Bollwerk im Erzgebirge: Aue mit bester Defensive der Ligageschichte

Emotionen, Begeisterung, Spannung, Spaß, Qualität, Drama, Tradition - all das ist Fußball. Und: All das ist die 3. Liga. Die höchste Spielklasse des DFB geht in ihre zehnte Saison. In seiner Jubiläumsserie erzählt DFB.de die "Geschichten aus zehn Jahren 3. Liga". Heute: FC Erzgebirge Aue mit den wenigsten Gegentoren in einer Saison.

Eine Fußballerweisheit sagt: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Zum Titel hat es für den FC Erzgebirge Aue in der Drittligasaison 2015/2016 hinter Dynamo Dresden (78 Punkte) zwar nicht gereicht. Mit 70 Zählern und nur 21 Gegentoren belegten die Erzgebirgler aber den zweiten Tabellenplatz und machten damit den direkten Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga perfekt. Dort sind die Veilchen nach wie vor am Ball.

Keine andere Mannschaft kassierte in der Historie der 3. Liga jemals weniger Gegentreffer. Den bis dahin besten Werte hatte der aktuelle Zweitligist Eintracht Braunschweig, der in der Spielzeit 2010/2011 nur 22 Tore kassierte und gleichzeitig mit 85 Punkten mehr Zähler als jeder andere Drittligist innerhalb einer Saison holte.

Torhüter-Treffer reichte nicht zur Relegation

Dabei konnte der FC Erzgebirge Aue in der Spielzeit 2015/2016 - im Gegensatz zu den Braunschweigern einige Jahre zuvor - nicht auf eine eingespielte Mannschaft und auf über Jahre entwickelte Mechanismen zurückgreifen. In der Saison zuvor waren die Sachsen erst am letzten Spieltag aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Der Treffer zum 2:2-Endstand gegen den 1. FC Heidenheim durch Torhüter (!) Martin Männel reichte wegen der schlechteren Tordifferenz gegenüber dem TSV 1860 München nicht zur Teilnahme an der Relegation.

"Der Abstieg war gleich aus mehreren Gründen tragisch", so Martin Männel zu DFB.de. "Zum einen war es schade für die Fans, die den weiten Weg nach Heidenheim auf sich genommen hatten, um uns bestmöglich zu unterstützen. Zum anderen war es enttäuschend, weil ich bis heute davon überzeugt bin, dass wir einen unserer stärksten Zweitligakader überhaupt beisammen hatten. Die schwache Hinrunde mit nur 14 Punkten war am Ende ausschlaggebend für den Abstieg."

Dotchev: "Ich war ein Trainer ohne Mannschaft"

Wie es bei Zweitligaabsteigern oft der Fall ist, gab es auch in Aue einen großen personellen Umbruch. Insgesamt 29 Spieler verließen den Verein, 23 Akteure kamen neu ins Erzgebirge. Als die Verpflichtung von Pavel Dotchev als Trainer bekanntgegeben wurde, stand noch kein einziger Spieler unter Vertrag. "Ich war in der Tat ein Trainer ohne Mannschaft", so Dotchev, der heute den Drittligisten FC Hansa Rostock trainiert. "Erst wenige Stunden nach meiner Verpflichtung hat dann mit Martin Männel unser Torhüter als erster Spieler seinen Vertrag verlängert. Später folgten aus dem alten Zweitligakader noch Sebastian Hertner und Mike Könnecke. Das waren schon mal wichtige Bausteine."

Der Fußball-Lehrer weiter: "Wir haben dann viele Spieler aus unteren Ligen verpflichtet, was zweifellos auch ein gewisses Risiko war. Manche Spieler wie Max Wegner, Simon Handle oder im Winter Cebio Soukou konnten sich erst durch ein regelrechtes ‚Casting‘ bei uns empfehlen. Auch deshalb gab es viele Skeptiker, die uns nicht viel zugetraut haben." Während Hertner und Soukou noch immer im Erzgebirge aktiv sind, stehen Könnecke (FSV Zwickau), Wegner (Sportfreunde Lotte) und Handle (FC Viktoria Köln) bei anderen Klubs unter Vertrag.

Die Skeptiker sollten im Verlauf der Saison jedoch eindrucksvoll eines Besseren belehrt werden. Nach einem recht zögerlichen Saisonstart mit nur einem Zähler aus den ersten beiden Spielen sowie einer Serie von sechs Begegnungen ohne Sieg zwischen dem 10. und 15. Spieltag startete der heutige Zweitligist richtig durch. In den folgenden 14 Spielen blieb Erzgebirge Aue ungeschlagen und holte in diesem Zeitraum 30 Punkte. In zehn dieser Partien blieb Aue ohne Gegentor. "Ein Schlüsselspiel war dann für mich das Derby in Chemnitz, das wir nach einer kleinen Schwächephase 2:1 für uns entscheiden konnten", erinnert sich der damalige Trainer Dotchev. "Da hat die Mannschaft gezeigt, dass sie auch mit Druck umgehen kann. Mit jedem Sieg wuchs das Selbstvertrauen."



Emotionen, Begeisterung, Spannung, Spaß, Qualität, Drama, Tradition - all das ist Fußball. Und: All das ist die 3. Liga. Die höchste Spielklasse des DFB geht in ihre zehnte Saison. In seiner Jubiläumsserie erzählt DFB.de die "Geschichten aus zehn Jahren 3. Liga". Heute: FC Erzgebirge Aue mit den wenigsten Gegentoren in einer Saison.

Eine Fußballerweisheit sagt: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Zum Titel hat es für den FC Erzgebirge Aue in der Drittligasaison 2015/2016 hinter Dynamo Dresden (78 Punkte) zwar nicht gereicht. Mit 70 Zählern und nur 21 Gegentoren belegten die Erzgebirgler aber den zweiten Tabellenplatz und machten damit den direkten Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga perfekt. Dort sind die Veilchen nach wie vor am Ball.

Keine andere Mannschaft kassierte in der Historie der 3. Liga jemals weniger Gegentreffer. Den bis dahin besten Werte hatte der aktuelle Zweitligist Eintracht Braunschweig, der in der Spielzeit 2010/2011 nur 22 Tore kassierte und gleichzeitig mit 85 Punkten mehr Zähler als jeder andere Drittligist innerhalb einer Saison holte.

Torhüter-Treffer reichte nicht zur Relegation

Dabei konnte der FC Erzgebirge Aue in der Spielzeit 2015/2016 - im Gegensatz zu den Braunschweigern einige Jahre zuvor - nicht auf eine eingespielte Mannschaft und auf über Jahre entwickelte Mechanismen zurückgreifen. In der Saison zuvor waren die Sachsen erst am letzten Spieltag aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Der Treffer zum 2:2-Endstand gegen den 1. FC Heidenheim durch Torhüter (!) Martin Männel reichte wegen der schlechteren Tordifferenz gegenüber dem TSV 1860 München nicht zur Teilnahme an der Relegation.

"Der Abstieg war gleich aus mehreren Gründen tragisch", so Martin Männel zu DFB.de. "Zum einen war es schade für die Fans, die den weiten Weg nach Heidenheim auf sich genommen hatten, um uns bestmöglich zu unterstützen. Zum anderen war es enttäuschend, weil ich bis heute davon überzeugt bin, dass wir einen unserer stärksten Zweitligakader überhaupt beisammen hatten. Die schwache Hinrunde mit nur 14 Punkten war am Ende ausschlaggebend für den Abstieg."

Dotchev: "Ich war ein Trainer ohne Mannschaft"

Wie es bei Zweitligaabsteigern oft der Fall ist, gab es auch in Aue einen großen personellen Umbruch. Insgesamt 29 Spieler verließen den Verein, 23 Akteure kamen neu ins Erzgebirge. Als die Verpflichtung von Pavel Dotchev als Trainer bekanntgegeben wurde, stand noch kein einziger Spieler unter Vertrag. "Ich war in der Tat ein Trainer ohne Mannschaft", so Dotchev, der heute den Drittligisten FC Hansa Rostock trainiert. "Erst wenige Stunden nach meiner Verpflichtung hat dann mit Martin Männel unser Torhüter als erster Spieler seinen Vertrag verlängert. Später folgten aus dem alten Zweitligakader noch Sebastian Hertner und Mike Könnecke. Das waren schon mal wichtige Bausteine."

Der Fußball-Lehrer weiter: "Wir haben dann viele Spieler aus unteren Ligen verpflichtet, was zweifellos auch ein gewisses Risiko war. Manche Spieler wie Max Wegner, Simon Handle oder im Winter Cebio Soukou konnten sich erst durch ein regelrechtes ‚Casting‘ bei uns empfehlen. Auch deshalb gab es viele Skeptiker, die uns nicht viel zugetraut haben." Während Hertner und Soukou noch immer im Erzgebirge aktiv sind, stehen Könnecke (FSV Zwickau), Wegner (Sportfreunde Lotte) und Handle (FC Viktoria Köln) bei anderen Klubs unter Vertrag.

Die Skeptiker sollten im Verlauf der Saison jedoch eindrucksvoll eines Besseren belehrt werden. Nach einem recht zögerlichen Saisonstart mit nur einem Zähler aus den ersten beiden Spielen sowie einer Serie von sechs Begegnungen ohne Sieg zwischen dem 10. und 15. Spieltag startete der heutige Zweitligist richtig durch. In den folgenden 14 Spielen blieb Erzgebirge Aue ungeschlagen und holte in diesem Zeitraum 30 Punkte. In zehn dieser Partien blieb Aue ohne Gegentor. "Ein Schlüsselspiel war dann für mich das Derby in Chemnitz, das wir nach einer kleinen Schwächephase 2:1 für uns entscheiden konnten", erinnert sich der damalige Trainer Dotchev. "Da hat die Mannschaft gezeigt, dass sie auch mit Druck umgehen kann. Mit jedem Sieg wuchs das Selbstvertrauen."

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Männel in 37 Partien 23-mal ohne Gegentor

Dass an jenem 16. Spieltag beim Chemnitzer FC die Wende eingeleitet werden würde, deutete sich zunächst nicht an. Drittligarekordtorschütze Anton Fink (heute: Karlsruher SC) brachte den CFC bereits nach acht Minuten in Führung. Wegner (38.) und Nicky Adler (40.) drehten aber noch vor der Pause das Spiel für Aue und beendeten so die Serie von sechs Partien ohne Sieg.

Die stabile Defensive war ein Faktor, der die Mannschaft von Trainer Pavel Dotchev die ganze Saison über begleitete. Torhüter Martin Männel parierte 81,3 Prozent der Bälle, die auf sein Tor kamen, und blieb in seinen 37 Ligaeinsätzen 23-mal ohne Gegentor. Und auch Robert Jendrusch, am letzten Spieltag Männels Vertreter im Spiel gegen den SC Preußen Münster (3:0), hielt seinen Kasten sauber. Ebenfalls bemerkenswert: Wenn Linksverteidiger Sebastian Hertner (31 Partien) zum Einsatz kam, kassierte Aue im Durchschnitt nur 0,39 Tore pro Spiel.

Insgesamt gelang es nur vier Vereinen, in einem Spiel mehr als ein Tor gegen den späteren Zweitligaaufsteiger zu erzielen: der SG Sonnenhof Großaspach (2:0), Werder Bremens U 23 (4:0), Rot-Weiß Erfurt (2:2) und Holstein Kiel (3:0). Ein Torerfolg im Hin- und Rückspiel gelang nur dem Drittligameister Dynamo Dresden (jeweils 1:1) und dem SV Wehen Wiesbaden (1:1 und 1:0).

Eindrucksvolle Heimstärke: Der Schlüssel zum Erfolg

Besonders im heimischen Stadion war Aue fast gar nicht zu überwinden. Nur vier der insgesamt 21 Gegentore mussten die Veilchen vor eigenem Publikum hinnehmen. Der FC Erzgebirge war auch die einzige Mannschaft, die in ihren 19 Heimspielen ungeschlagen blieb. Durch acht Unentschieden (insgesamt 41 Zähler) blieb Aue in der Heimtabelle trotzdem hinter Dynamo Dresden (44 Punkte).

Nicht nur in der Liga, auch im DFB-Pokal bissen sich einige höherklassige Vereine an der Defensive der Erzgebirgler die Zähne aus. Greuther Fürth (0:1) und Eintracht Frankfurt (0:2) scheiterten in den ersten beiden Runden an Aue. Erst der Zweitligist 1. FC Heidenheim (2:0) setzte sich im Achtelfinale durch.

Zweitligaaufstieg mit den wenigsten erzielten Toren

Die Stabilität in der Defensive ging allerdings zu Lasten der offensiven Durchschlagskraft. Erzgebirge Aue erzielte in 38 Spielen "nur" 42 Tore. In der Saison 2015/2016 markierten lediglich die Absteiger FC Energie Cottbus (32), Stuttgarter Kickers und VfB Stuttgart II (je 38) sowie der SV Wehen Wiesbaden und der VfR Aalen (je 35) weniger Treffer als der Tabellenzweite. Noch nie ist eine Mannschaft mit so wenig erzielten Toren aufgestiegen.

Vom Ruf, dass seine Mannschaft einen besonders defensiven Spielstil pflegte, distanziert sich Pavel Dotchev allerdings: "Ich habe ich mich oft geärgert, wenn gegnerische Trainer oder Medienvertreter von einem 'Abwehrbollwerk' oder 'Defensivkünstlern' gesprochen haben. Das stimmt nämlich so nicht. Unser Spiel war vielmehr auf Ballbesitz und -kontrolle angelegt. Wir haben nicht reagiert, sondern agiert. Solange wir am Ball waren, konnte der Gegner eben kein Tor gegen uns erzielen. So einfach ist Fußball manchmal."

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