B-Nationalteam: 62-mal Talentschmiede

Aller Anfang war schwer. Als heute vor 70 Jahren zum ersten Mal eine deutsche B-Nationalmannschaft auflief, war die Enttäuschung hinterher noch größer als die schon immense Vorfreude. 25.000 Zuschauer waren nach Karlsruhe ins Stadion Honsellstraße, Heimat des damaligen Oberligisten VfB Mühlburg, gekommen, um die Premiere des neuen "DFB-Babys" zu sehen. Gegner war, wie so oft bei Neuanfängen, die Schweiz, und "die Expertentipps gingen bis zum 7:1", lesen wir im Sport Magazin vom 18. April 1951, exakt sieben Tage nach dem verpatzten Debüt.

Die Schweizer gewannen 2:0, und das hoch verdient. "Die deutsche Mannschaft spielte unglaublich schwach", mäkelte das Fachblatt. So war es kein Wunder, dass nur drei aus dieser Elf es noch zu A-Nationalspielerehren bringen sollten: Erich Retter, Gerhard Kaufhold und Hans Haferkamp. Und das war der eigentliche Zweck dieser von Bundestrainer Sepp Herberger initiierten Einrichtung. Er wollte kommende Nationalspieler sichten, was zur damaligen Zeit, als es noch keine Bundesliga und kein Fernsehen gab, wesentlich schwieriger als heute war. Herberger sagte 1951: "Spielausschussvorsitzender Hans Körfer und ich sind uns klar darüber, dass das wahre Können unserer in Frage kommenden Spieler in erster Linie in solchen Kraftproben geprüft werden kann."

U 21 übernimmt ab 1982 als Talentschmiede

Von der Einrichtung einer B-Auswahl profitierten auch seine Nachfolger Helmut Schön und Jupp Derwall, ehe sie 1982 eingestellt wurde. An ihre Stelle trat die U 21, die sich auf die Talente konzentrierte. Zudem wurde zwischen 1999 und 2001 eine A2-Nationalmannschaft installiert. Ihr schloss sich vor der Heim-WM 2006 das sogenannte "Team 2006" von 2002 bis 2005 an.

Am 28. Oktober 1986 fand nach vierjähriger Pause noch ein letztes B-Länderspiel statt, das eigentlich das Duell zweier Olympiaauswahlteams war. Deutschland traf in Essen auf Schweden und gewann 3:0. Es war ein formaler Akt, das Spiel dort einzugliedern, denn frühere Olympiateams bestritten offiziell Amateurländerspiele, die es aber 1986 nicht mehr gab. Es standen auch keine Amateure mehr in der Olympiaauswahl, die sich auf Seoul 1988 vorbereitete.

Allofs, Kuntz und Co.: Knapp die Hälfte später beim A-Team

Stefan Kuntz (2) und Thomas Allofs schossen die letzten von insgesamt 122 Toren, die sich in 62 Spielen ergaben. Die Bilanz kann sich sehen lassen: 40 Siege, sieben Unentschieden und 15 Niederlagen. Das eigentliche Ziel dieser Auswahl, die nie ein Turnier bestritt, wurde auch erfüllt. Von den 342 eingesetzten Spielern wurden immerhin 167, also knapp die Hälfte, A-Nationalspieler. Darunter befinden sich die Ehrenspielführer Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus, Weltstars wie Günter Netzer, Karl-Heinz Rummenigge oder Rudi Völler - und insgesamt 27 Weltmeister.

Der Rekordsieg wurde am 16. Oktober 1979 gegen die A-Nationalmannschaft von Luxemburg herausgeschossen (9:0), die meisten Spiele gab es natürlich gegen die Schweiz (neun). Meistens bestritt die B-Elf am Vortag vor dem Spiel der A-Elf ihre Partie, Dienstag war der Matchday der "Reserve".

Während die meisten Spieler gerne kamen, leisteten sich die Schalker Kremers- Zwillinge 1972 einen Affront, wie Erwin Jahrzehnte später noch zugab: "Es hieß zunächst, mein Zwillingsbruder Helmut und ich seien für das A-Länderspiel in Ungarn nominiert worden, doch plötzlich sollten wir in der B-Elf spielen. Da sind wir nicht hin, aus Protest. Der Trainer Jupp Derwall war stinksauer."

"Mir hat es Spaß gemacht, es war mir immer eine Ehre"

Derartige Possen blieben die Ausnahme, zumal sich auch der Reisestress in kontinentalen Grenzen hielt. 21 der 24 verschiedenen Gegner waren aus Europa, nur 1977 ging es mal nach Jamaika, Honduras und in die USA (1977). Dieter Burdenski, Ex-Torwart von Werder Bremen, kam zu neun Einsätzen und sagt noch heute: "Mit der B-Elf spielten wir oft in kleineren Städten und kleineren Stadien wie Tatabanya oder Timisoara. Man kam in Ecken dieser Welt, wo man normal nicht hingekommen wäre. Mir hat es Spaß gemacht, es war mir immer eine Ehre. Es war fast alles wie bei richtigen Länderspielen. Die Vorbereitung und Organisation des DFB war stets auf hohem Level und vor den Spielen wurde die Hymne gespielt."

Trainer war in der Regel der Assistent des Bundestrainers (Helmut Schön, Jupp Derwall, Erich Ribbeck), während sich anfangs Herberger noch in einer Doppelrolle übte. Rekordspieler wurde der Ex-Duisburger Ronny Worm (zwölf Einsätze), die meisten Tore schoss der im Vorjahr verstorbene Ex-Dortmunder Manfred Burgsmüller (acht). An ihren Rekorden, so steht zu vermuten, wird so schnell keiner mehr rütteln.

Weltmeister, die in der B-Elf spielten: Klaus Augenthaler, Hans Bauer, Franz Beckenbauer, Ulrich Biesinger, Bernd Cullmann, Heinz Flohe, Dieter Herzog, Bernd Hölzenbein, Horst-Dieter Höttges, Jupp Kapellmann, Wolfgang Kleff, Bernhard Klodt, Helmut Kremers, Heinz Kubsch, Werner Liebrich, Pierre Littbarski, Karl Mai, Lothar Matthäus, Paul Mebus, Karl-Heinz Metzner, Max Morlock, Günter Netzer, Norbert Nigbur, Helmut Rahn, Hans Schäfer, Rudi Völler, Ottmar Walter.

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Aller Anfang war schwer. Als heute vor 70 Jahren zum ersten Mal eine deutsche B-Nationalmannschaft auflief, war die Enttäuschung hinterher noch größer als die schon immense Vorfreude. 25.000 Zuschauer waren nach Karlsruhe ins Stadion Honsellstraße, Heimat des damaligen Oberligisten VfB Mühlburg, gekommen, um die Premiere des neuen "DFB-Babys" zu sehen. Gegner war, wie so oft bei Neuanfängen, die Schweiz, und "die Expertentipps gingen bis zum 7:1", lesen wir im Sport Magazin vom 18. April 1951, exakt sieben Tage nach dem verpatzten Debüt.

Die Schweizer gewannen 2:0, und das hoch verdient. "Die deutsche Mannschaft spielte unglaublich schwach", mäkelte das Fachblatt. So war es kein Wunder, dass nur drei aus dieser Elf es noch zu A-Nationalspielerehren bringen sollten: Erich Retter, Gerhard Kaufhold und Hans Haferkamp. Und das war der eigentliche Zweck dieser von Bundestrainer Sepp Herberger initiierten Einrichtung. Er wollte kommende Nationalspieler sichten, was zur damaligen Zeit, als es noch keine Bundesliga und kein Fernsehen gab, wesentlich schwieriger als heute war. Herberger sagte 1951: "Spielausschussvorsitzender Hans Körfer und ich sind uns klar darüber, dass das wahre Können unserer in Frage kommenden Spieler in erster Linie in solchen Kraftproben geprüft werden kann."

U 21 übernimmt ab 1982 als Talentschmiede

Von der Einrichtung einer B-Auswahl profitierten auch seine Nachfolger Helmut Schön und Jupp Derwall, ehe sie 1982 eingestellt wurde. An ihre Stelle trat die U 21, die sich auf die Talente konzentrierte. Zudem wurde zwischen 1999 und 2001 eine A2-Nationalmannschaft installiert. Ihr schloss sich vor der Heim-WM 2006 das sogenannte "Team 2006" von 2002 bis 2005 an.

Am 28. Oktober 1986 fand nach vierjähriger Pause noch ein letztes B-Länderspiel statt, das eigentlich das Duell zweier Olympiaauswahlteams war. Deutschland traf in Essen auf Schweden und gewann 3:0. Es war ein formaler Akt, das Spiel dort einzugliedern, denn frühere Olympiateams bestritten offiziell Amateurländerspiele, die es aber 1986 nicht mehr gab. Es standen auch keine Amateure mehr in der Olympiaauswahl, die sich auf Seoul 1988 vorbereitete.

Allofs, Kuntz und Co.: Knapp die Hälfte später beim A-Team

Stefan Kuntz (2) und Thomas Allofs schossen die letzten von insgesamt 122 Toren, die sich in 62 Spielen ergaben. Die Bilanz kann sich sehen lassen: 40 Siege, sieben Unentschieden und 15 Niederlagen. Das eigentliche Ziel dieser Auswahl, die nie ein Turnier bestritt, wurde auch erfüllt. Von den 342 eingesetzten Spielern wurden immerhin 167, also knapp die Hälfte, A-Nationalspieler. Darunter befinden sich die Ehrenspielführer Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus, Weltstars wie Günter Netzer, Karl-Heinz Rummenigge oder Rudi Völler - und insgesamt 27 Weltmeister.

Der Rekordsieg wurde am 16. Oktober 1979 gegen die A-Nationalmannschaft von Luxemburg herausgeschossen (9:0), die meisten Spiele gab es natürlich gegen die Schweiz (neun). Meistens bestritt die B-Elf am Vortag vor dem Spiel der A-Elf ihre Partie, Dienstag war der Matchday der "Reserve".

Während die meisten Spieler gerne kamen, leisteten sich die Schalker Kremers- Zwillinge 1972 einen Affront, wie Erwin Jahrzehnte später noch zugab: "Es hieß zunächst, mein Zwillingsbruder Helmut und ich seien für das A-Länderspiel in Ungarn nominiert worden, doch plötzlich sollten wir in der B-Elf spielen. Da sind wir nicht hin, aus Protest. Der Trainer Jupp Derwall war stinksauer."

"Mir hat es Spaß gemacht, es war mir immer eine Ehre"

Derartige Possen blieben die Ausnahme, zumal sich auch der Reisestress in kontinentalen Grenzen hielt. 21 der 24 verschiedenen Gegner waren aus Europa, nur 1977 ging es mal nach Jamaika, Honduras und in die USA (1977). Dieter Burdenski, Ex-Torwart von Werder Bremen, kam zu neun Einsätzen und sagt noch heute: "Mit der B-Elf spielten wir oft in kleineren Städten und kleineren Stadien wie Tatabanya oder Timisoara. Man kam in Ecken dieser Welt, wo man normal nicht hingekommen wäre. Mir hat es Spaß gemacht, es war mir immer eine Ehre. Es war fast alles wie bei richtigen Länderspielen. Die Vorbereitung und Organisation des DFB war stets auf hohem Level und vor den Spielen wurde die Hymne gespielt."

Trainer war in der Regel der Assistent des Bundestrainers (Helmut Schön, Jupp Derwall, Erich Ribbeck), während sich anfangs Herberger noch in einer Doppelrolle übte. Rekordspieler wurde der Ex-Duisburger Ronny Worm (zwölf Einsätze), die meisten Tore schoss der im Vorjahr verstorbene Ex-Dortmunder Manfred Burgsmüller (acht). An ihren Rekorden, so steht zu vermuten, wird so schnell keiner mehr rütteln.

Weltmeister, die in der B-Elf spielten: Klaus Augenthaler, Hans Bauer, Franz Beckenbauer, Ulrich Biesinger, Bernd Cullmann, Heinz Flohe, Dieter Herzog, Bernd Hölzenbein, Horst-Dieter Höttges, Jupp Kapellmann, Wolfgang Kleff, Bernhard Klodt, Helmut Kremers, Heinz Kubsch, Werner Liebrich, Pierre Littbarski, Karl Mai, Lothar Matthäus, Paul Mebus, Karl-Heinz Metzner, Max Morlock, Günter Netzer, Norbert Nigbur, Helmut Rahn, Hans Schäfer, Rudi Völler, Ottmar Walter.

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