Brodersen: "Ich komme nach Hause, obwohl ich noch nie hier war"

Im Anschluss an die Olympischen Spiele bleibt Svend Brodersen in Japan. Der 24-Jährige schloss sich Anfang Juli dem Yokohama FC an und trifft in der kommenden Saison auf Spieler wie Andres Iniesta oder Thomas Vermaelen. Die erste Trainingseinheit in seinem neuen Heimatstadion hat der Schlussmann mit dem Olympiateam absolviert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Karl Evers spricht er über seine neue Heimat, den ungewöhnlichen Karriereschritt und über den Auftakt am Donnerstag gegen Brasilien (ab 13.30 Uhr, live in der ARD und bei Eurosport).

DFB.de: Herr Brodersen, Sie sind seit Sonntagabend hier. Wie fühlt es sich in Ihrer neuen Heimat an?

Svend Brodersen: Es ist ein komisches Gefühl, weil ich nach Hause komme, obwohl ich hier noch nie war. Ich habe nach den Olympischen Spielen hoffentlich die Chance, mir die Stadt intensiver und genauer anzuschauen. Ich hätte mir die Lage am Meer und die Umgebung nicht schöner vorstellen können, sie übertrifft sogar meine Erwartungen.  

DFB.de: Sie haben nun erstmals in Ihrem künftigen Stadion trainiert. Wie besonders war diese Erfahrung für Sie?

Brodersen: Ich gehöre quasi noch nicht zur Mannschaft, habe bisher noch nicht mit ihr trainiert, war aber nun schon im Stadion. Das ist eine sehr spezielle Situation. Aber so habe ich den Strafraum schon einmal kennengelernt. Dann starte ich nicht von 0 auf 100, sondern von 50 auf 100, wenn ich das erste Mal in dem Stadion spiele. (lacht)

DFB.de: Der Wechsel von einem jungen deutschen Profi aus der 2. Liga nach Japan ist ungewöhnlich. Weshalb haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?

Brodersen: Wer mich kennt, weiß, dass ich ein unkonventioneller Typ bin. Ich wollte in der höchstmöglichen 1. Liga im Tor stehen. Das war nicht einfach zu realisieren, insbesondere in Europa. Im Vergleich zu anderen Torhütern in meinem Alter habe ich weniger Spielpraxis vorzuweisen. Ich fand die japanische Kultur und die japanische Mentalität schon immer spannend. Da ich in meiner Kindheit viele Animes geschaut habe und Karten wie Pokemon oder Yu-Gi-Oh gesammelt habe, hatte ich schon früh Berührungspunkte mit dem Land. Als dann die Anfrage aus Yokohama kam, musste ich nicht lange überlegen. Die Lage am Meer und die Bemühungen, die der Verein gezeigt hat, waren ausschlaggebend.

DFB.de: Welche Informationen und Eindrücke haben Sie über den japanischen Fußball gesammelt?

Brodersen: Ich habe mit meinem alten Teamkollegen Ryo Miyaichi gesprochen. Der Fußball in Japan ist von der Technik und weniger vom körperlichen Einsatz geprägt. Solche Fußballer kommen in Europa weniger zur Geltung, weil dort schneller dazwischengehauen wird. Dass das Niveau hoch ist, zeigen die Wechsel von Andres Iniesta und Thomas Vermaelen, die als europäische Superstars nun bei Vissel Kobe spielen. Ich bin gespannt, wie ich mit diesem anderen Fußballstil zurechtkomme.  

DFB.de: Welche Rolle hat Ihr Torwarttrainer Klaus Thomforde bei Ihrem Wechsel nach Japan gespielt?

Brodersen: Klaus war bei St. Pauli in der U 16 und U 17 mein Torwarttrainer, danach bei der U 21. Er stand mir immer mit Rat zur Seite und hat auch zu denjenigen gehört, die mich bei meinem Schritt nach Japan bestärkt haben. Er hat viele Karrieren miterlebt und mir zu mehr Spielpraxis geraten. Viele Torhüter sind den Weg über die 3. Liga gegangen. Es ist jedoch schwierig, aus der Liga herauszukommen und sich als Stammtorwart bei einem Verein in der 2. Liga oder in der Bundesliga zu etablieren. Gerade, wenn man nicht mehr der Allerjüngste ist, so wie ich. Deshalb habe ich diesen Weg gewählt.

DFB.de: Das "Team D Fußball" ist seit einer Woche zusammen. Wie nehmen Sie die Stimmung in der Mannschaft wahr?

Brodersen: Wir sind eine heterogene Truppe. Nach dem Essen spielen wir immer aus, wer das Geschirr wegräumen muss. Das zeigt, dass schon in wenigen Tagen eine Gemeinschaft entstanden ist. Die Mannschaft besteht größtenteils aus den zwei Jahrgängen der letzten beiden U 21, die bei den Europameisterschaften mit dabei waren. Deshalb hat sich das Team schnell gefunden. In einem Turnier, bei dem die Spieler nur in einem kurzen Zeitraum zusammen sind, spielt der Teamgeist eine große Rolle. Es ist bemerkenswert, wie es Stefan Kuntz immer wieder schafft, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.

DFB.de: Wie waren Ihre Eindrücke vom Olympischen Dorf? Kommt jetzt dieser Olympische Spirit auf, den auch Stefan Kuntz beschrieben hat?

Brodersen: Der Besuch ins Olympische Dorf kam unerwartet. Er wird uns noch einmal einen Motivationsschub geben. Ich habe bei den anderen Jungs gesehen, dass es das Feuer entfacht hat. Bisher hatte ich mich noch nicht so richtig als Olympia-Teilnehmer gefühlt, weil wir von den anderen abgeschottet waren. Als ich dann durch das Dorf gelaufen bin, kam mir gefühlt die gesamte Welt entgegen. Das war der Hammer! Wir wollen unbedingt das Viertelfinale als Gruppensieger erreichen, um dieses Gefühl noch einmal zu erleben.

DFB.de: Haben Sie beim Besuch im Olympischen Dorf Sportler*innen aus anderen Nationen getroffen?

Brodersen: Ich habe niemanden getroffen, den ich kenne. Man hat sich aber untereinander gegrüßt. Alle waren offen und freundlich. Als wir deutsche Sportler*innen gesehen haben, kam dieses Gefühl auf, dass wir ein Team sind. Das hatte ich vorher so noch nie erlebt.

DFB.de: Morgen startet das Team zum Olympia-Auftakt gegen Brasilien. Was erwarten Sie von dem Spiel?

Brodersen: Das ist ein Highlight, mehr geht ja gar nicht...Wenn wir es schaffen, stabil zu stehen und im Abwehrverbund die Ordnung halten, können wir Brasilien vor Probleme stellen und auf Augenhöhe agieren. Man weiß auch, dass die Brasilianer es nicht mögen, wenn ihnen stets jemand auf den Füßen steht. Und dass wir guten Fußball spielen können, haben wir in der Vergangenheit schon oft gezeigt.

[mam]

Im Anschluss an die Olympischen Spiele bleibt Svend Brodersen in Japan. Der 24-Jährige schloss sich Anfang Juli dem Yokohama FC an und trifft in der kommenden Saison auf Spieler wie Andres Iniesta oder Thomas Vermaelen. Die erste Trainingseinheit in seinem neuen Heimatstadion hat der Schlussmann mit dem Olympiateam absolviert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Karl Evers spricht er über seine neue Heimat, den ungewöhnlichen Karriereschritt und über den Auftakt am Donnerstag gegen Brasilien (ab 13.30 Uhr, live in der ARD und bei Eurosport).

DFB.de: Herr Brodersen, Sie sind seit Sonntagabend hier. Wie fühlt es sich in Ihrer neuen Heimat an?

Svend Brodersen: Es ist ein komisches Gefühl, weil ich nach Hause komme, obwohl ich hier noch nie war. Ich habe nach den Olympischen Spielen hoffentlich die Chance, mir die Stadt intensiver und genauer anzuschauen. Ich hätte mir die Lage am Meer und die Umgebung nicht schöner vorstellen können, sie übertrifft sogar meine Erwartungen.  

DFB.de: Sie haben nun erstmals in Ihrem künftigen Stadion trainiert. Wie besonders war diese Erfahrung für Sie?

Brodersen: Ich gehöre quasi noch nicht zur Mannschaft, habe bisher noch nicht mit ihr trainiert, war aber nun schon im Stadion. Das ist eine sehr spezielle Situation. Aber so habe ich den Strafraum schon einmal kennengelernt. Dann starte ich nicht von 0 auf 100, sondern von 50 auf 100, wenn ich das erste Mal in dem Stadion spiele. (lacht)

DFB.de: Der Wechsel von einem jungen deutschen Profi aus der 2. Liga nach Japan ist ungewöhnlich. Weshalb haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?

Brodersen: Wer mich kennt, weiß, dass ich ein unkonventioneller Typ bin. Ich wollte in der höchstmöglichen 1. Liga im Tor stehen. Das war nicht einfach zu realisieren, insbesondere in Europa. Im Vergleich zu anderen Torhütern in meinem Alter habe ich weniger Spielpraxis vorzuweisen. Ich fand die japanische Kultur und die japanische Mentalität schon immer spannend. Da ich in meiner Kindheit viele Animes geschaut habe und Karten wie Pokemon oder Yu-Gi-Oh gesammelt habe, hatte ich schon früh Berührungspunkte mit dem Land. Als dann die Anfrage aus Yokohama kam, musste ich nicht lange überlegen. Die Lage am Meer und die Bemühungen, die der Verein gezeigt hat, waren ausschlaggebend.

DFB.de: Welche Informationen und Eindrücke haben Sie über den japanischen Fußball gesammelt?

Brodersen: Ich habe mit meinem alten Teamkollegen Ryo Miyaichi gesprochen. Der Fußball in Japan ist von der Technik und weniger vom körperlichen Einsatz geprägt. Solche Fußballer kommen in Europa weniger zur Geltung, weil dort schneller dazwischengehauen wird. Dass das Niveau hoch ist, zeigen die Wechsel von Andres Iniesta und Thomas Vermaelen, die als europäische Superstars nun bei Vissel Kobe spielen. Ich bin gespannt, wie ich mit diesem anderen Fußballstil zurechtkomme.  

DFB.de: Welche Rolle hat Ihr Torwarttrainer Klaus Thomforde bei Ihrem Wechsel nach Japan gespielt?

Brodersen: Klaus war bei St. Pauli in der U 16 und U 17 mein Torwarttrainer, danach bei der U 21. Er stand mir immer mit Rat zur Seite und hat auch zu denjenigen gehört, die mich bei meinem Schritt nach Japan bestärkt haben. Er hat viele Karrieren miterlebt und mir zu mehr Spielpraxis geraten. Viele Torhüter sind den Weg über die 3. Liga gegangen. Es ist jedoch schwierig, aus der Liga herauszukommen und sich als Stammtorwart bei einem Verein in der 2. Liga oder in der Bundesliga zu etablieren. Gerade, wenn man nicht mehr der Allerjüngste ist, so wie ich. Deshalb habe ich diesen Weg gewählt.

DFB.de: Das "Team D Fußball" ist seit einer Woche zusammen. Wie nehmen Sie die Stimmung in der Mannschaft wahr?

Brodersen: Wir sind eine heterogene Truppe. Nach dem Essen spielen wir immer aus, wer das Geschirr wegräumen muss. Das zeigt, dass schon in wenigen Tagen eine Gemeinschaft entstanden ist. Die Mannschaft besteht größtenteils aus den zwei Jahrgängen der letzten beiden U 21, die bei den Europameisterschaften mit dabei waren. Deshalb hat sich das Team schnell gefunden. In einem Turnier, bei dem die Spieler nur in einem kurzen Zeitraum zusammen sind, spielt der Teamgeist eine große Rolle. Es ist bemerkenswert, wie es Stefan Kuntz immer wieder schafft, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.

DFB.de: Wie waren Ihre Eindrücke vom Olympischen Dorf? Kommt jetzt dieser Olympische Spirit auf, den auch Stefan Kuntz beschrieben hat?

Brodersen: Der Besuch ins Olympische Dorf kam unerwartet. Er wird uns noch einmal einen Motivationsschub geben. Ich habe bei den anderen Jungs gesehen, dass es das Feuer entfacht hat. Bisher hatte ich mich noch nicht so richtig als Olympia-Teilnehmer gefühlt, weil wir von den anderen abgeschottet waren. Als ich dann durch das Dorf gelaufen bin, kam mir gefühlt die gesamte Welt entgegen. Das war der Hammer! Wir wollen unbedingt das Viertelfinale als Gruppensieger erreichen, um dieses Gefühl noch einmal zu erleben.

DFB.de: Haben Sie beim Besuch im Olympischen Dorf Sportler*innen aus anderen Nationen getroffen?

Brodersen: Ich habe niemanden getroffen, den ich kenne. Man hat sich aber untereinander gegrüßt. Alle waren offen und freundlich. Als wir deutsche Sportler*innen gesehen haben, kam dieses Gefühl auf, dass wir ein Team sind. Das hatte ich vorher so noch nie erlebt.

DFB.de: Morgen startet das Team zum Olympia-Auftakt gegen Brasilien. Was erwarten Sie von dem Spiel?

Brodersen: Das ist ein Highlight, mehr geht ja gar nicht...Wenn wir es schaffen, stabil zu stehen und im Abwehrverbund die Ordnung halten, können wir Brasilien vor Probleme stellen und auf Augenhöhe agieren. Man weiß auch, dass die Brasilianer es nicht mögen, wenn ihnen stets jemand auf den Füßen steht. Und dass wir guten Fußball spielen können, haben wir in der Vergangenheit schon oft gezeigt.

###more###