Aytekin hofft auf "mehr Wertschätzung und Respekt" für Schiris

Am kommenden Samstag wechseln die beiden Bundesligaprofis Nils Petersen und Anton Stach die Seiten und leiten zum Auftakt des "Jahres der Schiris" als Referees ein Bezirksligaspiel, Bundesligaschiedsrichter Deniz Aytekin wird als Beobachter vor Ort sein und die Spielleitung per Headset unterstützen. Vorab spricht das Trio gemeinsam mit DFB-Abteilungsleiterin Schiedsrichter*innen Moiken Wolk über die Auftaktaktion zum "Jahr der Schiris".

Deniz Aytekin über...

... die Aktion mit Petersen und Stach: Als ich das erste Mal davon gehört habe, war ich sofort dabei. Wir sind als Elite-Schiedsrichter die Spitze, aber die wahren Helden sind in den Amateurligen. Die Entwicklung dort ist sehr bedenklich ist. Da muss man sich die Frage stellen, kann man den eigenen Kindern raten, Schiedsrichter zu werden. Alles was dazu führt, dass mehr Wertschätzung und Respekt entgegengebracht werden, unterstützen wir. Ich freue mich, dass wir die Unterstützung von zwei Spielern bekommen. 

... negative Erfahrungen als Schiedsrichter: Ich hatte einmal ein Pokalspiel in der Bezirksliga, das 15:1 ausging und wo ich nachher von einem Spieler getreten wurde, weil er glaubte, er habe wegen einer falschen Entscheidung das Spiel verloren. Wenn man verbal beleidigt wird, ist es schon ganz schlimm und eine besondere Herausforderung. Ich habe trotzdem weitergemacht, weil ich den Fußball liebe und ich mich als Teil der Fußballfamilie fühle. Es gibt so viele positive Momente, die ich erleben durfte, da kann ich nur raten, trotzdem nicht aufzuhören.

... Ex-Spieler als Schiedsrichter: Wir sind so modern, dass wir für viele Themen offen sind. Ich weiß nicht, ob da ein Interesse besteht, aber wenn, dann wüsste ich nicht, wieso es nicht möglich sein sollte.

... einen möglichen Kulturwandel im Fußball: Es ist nichts, was von heute auf morgen geht. Emotionen wollen wir nicht verhindern, sie sind ein Teil des Spiels, aber es gibt Grenzen. Das Wort "Respekt" wird häufig genannt, und Respekt heißt ja übersetzt: "sich gegenseitig sehen". Viele Schiedsrichter fühlen sich in den unteren Ligen nicht gesehen.

Nils Petersen über...

... seinen ersten Einsatz als Schiedsrichter: Es ist tatsächlich nicht das erste Mal, aber das eine Mal war im Kindesalter. Das war ein F-Jugendspiel, weil niemand sonst da war. Ich habe damals keine Uhr gehabt und zur Halbzeit gepfiffen, als mich ein Zuschauer darauf hingewiesen hat. Ich habe mir jetzt erst mal eine Checkliste ausgedruckt, was man als Schiedsrichter braucht.

... seine Vorbereitung: Alleine dass man die Unterstützung von außen hat, gibt Sicherheit. Der Druck ist hoch, vielleicht haben wir unter der Woche  ein paar Videoanalysen, wo ich den Fokus auf den Schiri legen kann. Ich habe Demut und Respekt, denn man will ja als guter Schiedsrichter aus dem Spiel gehen, weil für die Jungs Spiele in der Bezirksliga immer ein Highlight sind.

... die Handspielregel: Wir werden vor der Saison in Kenntnis gesetzt, aber es allen auf dem Platz recht zu machen, ist schwer, weil man vielleicht auch aus dem Gefühl entscheidet. Wir sind uns nach den Spielen auch nicht immer einig. 

... seine mögliche Zukunft als Schiedsrichter: Es ist ein Beruf, in dem man sich ausbilden lassen muss, ich maße mir nicht an, da gleich auf der Höhe zu sein. Da steckt eine jahrelange Erfahrung dahinter. Man soll aber niemals nie sagen.

Anton Stach über...

... den Perspektivwechsel: Es ist natürlich eine Riesensache und megainteressant wie das ganze Projekt. Das fängt schon bei den Laufwegen an, dass man nicht den Ball haben möchte, sondern aus dem Weg gehen muss. Ich lasse es auf mich zukommen, freue mich und hoffe, dass ich eine klare Linie haben werde, wenn ich pfeife.

... seine Vorbereitung: Vorbereiten muss ich mich auf jeden Fall. Es gibt viele Sachen, die man nicht auf dem Schirm hat. Ich muss allein schon die Handzeichen lernen. Ich hoffe, dass wir das gut machen werden. Es ist gut, dass wir mit Headset jemanden im Ohr haben, der uns helfen kann, das Spiel zu leiten. 

... die Handspielregel: Es ist ja das Riesenthema in den vergangenen Wochen, deswegen hat man Respekt vor der Regel. Es ist schwierig zu sagen, weil es eine sehr theoretische Regel ist. Wir als Spieler haben oft eine andere Einschätzung.

... Spieler als Schiedsrichter: Ich selbst habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, aber ich denke, dass es ein guter Punkt sein kann, weil Spieler auf dem Feld eine andere Einschätzung haben. Es muss ja nicht der Hauptschiedsrichter sein, sondern vielleicht auch als Berater im Keller.

Moiken Wolk über...

... den Schiedsrichter-Schwund: Aktuell gibt es 50.500 aktive Schiedsrichter*innen. Das mag sich viel anhören, aber im Vergleich zu den Zahlen von vor zehn Jahren, als es über 70.000 waren, schreitet der Schwund fort. Die Auswirkungen sind im Amateurfußball spürbar. Wir haben Umfragen durchgeführt und mit vielen Betroffenen Gespräche geführt: Es gibt ein Imageproblem. Die öffentliche Wahrnehmung ist sehr negativ, ständig wird skandalisiert, ob auf und neben dem Platz, im Stammtisch und in den Medien. ALs Schiedsrichter stellt man sich die Frage: "Warum tust du dir das an?" Das ist sehr schlecht. Ein Beispiel eines Kollegen aus England ist sehr passend: Schiedsrichter sind wie Harry Potter, er gehört zur Familie, lebt aber unter der Treppe. Wir müssen die Schiedsrichter in die Fußballfamilie holen.

... das "Jahr der Schiris": Ein weiterer Punkt sind die hohen "Dropout-Quoten". Wir bilden jedes Jahr viele Schiedsrichter aus, die dann aber wieder aussteigen. Es ist in unser aller Verantwortung, jetzt einen Diskurs anzuschieben und eine Trendwende einzuleiten. Verantwortlich dafür sind die Spieler, Trainer, Funktionäre, Zuschauer, Verbände, Medien und Schirigruppen selbst. Wir wollen erreichen, dass wir uns dem Thema konstruktiv annähern, und möchten vermitteln, dass es cool ist, Schiedsrichter zu sein. Wir wollen eine neue Umgangskultur einleiten, dass Schiedsrichter mehr integriert werden in den Vereinen und bewusst wird, dass es nicht nur Aufgabe der Verbände ist, Schiedsrichter zu gewinnen und bei Laune zu halten, sondern auch der Vereine. Wir möchten über das Jahr hinweg das Thema immer wieder bespielen und Aufmerksamkeit schaffen. Die Ziele lassen sich nur umsetzen, wenn wir in einem starken Team gemeinsam anpacken.

... einen möglichen Kulturwandel: Es ist kein einfacher Weg, und das betrifft nicht nur den Umgang mit den Schiedsrichtern. Das Verhalten von Trainern und Fans ist im Vergleich zu anderen Sportarten anders. Ich glaube daran, dass mit einer gewissen Öffentlichkeit und Sensibilisierung etwas passieren könnte. Der erste Schritt sollte gegangen werden, um Ende des Jahres zu sehen, wo wir stehen.

[dfb]

Am kommenden Samstag wechseln die beiden Bundesligaprofis Nils Petersen und Anton Stach die Seiten und leiten zum Auftakt des "Jahres der Schiris" als Referees ein Bezirksligaspiel, Bundesligaschiedsrichter Deniz Aytekin wird als Beobachter vor Ort sein und die Spielleitung per Headset unterstützen. Vorab spricht das Trio gemeinsam mit DFB-Abteilungsleiterin Schiedsrichter*innen Moiken Wolk über die Auftaktaktion zum "Jahr der Schiris".

Deniz Aytekin über...

... die Aktion mit Petersen und Stach: Als ich das erste Mal davon gehört habe, war ich sofort dabei. Wir sind als Elite-Schiedsrichter die Spitze, aber die wahren Helden sind in den Amateurligen. Die Entwicklung dort ist sehr bedenklich ist. Da muss man sich die Frage stellen, kann man den eigenen Kindern raten, Schiedsrichter zu werden. Alles was dazu führt, dass mehr Wertschätzung und Respekt entgegengebracht werden, unterstützen wir. Ich freue mich, dass wir die Unterstützung von zwei Spielern bekommen. 

... negative Erfahrungen als Schiedsrichter: Ich hatte einmal ein Pokalspiel in der Bezirksliga, das 15:1 ausging und wo ich nachher von einem Spieler getreten wurde, weil er glaubte, er habe wegen einer falschen Entscheidung das Spiel verloren. Wenn man verbal beleidigt wird, ist es schon ganz schlimm und eine besondere Herausforderung. Ich habe trotzdem weitergemacht, weil ich den Fußball liebe und ich mich als Teil der Fußballfamilie fühle. Es gibt so viele positive Momente, die ich erleben durfte, da kann ich nur raten, trotzdem nicht aufzuhören.

... Ex-Spieler als Schiedsrichter: Wir sind so modern, dass wir für viele Themen offen sind. Ich weiß nicht, ob da ein Interesse besteht, aber wenn, dann wüsste ich nicht, wieso es nicht möglich sein sollte.

... einen möglichen Kulturwandel im Fußball: Es ist nichts, was von heute auf morgen geht. Emotionen wollen wir nicht verhindern, sie sind ein Teil des Spiels, aber es gibt Grenzen. Das Wort "Respekt" wird häufig genannt, und Respekt heißt ja übersetzt: "sich gegenseitig sehen". Viele Schiedsrichter fühlen sich in den unteren Ligen nicht gesehen.

Nils Petersen über...

... seinen ersten Einsatz als Schiedsrichter: Es ist tatsächlich nicht das erste Mal, aber das eine Mal war im Kindesalter. Das war ein F-Jugendspiel, weil niemand sonst da war. Ich habe damals keine Uhr gehabt und zur Halbzeit gepfiffen, als mich ein Zuschauer darauf hingewiesen hat. Ich habe mir jetzt erst mal eine Checkliste ausgedruckt, was man als Schiedsrichter braucht.

... seine Vorbereitung: Alleine dass man die Unterstützung von außen hat, gibt Sicherheit. Der Druck ist hoch, vielleicht haben wir unter der Woche  ein paar Videoanalysen, wo ich den Fokus auf den Schiri legen kann. Ich habe Demut und Respekt, denn man will ja als guter Schiedsrichter aus dem Spiel gehen, weil für die Jungs Spiele in der Bezirksliga immer ein Highlight sind.

... die Handspielregel: Wir werden vor der Saison in Kenntnis gesetzt, aber es allen auf dem Platz recht zu machen, ist schwer, weil man vielleicht auch aus dem Gefühl entscheidet. Wir sind uns nach den Spielen auch nicht immer einig. 

... seine mögliche Zukunft als Schiedsrichter: Es ist ein Beruf, in dem man sich ausbilden lassen muss, ich maße mir nicht an, da gleich auf der Höhe zu sein. Da steckt eine jahrelange Erfahrung dahinter. Man soll aber niemals nie sagen.

Anton Stach über...

... den Perspektivwechsel: Es ist natürlich eine Riesensache und megainteressant wie das ganze Projekt. Das fängt schon bei den Laufwegen an, dass man nicht den Ball haben möchte, sondern aus dem Weg gehen muss. Ich lasse es auf mich zukommen, freue mich und hoffe, dass ich eine klare Linie haben werde, wenn ich pfeife.

... seine Vorbereitung: Vorbereiten muss ich mich auf jeden Fall. Es gibt viele Sachen, die man nicht auf dem Schirm hat. Ich muss allein schon die Handzeichen lernen. Ich hoffe, dass wir das gut machen werden. Es ist gut, dass wir mit Headset jemanden im Ohr haben, der uns helfen kann, das Spiel zu leiten. 

... die Handspielregel: Es ist ja das Riesenthema in den vergangenen Wochen, deswegen hat man Respekt vor der Regel. Es ist schwierig zu sagen, weil es eine sehr theoretische Regel ist. Wir als Spieler haben oft eine andere Einschätzung.

... Spieler als Schiedsrichter: Ich selbst habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, aber ich denke, dass es ein guter Punkt sein kann, weil Spieler auf dem Feld eine andere Einschätzung haben. Es muss ja nicht der Hauptschiedsrichter sein, sondern vielleicht auch als Berater im Keller.

Moiken Wolk über...

... den Schiedsrichter-Schwund: Aktuell gibt es 50.500 aktive Schiedsrichter*innen. Das mag sich viel anhören, aber im Vergleich zu den Zahlen von vor zehn Jahren, als es über 70.000 waren, schreitet der Schwund fort. Die Auswirkungen sind im Amateurfußball spürbar. Wir haben Umfragen durchgeführt und mit vielen Betroffenen Gespräche geführt: Es gibt ein Imageproblem. Die öffentliche Wahrnehmung ist sehr negativ, ständig wird skandalisiert, ob auf und neben dem Platz, im Stammtisch und in den Medien. ALs Schiedsrichter stellt man sich die Frage: "Warum tust du dir das an?" Das ist sehr schlecht. Ein Beispiel eines Kollegen aus England ist sehr passend: Schiedsrichter sind wie Harry Potter, er gehört zur Familie, lebt aber unter der Treppe. Wir müssen die Schiedsrichter in die Fußballfamilie holen.

... das "Jahr der Schiris": Ein weiterer Punkt sind die hohen "Dropout-Quoten". Wir bilden jedes Jahr viele Schiedsrichter aus, die dann aber wieder aussteigen. Es ist in unser aller Verantwortung, jetzt einen Diskurs anzuschieben und eine Trendwende einzuleiten. Verantwortlich dafür sind die Spieler, Trainer, Funktionäre, Zuschauer, Verbände, Medien und Schirigruppen selbst. Wir wollen erreichen, dass wir uns dem Thema konstruktiv annähern, und möchten vermitteln, dass es cool ist, Schiedsrichter zu sein. Wir wollen eine neue Umgangskultur einleiten, dass Schiedsrichter mehr integriert werden in den Vereinen und bewusst wird, dass es nicht nur Aufgabe der Verbände ist, Schiedsrichter zu gewinnen und bei Laune zu halten, sondern auch der Vereine. Wir möchten über das Jahr hinweg das Thema immer wieder bespielen und Aufmerksamkeit schaffen. Die Ziele lassen sich nur umsetzen, wenn wir in einem starken Team gemeinsam anpacken.

... einen möglichen Kulturwandel: Es ist kein einfacher Weg, und das betrifft nicht nur den Umgang mit den Schiedsrichtern. Das Verhalten von Trainern und Fans ist im Vergleich zu anderen Sportarten anders. Ich glaube daran, dass mit einer gewissen Öffentlichkeit und Sensibilisierung etwas passieren könnte. Der erste Schritt sollte gegangen werden, um Ende des Jahres zu sehen, wo wir stehen.

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