Beckenbauer: "Jetzt reicht's nach 15 Jahren"

Kaiser, Lichtgestalt, Chefkritiker: Franz Beckenbauer hat Bayern München als Spieler, Trainer, Präsident und Aufsichtsratschef seit 1965 entscheidend geprägt. Nun ist für den 64-Jährigen beim Deutschen Rekordmeister offiziell Schluss.

Beckenbauer übergibt sein Amt als Präsident bei der Jahreshauptversammlung in der Messe München an Manager Uli Hoeneß (57) und wird zum Ehrenpräsidenten gekürt. Im aktuellen Interview mit dem Sport-Informations-Dienst spricht Beckenbauer über sich, seine Zukunft und den Fortbestand des FC Bayern.

Frage: Franz Beckenbauer, Sie hören als Präsident bei Bayern München auf. Befürchten Sie durch die prekäre sportliche Lage eine unruhige Jahreshauptversammlung?

Franz Beckenbauer: Es könnte schon ein paar unangenehme Fragen geben. Das ist normal. Aber unsere Mitglieder sind vernünftig. Solange ich Präsident war, gab es keine größeren Auseinandersetzungen. Und auch bei meinem letzten Auftritt brauche ich das jetzt nicht dringend.

Frage: Wie haben Sie Ihr Verhältnis zum Vorstand in den vergangenen Jahren empfunden?

Beckenbauer: Sehr gut. Ich habe ja die Entscheidung herbeigeführt, dass der Klub in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Dadurch war ich aus dem operativen Geschäft raus. Ich hatte aber immer das volle Vertrauen in den Vorstand. Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Karl Hopfner sind das Beste, was man sich vorstellen kann. Alle drei sind ein Glücksfall für den FC Bayern. Also was soll ich denen reinreden, das habe ich nie gemacht, warum auch?

Frage: Sie haben sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft rausgehalten. Glauben Sie, dass sich Uli Hoeneß auch so zurückhalten wird?

Beckenbauer: Das glaube ich nicht. Uli wird zwar nicht mehr ganz so aktiv sein wie bisher, aber in bestimmten Situationen wird er weitaus aktiver sein als ich. Der Uli hat im Marketing- und Sponsoring-Bereich ein Netzwerk geschaffen. Der muss das weiter betreuen.

Frage: Gibt es bei Ihnen ein bisschen Wehmut, dass Sie als Präsident und Aufsichtsratschef nun aufhören?

Beckenbauer: Es ist ja nichts Spektakuläres. Ich hör auf, der Uli übernimmt die Stellung. Ich bin ja nicht weg, ich bleibe ja dabei, ich werde Ehrenpräsident.

Frage: Was macht der Ehrenpräsident des FC Bayern?

Beckenbauer: Der wird eingeladen. Ich weiß nicht wohin, ich war noch nie Ehrenpräsident. Ich lasse mich überraschen.

Frage: Warum ziehen Sie sich eigentlich zurück?

Beckenbauer: Ich habe schon vor drei Jahren gesagt: Ich kann nichts mehr für den FC Bayern tun. Ich habe noch dafür gesorgt, dass wir ein Stadion gebaut haben und dass der Verein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Vor drei Jahren habe ich mich noch einmal überreden lassen. Aber jetzt reicht‘s nach 15 Jahren als Präsident und sieben Jahren als Aufsichtsrat-Vorsitzender. Da müssen jüngere Leute her.

Frage: War das Amt für Sie mehr Last oder mehr Freude?

Beckenbauer: Ich habe es nie als Last empfunden. Ich habe immer versucht, meine Aufgabe auszufüllen. Und eine Stärke von mir ist es auch, Vertrauen und Verantwortung zu delegieren.

Frage: Im sportlichen Bereich gibt es in Christian Nerlinger schon einen Nachfolger für Uli Hoeneß. Wann gibt es den im wirtschaftlichen Bereich?

Beckenbauer: Ich hoffe nie. Der Uli soll das so weitermachen. Er wird vielleicht nicht mehr an der vordersten Front sein, aber er soll die wichtigen Kontakte persönlich wahrnehmen. Der Uli soll weiterhin die Geschicke des FC Bayern führen. Warum soll denn der FC Bayern auf seine Erfahrung verzichten?

Frage: Wie weit ist Christian Nerlinger?

Beckenbauer: Auf mich macht er einen sehr guten Eindruck, weil er einen sehr guten Blick hat, eine klare Aussage. Aber es dauert halt seine Zeit, bis er von den Spielern akzeptiert wird, das muss man sich erarbeiten. Aber in Uli Hoeneß hat er den besten Befürworter.

Frage: Ärgern Sie Niederlagen der Bayern immer noch so wie früher, als es etwa die berühmte Wutrede von Lyon gab?

Beckenbauer: Damals musste ich das Ventil öffnen und dann kommt manchmal so etwas heraus. Jetzt ärgere ich mich genauso, aber ich bin älter geworden, gefasster und kontrollierter.

Frage: Gab es Dinge, die Sie im Nachhinein bereuen?

Beckenbauer: Die Entlassung Otto Rehhagels war total überflüssig. Auch die Entscheidung gegen Nationaltorwart Toni Schumacher war überzogen. Nur weil der so ein lächerliches Buch geschrieben hat, verzichtet man auf den besten Torhüter. Da haben einfach alle überreagiert.

Frage: Muss sich Uli Hoeneß als Präsident ändern?

Beckenbauer: Das bringt die Aufgabe mit sich. Da kann er einige Dinge etwas gelassener sehen.

Frage: Werden Sie künftig noch kritischer mit dem FC Bayern umgehen?

Beckenbauer: Ich glaube, dass ich früher, beispielsweise bei Trapattoni und so, noch aufbrausender war. Das ist besser geworden. Wann hab ich denn das letzte Mal irgendetwas gesagt, wo sich einer hätte aufregen können?

Frage: In der Vergangenheit haben Sie sich ja oft zu Sachen überreden lassen. Ist es vorstellbar, dass Franz Beckenbauer bei irgendeinem anderen Verein auftaucht, in welcher Funktion auch immer?

Beckenbauer: Ich leide nicht an Arbeitsmangel, ich habe genug zu tun: FIFA, UEFA, DFB, meine Partner, die Stiftung, und dann sind da natürlich auch noch meine zwei kleinen Kinder, mit denen ich mich soviel wie möglich beschäftige.

Frage: Haben Sie eventuell Ambitionen, FIFA-Präsident zu werden?

Beckenbauer: Wie ich ja auch schon in früheren Interviews betont habe, möchte ich dieses Amt nicht übernehmen. Und mit Sepp Blatter hat die FIFA den besten Präsidenten, mit dem ich eng zusammenarbeite.

Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des FC Bayern ohne Franz Beckenbauer?

Beckenbauer: Mir ist nicht bange, weil wir eine unglaublich gute wirtschaftliche Situation haben. Wir stehen sehr gut da. Dies kann aber auch gefährlich sein, weil es uns so gut geht. Früher hat man schon einmal mit der Faust auf den Tisch gehauen, das gibt es jetzt nicht mehr.

Frage: Sie waren beim FC Bayern alles - außer Manager. Hat Sie das nie gereizt?

Beckenbauer: Nein, weil wir immer den besten Manager hatten. Das wäre für mich auch nichts gewesen, immer dieser gleiche tägliche Ablauf. Ich habe immer schon meine Freiheiten gebraucht. Deshalb war der Beruf als Fußballer das Ideale für mich, ein Geschenk des Himmels. Ich bin ja gelernter Versicherungskaufmann, stellen Sie sich mal vor, ich wäre heute noch jeden Tag in der Versicherung - gut, die Allianz wäre dann mit Abstand das größte Unternehmen der Welt.

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Kaiser, Lichtgestalt, Chefkritiker: Franz Beckenbauer hat Bayern München als Spieler, Trainer, Präsident und Aufsichtsratschef seit 1965 entscheidend geprägt. Nun ist für den 64-Jährigen beim Deutschen Rekordmeister offiziell Schluss.

Beckenbauer übergibt sein Amt als Präsident bei der Jahreshauptversammlung in der Messe München an Manager Uli Hoeneß (57) und wird zum Ehrenpräsidenten gekürt. Im aktuellen Interview mit dem Sport-Informations-Dienst spricht Beckenbauer über sich, seine Zukunft und den Fortbestand des FC Bayern.

Frage: Franz Beckenbauer, Sie hören als Präsident bei Bayern München auf. Befürchten Sie durch die prekäre sportliche Lage eine unruhige Jahreshauptversammlung?

Franz Beckenbauer: Es könnte schon ein paar unangenehme Fragen geben. Das ist normal. Aber unsere Mitglieder sind vernünftig. Solange ich Präsident war, gab es keine größeren Auseinandersetzungen. Und auch bei meinem letzten Auftritt brauche ich das jetzt nicht dringend.

Frage: Wie haben Sie Ihr Verhältnis zum Vorstand in den vergangenen Jahren empfunden?

Beckenbauer: Sehr gut. Ich habe ja die Entscheidung herbeigeführt, dass der Klub in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Dadurch war ich aus dem operativen Geschäft raus. Ich hatte aber immer das volle Vertrauen in den Vorstand. Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Karl Hopfner sind das Beste, was man sich vorstellen kann. Alle drei sind ein Glücksfall für den FC Bayern. Also was soll ich denen reinreden, das habe ich nie gemacht, warum auch?

Frage: Sie haben sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft rausgehalten. Glauben Sie, dass sich Uli Hoeneß auch so zurückhalten wird?

Beckenbauer: Das glaube ich nicht. Uli wird zwar nicht mehr ganz so aktiv sein wie bisher, aber in bestimmten Situationen wird er weitaus aktiver sein als ich. Der Uli hat im Marketing- und Sponsoring-Bereich ein Netzwerk geschaffen. Der muss das weiter betreuen.

Frage: Gibt es bei Ihnen ein bisschen Wehmut, dass Sie als Präsident und Aufsichtsratschef nun aufhören?

Beckenbauer: Es ist ja nichts Spektakuläres. Ich hör auf, der Uli übernimmt die Stellung. Ich bin ja nicht weg, ich bleibe ja dabei, ich werde Ehrenpräsident.

Frage: Was macht der Ehrenpräsident des FC Bayern?

Beckenbauer: Der wird eingeladen. Ich weiß nicht wohin, ich war noch nie Ehrenpräsident. Ich lasse mich überraschen.

Frage: Warum ziehen Sie sich eigentlich zurück?

Beckenbauer: Ich habe schon vor drei Jahren gesagt: Ich kann nichts mehr für den FC Bayern tun. Ich habe noch dafür gesorgt, dass wir ein Stadion gebaut haben und dass der Verein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Vor drei Jahren habe ich mich noch einmal überreden lassen. Aber jetzt reicht‘s nach 15 Jahren als Präsident und sieben Jahren als Aufsichtsrat-Vorsitzender. Da müssen jüngere Leute her.

Frage: War das Amt für Sie mehr Last oder mehr Freude?

Beckenbauer: Ich habe es nie als Last empfunden. Ich habe immer versucht, meine Aufgabe auszufüllen. Und eine Stärke von mir ist es auch, Vertrauen und Verantwortung zu delegieren.

Frage: Im sportlichen Bereich gibt es in Christian Nerlinger schon einen Nachfolger für Uli Hoeneß. Wann gibt es den im wirtschaftlichen Bereich?

Beckenbauer: Ich hoffe nie. Der Uli soll das so weitermachen. Er wird vielleicht nicht mehr an der vordersten Front sein, aber er soll die wichtigen Kontakte persönlich wahrnehmen. Der Uli soll weiterhin die Geschicke des FC Bayern führen. Warum soll denn der FC Bayern auf seine Erfahrung verzichten?

Frage: Wie weit ist Christian Nerlinger?

Beckenbauer: Auf mich macht er einen sehr guten Eindruck, weil er einen sehr guten Blick hat, eine klare Aussage. Aber es dauert halt seine Zeit, bis er von den Spielern akzeptiert wird, das muss man sich erarbeiten. Aber in Uli Hoeneß hat er den besten Befürworter.

Frage: Ärgern Sie Niederlagen der Bayern immer noch so wie früher, als es etwa die berühmte Wutrede von Lyon gab?

Beckenbauer: Damals musste ich das Ventil öffnen und dann kommt manchmal so etwas heraus. Jetzt ärgere ich mich genauso, aber ich bin älter geworden, gefasster und kontrollierter.

Frage: Gab es Dinge, die Sie im Nachhinein bereuen?

Beckenbauer: Die Entlassung Otto Rehhagels war total überflüssig. Auch die Entscheidung gegen Nationaltorwart Toni Schumacher war überzogen. Nur weil der so ein lächerliches Buch geschrieben hat, verzichtet man auf den besten Torhüter. Da haben einfach alle überreagiert.

Frage: Muss sich Uli Hoeneß als Präsident ändern?

Beckenbauer: Das bringt die Aufgabe mit sich. Da kann er einige Dinge etwas gelassener sehen.

Frage: Werden Sie künftig noch kritischer mit dem FC Bayern umgehen?

Beckenbauer: Ich glaube, dass ich früher, beispielsweise bei Trapattoni und so, noch aufbrausender war. Das ist besser geworden. Wann hab ich denn das letzte Mal irgendetwas gesagt, wo sich einer hätte aufregen können?

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Frage: In der Vergangenheit haben Sie sich ja oft zu Sachen überreden lassen. Ist es vorstellbar, dass Franz Beckenbauer bei irgendeinem anderen Verein auftaucht, in welcher Funktion auch immer?

Beckenbauer: Ich leide nicht an Arbeitsmangel, ich habe genug zu tun: FIFA, UEFA, DFB, meine Partner, die Stiftung, und dann sind da natürlich auch noch meine zwei kleinen Kinder, mit denen ich mich soviel wie möglich beschäftige.

Frage: Haben Sie eventuell Ambitionen, FIFA-Präsident zu werden?

Beckenbauer: Wie ich ja auch schon in früheren Interviews betont habe, möchte ich dieses Amt nicht übernehmen. Und mit Sepp Blatter hat die FIFA den besten Präsidenten, mit dem ich eng zusammenarbeite.

Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des FC Bayern ohne Franz Beckenbauer?

Beckenbauer: Mir ist nicht bange, weil wir eine unglaublich gute wirtschaftliche Situation haben. Wir stehen sehr gut da. Dies kann aber auch gefährlich sein, weil es uns so gut geht. Früher hat man schon einmal mit der Faust auf den Tisch gehauen, das gibt es jetzt nicht mehr.

Frage: Sie waren beim FC Bayern alles - außer Manager. Hat Sie das nie gereizt?

Beckenbauer: Nein, weil wir immer den besten Manager hatten. Das wäre für mich auch nichts gewesen, immer dieser gleiche tägliche Ablauf. Ich habe immer schon meine Freiheiten gebraucht. Deshalb war der Beruf als Fußballer das Ideale für mich, ein Geschenk des Himmels. Ich bin ja gelernter Versicherungskaufmann, stellen Sie sich mal vor, ich wäre heute noch jeden Tag in der Versicherung - gut, die Allianz wäre dann mit Abstand das größte Unternehmen der Welt.