Bayern gegen Schalke: Von Schützenfesten und Blamagen

Bereits 106-mal haben Bayern München und der FC Schalke 04 in der Bundesliga ihre Kräfte gemessen. Am Samstag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky) ist es am 19. Spieltag der laufenden Saison erneut soweit. DFB.de erzählt die Geschichten zu den wichtigsten Duellen in München.

Die Bundesliga-Premiere

26. März 1966: Bayern München - FC Schalke 04 1:0

Nur 16.000 Zuschauer verlieren sich im Stadion an der Grünwalder Straße, obwohl der Aufsteiger noch Titelchancen und der Gast einen klangvollen Namen hat. Es ist der zweitschlechteste Besuch in Bayerns Premierensaison in der Bundesliga und die, die kommen, bereuen es. Gegen brutal defensiv, weil ersatzgeschwächte Schalker machen die Bayern ihr "schlechtestes Spiel seit Jahren", wie das Sport Magazin tadelt. Franz Beckenbauer spielt überraschend im Sturm und erntet Kritik für seine "Mätzchen" (Schalkes Trainer Fritz Langner unterstellt ihm einige Schwalben), Torjäger Rainer Ohlhauser im Mittelfeld. Tschik Cajkovskis Taktik geht beinahe schief, nur ein Kopfball von Peter Werner nach Brenninger-Flanke findet den Weg ins Schalker Tor (33.). Manager Robert Schwan kommentiert konsterniert: "Jetzt singen die da unter der Brause und ich habe heute wenigstens 50 graue Haare mehr." Aber schon in ihrem ersten Jahr gewinnen die Bayern oft auch an schwachen Tagen.

Der höchste Heimsieg

9. April 1988: Bayern München - FC Schalke 04 8:1

Der Zweite von oben empfing den Zweiten von unten, mit einem Bayern-Sieg war durchaus zu rechnen. Doch in der Höhe? Die Bayern hatten die letzten drei Ligaspiele nicht gewonnen und bangten um die Titelverteidigung, Schalke hatte gerade den achten Saisonsieg eingefahren. Aber es traf auch die Mannschaft mit den meisten Toren auf die mit den meisten Gegentoren – und da die Tabelle nicht lügt, musste es wohl so kommen. Schon zur Pause (5:1) gab es keine Zweifel mehr, dabei waren die Schalker durch Matthias Schipper sogar in Führung gegangen (11.). Damit reizten sie den Meister zu Großtaten. Lothar Matthäus schoss erstmals in der Liga drei Tore, alle noch vor der Pause – darunter allerdings zwei Elfmeter. Zweimal traf der Ex-Schalker Jürgen Wegmann gegen seine alten Kollegen, Michael Rummenigge, Hans Dorfner und Klaus Augenthaler sorgten für den Rest. Schalkes Trainer Horst Franz war so wütend, dass er den Rückflug strich und eine weit unbequemere Busfahrt anordnete. Schalke stieg in jenem Jahr zum dritten Mal ab und Olaf Thon wechselte nach München.

Der höchste Auswärtssieg

9. Oktober 1976: Bayern München - FC Schalke 04 0:7

Ausgerechnet zur Wies'n-Zeit ereignet sich die größte Demütigung der Bayern-Historie. Vor eigenem Publikum unterliegt man in den letzten Tagen der Beckenbauer-Ära den Schalkern 0:7. Es ist die höchste Bundesliga-Niederlage der Münchner in bis heute 1756 Spielen. 50.000 Zuschauer werden Zeuge dieser Demontage, die sich früh anbahnt. Nach drei Minuten trifft Schalke bereits den Pfosten, Klaus Fischer und Erwin Kremers schießen vor der Pause zwei Tore, sofort nach Wiederbeginn erhöht Fischer auf 0:3. Bayern, personell geschwächt und mit einem erkälteten Beckenbauer, gerät nun vollends unter die Räder. Binnen sieben Minuten fallen drei weitere Treffer und Fischer gelingt mit seinem vierten Tor das 0:7. Gerd Müller schaut schon nach dem 0:5 permanent auf die Stadionuhr und ersehnt den Abpfiff herbei an jenem schwarzen Tag für die Bayern. Der Sport-Informations-Dienst witzelt: "Dem zweiten Anzug der Bayern wurden von den Schalkern nach allen Regeln der Kunst die Hosen ausgezogen." Trainer Dettmar Cramer bleibt noch sachlich: "Jeder Schuss ein Treffer – solche Spiele gibt’s." Kollege Friedel Rausch versucht zu trösten: "So etwas kann mal passieren, davon geht die Welt nicht unter!"

Das wichtigste Spiel

28. Juni 1972: Bayern München - FC Schalke 04 5:1

Ein Finale um die Deutsche Meisterschaft gibt es seit Einführung der Bundesliga nicht mehr. Offiziell. Aber faktisch geht es am letzten Spieltag 1971/72 für beide Teams um die Meisterschale. Aber nur eins muss gewinnen: Tabellenführer FC Bayern reicht ein Punkt. Diese Konstellation ist eine Premiere, eine zweite macht das Duell noch bemerkenswerter: Es ist das erste Spiel der Bayern im neuen Olympiastadion, das für die im September stattfindenden Sommerspiele gebaut worden ist. Und es ist eines der allerbesten. Als Schiedsrichter Horstmann an jenem Mittwochabend, dem 28. Juni 1972, abpfeift, glitzert ein 5:1 von der neuen Anzeigetafel. Nur der Name von Gerd Müller steht nicht darauf – schier unfassbar, da er in jener Saison mit 40 Toren einen wohl ewigen Bundesligarekord aufstellt. Die Fans feiern dennoch eine grandiose Leistung ihrer Bayern und der Münchner Merkur schreibt: "Und wenn jemals der Tag, so wunderschön wie heute, mit Recht besungen wurde, dann am Mittwochabend vor 80.000, die Augenzeuge waren, als der FC Bayern jenen Maßstab setzte, an dem künftig deutsche Meister gemessen werden." Noch ein Novum bringt dieses Spiel mit sich: Zum einzigen Mal überschreitet ein Bundesligist die 100-Tore-Marke (101). Uli Hoeneß ist es vergönnt, das Jubiläumstor zu schießen, aber das zählt weniger für den frisch gebackenen Europameister: "Mir geht es gar nicht so sehr um die Jubiläumssache, sondern vielmehr darum, dass ich erfolgreich war." Dazu tragen auch die anderen Torschützen bei. Vor der Pause treffen nur Verteidiger: Johnny Hansen (31.) und Paul Breitner (40.). Nach Klaus Fischers Anschlusstor (56.) kommt kurz Spannung auf, die Willi Hoffmann (67.), Hoeneß (80.) und Franz Beckenbauer per Freistoß (89.) schnell wieder vertreiben. Dann laufen die Bayern mit der Schale eine Ehrenrunde, der ersten auf einer Tartanbahn.

Auch am 7. Mai 1994 steht Schalke Pate bei Bayerns Meisterfeier, doch ist es diesmal kein Endspiel. Schalke ist Vierzehnter und gerade dem Abstieg entronnen, macht es den Bayern trotzdem nicht einfach. Erst nach der Halbzeit fallen die erlösenden Tore zum Sieg – auch im Fernduell mit Kaiserslautern. Lothar Matthäus (49.) und Joker Jorginho (60.) sind die Meistermacher 1994. Der Trainer heißt Franz Beckenbauer.

Besondere Momente

28. September 1974: Bayern München - FC Schalke 04 0:2

An diesem Tag reißt die noch immer längste Heimspiel-Serie der Bundesliga und der Nimbus des Olympiastadions löst sich in Luft aus. Ausgerechnet der Gegner, der bei der Einweihung 1972 nur Sparringspartner war, gewinnt als erster nach unglaublichen 73 Bundesligaspielen bei den Bayern. Rüdiger Abramczik, damals kesse 18 Jahre jung, und Herbert Lütkebohmert verewigen sich an diesem historischen Tag als Torschützen. Bayern-Trainer Lattek gratulierte dem Sieger fair: "Die Schalker haben nicht gemauert, sie kämpften großartig und zeigten sich äußerst clever."

24. September 1977: Bayern München - FC Schalke 04 7:1

Schalke reist im zwölften Gastspiel erstmals als Favorit an: Der Tabellenführer kommt zum kriselnden Eurocupsieger, der im Jahr eins nach Beckenbauer als 13. die Niederungen der Tabelle erkundet. Nach "Katsche" Schwarzenbecks 1:0 fliegt Kollege Sepp Weiß vom Platz, 65 Minuten sind die Bayern in Unterzahl. Sie gewinnen trotzdem – mit 7:1. Die zweite Hälfte endet 5:0 für die revanchelüsternen Bayern, die sechs verschiedene Torschützen aufweisen, das letzte Tor schenkt ihn Schalkes Hannes Bongartz. Ein solches Schützenfest einer dezimierten Mannschaft ist ein Novum in 53 Jahren Bundesliga. Bayern-Trainer Dettmar Cramer sagt augenzwinkernd: "Wir haben soeben in der Kabine beschlossen, künftig immer mit zehn Mann zu spielen."

Serien und Fakten

Gesamtbilanz: 48-27-18
Heimbilanz: 32-8-6
- Bayern zwölf Liga-Duelle ungeschlagen
- zuletzt drei Bayern-Siege
- letzter Schalker Sieg 4.12. 2010 (2:0/zuhause)
- letzter Schalker Sieg in München: 25. 4. 2009 (0:1), danach Entlassung von Trainer Klinsmann
- in den vergangenen 15 Jahren maximal ein Schalker Tor in München
- seit 28 Duellen stets Tore
- letztes 0:0 in München: 14. 12. 2002
- Torquote dieser Paarung: 3,43