Andernachs Schermuly: "Emotionalstes Tor"

"Es war vielleicht nicht das schönste Tor meiner Karriere, aber auf jeden Fall das emotionalste", sagt Julia Schermuly im Gespräch mit DFB.de. Die 24 Jahre alte Offensivspielerin der SG 99 Andernach aus der 2. Frauen-Bundesliga meint ihren Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit zum 4:4-Endstand im Heimspiel gegen den Aufsteiger SV 67 Weinberg. Zwar musste sie den Ball nach starker Vorarbeit von Leonie Stöhr nur noch ins Netz schieben, krönte damit aber eine außergewöhnliche Aufholjagd der "Bäckermädchen".

0:2 lag das Team des Trainerduos mit Isabelle Hawel und Florian Stein bereits zurück, als Leistungsträgerin Kathrin Schermuly (27), Julias ältere Schwester, wegen wiederholten Foulspiels von FIFA-Schiedsrichterin Karoline Wacker (Lehrensteinsfeld) mit der Gelb-Roten Karte des Feldes verwiesen wurde. Es folgten weitere Rückschläge zum 0:3 in der 65. Minute sowie noch einmal zum 2:4 sieben Minuten vor dem Abpfiff. Dennoch sicherten sich die Gastgeberinnen dank ihrer beiden Doppeltorschützinnen Carolin Schraa und eben Julia Schermuly am Ende zumindest noch einen Punkt, der sich "für uns wie ein Sieg anfühlt", so Trainerin Isabelle Hawel.

Erneute Platzierung in "Top5" wird angestrebt

Dabei waren die Voraussetzungen vor der Partie alles andere als optimal. Der Saisonstart der Rheinländerinnen, die in den zurückliegenden drei Spielzeiten immer in der Spitzengruppe mitgemischt und zumindest sportlich sogar schon an das Tor zur Google Pixel Frauen-Bundesliga angeklopft hatten, verlief mit acht Punkten aus den ersten sieben Partien alles andere als optimal. Vor allem die (mangelhafte) Torausbeute mit gerade einmal fünf Treffern sticht dabei ins Auge.

Das bestätigt auch Isabelle Hawel gegenüber DFB.de. "Wir waren eigentlich in keinem Spiel wirklich unterlegen, sondern immer mindestens auf Augenhöhe", sagt die 37 Jahre alte Trainerin: "Wir haben aber in den ersten Saisonspielen viel zu wenig aus unseren Möglichkeiten gemacht, oft Latte oder Pfosten getroffen. Oder der letzte Pass kam nicht an. Unter dem Strich waren wir mit unseren spielerischen und kämpferischen Leistungen nicht unzufrieden. Die Punktausbeute entspricht aber ganz klar nicht unseren Erwartungen."

Schließlich hatte sich die SG 99 Andernach nach den Rängen drei (in der damals noch zweigeteilten Spielklasse), vier und fünf in den zurückliegenden Spielzeiten erneut eine Platzierung in den "Top5" vorgenommen. Vorerst aber backen die "Bäckermädchen" kleinere Brötchen. "Wir tun gut daran, nur noch von Spiel zu spiel zu denken", so Julia Schermuly.

"Stärkste 2. Frauen-Bundesliga, die es jemals gab"

Dass es aktuell nur für einen Platz knapp oberhalb der Gefahrenzone reicht, hat für Isabelle Hawel aber auch nicht nur mit dem eigenen Abschneiden, sondern nicht zuletzt auch mit der größeren Konkurrenz zu tun. Zwar verabschiedete sich die vorherige "Übermannschaft" RB Leipzig im Sommer gemeinsam mit dem 1. FC Nürnberg in Richtung Frauen-Bundesliga. Die beiden Absteiger 1. FFC Turbine Potsdam, zuletzt fünfmal in Serie siegreich, und SV Meppen, der sich ebenfalls im Aufwärtstrend befindet, haben sich aber in der 2. Frauen-Bundesliga inzwischen stabilisiert und spielen um den direkten Wiederaufstieg mit.

"Vor allem aber haben die drei Aufsteiger viel Qualität in die Liga mitgebracht", spricht Andernachs Trainerin vor allem den Überraschungs-Spitzenreiter Hamburger SV an. Aber auch der SV 67 Weinberg und Borussia Mönchengladbach konnten sich zumindest schon ein Polster zu den Abstiegsplätzen zulegen. "Die Liga ist sehr ausgeglichen, das Niveau ist noch einmal gestiegen", sagt Isabelle Hawel: "Für mich ist es aktuell sogar die stärkste 2. Bundesliga, die es jemals gab."

Bester Beleg dafür: Die zweiten Mannschaften des aktuellen Deutschen Meisters FC Bayern München, des DFB-Pokalsiegers VfL Wolfsburg und der TSG Hoffenheim, die sich über viele Jahre problemlos in der 2. Frauen-Bundesliga halten und sogar oft ganz oben mitmischen konnten, belegen nach acht Spieltagen die drei Abstiegsplätze.

Auch Schermuly-Schwestern zuvor angeschlagen

Umso mehr hofft die studierte Grundschullehrerin, dass die erfolgreiche Aufholjagd gegen Weinberg dem Team noch einmal einen zusätzlichen Push geben wird. "Für die Moral kann dieses Erlebnis mit Sicherheit Gold wert sein", meint Isabelle Hawel. "Schließlich haben wir es geschafft, jegliche Widerstände wie Rückstände, den Platzverweis, ein aus unserer Sicht Abseitstor des Gegners und erhebliche personelle Probleme zu überwinden. Zusammen mit dem Aufwärtstrend von zuletzt vier Partien ohne Niederlage sollte uns dieses Erlebnis genügend Selbstvertrauen geben, um in den nächsten Wochen möglichst konstant zu punkten und Boden gutzumachen."

Stichwort personelle Probleme: Zu den zwischenzeitlich erkrankten und angeschlagenen Spielerinnen gehörten vor dem Duell mit Weinberg auch die Schermuly-Schwestern. Julia blieb deshalb zunächst auf der Bank, während das Trainerduo auf Kathrin nicht verzichten wollte, um die Defensive stabil zu halten. Zusätzliches Pech: Als Isabelle Hawel und Florian Stein nach der unglücklichen Anfangsphase mit zwei schnellen Gegentreffern gerade schon Theresa Brück für Kathrin Schermuly einwechseln wollten, unterlief ihr das zweite folgenschwere Foulspiel - und Andernach war für rund eine Stunde in Unterzahl.

"Jetzt-erst-recht-Stimmung" nach Platzverweis

"Auf dem Platz und auch auf der Bank hat sich nach dem Platzverweis eine Jetzt-erst-recht-Stimmung breitgemacht. Wir alle haben weiterhin daran geglaubt, das Spiel noch umbiegen zu können", erinnert sich Julia Schermuly, die dann auch trotz ihrer gerade erst überstandenen Erkältung zur Pause unbedingt eingewechselt werden wollte. "Ich bin bereit", sagte sie zu ihrer Trainerin - und ließ den Worten dann auch Taten folgen.

"Nach der Pause ist das Team richtig ins Rollen gekommen und hat sich trotz der Unterzahl auch nicht mehr von den beiden unglücklichen Gegentoren unterkriegen lassen", lobt Isabelle Hawel: "Aufgrund unserer Überlegenheit in der zweiten Halbzeit hätten wir das Spiel eigentlich sogar noch gewinnen müssen. Aber auch so war es ein unbeschreibliches Gefühl."

Die zweifache Mutter freute sich über den Ausgleich sogar so sehr, dass sie auf den Platz stürmte, um mit ihren Spielerinnen auf dem Platz zu feiern. "Das ist eigentlich gar nicht meine Art, aber da sind die Emotionen mit mir durchgegangen", sagt Isabelle Hawel - und nahm dafür auch die folgende Gelbe Karte gerne in Kauf.

Aufstieg in Bundesliga nicht mehr ausgeschlossen

Nicht nur Julia Schermuly blickt jetzt zuversichtlicher denn je in die nähere Zukunft. "Wenn wir so weitermachen, dann ist in dieser Saison trotz unseres nicht optimalen Starts noch alles möglich", betont die Stürmerin: "Ich bin überzeugt, dass wir jetzt auch in der Erfolgsspur bleiben werden."

Bei aktuell acht Punkten und acht Tabellenplätzen Abstand zu einem Aufstiegsplatz will Isabelle Hawel zwar derzeit nicht von einem möglichen Sprung in die Frauen-Bundesliga sprechen ("Das gibt die Tabellensituation nicht her"). Für die Zukunft allerdings schließt der Klub aus der traditionsreichen Bäckerjungenstadt, bei dem erkennbar seit vielen Jahren sehr gute Arbeit geleistet wird, den erstmaligen Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse - im Gegensatz zu den Vorjahren, als man aus infrastrukturellen und wirtschaftlichen Gründen auf einen Zulassungsantrag beim DFB verzichtet hatte - nicht mehr aus. Schließlich hatten erst vor wenigen Wochen 4300 Zuschauer*innen beim DFB-Pokal-Spiel gegen den FC Bayern München (0:2) für eine Rekordkulisse in Andernach gesorgt. "Das vielleicht eines Tages regelmäßig zu erleben, wäre etwas Besonderes", so Isabelle Hawel.

[mspw]

"Es war vielleicht nicht das schönste Tor meiner Karriere, aber auf jeden Fall das emotionalste", sagt Julia Schermuly im Gespräch mit DFB.de. Die 24 Jahre alte Offensivspielerin der SG 99 Andernach aus der 2. Frauen-Bundesliga meint ihren Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit zum 4:4-Endstand im Heimspiel gegen den Aufsteiger SV 67 Weinberg. Zwar musste sie den Ball nach starker Vorarbeit von Leonie Stöhr nur noch ins Netz schieben, krönte damit aber eine außergewöhnliche Aufholjagd der "Bäckermädchen".

0:2 lag das Team des Trainerduos mit Isabelle Hawel und Florian Stein bereits zurück, als Leistungsträgerin Kathrin Schermuly (27), Julias ältere Schwester, wegen wiederholten Foulspiels von FIFA-Schiedsrichterin Karoline Wacker (Lehrensteinsfeld) mit der Gelb-Roten Karte des Feldes verwiesen wurde. Es folgten weitere Rückschläge zum 0:3 in der 65. Minute sowie noch einmal zum 2:4 sieben Minuten vor dem Abpfiff. Dennoch sicherten sich die Gastgeberinnen dank ihrer beiden Doppeltorschützinnen Carolin Schraa und eben Julia Schermuly am Ende zumindest noch einen Punkt, der sich "für uns wie ein Sieg anfühlt", so Trainerin Isabelle Hawel.

Erneute Platzierung in "Top5" wird angestrebt

Dabei waren die Voraussetzungen vor der Partie alles andere als optimal. Der Saisonstart der Rheinländerinnen, die in den zurückliegenden drei Spielzeiten immer in der Spitzengruppe mitgemischt und zumindest sportlich sogar schon an das Tor zur Google Pixel Frauen-Bundesliga angeklopft hatten, verlief mit acht Punkten aus den ersten sieben Partien alles andere als optimal. Vor allem die (mangelhafte) Torausbeute mit gerade einmal fünf Treffern sticht dabei ins Auge.

Das bestätigt auch Isabelle Hawel gegenüber DFB.de. "Wir waren eigentlich in keinem Spiel wirklich unterlegen, sondern immer mindestens auf Augenhöhe", sagt die 37 Jahre alte Trainerin: "Wir haben aber in den ersten Saisonspielen viel zu wenig aus unseren Möglichkeiten gemacht, oft Latte oder Pfosten getroffen. Oder der letzte Pass kam nicht an. Unter dem Strich waren wir mit unseren spielerischen und kämpferischen Leistungen nicht unzufrieden. Die Punktausbeute entspricht aber ganz klar nicht unseren Erwartungen."

Schließlich hatte sich die SG 99 Andernach nach den Rängen drei (in der damals noch zweigeteilten Spielklasse), vier und fünf in den zurückliegenden Spielzeiten erneut eine Platzierung in den "Top5" vorgenommen. Vorerst aber backen die "Bäckermädchen" kleinere Brötchen. "Wir tun gut daran, nur noch von Spiel zu spiel zu denken", so Julia Schermuly.

"Stärkste 2. Frauen-Bundesliga, die es jemals gab"

Dass es aktuell nur für einen Platz knapp oberhalb der Gefahrenzone reicht, hat für Isabelle Hawel aber auch nicht nur mit dem eigenen Abschneiden, sondern nicht zuletzt auch mit der größeren Konkurrenz zu tun. Zwar verabschiedete sich die vorherige "Übermannschaft" RB Leipzig im Sommer gemeinsam mit dem 1. FC Nürnberg in Richtung Frauen-Bundesliga. Die beiden Absteiger 1. FFC Turbine Potsdam, zuletzt fünfmal in Serie siegreich, und SV Meppen, der sich ebenfalls im Aufwärtstrend befindet, haben sich aber in der 2. Frauen-Bundesliga inzwischen stabilisiert und spielen um den direkten Wiederaufstieg mit.

"Vor allem aber haben die drei Aufsteiger viel Qualität in die Liga mitgebracht", spricht Andernachs Trainerin vor allem den Überraschungs-Spitzenreiter Hamburger SV an. Aber auch der SV 67 Weinberg und Borussia Mönchengladbach konnten sich zumindest schon ein Polster zu den Abstiegsplätzen zulegen. "Die Liga ist sehr ausgeglichen, das Niveau ist noch einmal gestiegen", sagt Isabelle Hawel: "Für mich ist es aktuell sogar die stärkste 2. Bundesliga, die es jemals gab."

Bester Beleg dafür: Die zweiten Mannschaften des aktuellen Deutschen Meisters FC Bayern München, des DFB-Pokalsiegers VfL Wolfsburg und der TSG Hoffenheim, die sich über viele Jahre problemlos in der 2. Frauen-Bundesliga halten und sogar oft ganz oben mitmischen konnten, belegen nach acht Spieltagen die drei Abstiegsplätze.

Auch Schermuly-Schwestern zuvor angeschlagen

Umso mehr hofft die studierte Grundschullehrerin, dass die erfolgreiche Aufholjagd gegen Weinberg dem Team noch einmal einen zusätzlichen Push geben wird. "Für die Moral kann dieses Erlebnis mit Sicherheit Gold wert sein", meint Isabelle Hawel. "Schließlich haben wir es geschafft, jegliche Widerstände wie Rückstände, den Platzverweis, ein aus unserer Sicht Abseitstor des Gegners und erhebliche personelle Probleme zu überwinden. Zusammen mit dem Aufwärtstrend von zuletzt vier Partien ohne Niederlage sollte uns dieses Erlebnis genügend Selbstvertrauen geben, um in den nächsten Wochen möglichst konstant zu punkten und Boden gutzumachen."

Stichwort personelle Probleme: Zu den zwischenzeitlich erkrankten und angeschlagenen Spielerinnen gehörten vor dem Duell mit Weinberg auch die Schermuly-Schwestern. Julia blieb deshalb zunächst auf der Bank, während das Trainerduo auf Kathrin nicht verzichten wollte, um die Defensive stabil zu halten. Zusätzliches Pech: Als Isabelle Hawel und Florian Stein nach der unglücklichen Anfangsphase mit zwei schnellen Gegentreffern gerade schon Theresa Brück für Kathrin Schermuly einwechseln wollten, unterlief ihr das zweite folgenschwere Foulspiel - und Andernach war für rund eine Stunde in Unterzahl.

"Jetzt-erst-recht-Stimmung" nach Platzverweis

"Auf dem Platz und auch auf der Bank hat sich nach dem Platzverweis eine Jetzt-erst-recht-Stimmung breitgemacht. Wir alle haben weiterhin daran geglaubt, das Spiel noch umbiegen zu können", erinnert sich Julia Schermuly, die dann auch trotz ihrer gerade erst überstandenen Erkältung zur Pause unbedingt eingewechselt werden wollte. "Ich bin bereit", sagte sie zu ihrer Trainerin - und ließ den Worten dann auch Taten folgen.

"Nach der Pause ist das Team richtig ins Rollen gekommen und hat sich trotz der Unterzahl auch nicht mehr von den beiden unglücklichen Gegentoren unterkriegen lassen", lobt Isabelle Hawel: "Aufgrund unserer Überlegenheit in der zweiten Halbzeit hätten wir das Spiel eigentlich sogar noch gewinnen müssen. Aber auch so war es ein unbeschreibliches Gefühl."

Die zweifache Mutter freute sich über den Ausgleich sogar so sehr, dass sie auf den Platz stürmte, um mit ihren Spielerinnen auf dem Platz zu feiern. "Das ist eigentlich gar nicht meine Art, aber da sind die Emotionen mit mir durchgegangen", sagt Isabelle Hawel - und nahm dafür auch die folgende Gelbe Karte gerne in Kauf.

Aufstieg in Bundesliga nicht mehr ausgeschlossen

Nicht nur Julia Schermuly blickt jetzt zuversichtlicher denn je in die nähere Zukunft. "Wenn wir so weitermachen, dann ist in dieser Saison trotz unseres nicht optimalen Starts noch alles möglich", betont die Stürmerin: "Ich bin überzeugt, dass wir jetzt auch in der Erfolgsspur bleiben werden."

Bei aktuell acht Punkten und acht Tabellenplätzen Abstand zu einem Aufstiegsplatz will Isabelle Hawel zwar derzeit nicht von einem möglichen Sprung in die Frauen-Bundesliga sprechen ("Das gibt die Tabellensituation nicht her"). Für die Zukunft allerdings schließt der Klub aus der traditionsreichen Bäckerjungenstadt, bei dem erkennbar seit vielen Jahren sehr gute Arbeit geleistet wird, den erstmaligen Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse - im Gegensatz zu den Vorjahren, als man aus infrastrukturellen und wirtschaftlichen Gründen auf einen Zulassungsantrag beim DFB verzichtet hatte - nicht mehr aus. Schließlich hatten erst vor wenigen Wochen 4300 Zuschauer*innen beim DFB-Pokal-Spiel gegen den FC Bayern München (0:2) für eine Rekordkulisse in Andernach gesorgt. "Das vielleicht eines Tages regelmäßig zu erleben, wäre etwas Besonderes", so Isabelle Hawel.

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