André Schürrle: "Ich habe eine Riesenfreude in mir"

DFB.de: Wenn man damals gesagt hätte, dass Sie drei Jahre später im Kader stehen würden: Wie hätten Sie reagiert?

Schürrle: Ich hatte den Traum, Nationalspieler zu werden, aber nicht den konkreten Gedanken. Die A-Nationalmannschaft war damals ja noch ganz weit weg.

DFB.de: Und jetzt sind sie dabei und stehen vor der Verwirklichung des nächsten Traums. Inwieweit sind Ihre Gedanken schon auf die EURO 2012 gerichtet?

Schürrle: So ein Turnier zu erleben, wäre fantastisch. Ich werde alles dafür tun, dass ich im kommenden Jahr dabei bin. Vorher müssen wir uns aber erst einmal qualifizieren.

DFB.de: An den Titelgewinn denken Sie noch nicht?

Schürrle: Wir wollen zur absoluten Weltspitze gehören, dafür müssen wir Titel gewinnen. Aber wir haben sehr viel Potenzial und Qualität in der Mannschaft. Ich bin deswegen davon überzeugt, dass wir in der Zukunft einiges reißen können.

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Sein Treffer zum 2:0 gegen Uruguay hat seinen Stärken komprimiert gezeigt: Ballmitnahme in hohem Tempo, direkter Zug zum Tor, technisch versierter und überlegter Abschluss. André Schürrle hat den Bundestrainer, seine Mitspieler und die Fans gleichermaßen in Begeisterung versetzt, nach drei Länderspielen ist der 20-Jährige endgültig in der Nationalmannschaft angekommen.

Im aktuellen Interview mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke spricht der Noch-Mainzer über das Miteinander im A-Team, die Meilensteine seiner Karriere und seine Ziele in der kommenden Saison.

DFB.de: Herr Schürrle, zu Ihrem sportlichen Höhenflug passt der Termin, den die Nationalmannschaft heute bei der Lufthansa hatte. Sie saßen in einem Flug-Simulator. Wie wars?

André Schürrle: Es war sehr interessant. Leider hatten wir nicht genug Zeit, dass jeder von uns ans Steuer kam. Thomas Müller hat das bei uns gemacht. Er war richtig gut, wir sind nicht abgestürzt. Aber die eine oder andere Turbulenz war schon dabei, manchmal hat es ganz schön gewackelt.

DFB.de: Sie haben im Benefizländerspiel gegen Uruguay im dritten Länderspiel Ihr erstes Tor erzielt. Wissen Sie noch, was Sie gedacht haben, als der Ball im Netz war?

Schürrle: Ich habe wenig gedacht, eigentlich gar nichts. Es war eine Riesenfreude in mir, der Rest war dann mechanisch: Einfach irgendwo hinlaufen, die Emotionen rauslassen, springen, jubeln.

DFB.de: Vor dem Länderspiel gegen Kasachstan haben Sie gesagt, dass Sie fühlen im Kreis der Nationalmannschaft noch nicht ganz angekommen zu sein. Hat sich dies mittlerweile geändert?

Schürrle: Ich habe damit gemeint, dass man sich erst richtig als Nationalspieler fühlen kann, wenn man ein paar Länderspiele gemacht hat. Man muss öfter dabei sein, muss auch die Leute im Umfeld besser kennenlernen. Das kann nur nach und nach wachsen. Jetzt merke ich, dass es immer mehr Gesprächsthemen auch mit den älteren Spielern gibt. Ich fühle mich inzwischen bei der Nationalmannschaft pudelwohl, von allen voll respektiert und anerkannt.

DFB.de: Sie haben eine rasante Entwicklung hinter sich und sind binnen zwei Jahren Bundesligaspieler und Nationalspieler geworden. Was war in Ihrer Entwicklung besonders wichtig?

Schürrle: Es waren viele Faktoren. Die deutsche A-Jugend-Meisterschaft mit Mainz 05 unter Thomas Tuchel war ein tolles Erlebnis, dann meine Einsätze für die U 21, mein Debüt in der Liga. Es gab viele Meilensteine. Das erste Tor, die erste Nominierung, das erste Länderspiel. Ich habe viele aufregende Erfahrungen gemacht, die mich alle geprägt und weitergebracht haben.

DFB.de: Was war aufregender: Ihr Bundesliga-Debüt oder ihr Debüt für das A-Team?

Schürrle: Von der Nervosität her lässt sich beides durchaus vergleichen. Man ist gespannt und neugierig. Ich wusste ja nicht, was mich erwartet, wusste nicht, wie die Fans reagieren und welches Gefühl ich auf dem Platz haben werde.

DFB.de: Auffallend sind Ihre Schnelligkeit und Ihr großer Laufaufwand. War Ihnen dies schon immer gegeben? Oder haben Sie daran gezielt gearbeitet?

Schürrle: Ich war schon immer einer der Schnellsten. Auch als kleiner Junge und in der Jugend. Dass mit dem Laufpensum ist die Schuld von Thomas Tuchel (lacht). Er hat mich überzeugt, dass es mein Spiel sein muss, viel zu investieren, mich viel zu bewegen, viele Aktionen zu haben. Es hat mir nicht geschadet.

DFB.de: So wie auch nicht die Doppelbelastung Schule und Fußball. Sie haben neben dem Sport noch Ihr Fachabitur gemacht. Wie wichtig war Ihnen die schulische Ausbildung?

Schürrle: Eigentlich wollte ich nur noch Fußball spielen. Aber die Familie, speziell meine Mutter, hat mich davon überzeugt, dass ich wenigstens das Fachabitur mache. Sie wollte auch, dass ich das richtige Abitur angehe. Sie hat dann aber gesehen, dass beides ganz schwer miteinander zu vereinbaren ist. Dann hat der Familienrat getagt und beschlossen, dass ich mich ganz auf den Fußball konzentriere.

DFB.de: Es gibt viele talentierte Spieler, aber nur wenige schaffen den Sprung und werden Nationalspieler. Warum schaffen es die meisten nicht?

Schürrle: Es gehört eine mentale Stärke dazu. Man darf sich nicht ablenken lassen, muss immer an sich arbeiten, darf sein Ziel nicht aus den Augen verlieren und muss einen starken Willen haben.

DFB.de: Welche Ablenkungen muss ein Jungprofi, der auf dem Weg in die Nationalmannschaft ist, ignorieren?

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Schürrle: Andere Jugendliche machen Party, gehen aus. Wenn man eine Karriere als Fußballprofi anstrebt, darf man sich so etwas nicht häufig erlauben. Am Wochenende geht so etwas ohnehin nicht, aber auch unter der Woche muss man sich sehr zurücknehmen.

DFB.de: Haben Sie dies als Opfer empfunden?

Schürrle: Nicht wirklich. Manchmal habe ich mir schon meine Gedanken gemacht, wenn ich wieder gehört habe, wie lustig es bei einigen Freunden am Wochenende war. Aber letztendlich hatte ich ein Ziel vor Augen, das ich unbedingt erreichen wollte. Ich habe diese Entbehrungen deswegen gerne in Kauf genommen.

DFB.de: Das Ziel Nationalmannschaft haben Sie erreicht. Ein weiteres Ziel kommt bald hinzu: Mit Bayer Leverkusen werden Sie in der Champions League spielen.

Schürrle: Ja, Wahnsinn. Dass ich mir diesen Traum auch schon mit 20 Jahren erfüllen kann, freut mich sehr. Die Auftritte in der Champions League werden mit Sicherheit ganz tolle Spiele, die mir in meiner Entwicklung enorm weiterhelfen werden.

DFB.de: Sie haben Leverkusen als "Traumverein" bezeichnet. Was macht Bayer für Sie zum Traumverein?

Schürrle: Bayer ist einfach ein sympathischer Verein, der schon immer offensiv und attraktiv Fußball gespielt hat. Bereits in meiner Jugend habe ich die Spiele von Bayer mit großer Begeisterung geschaut. Ich bin sicher, dass ich mit meiner Spielweise dort sehr gut hinpassen werde.

DFB.de: Ihr neuer Trainer hält viel von Ihnen. Robin Dutt hat kürzlich geäußert, dass er mehr Respekt vor Ihnen als vor Franck Ribery habe. Erhöhen solche Äußerungen den Druck auf Sie?

Schürrle: Ich freue mich, wenn mein neuer Trainer so über mich redet. Das macht mich ein Stück weit stolz. Druck deswegen verspüre ich nicht. Ich werde versuchen, mein Spiel zu spielen und der Mannschaft zu helfen, so wie ich es immer getan habe.

DFB.de: Haben Sie hier bei der Nationalmannschaft verstärkt das Gespräch mit Ihren neuen Vereinskollegen Simon Rolfes und René Adler gesucht?

Schürrle: Es ist doch verständlich, dass ich versuche, mich mit den neuen Kollegen auszutauschen. Mit beiden verstehe ich mich super, wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Das wird mir helfen, wenn ich neu nach Leverkusen komme.

DFB.de: Vorher stehen noch die Länderspiele gegen Österreich und Aserbaidschan an. Vor drei Jahren hat das DFB-Team bei der EM 2008 zum letzen Mal gegen Österreich gespielt. Wo haben Sie dieses Spiel geschaut?

Schürrle: Wie die meisten Deutschen wohl auch: zu Hause mit ein paar Freunden.

DFB.de: Wenn man damals gesagt hätte, dass Sie drei Jahre später im Kader stehen würden: Wie hätten Sie reagiert?

Schürrle: Ich hatte den Traum, Nationalspieler zu werden, aber nicht den konkreten Gedanken. Die A-Nationalmannschaft war damals ja noch ganz weit weg.

DFB.de: Und jetzt sind sie dabei und stehen vor der Verwirklichung des nächsten Traums. Inwieweit sind Ihre Gedanken schon auf die EURO 2012 gerichtet?

Schürrle: So ein Turnier zu erleben, wäre fantastisch. Ich werde alles dafür tun, dass ich im kommenden Jahr dabei bin. Vorher müssen wir uns aber erst einmal qualifizieren.

DFB.de: An den Titelgewinn denken Sie noch nicht?

Schürrle: Wir wollen zur absoluten Weltspitze gehören, dafür müssen wir Titel gewinnen. Aber wir haben sehr viel Potenzial und Qualität in der Mannschaft. Ich bin deswegen davon überzeugt, dass wir in der Zukunft einiges reißen können.