Bernd Leno: Mit Lehmanns Tipps in die Bundesliga

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Wenn der Torwart der F-Jugend des SV Germania Bietigheim vor gut elf Jahren zum Spiel gekommen wäre, würde Bernd Leno heute vielleicht einfach nur zur Schule gehen und sich Gedanken darüber machen, was das Leben so mit ihm vorhat. Doch der Torwart kommt nicht, und der kleine Bernd, noch nicht einmal sieben Jahre alt und an und für sich Mittelfeldspieler, stellt sich zwischen die Pfosten. Dieses Spiel hat, auch wenn das ein wenig pathetisch anmuten mag, sein Leben verändert. Denn sein außergewöhnliches Talent für eben diese besondere Position zeigt sich schon sehr schnell.

Dreieinhalb Jahre und viele Paraden später wechselt er zum VfB Stuttgart. Beim Jugendtag des Klubs stellt er sich vor, wie ein paar Hundert andere seines Jahrgangs (1992). Beharrlich, ehrgeizig und talentiert wie er ist, schafft er es, zum Training eingeladen zu werden. Dann darf er noch einmal wiederkommen, dann schließlich bietet man ihm an, zum VfB zu wechseln. "Ich war immer schon VfB-Fan, deshalb war das für mich überragend", sagt Leno. Der Vater bringt ihn in der ersten Zeit mit dem Auto hin, 20 Kilometer hin, 20 Kilometer zurück.

Beim VfB erwachsen geworden

Als die VfB-C-Junioren im Jahr 2003 gegen den SV Hochdorf mit 3:0 gewinnen, steht der Junge aus Bietigheim-Bissingen zum ersten Mal im Tor des VfB, Aus dem Team von einst, sagt er, sei er der Einzige, der noch beim VfB spiele. Die anderen sind nicht mehr da: Mitspieler, Trainer, Betreuer. Er schon.

Und mit gerade mal 18 einer, in den große Hoffnungen gesetzt werden. "Er ist der einzige, der gesetzt ist", sagt VfB-Trainer Jürgen Seeberger schon vor Saisonbeginn und adelt damit seinen Keeper, der kurz vor Weihnachten 2009 gegen Heidenheim sein Debüt in der 3. Liga gibt, weil beim VfB gleich zwei Torhüter ausfallen. Das Spiel endet bei etwa minus 20 Grad 1:2 aus Stuttgarter Sicht, doch Leno bleibt im Kasten, auch nach dem Trainerwechsel von Geyer zu Seeberger. "Ich könnte eigentlich noch bei den A-Junioren spielen, stattdessen habe ich schon 25 Profi-Spiele hinter mir", sagt er. "Für mich ist es richtig gut gelaufen."

Nebenbei besucht er die Friedrich-von-Cotta-Schule, die zu den DFB-Eliteschulen des Fußballs gehört. Nächsten Sommer will er sein Fachabitur machen, ehe es mit der Profikarriere so richtig losgehen soll. Sein Pensum ist aber schon heute sehr profihaft: Training, manchmal zweimal am Tag, Unterricht, Lernen. Deshalb kommt es vor, dass er spätabends völlig erschöpft ins Bett fällt. "Das sind dann schon lange Tage. Aber man weiß schließlich nie, wie es läuft", sagt er. "Ich will etwas erreichen im Fußball – aber schon allein für die Zeit nach der Karriere ist es wichtig, einen guten Abschluss zu machen. Ich ziehe das durch. Das muss halt sein. Da muss man sich auch mal quälen." Nach einem Lehrling klingt das nicht. Eher nach einem, der verstanden hat, was es heißt, professionell zu arbeiten.

Torwart und Libero in einem

Das hat ihm auch Jens Lehmann erzählt, als Leno in der vorigen Saison "oben" mittrainieren durfte. "Er hat gesagt, dass man jedes Spiel so ernst nehmen soll als wäre es ein Endspiel", sagt Leno. Daran versucht er sich zu halten. Auch sein Spiel bei den Senioren sei ein anderes, sagt er. "Man muss immer hellwach und viel präsenter sein. Man schreit auch öfter und gibt Kommandos." Das Spiel sei schneller, robuster, "man muss mehr mitspielen, ist so eine Art Libero". Immer wieder mal trainiert er auch bei Übungen im Feld mit. Nur Bälle halten, das allein reiche nicht.

Jürgen Seeberger sagt über Leno, er sei "eines unserer Toptalente. Für sein Alter strahlt er schon große Ruhe aus und agiert sehr abgeklärt. Wenn er weiter hart an sich arbeitet, kann er den Sprung in die Bundesliga schaffen". Genau da will er auch hin, wie er sagt, "am liebsten beim VfB". Über anderes mag er sich noch keine Gedanken machen. Denn: "Es kann ja immer so schnell gehen im Fußball – in die eine wie die andere Richtung. Im Moment bin ich hier optimal aufgehoben."

Mit seinen Leistungen empfiehlt er sich auch für die Auswahlmannschaften des DFB. Mit der U 17 wird er vor einem Jahr Europameister, allerdings als Nummer zwei hinter Marc-André ter Stegen von Borussia Mönchengladbach. "Es war eine Riesen-Erfahrung, genau wie die U 17-WM in Nigeria. Die nimmt mir keiner mehr", sagt er. Trotzdem sei es schwierig, sich wirklich wie ein Europameister zu fühlen, wenn man das ganze Turnier nur auf der Bank gesessen habe. Doch das hat er verdaut: "Nicht in der U 17 wird man Profi, sondern erst später", sagt er. Und arbeitet jeden Tag daran, die Nummer eins zu werden.

Vorteil, dass ich in der 3. Liga spiele"

Beim U 19-Testspiel vor gut einer Woche in Groesbeek gegen die Niederlande spielt er 90 Minuten, muss beim 2:2 zweimal hinter sich greifen, ist trotzdem ganz zufrieden mit sich - und hofft auf weitere Bewährungsproben. "Es könnte ein Vorteil sein, dass ich in der 3. Liga regelmäßig spiele und mich zeigen kann", sagt er.

U 19-Nationaltrainer Ralf Minge ist jedenfalls voll des Lobes über seinen Schützling, den er schon in der vergangenen Saison beobachtete, als er noch die U 20 des DFB trainierte. "Sein Auftreten in der 3. Liga war schon damals absolut erstaunlich, und er hat diese Entwicklung zu Saisonbeginn fortgesetzt und sich bewiesen", sagt Minge. "Ihn zeichnet eine enorme Souveränität aus, denn er agiert sehr besonnen. Er ist ein weiteres großes Talent auf der Torhüter-Position, auf der wir ja in Deutschland ohnehin eine große Tradition und Zukunft haben."

Tradition und Zukunft der deutschen Torsteher - ob daran auch der F-Jugend-Schlussmann des SV Germania Bietigheim gedacht hat, als er seinerzeit einfach nicht zum Spiel erschien? "Glaube ich nicht", sagt Leno. "Aber es ist echt gut, dass es so gekommen ist."

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Wenn der Torwart der F-Jugend des SV Germania Bietigheim vor gut elf Jahren zum Spiel gekommen wäre, würde Bernd Leno heute vielleicht einfach nur zur Schule gehen und sich Gedanken darüber machen, was das Leben so mit ihm vorhat. Doch der Torwart kommt nicht, und der kleine Bernd, noch nicht einmal sieben Jahre alt und an und für sich Mittelfeldspieler, stellt sich zwischen die Pfosten. Dieses Spiel hat, auch wenn das ein wenig pathetisch anmuten mag, sein Leben verändert. Denn sein außergewöhnliches Talent für eben diese besondere Position zeigt sich schon sehr schnell.

Dreieinhalb Jahre und viele Paraden später wechselt er zum VfB Stuttgart. Beim Jugendtag des Klubs stellt er sich vor, wie ein paar Hundert andere seines Jahrgangs (1992). Beharrlich, ehrgeizig und talentiert wie er ist, schafft er es, zum Training eingeladen zu werden. Dann darf er noch einmal wiederkommen, dann schließlich bietet man ihm an, zum VfB zu wechseln. "Ich war immer schon VfB-Fan, deshalb war das für mich überragend", sagt Leno. Der Vater bringt ihn in der ersten Zeit mit dem Auto hin, 20 Kilometer hin, 20 Kilometer zurück.

Beim VfB erwachsen geworden

Als die VfB-C-Junioren im Jahr 2003 gegen den SV Hochdorf mit 3:0 gewinnen, steht der Junge aus Bietigheim-Bissingen zum ersten Mal im Tor des VfB, Aus dem Team von einst, sagt er, sei er der Einzige, der noch beim VfB spiele. Die anderen sind nicht mehr da: Mitspieler, Trainer, Betreuer. Er schon.

Und mit gerade mal 18 einer, in den große Hoffnungen gesetzt werden. "Er ist der einzige, der gesetzt ist", sagt VfB-Trainer Jürgen Seeberger schon vor Saisonbeginn und adelt damit seinen Keeper, der kurz vor Weihnachten 2009 gegen Heidenheim sein Debüt in der 3. Liga gibt, weil beim VfB gleich zwei Torhüter ausfallen. Das Spiel endet bei etwa minus 20 Grad 1:2 aus Stuttgarter Sicht, doch Leno bleibt im Kasten, auch nach dem Trainerwechsel von Geyer zu Seeberger. "Ich könnte eigentlich noch bei den A-Junioren spielen, stattdessen habe ich schon 25 Profi-Spiele hinter mir", sagt er. "Für mich ist es richtig gut gelaufen."

Nebenbei besucht er die Friedrich-von-Cotta-Schule, die zu den DFB-Eliteschulen des Fußballs gehört. Nächsten Sommer will er sein Fachabitur machen, ehe es mit der Profikarriere so richtig losgehen soll. Sein Pensum ist aber schon heute sehr profihaft: Training, manchmal zweimal am Tag, Unterricht, Lernen. Deshalb kommt es vor, dass er spätabends völlig erschöpft ins Bett fällt. "Das sind dann schon lange Tage. Aber man weiß schließlich nie, wie es läuft", sagt er. "Ich will etwas erreichen im Fußball – aber schon allein für die Zeit nach der Karriere ist es wichtig, einen guten Abschluss zu machen. Ich ziehe das durch. Das muss halt sein. Da muss man sich auch mal quälen." Nach einem Lehrling klingt das nicht. Eher nach einem, der verstanden hat, was es heißt, professionell zu arbeiten.

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Torwart und Libero in einem

Das hat ihm auch Jens Lehmann erzählt, als Leno in der vorigen Saison "oben" mittrainieren durfte. "Er hat gesagt, dass man jedes Spiel so ernst nehmen soll als wäre es ein Endspiel", sagt Leno. Daran versucht er sich zu halten. Auch sein Spiel bei den Senioren sei ein anderes, sagt er. "Man muss immer hellwach und viel präsenter sein. Man schreit auch öfter und gibt Kommandos." Das Spiel sei schneller, robuster, "man muss mehr mitspielen, ist so eine Art Libero". Immer wieder mal trainiert er auch bei Übungen im Feld mit. Nur Bälle halten, das allein reiche nicht.

Jürgen Seeberger sagt über Leno, er sei "eines unserer Toptalente. Für sein Alter strahlt er schon große Ruhe aus und agiert sehr abgeklärt. Wenn er weiter hart an sich arbeitet, kann er den Sprung in die Bundesliga schaffen". Genau da will er auch hin, wie er sagt, "am liebsten beim VfB". Über anderes mag er sich noch keine Gedanken machen. Denn: "Es kann ja immer so schnell gehen im Fußball – in die eine wie die andere Richtung. Im Moment bin ich hier optimal aufgehoben."

Mit seinen Leistungen empfiehlt er sich auch für die Auswahlmannschaften des DFB. Mit der U 17 wird er vor einem Jahr Europameister, allerdings als Nummer zwei hinter Marc-André ter Stegen von Borussia Mönchengladbach. "Es war eine Riesen-Erfahrung, genau wie die U 17-WM in Nigeria. Die nimmt mir keiner mehr", sagt er. Trotzdem sei es schwierig, sich wirklich wie ein Europameister zu fühlen, wenn man das ganze Turnier nur auf der Bank gesessen habe. Doch das hat er verdaut: "Nicht in der U 17 wird man Profi, sondern erst später", sagt er. Und arbeitet jeden Tag daran, die Nummer eins zu werden.

Vorteil, dass ich in der 3. Liga spiele"

Beim U 19-Testspiel vor gut einer Woche in Groesbeek gegen die Niederlande spielt er 90 Minuten, muss beim 2:2 zweimal hinter sich greifen, ist trotzdem ganz zufrieden mit sich - und hofft auf weitere Bewährungsproben. "Es könnte ein Vorteil sein, dass ich in der 3. Liga regelmäßig spiele und mich zeigen kann", sagt er.

U 19-Nationaltrainer Ralf Minge ist jedenfalls voll des Lobes über seinen Schützling, den er schon in der vergangenen Saison beobachtete, als er noch die U 20 des DFB trainierte. "Sein Auftreten in der 3. Liga war schon damals absolut erstaunlich, und er hat diese Entwicklung zu Saisonbeginn fortgesetzt und sich bewiesen", sagt Minge. "Ihn zeichnet eine enorme Souveränität aus, denn er agiert sehr besonnen. Er ist ein weiteres großes Talent auf der Torhüter-Position, auf der wir ja in Deutschland ohnehin eine große Tradition und Zukunft haben."

Tradition und Zukunft der deutschen Torsteher - ob daran auch der F-Jugend-Schlussmann des SV Germania Bietigheim gedacht hat, als er seinerzeit einfach nicht zum Spiel erschien? "Glaube ich nicht", sagt Leno. "Aber es ist echt gut, dass es so gekommen ist."