Beierlorzer: "Mein Jahr an der Weisweiler-Akademie"

Den Fußball im Kopf, den Fußball vor Augen, den Fußball im Sinn. Und nicht selten hat Achim Beierlorzer sogar vom Fußball geträumt. Hinter ihm und den 23 Kollegen liegen aufregende, interessante und fordernde Monate. An der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef haben sie gelesen, gelernt, gelacht, gespielt und noch mehr gelernt. Am Ende der zehn Monate standen Abschlussprüfungen in Theorie und Praxis. Wer bestanden hat, erhält an diesem Donnerstag aus den Händen von Ausbildungsleiter Frank Wormuth die Fußball-Lehrer-Lizenz. Über seine Zeit an der HWA im 60. Lehrgang schreibt Kurssprecher Achim Beierlorzer exklusiv für DFB.de.

Und wer soll dann die Bayern übernehmen? Das war eine der Fragen, die sich aufdrängte, nachdem eine wochenlange Analyse der Spiele und der Gesamtsituation des FC Bayern zur Schlussfolgerung führte, dass Pep Guardiola in naher Zukunft spanischer Nationaltrainer wird. Keine Angst liebe Bayern-Fans - das war alles nur virtuell, nur ein Gedankenspiel.

"Übernahme eines Bundesligateams" war ein Teil der Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef. Über mehrere Wochen haben wir Daten analysiert, von Spielen und Spielern, von Vereinen und deren Umfeldern. Es ging darum, das Dasein als Trainer einer Profimannschaft von verschiedenen Seiten und auf unterschiedlichen Ebenen zu beleuchten. So, als wäre man gerade als Cheftrainer angestellt worden. In der Theorie haben wir uns eine eigene Welt erschaffen, in sechs Vierergruppen haben wir jeweils ein Team aus der Bundesliga unter dem Mikroskop analysiert.

Am Ende der Untersuchung wurde in einer Art Rollenspiel ein denkbares Szenario der näheren Zukunft von Verein und Trainer entwickelt. So kam es zum Abschied Pep Guardiolas. Manche Fiktion wurde später leider Realität. Die Analyse aller vorliegenden Daten hatte für den Hamburger SV als Empfehlung ergeben, dass die Trennung von Trainer Thorsten Fink für den Verein sinnvoll ist. Wir alle wissen: Die Wirklichkeit hat diese Fiktion eingeholt.

Dieses Modul war für mich einer der vielen Höhepunkte meiner Zeit in Hennef. Gemeinsam mit Michael Boris, Jens Kiefer und Valerien Ismael war ich für Beobachtung und Analyse der TSG 1899 Hoffenheim zuständig. Es war die Zeit, in der die TSG Spektakel an Spektakel reihte. 1:2 gegen Leverkusen, 2:3 gegen Hertha BSC Berlin und das 4:4 gegen Werder Bremen. Immer wieder hat sich das überragende Offensivpotenzial gezeigt, immer wieder aber auch, dass die Mannschaft noch lernen muss, dass die Offensive nicht zu Lasten der Balance geht. Die Ergebnisse haben dies nicht immer gespiegelt, aber in der detaillierten Auswertung haben wir beinahe von Woche zu Woche Fortschritte ausgemacht. Für uns hat dies gezeigt, dass der Trainer seine Mannschaft erreicht. Und unsere Empfehlung hat sich bestätigt: Markus Gisdol ist noch immer im Amt.

Unser Jahr an der HWA

Wenn ich über den Lehrgang an der HWA berichte, muss ich ein wenig weiter ausholen. Für mich begann das Abenteuer schon mit dem Entschluss, mich um einen Platz im Kurs von Frank Wormuth zu bemühen. Als die Eignungsprüfungen anstanden, stand für mich einiges auf dem Spiel. Ich bin Trainer bei der Spielvereinigung Greuther Fürth, die B-Junioren sind mir anvertraut. Im "zivilen" Leben bin ich Lehrer, am Gymnasium Eckental unterrichte ich Sport und Mathematik. Der Beruf erfüllt mich, ich bin froh, sagen zu können, dass ich mit Leib und Seele Lehrer bin. Und doch hat mich schon immer gereizt, alles über den Fußball zu erfahren. Deswegen der Entschluss für die Bewerbung für den Fußball-Lehrer-Lehrgang. Auch wenn dafür Opfer und Risiken erforderlich waren.

Schon zwei Monate vor der Aufnahmeprüfung musste ich meine Lehrestelle auf acht Unterrichtsstunden reduzieren, ohne zu wissen, ob ich wirklich genommen werde. Während der Ausbildung an der HWA war ich dann vom Schuldienst beurlaubt und Angestellter der SpVgg Greuther Fürth. Ohne die Unterstützung meines Vereins wäre diese Ausbildung für mich nicht möglich gewesen. Hier möchte ich mich bei allen im Verein, die mich unterstützt haben, herzlich bedanken.

60 Kandidaten wurden zu den Eignungsprüfungen geladen, nur 24 Plätze waren verfügbar. Man muss nicht Mathematik studiert haben, um zu erkennen, dass die Chance, einen der begehrten Plätze zu erhalten, bei weniger als 50 Prozent liegt. Also war ich angespannt, als die Eignungsprüfungen anstanden. Mir ist bewusst, dass die Bewerber für den Lehrgang in Hennef teilweise über extrem viel Erfahrung im Fußball verfügen. In jedem Jahr gehören zu ihnen viele Ex-Profis, mitunter sogar Nationalspieler. Ich habe nie in einer Profimannschaft gespielt, den ganz großen Fußball kenne ich nur über meinen Bruder Bertram, der unter anderem für Nürnberg, Bayern und Stuttgart spielte. Ich bin zwar selbstbewusst, war aber nicht völlig frei von Zweifeln, ob ich mich unter diesen Kandidaten tatsächlich durchsetzen würde.

Ich weiß nicht mehr alle Einzelheiten, die von uns im Rahmen der Eignungsprüfung gefordert waren. An eine Aufgabe erinnere ich mich noch gut: Wir sollten aufschreiben, wie sich Mannschaften verhalten müssen, um gegen den FC Barcelona erfolgreich zu sein. Ich habe dann versucht, deren Spiel auf seine Essenz zu reduzieren. Was macht Barca aus? Insbesondere Ballsicherheit und Passsicherheit. Meine Lösung war, dass es sinnvoll ist, sich zurückzuziehen, die Räume eng zu machen, auf Fehler zu warten und dann schnell umzuschalten. Heute weiß ich, dass es noch weitere Ansätze gibt. Etwa den, gleich voll draufzugehen, die Anspielstationen zuzustellen und sie gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen.

Mit meiner Antwort auf die Barca-Frage war ich im Grunde ganz zufrieden, wobei man natürlich nie sicher sein kann, ob die Prüfer ähnliche Gedankengänge haben, und man generell nicht weiß, was in so einer Prüfung erwartet wird. Ich bin aber mit einem guten Gefühl wieder nach Hause gefahren. Dann hieß es: abwarten. Nach etwa einer Woche kam die ersehnte Post aus Hennef. Ich war mit meiner Mannschaft unterwegs, meine Frau hat mich angerufen und mir gesagt, dass der Brief jetzt da ist. Sie hat ihn geöffnet - und abends haben wir dann ein Gläschen Rotwein geleert. Es können auch zwei gewesen sein.

Tja, und dann ging es auch schon bald nach Hennef. Der Kurs begann mit der Kursfahrt und damit mit einem der Höhepunkte. Das Modul Spitzenfußballanalyse war gefüllt mit der U 21-EM in Israel. Eine gute Woche waren wir vor Ort, es war eine Zeit, die wir alle nicht vergessen werden. Das Land Israel ist fantastisch und unter vielen Aspekten eindrucksvoll: historisch, kulturell, landschaftlich. Wir waren an der Klagemauer, am Toten Meer, in Yad Vashem. Für mich waren dies wertvolle Eindrücke, manchmal auch bedrückende. Im Mittelpunkt stand aber natürlich der Fußball. Zur Beobachtung wurden uns Teams aus dem Starterfeld der U 21-EM zugelost, mit Norwegen habe ich eine Mannschaft gezogen, die modernen und interessanten Fußball spielt und die damit immerhin bis ins Halbfinale gekommen ist. Vormittags Vorträge, nachmittags Analyse, abends Norwegen - so in etwa sah das für mich aus.

Die Zeit in Israel war für uns alle in vielen Hinsichten wertvoll. Auch, weil uns auf der Kursfahrt richtig kennenlernen konnten. Wir haben schnell gemerkt, wie gut wir harmonieren. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Lehrgängen gewesen ist, für uns kann ich sagen, dass der Zusammenhalt des Kurses ein prägendes Merkmal war. Natürlich gab es auch mal eine Meinungsverschiedenheit, natürlich wurde auch mal hitzig diskutiert. Über allem stand immer der große Respekt voreinander. Wir haben uns gegenseitig geholfen, wir haben miteinander gelernt. Und wir haben viel Spaß gehabt. In Hennef waren wir manchmal abends zusammen unterwegs, meistens zum Fußballgucken. Es waren nie alle dabei, aber wir waren immer eine große Gruppe in wechselnder Zusammensetzung. Das zeigt schon, wie homogen dieser Kurs gewesen ist. Es haben sich keine Cliquen gebildet, es gab keine Hierarchien und keine Außenseiter.

Ich bin sicher, dass viele Kontakte Bestand haben werden. Über die vielen Wochen merkt man in den Gesprächen, mit wem man auf einer Wellenlänge liegt, wer ähnliche Einstellungen und Meinungen vertritt und auf wem man sich verlassen kann. Wenn es zum Beispiel am Mittwochnachmittag in der HWA so langsam zu Ende ging, war Markus Feldhoff immer bereit, mich zum Bahnhof nach Hennef zu fahren. Herzlichen Dank dafür, Markus!

In der Rückschau auf die Monate in Hennef fällt es mir schwer, einzelne Ereignisse herauszugreifen, die besonders speziell gewesen sind. Wir haben viel gearbeitet: Trainingsformen für die einzelnen Bausteine erstellt, in der Videoanalyse uns selbst und dann die Kollegen bei ihrer Trainingsarbeit reflektiert und viele Präsentationen erstellt. "Nützt ja nichts, muss doch gemacht werden", war in dieser Phase der Spruch des Kurses. Im Grunde war jeder Tag speziell, immer wieder haben wir überraschende Dinge erlebt und erfahren. Es gab zum Beispiel Gastvorträge von Urs Siegenthaler und Christoph Daum, via Skype hatten wir die Möglichkeit, uns mit Bundesligatrainern auszutauschen, etwa mit Markus Gisdol, Thomas Schneider, Tayfun Korkut und Frank Kramer. Generell kann ich sagen, dass das Niveau des Unterrichts beeindruckend hoch war.

Frank Kramer hatte mir dies vorher schon so in Aussicht gestellt, heute kann ich sagen: Er hatte recht. Der Cheftrainer unserer Zweitligamannschaft bei der Spielvereinigung hatte die Lizenz zum Fußball-Lehrer vor einem Jahr erworben, als Bester seines Lehrgangs. Ich kenne ihn schon länger. Vor Jahrzehnten, das ist wirklich schon so lange her, haben wir zusammen studiert. Aus vielen Gründen lag es nahe, dass ich mein Praktikum bei ihm, bei uns, in Fürth absolviere. Und obwohl ich ihn und den Verein kenne, waren die Einblicke für mich extrem spannend. So nah dran an einer Profimannschaft war ich schließlich noch nie. Während der Zeit des Praktikums hat mir Frank das Gefühl vermittelt, Mitglied des Trainerteams zu sein. Dazu gehört auch Mirko Dickhaut, der die Lizenz gemeinsam mit ihm erst im Jahr zuvor erworben hatte. Diese zeitliche Nähe zur Ausbildung hatte für mich den Vorteil, dass ich viele Ansätze, die in Hennef Theorie sind, in Fürth in der Praxis erlebt habe.

Für mich kann ich sagen, dass ich den Fußball nie zuvor derart detailliert in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammengefügt habe wie jeden Tag in Hennef. Frank Wormuth und sein Team haben mir neue Sichtweisen auf das Spiel vermittelt. Mein Wissen über den Fußball und über die Methoden, ihn zu lehren, ist erheblich gewachsen. In der Trainingswissenschaft, in der Sportpsychologie, in der Ernährungswissenschaft, in der Regelkunde, im Umgang mit den Medien - überall habe ich neue Erfahrungen, Gedanken und Ansätze kennengelernt. Was immer die Zukunft bringt - die Ausbildung zum Fußball-Lehrer hat meinen Horizont erweitert. Und das kann mir niemand mehr nehmen.

Neben meinen Kollegen aus dem Kurs und Frank Wormuth gilt mein Dank vor allem meiner Familie: meiner Frau und unseren drei Kindern. Die zehn Monate waren fantastisch, spannend und interessant, sie waren aber auch intensiv und fordernd. Und ich weiß, dass meine Familie viele Opfer gebracht hat, um mir den Rücken freizuhalten. So oft und so viel es ging, war ich zu Hause, so oft war dies allerdings nicht möglich. Meine Familie hat mich das nie spüren lassen, im Gegenteil: Ich habe ihre Unterstützung immer gespürt. In einer Familie muss dies so sein, selbstverständlich ist es dennoch nicht.

Wie es nach Hennef für mich weiter geht, wird die Zukunft zeigen. Am Donnerstag bekommen wir in Bonn unsere Lizenzen verliehen. Auf die Gala freue ich mich sehr, vor allem darauf, meine Kollegen wiederzusehen. Und danach? Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass mich der Profibereich reizt. Ich traue mir das zu und bin für viele Dinge offen. Es muss nicht gleich die Bundesliga sein, aber ich schließe nichts aus. Im Kurs habe ich ja gelernt, dass der FC Bayern bald einen neuen Trainer benötigt. Und so viel kann ich sagen: Ich wäre gesprächsbereit. Nicht nur für den FC Bayern.

Das meinen DFB.de-User

"Lieber DFB, ich würde mich freuen, wenn Sie Achim Beierlorzer meine Glückwünsche zukommen lassen. Ich habe Achim 2010 beim A-Lizenzlehrgang kennengelernt. Er ist nicht nur durch sein ausgeprägtes Fachwissen aufgefallen. Nein, auch seine hohe soziale Kompetenz war bei allen Teilnehmern gern gesehen. Ich freue mich für ihn, dass sein Wunsch, Fußballlehrer zu werden, in Erfüllung gegangen ist. Bei jeder Zeile, die ich gelesen habe stellte ich immer wieder fest: Ja, genauso ist mir Achim in Erinnerung! Herzlichen Glückwunsch und alles Gute lieber Achim." (Michael Maiß, Dorsten)

[sl]

[bild1]

Den Fußball im Kopf, den Fußball vor Augen, den Fußball im Sinn. Und nicht selten hat Achim Beierlorzer sogar vom Fußball geträumt. Hinter ihm und den 23 Kollegen liegen aufregende, interessante und fordernde Monate. An der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef haben sie gelesen, gelernt, gelacht, gespielt und noch mehr gelernt. Am Ende der zehn Monate standen Abschlussprüfungen in Theorie und Praxis. Wer bestanden hat, erhält an diesem Donnerstag aus den Händen von Ausbildungsleiter Frank Wormuth die Fußball-Lehrer-Lizenz. Über seine Zeit an der HWA im 60. Lehrgang schreibt Kurssprecher Achim Beierlorzer exklusiv für DFB.de.

Und wer soll dann die Bayern übernehmen? Das war eine der Fragen, die sich aufdrängte, nachdem eine wochenlange Analyse der Spiele und der Gesamtsituation des FC Bayern zur Schlussfolgerung führte, dass Pep Guardiola in naher Zukunft spanischer Nationaltrainer wird. Keine Angst liebe Bayern-Fans - das war alles nur virtuell, nur ein Gedankenspiel.

"Übernahme eines Bundesligateams" war ein Teil der Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef. Über mehrere Wochen haben wir Daten analysiert, von Spielen und Spielern, von Vereinen und deren Umfeldern. Es ging darum, das Dasein als Trainer einer Profimannschaft von verschiedenen Seiten und auf unterschiedlichen Ebenen zu beleuchten. So, als wäre man gerade als Cheftrainer angestellt worden. In der Theorie haben wir uns eine eigene Welt erschaffen, in sechs Vierergruppen haben wir jeweils ein Team aus der Bundesliga unter dem Mikroskop analysiert.

Am Ende der Untersuchung wurde in einer Art Rollenspiel ein denkbares Szenario der näheren Zukunft von Verein und Trainer entwickelt. So kam es zum Abschied Pep Guardiolas. Manche Fiktion wurde später leider Realität. Die Analyse aller vorliegenden Daten hatte für den Hamburger SV als Empfehlung ergeben, dass die Trennung von Trainer Thorsten Fink für den Verein sinnvoll ist. Wir alle wissen: Die Wirklichkeit hat diese Fiktion eingeholt.

Dieses Modul war für mich einer der vielen Höhepunkte meiner Zeit in Hennef. Gemeinsam mit Michael Boris, Jens Kiefer und Valerien Ismael war ich für Beobachtung und Analyse der TSG 1899 Hoffenheim zuständig. Es war die Zeit, in der die TSG Spektakel an Spektakel reihte. 1:2 gegen Leverkusen, 2:3 gegen Hertha BSC Berlin und das 4:4 gegen Werder Bremen. Immer wieder hat sich das überragende Offensivpotenzial gezeigt, immer wieder aber auch, dass die Mannschaft noch lernen muss, dass die Offensive nicht zu Lasten der Balance geht. Die Ergebnisse haben dies nicht immer gespiegelt, aber in der detaillierten Auswertung haben wir beinahe von Woche zu Woche Fortschritte ausgemacht. Für uns hat dies gezeigt, dass der Trainer seine Mannschaft erreicht. Und unsere Empfehlung hat sich bestätigt: Markus Gisdol ist noch immer im Amt.

Unser Jahr an der HWA

Wenn ich über den Lehrgang an der HWA berichte, muss ich ein wenig weiter ausholen. Für mich begann das Abenteuer schon mit dem Entschluss, mich um einen Platz im Kurs von Frank Wormuth zu bemühen. Als die Eignungsprüfungen anstanden, stand für mich einiges auf dem Spiel. Ich bin Trainer bei der Spielvereinigung Greuther Fürth, die B-Junioren sind mir anvertraut. Im "zivilen" Leben bin ich Lehrer, am Gymnasium Eckental unterrichte ich Sport und Mathematik. Der Beruf erfüllt mich, ich bin froh, sagen zu können, dass ich mit Leib und Seele Lehrer bin. Und doch hat mich schon immer gereizt, alles über den Fußball zu erfahren. Deswegen der Entschluss für die Bewerbung für den Fußball-Lehrer-Lehrgang. Auch wenn dafür Opfer und Risiken erforderlich waren.

Schon zwei Monate vor der Aufnahmeprüfung musste ich meine Lehrestelle auf acht Unterrichtsstunden reduzieren, ohne zu wissen, ob ich wirklich genommen werde. Während der Ausbildung an der HWA war ich dann vom Schuldienst beurlaubt und Angestellter der SpVgg Greuther Fürth. Ohne die Unterstützung meines Vereins wäre diese Ausbildung für mich nicht möglich gewesen. Hier möchte ich mich bei allen im Verein, die mich unterstützt haben, herzlich bedanken.

60 Kandidaten wurden zu den Eignungsprüfungen geladen, nur 24 Plätze waren verfügbar. Man muss nicht Mathematik studiert haben, um zu erkennen, dass die Chance, einen der begehrten Plätze zu erhalten, bei weniger als 50 Prozent liegt. Also war ich angespannt, als die Eignungsprüfungen anstanden. Mir ist bewusst, dass die Bewerber für den Lehrgang in Hennef teilweise über extrem viel Erfahrung im Fußball verfügen. In jedem Jahr gehören zu ihnen viele Ex-Profis, mitunter sogar Nationalspieler. Ich habe nie in einer Profimannschaft gespielt, den ganz großen Fußball kenne ich nur über meinen Bruder Bertram, der unter anderem für Nürnberg, Bayern und Stuttgart spielte. Ich bin zwar selbstbewusst, war aber nicht völlig frei von Zweifeln, ob ich mich unter diesen Kandidaten tatsächlich durchsetzen würde.

Ich weiß nicht mehr alle Einzelheiten, die von uns im Rahmen der Eignungsprüfung gefordert waren. An eine Aufgabe erinnere ich mich noch gut: Wir sollten aufschreiben, wie sich Mannschaften verhalten müssen, um gegen den FC Barcelona erfolgreich zu sein. Ich habe dann versucht, deren Spiel auf seine Essenz zu reduzieren. Was macht Barca aus? Insbesondere Ballsicherheit und Passsicherheit. Meine Lösung war, dass es sinnvoll ist, sich zurückzuziehen, die Räume eng zu machen, auf Fehler zu warten und dann schnell umzuschalten. Heute weiß ich, dass es noch weitere Ansätze gibt. Etwa den, gleich voll draufzugehen, die Anspielstationen zuzustellen und sie gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen.

Mit meiner Antwort auf die Barca-Frage war ich im Grunde ganz zufrieden, wobei man natürlich nie sicher sein kann, ob die Prüfer ähnliche Gedankengänge haben, und man generell nicht weiß, was in so einer Prüfung erwartet wird. Ich bin aber mit einem guten Gefühl wieder nach Hause gefahren. Dann hieß es: abwarten. Nach etwa einer Woche kam die ersehnte Post aus Hennef. Ich war mit meiner Mannschaft unterwegs, meine Frau hat mich angerufen und mir gesagt, dass der Brief jetzt da ist. Sie hat ihn geöffnet - und abends haben wir dann ein Gläschen Rotwein geleert. Es können auch zwei gewesen sein.

Tja, und dann ging es auch schon bald nach Hennef. Der Kurs begann mit der Kursfahrt und damit mit einem der Höhepunkte. Das Modul Spitzenfußballanalyse war gefüllt mit der U 21-EM in Israel. Eine gute Woche waren wir vor Ort, es war eine Zeit, die wir alle nicht vergessen werden. Das Land Israel ist fantastisch und unter vielen Aspekten eindrucksvoll: historisch, kulturell, landschaftlich. Wir waren an der Klagemauer, am Toten Meer, in Yad Vashem. Für mich waren dies wertvolle Eindrücke, manchmal auch bedrückende. Im Mittelpunkt stand aber natürlich der Fußball. Zur Beobachtung wurden uns Teams aus dem Starterfeld der U 21-EM zugelost, mit Norwegen habe ich eine Mannschaft gezogen, die modernen und interessanten Fußball spielt und die damit immerhin bis ins Halbfinale gekommen ist. Vormittags Vorträge, nachmittags Analyse, abends Norwegen - so in etwa sah das für mich aus.

[bild2]

Die Zeit in Israel war für uns alle in vielen Hinsichten wertvoll. Auch, weil uns auf der Kursfahrt richtig kennenlernen konnten. Wir haben schnell gemerkt, wie gut wir harmonieren. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Lehrgängen gewesen ist, für uns kann ich sagen, dass der Zusammenhalt des Kurses ein prägendes Merkmal war. Natürlich gab es auch mal eine Meinungsverschiedenheit, natürlich wurde auch mal hitzig diskutiert. Über allem stand immer der große Respekt voreinander. Wir haben uns gegenseitig geholfen, wir haben miteinander gelernt. Und wir haben viel Spaß gehabt. In Hennef waren wir manchmal abends zusammen unterwegs, meistens zum Fußballgucken. Es waren nie alle dabei, aber wir waren immer eine große Gruppe in wechselnder Zusammensetzung. Das zeigt schon, wie homogen dieser Kurs gewesen ist. Es haben sich keine Cliquen gebildet, es gab keine Hierarchien und keine Außenseiter.

Ich bin sicher, dass viele Kontakte Bestand haben werden. Über die vielen Wochen merkt man in den Gesprächen, mit wem man auf einer Wellenlänge liegt, wer ähnliche Einstellungen und Meinungen vertritt und auf wem man sich verlassen kann. Wenn es zum Beispiel am Mittwochnachmittag in der HWA so langsam zu Ende ging, war Markus Feldhoff immer bereit, mich zum Bahnhof nach Hennef zu fahren. Herzlichen Dank dafür, Markus!

In der Rückschau auf die Monate in Hennef fällt es mir schwer, einzelne Ereignisse herauszugreifen, die besonders speziell gewesen sind. Wir haben viel gearbeitet: Trainingsformen für die einzelnen Bausteine erstellt, in der Videoanalyse uns selbst und dann die Kollegen bei ihrer Trainingsarbeit reflektiert und viele Präsentationen erstellt. "Nützt ja nichts, muss doch gemacht werden", war in dieser Phase der Spruch des Kurses. Im Grunde war jeder Tag speziell, immer wieder haben wir überraschende Dinge erlebt und erfahren. Es gab zum Beispiel Gastvorträge von Urs Siegenthaler und Christoph Daum, via Skype hatten wir die Möglichkeit, uns mit Bundesligatrainern auszutauschen, etwa mit Markus Gisdol, Thomas Schneider, Tayfun Korkut und Frank Kramer. Generell kann ich sagen, dass das Niveau des Unterrichts beeindruckend hoch war.

Frank Kramer hatte mir dies vorher schon so in Aussicht gestellt, heute kann ich sagen: Er hatte recht. Der Cheftrainer unserer Zweitligamannschaft bei der Spielvereinigung hatte die Lizenz zum Fußball-Lehrer vor einem Jahr erworben, als Bester seines Lehrgangs. Ich kenne ihn schon länger. Vor Jahrzehnten, das ist wirklich schon so lange her, haben wir zusammen studiert. Aus vielen Gründen lag es nahe, dass ich mein Praktikum bei ihm, bei uns, in Fürth absolviere. Und obwohl ich ihn und den Verein kenne, waren die Einblicke für mich extrem spannend. So nah dran an einer Profimannschaft war ich schließlich noch nie. Während der Zeit des Praktikums hat mir Frank das Gefühl vermittelt, Mitglied des Trainerteams zu sein. Dazu gehört auch Mirko Dickhaut, der die Lizenz gemeinsam mit ihm erst im Jahr zuvor erworben hatte. Diese zeitliche Nähe zur Ausbildung hatte für mich den Vorteil, dass ich viele Ansätze, die in Hennef Theorie sind, in Fürth in der Praxis erlebt habe.

Für mich kann ich sagen, dass ich den Fußball nie zuvor derart detailliert in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammengefügt habe wie jeden Tag in Hennef. Frank Wormuth und sein Team haben mir neue Sichtweisen auf das Spiel vermittelt. Mein Wissen über den Fußball und über die Methoden, ihn zu lehren, ist erheblich gewachsen. In der Trainingswissenschaft, in der Sportpsychologie, in der Ernährungswissenschaft, in der Regelkunde, im Umgang mit den Medien - überall habe ich neue Erfahrungen, Gedanken und Ansätze kennengelernt. Was immer die Zukunft bringt - die Ausbildung zum Fußball-Lehrer hat meinen Horizont erweitert. Und das kann mir niemand mehr nehmen.

Neben meinen Kollegen aus dem Kurs und Frank Wormuth gilt mein Dank vor allem meiner Familie: meiner Frau und unseren drei Kindern. Die zehn Monate waren fantastisch, spannend und interessant, sie waren aber auch intensiv und fordernd. Und ich weiß, dass meine Familie viele Opfer gebracht hat, um mir den Rücken freizuhalten. So oft und so viel es ging, war ich zu Hause, so oft war dies allerdings nicht möglich. Meine Familie hat mich das nie spüren lassen, im Gegenteil: Ich habe ihre Unterstützung immer gespürt. In einer Familie muss dies so sein, selbstverständlich ist es dennoch nicht.

Wie es nach Hennef für mich weiter geht, wird die Zukunft zeigen. Am Donnerstag bekommen wir in Bonn unsere Lizenzen verliehen. Auf die Gala freue ich mich sehr, vor allem darauf, meine Kollegen wiederzusehen. Und danach? Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass mich der Profibereich reizt. Ich traue mir das zu und bin für viele Dinge offen. Es muss nicht gleich die Bundesliga sein, aber ich schließe nichts aus. Im Kurs habe ich ja gelernt, dass der FC Bayern bald einen neuen Trainer benötigt. Und so viel kann ich sagen: Ich wäre gesprächsbereit. Nicht nur für den FC Bayern.

Das meinen DFB.de-User

"Lieber DFB, ich würde mich freuen, wenn Sie Achim Beierlorzer meine Glückwünsche zukommen lassen. Ich habe Achim 2010 beim A-Lizenzlehrgang kennengelernt. Er ist nicht nur durch sein ausgeprägtes Fachwissen aufgefallen. Nein, auch seine hohe soziale Kompetenz war bei allen Teilnehmern gern gesehen. Ich freue mich für ihn, dass sein Wunsch, Fußballlehrer zu werden, in Erfüllung gegangen ist. Bei jeder Zeile, die ich gelesen habe stellte ich immer wieder fest: Ja, genauso ist mir Achim in Erinnerung! Herzlichen Glückwunsch und alles Gute lieber Achim." (Michael Maiß, Dorsten)