Ballweg: "Mein Hobby zum Beruf gemacht"

U 16-Nationaltrainerin Ulrike Ballweg gehört zu den Pionierinnen der Trainer-Branche. Ihre Leidenschaft als Trainerin begann bereits als Jugendspielerin, sie coachte verschiedene Junioren-Nationalmannschaften und war viele Jahre Co-Trainerin der DFB-Frauen unter Silvia Neid.

Im DFB.de-Interview spricht Ballweg mit Mitarbeiter Philipp Grabowski über Ihre Anfänge als Trainerin, individuelle Talentförderung und was eine gute Trainerin ausmachen sollte.

DFB.de: Sie sind seit über 30 Jahren als Trainerin aktiv und waren 1993 eine der ersten Frauen, die den Fußball-Lehrer absolviert haben. Wie sind Sie damals zum Trainerjob gekommen?

Ulrike Ballweg: Es war ein ganz klassischer Weg. Mit zwölf Jahren habe ich mich dem SC Klinge Seckach angeschlossen und eines Tages fand sich für eine Juniorinnen-Mannschaft kein Trainer, sodass ich eingesprungen bin. Ich spielte damals selbst im ältesten Juniorinnen-Jahrgang und habe auch später als Spielerin im Frauenfußball weiterhin das Team trainiert. Es war also ein fließender Übergang von der Jugendtrainerin hin zu meiner ersten Tätigkeit im Frauenbereich 1989, als ich Spielertrainerin der Frauenmannschaft wurde.

DFB.de: Was macht Ihnen am meisten Spaß an Ihrer Arbeit?

Ballweg: Ganz klar, dass ich mich mit Fußball beschäftigen kann. Fußball war schon zu Schulzeiten das Wichtigste für mich und ich kann mich nun rund um die Uhr mit Fußball beschäftigen. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht - das ist eine luxuriöse Situation.

DFB.de: Wie kann man sich eine typische Woche als U 16-Nationaltrainerin vorstellen?

Ballweg: Ich kläre unter der Woche viele organisatorische Dinge auf der Geschäftsstelle und bin viel auf Reisen. Wir haben unsere Lehrgänge in Sportschulen, die über ganz Deutschland verteilt sind. Dementsprechend muss ich dort hinreisen, um die Mädels in Sichtungs- und Kaderlehrgängen zusammen zu holen und sie in Theorie und Praxis bestmöglich zu fördern.

DFB.de: Mit all Ihrer Erfahrung: Was macht für Sie eine gute Trainerin aus?

Ballweg: Ganz viel. Grundbestandteil ist die Liebe zum Fußball. Es ist das Wichtigste, sich täglich mit Fußball beschäftigen zu wollen. Gerade im Juniorenbereich ist es wichtig, kommunikativ zu sein und zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Junge Mädchen sind anders zu behandeln als Frauen, Kinder oder Jungs. Da gibt es Unterschiede in der Ansprache oder im sozialen Umgang. Die Verbindung aus sozialer und fachlicher Kompetenz mit der Liebe und Begeisterung am Fußball sind die zentralen Elemente eines guten Trainers.

DFB.de: Was wollen Sie Ihren Spielerinnen vermitteln?

Ballweg: Das ist immer altersabhängig. Bei der U 16 sind wir in einem Altersbereich, in dem viel passiert durch die Pubertät. Es ist eine sehr schwierige Phase für viele Mädchen und eine persönliche Findungszeit. Ich versuche ihnen eine Orientierung zu geben, was wichtig ist, um auch in älteren Juniorinnen-Teams erfolgreich zu sein. Immer mit der Devise Stärken zu stärken und Schwächen auszumerzen.

DFB.de: Sie haben viele Jahre mit Silvia Neid die Frauen-Nationalmannschaft betreut. Welche Unterschiede gibt es im Coaching bei den Frauen?

Ballweg: Es ist etwas ganz anderes und eine andere Welt. Das sind ausgebildete Spielerinnen und gewachsene Persönlichkeiten. Die individuelle Qualität und der Entwicklungsstand sind dort natürlich höher, aber auch bei den Nationalspielerinnen lohnt es sich an Details zu arbeiten. Da kann man immer noch Potenziale entdecken. Es gibt in meinen Augen keine "fertigen" Spielerinnen.

DFB.de: Wie gehen Sie bei der Sichtung von Talenten für die U 16-Nationalmannschaft vor?

Ballweg: Wir haben in diesem Altersbereich noch sehr breite Kader von 40 bis 60 Spielerinnen, die wir in drei Länderpokalen in der Sportschule Wedau sichten. Anhand dieser Turniere suchen wir uns die Spielerinnen aus. Um die Arbeit in den Vereinen in diesem Altersbereich zu verfolgen, tauschen wir uns regelmäßig mit Verantwortlichen der Teams aus.

DFB.de: Orientiert man sich in der Talentförderung auch an anderen Ländern?

Ballweg: Neben meiner Tätigkeit als U 16-Nationaltrainerin arbeite ich außerdem im Scouting bei den DFB-Frauen. Wir machen viel Trendscouting und haben zum Beispiel gemeinsam den Algarve-Cup und die Europameisterschaft der Frauen 2017 analysiert. Es ist wichtig auf dem aktuellen Stand zu bleiben und zu beobachten, wie andere Nationen im Frauenfußball arbeiten. Diese Erkenntnisse aus aktuellen Trends und Entwicklungen brechen wir herunter und schauen, welche Details wir bei unseren eigenen Juniorinnen-Nationalmannschaften noch weiter optimieren können.

DFB.de: Sie betonen den kontinuierlichen Prozess der Weiterentwicklung von Strukturen im Nachwuchsbereich. Welche Bereiche haben sich im Vergleich zu Ihrer Spielerzeit am meisten verändert?

Ballweg: Es hat sich extrem viel im Frauenfußball geändert, vor allem im physischen Bereich. Der Trainingsumfang hat sich in den letzten 20 bis 25 Jahren so stark erhöht, dass meine U 16-Spielerinnen mittlerweile häufiger trainieren als wir damals in der Frauen-Bundesliga. Auch die Athletik ist viel ausgereifter und die Spielerinnen sind taktisch besser geschult. Dieses Bewusstsein für Taktik wurde auch durch die Medienberichterstattung gefördert.

DFB.de: Welche Rolle spielen die Vereine in der Förderung von jungen Spielerinnen?

Ballweg: Der größte Teil der Trainingsarbeit geschieht in den Vereinen, sie schaffen die Grundlagen, die wir bei den Lehrgängen weiter verfeinern wollen. In meinem Altersbereich spielen noch einige Mädchen mit Jungs zusammen, was sie gut fordert und fördert. Bei den Lehrgängen versuche ich dann an Details zu arbeiten und sie an die Anforderungen auf internationalem Niveau heranzuführen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Spielerinnen bis in die Frauen-Nationalmannschaft zu bringen.

DFB.de: Ab dem 15. Februar steht das UEFA Development Tournament in Portugal für Ihre U 16 auf dem Programm. Welche Ziele verfolgen Sie bei dem Turnier?

Ballweg: Bei diesem Turnier gilt es, die Schwerpunkte der Trainingsarbeit aus der jüngeren Vergangenheit, auf dem Rasen umzusetzen. Zuletzt haben wir viel im Bereich Spielaufbau, Vororientierung und einer gewissen Ruhe im Ballbesitzspiel gearbeitet, nun folgt das Verhalten im Angriffsspiel. Das Defensivspiel zu lehren, ist vergleichsweise einfach, nun wollen wir es umsetzen und uns langsam an die anspruchsvollen Inhalte des Angriffsspiels annähern. Das Turnier bietet beste Bedingungen zum Ausprobieren.

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U 16-Nationaltrainerin Ulrike Ballweg gehört zu den Pionierinnen der Trainer-Branche. Ihre Leidenschaft als Trainerin begann bereits als Jugendspielerin, sie coachte verschiedene Junioren-Nationalmannschaften und war viele Jahre Co-Trainerin der DFB-Frauen unter Silvia Neid.

Im DFB.de-Interview spricht Ballweg mit Mitarbeiter Philipp Grabowski über Ihre Anfänge als Trainerin, individuelle Talentförderung und was eine gute Trainerin ausmachen sollte.

DFB.de: Sie sind seit über 30 Jahren als Trainerin aktiv und waren 1993 eine der ersten Frauen, die den Fußball-Lehrer absolviert haben. Wie sind Sie damals zum Trainerjob gekommen?

Ulrike Ballweg: Es war ein ganz klassischer Weg. Mit zwölf Jahren habe ich mich dem SC Klinge Seckach angeschlossen und eines Tages fand sich für eine Juniorinnen-Mannschaft kein Trainer, sodass ich eingesprungen bin. Ich spielte damals selbst im ältesten Juniorinnen-Jahrgang und habe auch später als Spielerin im Frauenfußball weiterhin das Team trainiert. Es war also ein fließender Übergang von der Jugendtrainerin hin zu meiner ersten Tätigkeit im Frauenbereich 1989, als ich Spielertrainerin der Frauenmannschaft wurde.

DFB.de: Was macht Ihnen am meisten Spaß an Ihrer Arbeit?

Ballweg: Ganz klar, dass ich mich mit Fußball beschäftigen kann. Fußball war schon zu Schulzeiten das Wichtigste für mich und ich kann mich nun rund um die Uhr mit Fußball beschäftigen. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht - das ist eine luxuriöse Situation.

DFB.de: Wie kann man sich eine typische Woche als U 16-Nationaltrainerin vorstellen?

Ballweg: Ich kläre unter der Woche viele organisatorische Dinge auf der Geschäftsstelle und bin viel auf Reisen. Wir haben unsere Lehrgänge in Sportschulen, die über ganz Deutschland verteilt sind. Dementsprechend muss ich dort hinreisen, um die Mädels in Sichtungs- und Kaderlehrgängen zusammen zu holen und sie in Theorie und Praxis bestmöglich zu fördern.

DFB.de: Mit all Ihrer Erfahrung: Was macht für Sie eine gute Trainerin aus?

Ballweg: Ganz viel. Grundbestandteil ist die Liebe zum Fußball. Es ist das Wichtigste, sich täglich mit Fußball beschäftigen zu wollen. Gerade im Juniorenbereich ist es wichtig, kommunikativ zu sein und zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Junge Mädchen sind anders zu behandeln als Frauen, Kinder oder Jungs. Da gibt es Unterschiede in der Ansprache oder im sozialen Umgang. Die Verbindung aus sozialer und fachlicher Kompetenz mit der Liebe und Begeisterung am Fußball sind die zentralen Elemente eines guten Trainers.

DFB.de: Was wollen Sie Ihren Spielerinnen vermitteln?

Ballweg: Das ist immer altersabhängig. Bei der U 16 sind wir in einem Altersbereich, in dem viel passiert durch die Pubertät. Es ist eine sehr schwierige Phase für viele Mädchen und eine persönliche Findungszeit. Ich versuche ihnen eine Orientierung zu geben, was wichtig ist, um auch in älteren Juniorinnen-Teams erfolgreich zu sein. Immer mit der Devise Stärken zu stärken und Schwächen auszumerzen.

DFB.de: Sie haben viele Jahre mit Silvia Neid die Frauen-Nationalmannschaft betreut. Welche Unterschiede gibt es im Coaching bei den Frauen?

Ballweg: Es ist etwas ganz anderes und eine andere Welt. Das sind ausgebildete Spielerinnen und gewachsene Persönlichkeiten. Die individuelle Qualität und der Entwicklungsstand sind dort natürlich höher, aber auch bei den Nationalspielerinnen lohnt es sich an Details zu arbeiten. Da kann man immer noch Potenziale entdecken. Es gibt in meinen Augen keine "fertigen" Spielerinnen.

DFB.de: Wie gehen Sie bei der Sichtung von Talenten für die U 16-Nationalmannschaft vor?

Ballweg: Wir haben in diesem Altersbereich noch sehr breite Kader von 40 bis 60 Spielerinnen, die wir in drei Länderpokalen in der Sportschule Wedau sichten. Anhand dieser Turniere suchen wir uns die Spielerinnen aus. Um die Arbeit in den Vereinen in diesem Altersbereich zu verfolgen, tauschen wir uns regelmäßig mit Verantwortlichen der Teams aus.

DFB.de: Orientiert man sich in der Talentförderung auch an anderen Ländern?

Ballweg: Neben meiner Tätigkeit als U 16-Nationaltrainerin arbeite ich außerdem im Scouting bei den DFB-Frauen. Wir machen viel Trendscouting und haben zum Beispiel gemeinsam den Algarve-Cup und die Europameisterschaft der Frauen 2017 analysiert. Es ist wichtig auf dem aktuellen Stand zu bleiben und zu beobachten, wie andere Nationen im Frauenfußball arbeiten. Diese Erkenntnisse aus aktuellen Trends und Entwicklungen brechen wir herunter und schauen, welche Details wir bei unseren eigenen Juniorinnen-Nationalmannschaften noch weiter optimieren können.

DFB.de: Sie betonen den kontinuierlichen Prozess der Weiterentwicklung von Strukturen im Nachwuchsbereich. Welche Bereiche haben sich im Vergleich zu Ihrer Spielerzeit am meisten verändert?

Ballweg: Es hat sich extrem viel im Frauenfußball geändert, vor allem im physischen Bereich. Der Trainingsumfang hat sich in den letzten 20 bis 25 Jahren so stark erhöht, dass meine U 16-Spielerinnen mittlerweile häufiger trainieren als wir damals in der Frauen-Bundesliga. Auch die Athletik ist viel ausgereifter und die Spielerinnen sind taktisch besser geschult. Dieses Bewusstsein für Taktik wurde auch durch die Medienberichterstattung gefördert.

DFB.de: Welche Rolle spielen die Vereine in der Förderung von jungen Spielerinnen?

Ballweg: Der größte Teil der Trainingsarbeit geschieht in den Vereinen, sie schaffen die Grundlagen, die wir bei den Lehrgängen weiter verfeinern wollen. In meinem Altersbereich spielen noch einige Mädchen mit Jungs zusammen, was sie gut fordert und fördert. Bei den Lehrgängen versuche ich dann an Details zu arbeiten und sie an die Anforderungen auf internationalem Niveau heranzuführen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Spielerinnen bis in die Frauen-Nationalmannschaft zu bringen.

DFB.de: Ab dem 15. Februar steht das UEFA Development Tournament in Portugal für Ihre U 16 auf dem Programm. Welche Ziele verfolgen Sie bei dem Turnier?

Ballweg: Bei diesem Turnier gilt es, die Schwerpunkte der Trainingsarbeit aus der jüngeren Vergangenheit, auf dem Rasen umzusetzen. Zuletzt haben wir viel im Bereich Spielaufbau, Vororientierung und einer gewissen Ruhe im Ballbesitzspiel gearbeitet, nun folgt das Verhalten im Angriffsspiel. Das Defensivspiel zu lehren, ist vergleichsweise einfach, nun wollen wir es umsetzen und uns langsam an die anspruchsvollen Inhalte des Angriffsspiels annähern. Das Turnier bietet beste Bedingungen zum Ausprobieren.

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