Ballweg: "Hinter jedem Erfolg steht eine eigene Geschichte"

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Ulrike Ballweg, langjährige Assistenztrainerin der Frauen-Nationalmannschaft und heute für den Bereich Talentförderung weiblich beim DFB verantwortlich.

Ulrike Ballweg über...

... ihre ersten Berührungspunkte mit dem Fußball: Ich bin in einem Dorf im badischen Odenwald aufgewachsen. Solange ich mich erinnern kann, haben wir uns dort mit ein paar Kindern immer zum Fußballspielen auf der Straße getroffen. Oft war ich das einzige Mädchen zwischen vielen Jungs. Wir waren nach der Schule eigentlich immer den ganzen Tag draußen unterwegs. Und eine unserer Hauptbeschäftigungen war eben das Kicken. Hinzu kam, dass ich einen etwas jüngeren Bruder habe, der auch immer mitgespielt hat und dann irgendwann in den Verein gewechselt ist. Das wollte ich dann auch und habe so dann im Verein zusammen mit Jungs mit dem "richtigen Fußballspielen" begonnen. Ich erinnere mich sehr gerne an die Zeit zurück.

... den Start in ihre Trainerinnenkarriere mit 17 Jahren: Ich habe mich schon immer intensiver mit dem Fußball auseinandergesetzt, als viele meiner Mitspielerinnen und Mitspieler. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie man was am besten trainieren könnte. Und irgendwann kam dann der Zeitpunkt, an dem ich erstmals als Trainerin gearbeitet habe. Das war am Ende meiner Jugendzeit und genau in diesem Moment stand für meine bisherige Mannschaft keine Trainerin und kein Trainer zur Verfügung. Daraufhin habe ich angeboten, die Aufgabe zu übernehmen. So hat alles begonnen. Erschwerend kam hinzu, dass ich in den ersten Monaten noch keinen Führerschein hatte und häufig von meinen Eltern gefahren werden musste. Das war alles mit hohem Organisationsaufwand verbunden.

... die Verantwortung eines Trainers: Es ist tatsächlich so, dass mich gerade meine Anfangszeit als Trainerin sehr geprägt hat. Ich war plötzlich verantwortlich für eine Gruppe von 15 bis 20 jungen Menschen. Das war nicht so einfach, aber hat mir von Anfang an Spaß gemacht und ich konnte als junge Trainerin früh viel Erfahrung sammeln und hierüber auch direkt den Einstieg in meine Trainerausbildungen finden.

... ihre Zeit als Spielertrainerin beim SC Klinge Seckach: Das wurde dann auch zeitlich eine sehr anspruchsvolle Geschichte. Wir haben damals Bundesliga gespielt und einmal sogar das DFB-Pokalfinale erreicht, das wir dann aber leider verloren haben. In dieser Zeit war ich teilweise 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche im Fußball eingespannt, da ich ja zu dieser Zeit auch als Verbandstrainerin in Baden tätig war. Beim Verein war ich ja nicht nur Spielerin und Trainerin in einer Person, sondern auch noch teilweise Teammanagerin, -psychologin und hatte Betreueraufgaben, ich war sozusagen "Allrounderin". Heutzutage ist das ja kaum noch vorstellbar.

... die Ausbildung zur Fußball-Lehrerin: Das war schon ein großer Schritt. Der Fußball-Lehrer ist ja bis heute die höchste Auszeichnung in diesem Beruf. Ich war die dritte Frau in Deutschland, die diese Ausbildung erfolgreich abschließen konnte. Für mich war auch das damals mit richtig viel Aufwand verbunden. Ich habe nebenbei noch meine Mannschaft betreut, war beim Verband zur Hälfte freigestellt und musste trotzdem über ein halbes Jahr lang in Köln beim Lehrgang vor Ort sein. Es war eine sehr anspruchsvolle und lehrreiche Zeit zugleich. Ich bin stolz darauf, das geschafft zu haben.

... ihren Wechsel zum DFB im Jahr 2002: Ich war neben meiner Vereinstätigkeit seit 1989 schon beim Landesverband angestellt. Durch diese Konstellation gab es immer wieder mal Verknüpfungspunkte zum DFB. Mit Silvia Neid und Tina Theune haben sich meine Wege somit regelmäßig gekreuzt. So hatte ich immer mal wieder für den DFB gearbeitet. Aber dieses Engagement 2002 ist dann auch einem Zufall entsprungen. Die damalige U 18-Nationalmannschaft war bei der Weltmeisterschaft in Kanada unterwegs. Tina Theune war damals Assistentin von Silvia Neid, musste aber unerwartet verfrüht abreisen. Silvia Neid hat sich schließlich an unsere vorherige gute Zusammenarbeit erinnert. Und dann bin ich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Kanada geflogen, um Tina Theune zu ersetzen. So hat alles seinen weiteren Lauf genommen. Erst ab 2008 habe ich aber als Hauptamtliche beim DFB begonnen. Vorher lief alles auf Honorarbasis ab.

... ihre Zusammenarbeit mit Silvia Neid: Wir kennen uns schon ewig. Schon im Verein sind wir miteinander groß geworden. Beim SV Schlierstadt beziehungsweise dem SC Klinge Seckach haben wir zusammen in einer Mannschaft gespielt. Nachdem Silvia dann ihren Führerschein gemacht hatte, haben wir eine Fahrgemeinschaft gebildet, um zum Training und zu den Spielen zu kommen. Unsere Geschichte verbindet uns. Sie ist dann zum DFB gekommen und hat mich später auch dorthin geholt. Wir hatten eine extrem erfolgreiche Zeit. Silvia war die Chefin, die in der Öffentlichkeit und dann aber auch im Fokus stand, wenn mal Gegenwind aufkam. Ich war nie diejenige, die in die Öffentlichkeit gedrängt ist. Silvia wusste ganz genau, dass sie sich auf meine Loyalität absolut verlassen kann. Wir hatten eine super Aufgabenverteilung.

... ihre Titelgewinnen mit der Nationalmannschaft: Ich kann wirklich keinen Triumph hervorheben, weil hinter jedem Erfolg eine eigene Geschichte steht. Wir haben viele tolle Ereignisse gemeinsam erlebt, wir haben auf internationaler Ebene eigentlich alles gewonnen, was man gewinnen kann.

... den Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2016: Das war für uns der krönende Abschluss. Ein besseres Ende für unsere Zeit mit der Mannschaft hätte sich wirklich niemand ausdenken können. Der Gewinn der Goldmedaille im Maracana-Stadion hat dann doch vieles überstrahlt.

... ihre Rückkehr zur A-Nationalmannschaft unter Horst Hrubesch: Für mich war es nochmal eine ganz neue Erfahrung. Horst Hrubesch ist eingesprungen, hatte aber bis dato keine großen Berührungspunkte mit dem Frauenfußball. Ich hingegen hatte mich mein ganzes Leben damit beschäftigt und konnte mit meinem Wissen entsprechend helfen.

... ihre aktuelle Tätigkeit beim DFB: Als Nachfolgerin von Tina Theune bin ich für die weibliche Talentförderung verantwortlich. Das ist eine tolle Aufgabe, die mir riesigen Spaß macht. Ich denke, dass wir mit den vergangenen Jahren im Nachwuchsbereich ganz zufrieden sein können. Viele hoffnungsvolle Talente haben den Schritt nach oben geschafft. Außerdem waren wir mit den verschiedenen U-Teams bei allen großen Turnieren dabei, wir haben teilweise auch Titel geholt. Aus meiner Erfahrung ist es ganz wichtig, dass die jungen Spielerinnen auf diesem internationalen Niveau gefordert werden und sich dort beweisen können. Das bringt sie in ihrer persönlichen Entwicklung extrem weiter. Turniererfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Aber wir wissen auch, dass nicht alles perfekt ist und dass es Verbesserungspotenziale gibt. Daran arbeiten wir gerade.

... die Entwicklung des deutschen Frauenfußballs in den vergangenen 50 Jahren: Die Entwicklung ist phänomenal. Wir haben riesige Erfolge gefeiert. Aber wir mussten auch das eine oder andere Tal durchschreiten. Das ist meiner Meinung nach allerdings völlig normal. Es ist schon beeindruckend, welche Möglichkeiten die Spielerinnen heutzutage im Vergleich zu meiner Zeit haben. Da ist in allen Bereichen sehr, sehr viel richtig gemacht worden. Im Großen und Ganzen hat sich der Frauenfußball in diesem halben Jahrhundert wirklich großartig entwickelt.

[sw]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Ulrike Ballweg, langjährige Assistenztrainerin der Frauen-Nationalmannschaft und heute für den Bereich Talentförderung weiblich beim DFB verantwortlich.

Ulrike Ballweg über...

... ihre ersten Berührungspunkte mit dem Fußball: Ich bin in einem Dorf im badischen Odenwald aufgewachsen. Solange ich mich erinnern kann, haben wir uns dort mit ein paar Kindern immer zum Fußballspielen auf der Straße getroffen. Oft war ich das einzige Mädchen zwischen vielen Jungs. Wir waren nach der Schule eigentlich immer den ganzen Tag draußen unterwegs. Und eine unserer Hauptbeschäftigungen war eben das Kicken. Hinzu kam, dass ich einen etwas jüngeren Bruder habe, der auch immer mitgespielt hat und dann irgendwann in den Verein gewechselt ist. Das wollte ich dann auch und habe so dann im Verein zusammen mit Jungs mit dem "richtigen Fußballspielen" begonnen. Ich erinnere mich sehr gerne an die Zeit zurück.

... den Start in ihre Trainerinnenkarriere mit 17 Jahren: Ich habe mich schon immer intensiver mit dem Fußball auseinandergesetzt, als viele meiner Mitspielerinnen und Mitspieler. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie man was am besten trainieren könnte. Und irgendwann kam dann der Zeitpunkt, an dem ich erstmals als Trainerin gearbeitet habe. Das war am Ende meiner Jugendzeit und genau in diesem Moment stand für meine bisherige Mannschaft keine Trainerin und kein Trainer zur Verfügung. Daraufhin habe ich angeboten, die Aufgabe zu übernehmen. So hat alles begonnen. Erschwerend kam hinzu, dass ich in den ersten Monaten noch keinen Führerschein hatte und häufig von meinen Eltern gefahren werden musste. Das war alles mit hohem Organisationsaufwand verbunden.

... die Verantwortung eines Trainers: Es ist tatsächlich so, dass mich gerade meine Anfangszeit als Trainerin sehr geprägt hat. Ich war plötzlich verantwortlich für eine Gruppe von 15 bis 20 jungen Menschen. Das war nicht so einfach, aber hat mir von Anfang an Spaß gemacht und ich konnte als junge Trainerin früh viel Erfahrung sammeln und hierüber auch direkt den Einstieg in meine Trainerausbildungen finden.

... ihre Zeit als Spielertrainerin beim SC Klinge Seckach: Das wurde dann auch zeitlich eine sehr anspruchsvolle Geschichte. Wir haben damals Bundesliga gespielt und einmal sogar das DFB-Pokalfinale erreicht, das wir dann aber leider verloren haben. In dieser Zeit war ich teilweise 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche im Fußball eingespannt, da ich ja zu dieser Zeit auch als Verbandstrainerin in Baden tätig war. Beim Verein war ich ja nicht nur Spielerin und Trainerin in einer Person, sondern auch noch teilweise Teammanagerin, -psychologin und hatte Betreueraufgaben, ich war sozusagen "Allrounderin". Heutzutage ist das ja kaum noch vorstellbar.

... die Ausbildung zur Fußball-Lehrerin: Das war schon ein großer Schritt. Der Fußball-Lehrer ist ja bis heute die höchste Auszeichnung in diesem Beruf. Ich war die dritte Frau in Deutschland, die diese Ausbildung erfolgreich abschließen konnte. Für mich war auch das damals mit richtig viel Aufwand verbunden. Ich habe nebenbei noch meine Mannschaft betreut, war beim Verband zur Hälfte freigestellt und musste trotzdem über ein halbes Jahr lang in Köln beim Lehrgang vor Ort sein. Es war eine sehr anspruchsvolle und lehrreiche Zeit zugleich. Ich bin stolz darauf, das geschafft zu haben.

... ihren Wechsel zum DFB im Jahr 2002: Ich war neben meiner Vereinstätigkeit seit 1989 schon beim Landesverband angestellt. Durch diese Konstellation gab es immer wieder mal Verknüpfungspunkte zum DFB. Mit Silvia Neid und Tina Theune haben sich meine Wege somit regelmäßig gekreuzt. So hatte ich immer mal wieder für den DFB gearbeitet. Aber dieses Engagement 2002 ist dann auch einem Zufall entsprungen. Die damalige U 18-Nationalmannschaft war bei der Weltmeisterschaft in Kanada unterwegs. Tina Theune war damals Assistentin von Silvia Neid, musste aber unerwartet verfrüht abreisen. Silvia Neid hat sich schließlich an unsere vorherige gute Zusammenarbeit erinnert. Und dann bin ich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Kanada geflogen, um Tina Theune zu ersetzen. So hat alles seinen weiteren Lauf genommen. Erst ab 2008 habe ich aber als Hauptamtliche beim DFB begonnen. Vorher lief alles auf Honorarbasis ab.

... ihre Zusammenarbeit mit Silvia Neid: Wir kennen uns schon ewig. Schon im Verein sind wir miteinander groß geworden. Beim SV Schlierstadt beziehungsweise dem SC Klinge Seckach haben wir zusammen in einer Mannschaft gespielt. Nachdem Silvia dann ihren Führerschein gemacht hatte, haben wir eine Fahrgemeinschaft gebildet, um zum Training und zu den Spielen zu kommen. Unsere Geschichte verbindet uns. Sie ist dann zum DFB gekommen und hat mich später auch dorthin geholt. Wir hatten eine extrem erfolgreiche Zeit. Silvia war die Chefin, die in der Öffentlichkeit und dann aber auch im Fokus stand, wenn mal Gegenwind aufkam. Ich war nie diejenige, die in die Öffentlichkeit gedrängt ist. Silvia wusste ganz genau, dass sie sich auf meine Loyalität absolut verlassen kann. Wir hatten eine super Aufgabenverteilung.

... ihre Titelgewinnen mit der Nationalmannschaft: Ich kann wirklich keinen Triumph hervorheben, weil hinter jedem Erfolg eine eigene Geschichte steht. Wir haben viele tolle Ereignisse gemeinsam erlebt, wir haben auf internationaler Ebene eigentlich alles gewonnen, was man gewinnen kann.

... den Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2016: Das war für uns der krönende Abschluss. Ein besseres Ende für unsere Zeit mit der Mannschaft hätte sich wirklich niemand ausdenken können. Der Gewinn der Goldmedaille im Maracana-Stadion hat dann doch vieles überstrahlt.

... ihre Rückkehr zur A-Nationalmannschaft unter Horst Hrubesch: Für mich war es nochmal eine ganz neue Erfahrung. Horst Hrubesch ist eingesprungen, hatte aber bis dato keine großen Berührungspunkte mit dem Frauenfußball. Ich hingegen hatte mich mein ganzes Leben damit beschäftigt und konnte mit meinem Wissen entsprechend helfen.

... ihre aktuelle Tätigkeit beim DFB: Als Nachfolgerin von Tina Theune bin ich für die weibliche Talentförderung verantwortlich. Das ist eine tolle Aufgabe, die mir riesigen Spaß macht. Ich denke, dass wir mit den vergangenen Jahren im Nachwuchsbereich ganz zufrieden sein können. Viele hoffnungsvolle Talente haben den Schritt nach oben geschafft. Außerdem waren wir mit den verschiedenen U-Teams bei allen großen Turnieren dabei, wir haben teilweise auch Titel geholt. Aus meiner Erfahrung ist es ganz wichtig, dass die jungen Spielerinnen auf diesem internationalen Niveau gefordert werden und sich dort beweisen können. Das bringt sie in ihrer persönlichen Entwicklung extrem weiter. Turniererfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Aber wir wissen auch, dass nicht alles perfekt ist und dass es Verbesserungspotenziale gibt. Daran arbeiten wir gerade.

... die Entwicklung des deutschen Frauenfußballs in den vergangenen 50 Jahren: Die Entwicklung ist phänomenal. Wir haben riesige Erfolge gefeiert. Aber wir mussten auch das eine oder andere Tal durchschreiten. Das ist meiner Meinung nach allerdings völlig normal. Es ist schon beeindruckend, welche Möglichkeiten die Spielerinnen heutzutage im Vergleich zu meiner Zeit haben. Da ist in allen Bereichen sehr, sehr viel richtig gemacht worden. Im Großen und Ganzen hat sich der Frauenfußball in diesem halben Jahrhundert wirklich großartig entwickelt.

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