungen Spielern zu arbeiten?

Brand: Die individuelle Weiterentwicklung ist bei jungen Menschen spannend zu beobachten. Die Entwicklungssprünge sind enorm. Innerhalb von zwei Monaten hat man manchmal einen ganz anderen Spieler vor sich, der andere in seiner Entwicklung überholt hat. Es ist immer spannender, mit Menschen zu arbeiten, die noch Ziele haben.

DFB.de: Mit Jean Manuel Mbom, Nick Woltemade, Niclas Füllkrug, Eren Dinkci, Abdenego Nankishi, Niklas Schmidt oder Ilia Gruev stehen etliche ehemalige Bremer Nachwuchsspieler im Profikader. Was muss ein junger Spieler mitbringen, um den Sprung zu schaffen?

Brand: Er muss eine hohe Leidensfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Rückschläge mitbringen. Als 19-Jähriger steht man plötzlich mit ganz erfahrenen Spielern im Kader. Wenn ein junger Spieler im Profibereich angekommen ist, hat er bereits einen harten Weg bestritten. Aber dann geht es erst richtig los. Für den Schweizer Fußballverband war ich bei einer Trainerfortbildung dabei, an der auch Hansi Flick und Arsène Wenger teilgenommen hatten. Auf die Frage, was ein Spieler der Zukunft mitbringen muss, antwortete Wenger: "Er muss alles mitbringen und in jedem Bereich überdurchschnittlich gut sein. Schnelligkeit, Physis, Durchsetzungskraft, Technik und Taktik sind die Attribute, auf die es ankommt."

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