Cacau: "Für beide Klubs eine Riesenchance"

Wenn der 1. FC Nürnberg heute (ab 18 Uhr, live bei Sky) im DFB-Pokalviertelfinale auf den VfB Stuttgart trifft, kommen sofort Erinnerungen an das Finale der beiden Vereine im Jahr 2007 hoch. Damals avancierte Cacau, der im Trikot des VfB auf seinen Ex-Verein Nürnberg traf, zum tragischen Helden. Erst glänzte er als Torschütze, dann flog er vom Platz. Im DFB.de-Interview erinnert sich der ehemalige deutsche Nationalspieler und WM-Teilnehmer an ein verrücktes Spiel.

DFB.de: Cacau, wieder einmal treffen der 1. FC Nürnberg und der VfB Stuttgart im DFB-Pokal aufeinander. Bevor wir uns dem legendären Finale von 2007 widmen, in dem Sie eine wichtige Rolle gespielt haben, schauen wir auf das Viertelfinale der beiden Klubs. Wie schätzen Sie die Chancen des VfB Stuttgart ein?

Cacau: Ich bin zuversichtlich, obwohl die aktuelle Situation beim VfB nicht so gut ist. Es wird sicher nicht einfach in Nürnberg, aber das klare Ziel lautet, das Halbfinale zu erreichen.

DFB.de: Verfolgen Sie den Weg des Clubs in der 2. Bundesliga?

Cacau: Ich verfolge den Club nicht so intensiv wie den VfB. Aber ich schaue auf die Ergebnisse der Nürnberger und manchmal auch die Spiele.  

DFB.de: Stört das Pokalspiel in Nürnberg im Abstiegskampf, oder ist es eine willkommene Abwechslung?

Cacau: Der Pokal ist eine Gelegenheit, eine Auszeit von der aktuellen Situation in der Bundesliga zu nehmen. Die Spieler werden alles reinwerfen, um das Spiel zu gewinnen. Es ist für beide Klubs eine Riesenchance. Bei Nürnberg sieht es in der 2. Liga ein bisschen besser aus, dem VfB steht noch ein großer Kampf in der Bundesliga bevor. Ich sehe das Pokalspiel eher als eine willkommene Abwechslung und die Chance, sich ein Erfolgserlebnis zu holen und Selbstvertrauen zu tanken.

DFB.de: 2007 begegneten sich beide Vereine unter ganz anderen Vorzeichen im Berliner Olympiastadion. Nürnberg hatte die Saison als Sechster beendet, Stuttgart sich eine Woche vorher zum Meister gekürt. Dementsprechend dürfte der VfB voller Euphorie zum Endspiel gefahren sein. Wie war's damals?

Cacau: Es war in der Tat eine schöne Woche und eine besondere Zeit. Wir hatten für viele unerwartet die Deutsche Meisterschaft gewonnen und wurden von mehr als 200.000 Menschen in Stuttgart gefeiert. Dementsprechend war auch meine und unsere Gefühlslage. Wir waren selbstbewusst und voller Freude. Trotzdem galt ab Mittwoch unsere volle Konzentration dem Endspiel. Für mich persönlich war es ein ganz besonderes Spiel, weil ich gegen meinen Ex-Club gespielt habe und als Meister voller Engagement und in Form war. Eigentlich waren die Vorzeichen blendend.

DFB.de: Die Favoritenrolle war nicht so eindeutig geklärt, immerhin hatte der Club den VfB in beiden Meisterschaftsspielen mit 3:0 in Stuttgart und 4:1 zuhause klar geschlagen.

Cacau: Haben Sie auch recherchiert, wer das Tor in Nürnberg geschossen hat? (lacht)

DFB.de: Ja, das war ein gewisser Cacau zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Das Finale fing dann für den VfB und Sie persönlich gut an, Sie erzielten das 1:0.

Cacau: Es ist sehr nett, dass Sie das wissen. Wenn ich über das Pokalfinale spreche, erinnern sich die meisten Zuhörer daran, dass ich in dem Spiel eine Rote Karte bekommen habe. Dann fiel der Ausgleich, und kurz darauf kam es zu einem Sprintduell zwischen mir und Andreas Wolf, bei dem ich nur seine Hand wegstoßen wollte. Leider habe ich ihn aber am Bauch getroffen. Der Linienrichter hat es gesehen, und ich bekam die Rote Karte. Sie war berechtigt.

DFB.de: Wie sind Sie damit umgegangen?

Cacau: Für mich war das eine wichtige Lehre, die ich auch immer versuche, in meinen Vorträgen weiterzugeben. Was mir in einer Woche passiert ist, passiert vielen Menschen nicht innerhalb eines ganzen Lebens. Erst wurde ich von 200.000 Menschen gefeiert und nach meinem Platzverweis und der folgenden Finalniederlage des VfB von vielen Menschen beschimpft. Das war eine gute und wichtige Erfahrung für mich. Zum Glück hatte ich meine Familie und meinen Glauben, die mich nach dem Titel geerdet hat. "Du bist durch die Meisterschaft kein besserer Mensch, aber nach der Roten Karte auch nicht schlecht", haben sie mir gesagt. Diese Erkenntnis war und ist für mich wichtig. Für viele Menschen ist es eine Herausforderung, mit diesen Aufs und Abs im Leben zurechtzukommen.

DFB.de: Sie haben den Ausgang mit der 2:3-Finalniederlage nach Verlängerung jetzt vorweg genommen. Wie ging es Ihnen direkt nach dem Spiel?

Cacau: Ich war fix und fertig. Unser Trainer Armin Veh hat gesagt, dass solche Sachen halt passieren. Wir haben dann durch einen Sonntagsschuss (von Jan Kristiansen; Anm. d. Red.) verloren. Vielleicht hätten wir den Pokal in einem Elfmeterschießen holen können. Von der Mannschaft gab es keine Vorwürfe.

DFB.de: Welches Verhältnis haben Sie heute zum 1. FC Nürnberg?

Cacau: Ich habe zum Club noch einen Draht, zum Beispiel zu Dieter Nüssing, der damals die zweite Mannschaft trainiert und mit Albert Üblacker die Jugend des 1.FCN organisiert hat. Für mich ist die Zeit in Nürnberg, in der ich Profi geworden bin, nach wie vor eine besondere Zeit.

DFB.de: 2013 haben Sie ein zweites Pokalfinale gespielt. Wieder ein 2:3, diesmal gegen den FC Bayern. Aber diesmal waren die Vorzeichen ganz anders.

Cacau: Es war mein erster Einsatz nach einer langen Verletzung, die erst nach sieben Monaten auskuriert war. Ich wurde rechtzeitig fit und durfte das Finale spielen. Ich wurde nach rund 70 Minuten  beim Stand von 0:3 eingewechselt. Wir haben dann noch zwei Tore gemacht und waren nah daran, das Spiel ganz zu drehen. Leider hat es am Ende nicht ganz gereicht.

DFB.de: Wie blicken Sie insgesamt auf Ihre sportliche Karriere zurück?

Cacau: Hier und da wäre vielleicht noch mehr drin gewesen, aber das denkt ja jeder Sportler. Insgesamt blicke ich mit Stolz zurück, wenn ich schaue, woher ich gekommen bin. Ich habe kein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen. Ich verbrachte meine Jugend in Brasilien, wurde mit 16 Jahren aussortiert. Dann kam ich nach Deutschland und spielte bei Türkgücü München 5. Liga. Danach habe ich in Nürnberg den Sprung zu den Profis geschafft. Was ich letztlich am Ende erreicht habe, damit bin ich sehr zufrieden.

DFB.de: Nach der aktiven Karriere sind Sie dem Fußball in verschiedenen Ämtern treu geblieben, u.a. anderem als Integrationsbeauftragter des DFB. Aktuell sind Sie Markenbotschafter beim VfB. Was gehört zu Ihren Aufgaben?

Cacau: Ich repräsentiere den VfB bei Veranstaltungen, bei Sponsorenterminen und bei anderen Gelegenheiten. Und wir erarbeiten gerade ein so genanntes Legendenkonzept. Ein Ziel ist, die ehemaligen Spielerlegenden des VfB wieder näher an den Verein zu binden. Sie sollen eingebunden werden und dadurch die Marke VfB Stuttgart stärken.  

DFB.de: Außerdem sind Sie auch noch für die EM 2024 einer von drei Botschaftern Stuttgarts. Sie können sich vor Aufgaben kaum retten.

Cacau: Das mache ich auch sehr gerne. Ich stelle durch meine Person eine Verbindung zu Stuttgart her. Ich repräsentiere die Stadt und bin bei verschiedenen Events dabei. Das passt zu mir, Stuttgart ist seit vielen Jahren meine Heimat geworden. Und für die deutsche Nationalmannschaft habe ich auch gekickt (bei 23 Länderspielen gelangen ihm sechs Tore, d. Red.). So schließt sich für mich ein weiterer Kreis, auch wenn ich selbst keine EM gespielt habe.

DFB.de: Abschließende Frage: Schauen Sie sich das Spiel in Nürnberg an?

Cacau: Wahrscheinlich werde ich nach Nürnberg fahren und mir das Spiel ansehen. Aber es ist noch nicht ganz sicher. Ich hoffe auf einen Sieg des VfB und  auf den Klassenerhalt.

[tg]

Wenn der 1. FC Nürnberg heute (ab 18 Uhr, live bei Sky) im DFB-Pokalviertelfinale auf den VfB Stuttgart trifft, kommen sofort Erinnerungen an das Finale der beiden Vereine im Jahr 2007 hoch. Damals avancierte Cacau, der im Trikot des VfB auf seinen Ex-Verein Nürnberg traf, zum tragischen Helden. Erst glänzte er als Torschütze, dann flog er vom Platz. Im DFB.de-Interview erinnert sich der ehemalige deutsche Nationalspieler und WM-Teilnehmer an ein verrücktes Spiel.

DFB.de: Cacau, wieder einmal treffen der 1. FC Nürnberg und der VfB Stuttgart im DFB-Pokal aufeinander. Bevor wir uns dem legendären Finale von 2007 widmen, in dem Sie eine wichtige Rolle gespielt haben, schauen wir auf das Viertelfinale der beiden Klubs. Wie schätzen Sie die Chancen des VfB Stuttgart ein?

Cacau: Ich bin zuversichtlich, obwohl die aktuelle Situation beim VfB nicht so gut ist. Es wird sicher nicht einfach in Nürnberg, aber das klare Ziel lautet, das Halbfinale zu erreichen.

DFB.de: Verfolgen Sie den Weg des Clubs in der 2. Bundesliga?

Cacau: Ich verfolge den Club nicht so intensiv wie den VfB. Aber ich schaue auf die Ergebnisse der Nürnberger und manchmal auch die Spiele.  

DFB.de: Stört das Pokalspiel in Nürnberg im Abstiegskampf, oder ist es eine willkommene Abwechslung?

Cacau: Der Pokal ist eine Gelegenheit, eine Auszeit von der aktuellen Situation in der Bundesliga zu nehmen. Die Spieler werden alles reinwerfen, um das Spiel zu gewinnen. Es ist für beide Klubs eine Riesenchance. Bei Nürnberg sieht es in der 2. Liga ein bisschen besser aus, dem VfB steht noch ein großer Kampf in der Bundesliga bevor. Ich sehe das Pokalspiel eher als eine willkommene Abwechslung und die Chance, sich ein Erfolgserlebnis zu holen und Selbstvertrauen zu tanken.

DFB.de: 2007 begegneten sich beide Vereine unter ganz anderen Vorzeichen im Berliner Olympiastadion. Nürnberg hatte die Saison als Sechster beendet, Stuttgart sich eine Woche vorher zum Meister gekürt. Dementsprechend dürfte der VfB voller Euphorie zum Endspiel gefahren sein. Wie war's damals?

Cacau: Es war in der Tat eine schöne Woche und eine besondere Zeit. Wir hatten für viele unerwartet die Deutsche Meisterschaft gewonnen und wurden von mehr als 200.000 Menschen in Stuttgart gefeiert. Dementsprechend war auch meine und unsere Gefühlslage. Wir waren selbstbewusst und voller Freude. Trotzdem galt ab Mittwoch unsere volle Konzentration dem Endspiel. Für mich persönlich war es ein ganz besonderes Spiel, weil ich gegen meinen Ex-Club gespielt habe und als Meister voller Engagement und in Form war. Eigentlich waren die Vorzeichen blendend.

DFB.de: Die Favoritenrolle war nicht so eindeutig geklärt, immerhin hatte der Club den VfB in beiden Meisterschaftsspielen mit 3:0 in Stuttgart und 4:1 zuhause klar geschlagen.

Cacau: Haben Sie auch recherchiert, wer das Tor in Nürnberg geschossen hat? (lacht)

DFB.de: Ja, das war ein gewisser Cacau zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Das Finale fing dann für den VfB und Sie persönlich gut an, Sie erzielten das 1:0.

Cacau: Es ist sehr nett, dass Sie das wissen. Wenn ich über das Pokalfinale spreche, erinnern sich die meisten Zuhörer daran, dass ich in dem Spiel eine Rote Karte bekommen habe. Dann fiel der Ausgleich, und kurz darauf kam es zu einem Sprintduell zwischen mir und Andreas Wolf, bei dem ich nur seine Hand wegstoßen wollte. Leider habe ich ihn aber am Bauch getroffen. Der Linienrichter hat es gesehen, und ich bekam die Rote Karte. Sie war berechtigt.

DFB.de: Wie sind Sie damit umgegangen?

Cacau: Für mich war das eine wichtige Lehre, die ich auch immer versuche, in meinen Vorträgen weiterzugeben. Was mir in einer Woche passiert ist, passiert vielen Menschen nicht innerhalb eines ganzen Lebens. Erst wurde ich von 200.000 Menschen gefeiert und nach meinem Platzverweis und der folgenden Finalniederlage des VfB von vielen Menschen beschimpft. Das war eine gute und wichtige Erfahrung für mich. Zum Glück hatte ich meine Familie und meinen Glauben, die mich nach dem Titel geerdet hat. "Du bist durch die Meisterschaft kein besserer Mensch, aber nach der Roten Karte auch nicht schlecht", haben sie mir gesagt. Diese Erkenntnis war und ist für mich wichtig. Für viele Menschen ist es eine Herausforderung, mit diesen Aufs und Abs im Leben zurechtzukommen.

DFB.de: Sie haben den Ausgang mit der 2:3-Finalniederlage nach Verlängerung jetzt vorweg genommen. Wie ging es Ihnen direkt nach dem Spiel?

Cacau: Ich war fix und fertig. Unser Trainer Armin Veh hat gesagt, dass solche Sachen halt passieren. Wir haben dann durch einen Sonntagsschuss (von Jan Kristiansen; Anm. d. Red.) verloren. Vielleicht hätten wir den Pokal in einem Elfmeterschießen holen können. Von der Mannschaft gab es keine Vorwürfe.

DFB.de: Welches Verhältnis haben Sie heute zum 1. FC Nürnberg?

Cacau: Ich habe zum Club noch einen Draht, zum Beispiel zu Dieter Nüssing, der damals die zweite Mannschaft trainiert und mit Albert Üblacker die Jugend des 1.FCN organisiert hat. Für mich ist die Zeit in Nürnberg, in der ich Profi geworden bin, nach wie vor eine besondere Zeit.

DFB.de: 2013 haben Sie ein zweites Pokalfinale gespielt. Wieder ein 2:3, diesmal gegen den FC Bayern. Aber diesmal waren die Vorzeichen ganz anders.

Cacau: Es war mein erster Einsatz nach einer langen Verletzung, die erst nach sieben Monaten auskuriert war. Ich wurde rechtzeitig fit und durfte das Finale spielen. Ich wurde nach rund 70 Minuten  beim Stand von 0:3 eingewechselt. Wir haben dann noch zwei Tore gemacht und waren nah daran, das Spiel ganz zu drehen. Leider hat es am Ende nicht ganz gereicht.

DFB.de: Wie blicken Sie insgesamt auf Ihre sportliche Karriere zurück?

Cacau: Hier und da wäre vielleicht noch mehr drin gewesen, aber das denkt ja jeder Sportler. Insgesamt blicke ich mit Stolz zurück, wenn ich schaue, woher ich gekommen bin. Ich habe kein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen. Ich verbrachte meine Jugend in Brasilien, wurde mit 16 Jahren aussortiert. Dann kam ich nach Deutschland und spielte bei Türkgücü München 5. Liga. Danach habe ich in Nürnberg den Sprung zu den Profis geschafft. Was ich letztlich am Ende erreicht habe, damit bin ich sehr zufrieden.

DFB.de: Nach der aktiven Karriere sind Sie dem Fußball in verschiedenen Ämtern treu geblieben, u.a. anderem als Integrationsbeauftragter des DFB. Aktuell sind Sie Markenbotschafter beim VfB. Was gehört zu Ihren Aufgaben?

Cacau: Ich repräsentiere den VfB bei Veranstaltungen, bei Sponsorenterminen und bei anderen Gelegenheiten. Und wir erarbeiten gerade ein so genanntes Legendenkonzept. Ein Ziel ist, die ehemaligen Spielerlegenden des VfB wieder näher an den Verein zu binden. Sie sollen eingebunden werden und dadurch die Marke VfB Stuttgart stärken.  

DFB.de: Außerdem sind Sie auch noch für die EM 2024 einer von drei Botschaftern Stuttgarts. Sie können sich vor Aufgaben kaum retten.

Cacau: Das mache ich auch sehr gerne. Ich stelle durch meine Person eine Verbindung zu Stuttgart her. Ich repräsentiere die Stadt und bin bei verschiedenen Events dabei. Das passt zu mir, Stuttgart ist seit vielen Jahren meine Heimat geworden. Und für die deutsche Nationalmannschaft habe ich auch gekickt (bei 23 Länderspielen gelangen ihm sechs Tore, d. Red.). So schließt sich für mich ein weiterer Kreis, auch wenn ich selbst keine EM gespielt habe.

DFB.de: Abschließende Frage: Schauen Sie sich das Spiel in Nürnberg an?

Cacau: Wahrscheinlich werde ich nach Nürnberg fahren und mir das Spiel ansehen. Aber es ist noch nicht ganz sicher. Ich hoffe auf einen Sieg des VfB und  auf den Klassenerhalt.

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