Bayern-Star Gnabry: "Wer, wenn nicht er"

Gerade hat er seine erste Deutsche Meisterschaft gewonnen, im DFB-Pokalfinale am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) gegen RB leipzig soll das Double daraus gemacht werden: Innerhalb nur eines Jahres ist Serge Gnabry beim FC Bayern München und DFB zum Hoffnungs- und Sympathieträger geworden.

Das hat viel, sehr viel sogar mit seinen Leistungen auf dem Platz zu tun, aber auch mit seinem Auftreten daneben. Solche Typen mag Uli Hoeneß. Als der Bayern-Präsident neulich den 23 Jahre alten Offensivallrounder traf, der nach seiner Meinung auf die Minute genau ankam, musste er sich diese Korrektur anhören: "Nein, Herr Hoeneß, ich warte schon seit einer halben Stunde, der Termin war schon für 30 Minuten früher vereinbart gewesen." "Ein lustiger Kerl", sagt das Vereinsoberhaupt des FC Bayern über Gnabry, "mit einer klaren Meinung."

So erläuterte der FCB-Profi mit der Nummer 22 dem Wurstfabrikanten Hoeneß seine überzeugte Hinwendung zum Veganismus. Sein neues Wohlgefühl plus reduzierte Verletzungsanfälligkeit bestärken ihn in dieser Entscheidung, die jedoch nicht für ewig stehen müsse. Bei topformgefährdendem Kräfteschwund, so Gnabrys Versprechen gegenüber dem Klubchef, werde er Modifizierungen vornehmen.

Gnabry ist "die positive Überraschung dieser Saison"

Noch besteht dazu keinerlei Anlass, der aus Hoffenheim geholte Neue von der Außenbahn ist "die positive Überraschung dieser Saison", sagt Hoeneß. Als "Durchstarter der Saison" lobt ihn Karl-Heinz Rummenigge. Dem FCB-Vorstandsvorsitzenden, einst selbst ein Weltklassestürmer, fiel Gnabry während der Olympischen Spiele 2016 auf, als er mit sechs Treffern in sechs Spielen gemeinsam mit Nils Petersen bester Torschütze wurde und den Gewinn der Silbermedaille entscheidend beförderte.

Horst Hrubesch, seinerzeit der Trainer der deutschen Fußballdelegation, bemühte sich um den damaligen Ersatzspieler des FC Arsenal sehr. Der europameisterliche Mittelstürmer von 1980 weiß die Qualitäten eines Angreifers aus eigenem Erleben einzuschätzen. Gnabrys Leistungssprung war für ihn logisch: "Wenn nicht er", fragt Hrubesch rhetorisch, "wer sollte es dann schaffen?"

Hrubesch sieht bei Gnabry keine Grenzen und veranschlagt für ihn 15 bis 20 Saisontreffer. In dieser soeben beendeten Bundesliga-Runde hat der Mann für alle offensiven Fälle - rechts, mittig, links, aus der Tiefe kommend und ganz vorne drin - mit zehn Toren die zweistellige Marke geknackt und sich damit als dritter Spieler in den Ligaannalen verewigt: Lediglich Erwin Kostedde (zwischen 1974 und 1977 für Offenbach, Hertha, Dortmund) sowie Jürgen Wegmann (zwischen 1985 und 1988 für Dortmund, Schalke, Bayern) gelang es, für drei Klubs in drei Spielzeiten hintereinander zehn und mehr Treffer zu erzielen.

Kovac über Gnabry: "Höflich, freundlich, nett"

Diese Torgefährlichkeit Gnabrys, der den harten und präzisen Distanzschuss beherrscht, oft auch die Situation antizipiert und so in nächster Tornähe den Ball nur noch einzuschieben braucht, würdigt Rummenigge genauso wie dessen extreme Geschwindigkeit und sein mutiges Dribbling, das er gelegentlich mit einem frechen Beinschuss anreichert. Auch Niko Kovac, täglich mit Gnabry auf dem Trainingsplatz, betont dessen "positive Entwicklung", wünscht sich von ihm aber noch konsequentere Defensivarbeit und mehr internationale Wettkampfhärte.

Die Berufseinstellung des Profis stimme "absolut", charakterlich findet der Bayern-Coach Gnabry "höflich, freundlich, nett". Dazu direkt und pfiffig - wie sein Spiel; genauso reflektiert und ernst, wenn er sich entschlossen gegen Rassismus wendet, für Toleranz und Zivilcourage wirbt oder über ein großes soziales Projekt spricht, das er in der Heimat seines Vaters, der Elfenbeinküste, plant.

"Wir wissen, dass wir die Zukunft sein können"

Wenn ihm mit Bezug auf die großen Vorgänger Franck Ribéry und Arjen Robben sowie ihr Erfolgskürzel "Robbéry" die Prägung "Cobry" offeriert wird, weil er und Kingsley Coman deren Nachfolge möglichst bruchlos gestalten sollen, tut er diese Wortschöpfung als Gespinst von Langeweile ab. Als er in der Hinserie damit konfrontiert wird, dass er auf dem Feld stehe und andere große Bayern-Spieler auf der Bank säßen, kontert er gewitzt: Wenn er auf der Bank bleiben müsse, säße auch ein großer Spieler draußen. Und die Frage, ob er das Mittelstürmer-Problem in der deutschen Nationalmannschaft lösen könne, beantwortet Gnabry mit dem Verweis: In der F-Jugend in Ditzingen habe er das getan.

Er erledigt diese offensive Aufgabe rund 15 Jahre später genauso, beim FCB wie beim DFB. In beiden Mannschaften gilt er mittlerweile als neues Gesicht für eine erfolgreiche Zukunft. Mit Timo Werner (RB Leipzig) und Leroy Sané (Manchester City) bildet er den ersten Sturm in Joachim Löws Auswahl für das Mandat EM 2020ff. Gnabry weiß natürlich um diesen Auftrag und sagt im Namen dieser neuen Generation:  "Wir wissen, dass wir die Zukunft sein können."

Diese Zukunft hat für Gnabry beim Rekordmeister und Rekordpokalsieger höchst verheißungsvoll begonnen - für ihn keine Überraschung: "Vom Potenzial her habe ich mir das immer zugetraut."

[dfb]

Gerade hat er seine erste Deutsche Meisterschaft gewonnen, im DFB-Pokalfinale am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) gegen RB leipzig soll das Double daraus gemacht werden: Innerhalb nur eines Jahres ist Serge Gnabry beim FC Bayern München und DFB zum Hoffnungs- und Sympathieträger geworden.

Das hat viel, sehr viel sogar mit seinen Leistungen auf dem Platz zu tun, aber auch mit seinem Auftreten daneben. Solche Typen mag Uli Hoeneß. Als der Bayern-Präsident neulich den 23 Jahre alten Offensivallrounder traf, der nach seiner Meinung auf die Minute genau ankam, musste er sich diese Korrektur anhören: "Nein, Herr Hoeneß, ich warte schon seit einer halben Stunde, der Termin war schon für 30 Minuten früher vereinbart gewesen." "Ein lustiger Kerl", sagt das Vereinsoberhaupt des FC Bayern über Gnabry, "mit einer klaren Meinung."

So erläuterte der FCB-Profi mit der Nummer 22 dem Wurstfabrikanten Hoeneß seine überzeugte Hinwendung zum Veganismus. Sein neues Wohlgefühl plus reduzierte Verletzungsanfälligkeit bestärken ihn in dieser Entscheidung, die jedoch nicht für ewig stehen müsse. Bei topformgefährdendem Kräfteschwund, so Gnabrys Versprechen gegenüber dem Klubchef, werde er Modifizierungen vornehmen.

Gnabry ist "die positive Überraschung dieser Saison"

Noch besteht dazu keinerlei Anlass, der aus Hoffenheim geholte Neue von der Außenbahn ist "die positive Überraschung dieser Saison", sagt Hoeneß. Als "Durchstarter der Saison" lobt ihn Karl-Heinz Rummenigge. Dem FCB-Vorstandsvorsitzenden, einst selbst ein Weltklassestürmer, fiel Gnabry während der Olympischen Spiele 2016 auf, als er mit sechs Treffern in sechs Spielen gemeinsam mit Nils Petersen bester Torschütze wurde und den Gewinn der Silbermedaille entscheidend beförderte.

Horst Hrubesch, seinerzeit der Trainer der deutschen Fußballdelegation, bemühte sich um den damaligen Ersatzspieler des FC Arsenal sehr. Der europameisterliche Mittelstürmer von 1980 weiß die Qualitäten eines Angreifers aus eigenem Erleben einzuschätzen. Gnabrys Leistungssprung war für ihn logisch: "Wenn nicht er", fragt Hrubesch rhetorisch, "wer sollte es dann schaffen?"

Hrubesch sieht bei Gnabry keine Grenzen und veranschlagt für ihn 15 bis 20 Saisontreffer. In dieser soeben beendeten Bundesliga-Runde hat der Mann für alle offensiven Fälle - rechts, mittig, links, aus der Tiefe kommend und ganz vorne drin - mit zehn Toren die zweistellige Marke geknackt und sich damit als dritter Spieler in den Ligaannalen verewigt: Lediglich Erwin Kostedde (zwischen 1974 und 1977 für Offenbach, Hertha, Dortmund) sowie Jürgen Wegmann (zwischen 1985 und 1988 für Dortmund, Schalke, Bayern) gelang es, für drei Klubs in drei Spielzeiten hintereinander zehn und mehr Treffer zu erzielen.

Kovac über Gnabry: "Höflich, freundlich, nett"

Diese Torgefährlichkeit Gnabrys, der den harten und präzisen Distanzschuss beherrscht, oft auch die Situation antizipiert und so in nächster Tornähe den Ball nur noch einzuschieben braucht, würdigt Rummenigge genauso wie dessen extreme Geschwindigkeit und sein mutiges Dribbling, das er gelegentlich mit einem frechen Beinschuss anreichert. Auch Niko Kovac, täglich mit Gnabry auf dem Trainingsplatz, betont dessen "positive Entwicklung", wünscht sich von ihm aber noch konsequentere Defensivarbeit und mehr internationale Wettkampfhärte.

Die Berufseinstellung des Profis stimme "absolut", charakterlich findet der Bayern-Coach Gnabry "höflich, freundlich, nett". Dazu direkt und pfiffig - wie sein Spiel; genauso reflektiert und ernst, wenn er sich entschlossen gegen Rassismus wendet, für Toleranz und Zivilcourage wirbt oder über ein großes soziales Projekt spricht, das er in der Heimat seines Vaters, der Elfenbeinküste, plant.

"Wir wissen, dass wir die Zukunft sein können"

Wenn ihm mit Bezug auf die großen Vorgänger Franck Ribéry und Arjen Robben sowie ihr Erfolgskürzel "Robbéry" die Prägung "Cobry" offeriert wird, weil er und Kingsley Coman deren Nachfolge möglichst bruchlos gestalten sollen, tut er diese Wortschöpfung als Gespinst von Langeweile ab. Als er in der Hinserie damit konfrontiert wird, dass er auf dem Feld stehe und andere große Bayern-Spieler auf der Bank säßen, kontert er gewitzt: Wenn er auf der Bank bleiben müsse, säße auch ein großer Spieler draußen. Und die Frage, ob er das Mittelstürmer-Problem in der deutschen Nationalmannschaft lösen könne, beantwortet Gnabry mit dem Verweis: In der F-Jugend in Ditzingen habe er das getan.

Er erledigt diese offensive Aufgabe rund 15 Jahre später genauso, beim FCB wie beim DFB. In beiden Mannschaften gilt er mittlerweile als neues Gesicht für eine erfolgreiche Zukunft. Mit Timo Werner (RB Leipzig) und Leroy Sané (Manchester City) bildet er den ersten Sturm in Joachim Löws Auswahl für das Mandat EM 2020ff. Gnabry weiß natürlich um diesen Auftrag und sagt im Namen dieser neuen Generation:  "Wir wissen, dass wir die Zukunft sein können."

Diese Zukunft hat für Gnabry beim Rekordmeister und Rekordpokalsieger höchst verheißungsvoll begonnen - für ihn keine Überraschung: "Vom Potenzial her habe ich mir das immer zugetraut."

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