64 von 50.500: "Danke, Schiri" auf dem DFB-Campus in Frankfurt

Unfassbar viel ist gut, so der Eindruck, wenn man sich den Stand der Schiedsrichter*innen in unserem Fußballland anschaut. Und selbstverständlich überrascht der Eindruck. Weil das zumindest in der Öffentlichkeit vorherrschende Image von Gewaltvorfällen in den Amateurligen und einer Endloskette von VAR-Diskussionen im Profifußball bestimmt wird.

Jenseits des anekdotischen findet man solide Struktur, trifft auf Aufbruchstimmung und erlebt eine überzeugte und durchaus zufriedene Basis.

Alles in Butter auf dem Kutter? Das nun auch nicht. Denn gegenüber den rund 50.000 Schiris aktuell waren es noch 2006 mehr als 80.000. Im Amateurfußball führe dies "zunehmend zu Problemen", sagte zuletzt auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

"Wir müssen wieder lernen, vernünftig miteinander umzugehen"

Am Samstagabend hatte der DFB 64 der besten und verdientesten Unparteiischen des Landes aus den Amateurklassen unter dem Motto "Danke, Schiri." auf seinen Campus im Frankfurter Süden zum gedeckten Dinner und zur Ehrungsgala eingeladen. Der 1. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann übernahm auf der im Boulevard aufgebauten Bühne die Begrüßung. Zimmermann, der die Schiedsrichter im DFB-Präsidium vertritt, sagte herzlich Dankeschön - und legte anschließend den Finger in die Wunde. "Merkwürdige Dinge passieren in unserem Land. Was ist nur los, wenn Rettungssanitäter verprügelt werden?", fragte Zimmermann. Die Initiative "Das Jahr der Schiris" habe der DFB denn auch nicht ins Leben gerufen, um "bunte Bildchen zu verbreiten", sondern "weil wir wieder lernen müssen, vernünftig miteinander umzugehen. Sonst macht der Fußball keinen Sinn mehr."

Anfang Mai im Frankfurter Vorort Kalbach hatte der Vater eines Spielers dem 15-jährigen Schiedsrichter angedroht, ihm den Kopf abzuschneiden. Das Video hatte tausende Abrufe und bundesweite Schlagzeilen ausgelöst. Ein weiterer schlimmer Vorfall. Denn wenn auch die absolut überwiegende Mehrzahl der mehr als 40.000 Spiele, die an vielen Wochenenden unter dem Dach des DFB ausgetragen werden, störungsfrei ablaufen, bleibt die Entwicklung besorgniserregend. The trend is not your friend. Mit 911 Spielabbrüchen aufgrund von Gewaltvorfällen in der Saison 2021/2022 waren es mehr als je zuvor.

Freie Bundesligatickets für Schiedsrichter

Dabei trotzen die Schiedsrichter*innen an der Basis erfolgreich den wachsenden Herausforderungen. Lehrwart Lutz Wagner beschrieb, was sich grundlegend geändert hat. Denn wo früher Kreisliga-Unparteiische zu oft kaum den Mittelkreis verließen, "ist der Schiedsrichter heute ein Sportler". Wagner weiter: "In der Wirtschaft werden Schiedsrichter für Leitungsaufgaben gesucht, denn das sind Leute, die sich behaupten können."

50.500 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zählt man aktuell und wer sich etwa entscheidet, dem Fußball als Spielleiter*in treu zu bleiben, dem wird der Weg leicht gemacht. Die Ausbildung ist kostenlos, Paten begleiten die frühe Entwicklung, wer zuverlässig und motiviert sein neues Hobby betreibt, der steigt schnell in höhere Alters- und Spielklassen auf. Das Bonbon: Schiedsrichter haben freien Eintritt bis hoch in die Bundesliga.

Vor Ort bedankte sich auch FIFA-Schiedsrichter Sven Jablonski bei den Frauen und Männern von der Basis. Er und sein Gespann bekamen Trikots für den Bundesliga-Einsatz am Sonntag in Mainz überreicht: Auf dem Rücken die Namen der 64 Landessieger. 64 von 50.500. Und hoffentlich bald wieder mehr.

Die 64 Teilnehmer*innen

Jürgen Groh, Anna Pfister, Markus Wieland (alle Badischer FV), Otto Biederer, Wolfgang Bschorr, Katrin Filser (Bayerischer FV), Isabel Jurisch, Raphael Gieseler, Christian Grande (Berliner FV), Antonia Tucholski, Bastian Norden, Frank Kunzendorf (Bremer FV), Stefanie Schick, Silvio Redlich, Ulf Mittmann (FLV Brandenburg), Klaus-Peter Klein, Björn Taube, Michelle Pruß (FLV Westfalen), Vedat Mutlu, Hans Kudrass, Mia Schumacher (FV Mittelrhein), Theodor Nieland, Cedrik Pelka, Mahta Omidi (FV Niederrhein), Sophie Himmes, Hamid Rostamzada, Willi Kops (FV Rheinland), Sarah Scheerer, Lahcen Rast, Sven Reinhart (Hamburger FV), Ulrich Girnus, Tanja Hartmann, Johannes Frohnapfel (Hessischer FV), Michael Holste, Pauline Meincke, Hans-Joachim Ladwig (LFV Mecklenburg-Vorpommern), Herbert Schacht, Ramona Goldenstein, Schiwan Yousef Al Haji (Niedersächsischer FV), Robert Zenner, Christian Schaub, Isabelle Simmet (Saarländischer FV), Josefin Böhm, Gerhard Bude, Winfried Bohrmann (Sachsen-Anhalt), Anne Wels, Olaf Seidel, Gunter Riedel (Sächsischer FV), Karl-Heinz Gellert, Susann Kunkel, Stefan Pohlmann (Schleswig-Holsteiner FV), Reiner Dehmelt, Gabriele Birlin, Dario Litterst (Südbadischer FV), Michael Janzer, Norbert Kiefer, Sophie Burkhart (Südwestdeutscher FV), Lene Kohlhase, Ronny Otto, Uwe Baumbach (Thüringer FV), Markus Schöck, Ann Katrin Schilling, Jennifer Schilling, Josef Rapp (Württembergischer FV).

Sonderpreis: Ender Aypedin.

[th]

Unfassbar viel ist gut, so der Eindruck, wenn man sich den Stand der Schiedsrichter*innen in unserem Fußballland anschaut. Und selbstverständlich überrascht der Eindruck. Weil das zumindest in der Öffentlichkeit vorherrschende Image von Gewaltvorfällen in den Amateurligen und einer Endloskette von VAR-Diskussionen im Profifußball bestimmt wird.

Jenseits des anekdotischen findet man solide Struktur, trifft auf Aufbruchstimmung und erlebt eine überzeugte und durchaus zufriedene Basis.

Alles in Butter auf dem Kutter? Das nun auch nicht. Denn gegenüber den rund 50.000 Schiris aktuell waren es noch 2006 mehr als 80.000. Im Amateurfußball führe dies "zunehmend zu Problemen", sagte zuletzt auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

"Wir müssen wieder lernen, vernünftig miteinander umzugehen"

Am Samstagabend hatte der DFB 64 der besten und verdientesten Unparteiischen des Landes aus den Amateurklassen unter dem Motto "Danke, Schiri." auf seinen Campus im Frankfurter Süden zum gedeckten Dinner und zur Ehrungsgala eingeladen. Der 1. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann übernahm auf der im Boulevard aufgebauten Bühne die Begrüßung. Zimmermann, der die Schiedsrichter im DFB-Präsidium vertritt, sagte herzlich Dankeschön - und legte anschließend den Finger in die Wunde. "Merkwürdige Dinge passieren in unserem Land. Was ist nur los, wenn Rettungssanitäter verprügelt werden?", fragte Zimmermann. Die Initiative "Das Jahr der Schiris" habe der DFB denn auch nicht ins Leben gerufen, um "bunte Bildchen zu verbreiten", sondern "weil wir wieder lernen müssen, vernünftig miteinander umzugehen. Sonst macht der Fußball keinen Sinn mehr."

Anfang Mai im Frankfurter Vorort Kalbach hatte der Vater eines Spielers dem 15-jährigen Schiedsrichter angedroht, ihm den Kopf abzuschneiden. Das Video hatte tausende Abrufe und bundesweite Schlagzeilen ausgelöst. Ein weiterer schlimmer Vorfall. Denn wenn auch die absolut überwiegende Mehrzahl der mehr als 40.000 Spiele, die an vielen Wochenenden unter dem Dach des DFB ausgetragen werden, störungsfrei ablaufen, bleibt die Entwicklung besorgniserregend. The trend is not your friend. Mit 911 Spielabbrüchen aufgrund von Gewaltvorfällen in der Saison 2021/2022 waren es mehr als je zuvor.

Freie Bundesligatickets für Schiedsrichter

Dabei trotzen die Schiedsrichter*innen an der Basis erfolgreich den wachsenden Herausforderungen. Lehrwart Lutz Wagner beschrieb, was sich grundlegend geändert hat. Denn wo früher Kreisliga-Unparteiische zu oft kaum den Mittelkreis verließen, "ist der Schiedsrichter heute ein Sportler". Wagner weiter: "In der Wirtschaft werden Schiedsrichter für Leitungsaufgaben gesucht, denn das sind Leute, die sich behaupten können."

50.500 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zählt man aktuell und wer sich etwa entscheidet, dem Fußball als Spielleiter*in treu zu bleiben, dem wird der Weg leicht gemacht. Die Ausbildung ist kostenlos, Paten begleiten die frühe Entwicklung, wer zuverlässig und motiviert sein neues Hobby betreibt, der steigt schnell in höhere Alters- und Spielklassen auf. Das Bonbon: Schiedsrichter haben freien Eintritt bis hoch in die Bundesliga.

Vor Ort bedankte sich auch FIFA-Schiedsrichter Sven Jablonski bei den Frauen und Männern von der Basis. Er und sein Gespann bekamen Trikots für den Bundesliga-Einsatz am Sonntag in Mainz überreicht: Auf dem Rücken die Namen der 64 Landessieger. 64 von 50.500. Und hoffentlich bald wieder mehr.

Die 64 Teilnehmer*innen

Jürgen Groh, Anna Pfister, Markus Wieland (alle Badischer FV), Otto Biederer, Wolfgang Bschorr, Katrin Filser (Bayerischer FV), Isabel Jurisch, Raphael Gieseler, Christian Grande (Berliner FV), Antonia Tucholski, Bastian Norden, Frank Kunzendorf (Bremer FV), Stefanie Schick, Silvio Redlich, Ulf Mittmann (FLV Brandenburg), Klaus-Peter Klein, Björn Taube, Michelle Pruß (FLV Westfalen), Vedat Mutlu, Hans Kudrass, Mia Schumacher (FV Mittelrhein), Theodor Nieland, Cedrik Pelka, Mahta Omidi (FV Niederrhein), Sophie Himmes, Hamid Rostamzada, Willi Kops (FV Rheinland), Sarah Scheerer, Lahcen Rast, Sven Reinhart (Hamburger FV), Ulrich Girnus, Tanja Hartmann, Johannes Frohnapfel (Hessischer FV), Michael Holste, Pauline Meincke, Hans-Joachim Ladwig (LFV Mecklenburg-Vorpommern), Herbert Schacht, Ramona Goldenstein, Schiwan Yousef Al Haji (Niedersächsischer FV), Robert Zenner, Christian Schaub, Isabelle Simmet (Saarländischer FV), Josefin Böhm, Gerhard Bude, Winfried Bohrmann (Sachsen-Anhalt), Anne Wels, Olaf Seidel, Gunter Riedel (Sächsischer FV), Karl-Heinz Gellert, Susann Kunkel, Stefan Pohlmann (Schleswig-Holsteiner FV), Reiner Dehmelt, Gabriele Birlin, Dario Litterst (Südbadischer FV), Michael Janzer, Norbert Kiefer, Sophie Burkhart (Südwestdeutscher FV), Lene Kohlhase, Ronny Otto, Uwe Baumbach (Thüringer FV), Markus Schöck, Ann Katrin Schilling, Jennifer Schilling, Josef Rapp (Württembergischer FV).

Sonderpreis: Ender Aypedin.

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