50 Jahre Bundesliga: Die Spielzeit 1983/1984

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras für noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1983/1984.

Auf internationaler Bühne war es eine Saison zum Vergessen für den deutschen Fußball. Erstmals kam kein Bundesligist im Europapokal über den Winter und die Nationalelf quälte sich mühsam mit einem 2:1 gegen zehn Albaner zur EM, wo sie erstmals in der Vorrunde ausschied. Dafür wurde in den nationalen Wettbewerben allerhand geboten. Anfang Mai stieg das torreichste DFB-Pokal-Halbfinale aller Zeiten: Zweitligist Schalke trotzte Bayern ein 6:6 ab, Gladbach schlug Werder Bremen 5:4. Die Finalisten Bayern und Borussia waren auch am bis dahin spannendsten Titelrennen beteiligt. Bis zum 33. Spieltag hatten noch vier Mannschaften Chancen auf die Schale und in der Endtabelle war ein Trio punktgleich.

Und doch gaukelt sie etwas mehr Spannung vor, als tatsächlich vorhanden war. Denn im Grunde war am 19. Mai 1984, dem vorletzten Spieltag, die Meisterfrage geklärt. Da nämlich gewann Herbstmeister VfB Stuttgart 2:1 in Bremen, Kapitän Hermann Ohlicher schoss das bis dahin wohl wichtigste Tor in der Bundesliga-Historie des VfB.

Titelverteidiger HSV empfing zur gleichen Zeit Kellerkind Eintracht Frankfurt, das sich noch gegen den Relegationsplatz wehrte. Das Unfassbare geschah: Der 21-jährige Ralf Falkenmayer schoss die Eintracht zum 2:0-Sieg. Da die Bayern in Dortmund nur 1:1 spielten und Gladbach trotz des 2:1 in Leverkusen bei zwei Punkten und 17 Toren Rückstand praktisch aus dem Rennen war, blieb nur noch der HSV als Spielverderber. Pikanterweise trafen die beiden Titelaspiranten im letzten Spiel in Stuttgart aufeinander, aber das Torverhältnis sprach so klar für den VfB, dass man kaum noch von einem echten Finale sprechen konnte. Der HSV hätte 5:0 gewinnen müssen.

Und so feierten die Schwaben schon in Bremen übermütig ihre dritte Meisterschaft, die erste in der Bundesliga. Für Trainer Helmut Benthaus war es die zweite, war er doch 1964 Mitglied der Kölner Mannschaft. Somit ging der Wahl-Schweizer als erste Person, die als Spieler und Trainer Bundesliga-Meister wurde, in die Annalen ein. Benthaus’ war in jenen Tagen so gefragt, dass auch der DFB an ihn dachte, als nach der EM ein Nachfolger für Jupp Derwall gesucht wurde. Doch weil Benthaus im Sommerurlaub in seinem kanadischen Blockhaus telefonisch nicht zu erreichen war, konzentrierten sich die Bemühungen schon bald auf Franz Beckenbauer.

Kleine Zufälle, große Wirkung. Stützen der Meister-Mannschaft, die nur das letzte Heimspiel (0:1 gegen den HSV) verlor, waren die Förster-Brüder Bernd und Karl-Heinz, die ebenso wie Torwart Helmut Roleder und Newcomer Guido Buchwald zur EM fuhren. Regisseur Asgeir Sigurvinsson war das vergönnt, er war Isländer. Die Bayern hatten ihn 1982 weggeschickt, nun zeigte er sein virtuoses Können eben im Schwabenland.

Besonders machte diese Saison außer dem Vierkampf um den Titel die Torflut: Nie fielen mehr Treffer als 83/84 (1097), Bayern-Star Karl-Heinz Rummenigge beteiligte sich am eifrigsten und wurde vor seinem Abschied aus der Bundesliga (zu Inter Mailand) ein drittes Mal Torschützenkönig. Auch den DFB-Pokal gewann er zum Abschied noch, die Rückkehr von Trainer Udo Lattek trug bereits erste Rendite.

Beim HSV regierte weiter Ernst Happel, aber nach dem Abgang von Horst Hrubesch fehlte ein Vollstrecker. Dieter Schatz-Schneider, von Fortuna Köln geholt, konnte ihn nicht ersetzen.

In Köln wurde Rinus Michels schon nach dem zweiten Spieltag entlassen, ein Rekord der traurigen Art. Solche gab es auch im Abstiegskampf, der ziemlich langweilig und früh entschieden wurde: Kickers Offenbach kassierte 106 Gegentore und verfehlte Tasmanias Minusrekord nur um zwei Treffer, bei den Bayern gab es gar ein 0:9. Und der 1. FC Nürnberg brachte es fertig, alle 17 Auswärtsspiele zu verlieren, was es auch nie wieder gegeben hat.

Eintracht Frankfurt setzte nach Fehlstart auf die eigene Jugend, eroberte die Herzen der Fans und setzte sich in der Relegation souverän durch (5:0 und 1:1 gegen Duisburg). Was sie sich nach ihrem Einsatz als Zünglein an der Meister-Waage redlich verdient hatten.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 21. BUNDESLIGASAISON

Tore: 1097 (3,58 pro Spiel) Rekord
Torschützenkönig: Karl-Heinz Rummenigge (Bayern München/26)
Zuschauer: 5.918.003 (19.340 pro Spiel)
Meister: VfB Stuttgart
Absteiger: Kickers Offenbach 1. FC Nürnberg
Aufsteiger: Karlsruher SC Schalke 04
Trainerentlassungen: 8

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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras für noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1983/1984.

Auf internationaler Bühne war es eine Saison zum Vergessen für den deutschen Fußball. Erstmals kam kein Bundesligist im Europapokal über den Winter und die Nationalelf quälte sich mühsam mit einem 2:1 gegen zehn Albaner zur EM, wo sie erstmals in der Vorrunde ausschied. Dafür wurde in den nationalen Wettbewerben allerhand geboten. Anfang Mai stieg das torreichste DFB-Pokal-Halbfinale aller Zeiten: Zweitligist Schalke trotzte Bayern ein 6:6 ab, Gladbach schlug Werder Bremen 5:4. Die Finalisten Bayern und Borussia waren auch am bis dahin spannendsten Titelrennen beteiligt. Bis zum 33. Spieltag hatten noch vier Mannschaften Chancen auf die Schale und in der Endtabelle war ein Trio punktgleich.

Und doch gaukelt sie etwas mehr Spannung vor, als tatsächlich vorhanden war. Denn im Grunde war am 19. Mai 1984, dem vorletzten Spieltag, die Meisterfrage geklärt. Da nämlich gewann Herbstmeister VfB Stuttgart 2:1 in Bremen, Kapitän Hermann Ohlicher schoss das bis dahin wohl wichtigste Tor in der Bundesliga-Historie des VfB.

Titelverteidiger HSV empfing zur gleichen Zeit Kellerkind Eintracht Frankfurt, das sich noch gegen den Relegationsplatz wehrte. Das Unfassbare geschah: Der 21-jährige Ralf Falkenmayer schoss die Eintracht zum 2:0-Sieg. Da die Bayern in Dortmund nur 1:1 spielten und Gladbach trotz des 2:1 in Leverkusen bei zwei Punkten und 17 Toren Rückstand praktisch aus dem Rennen war, blieb nur noch der HSV als Spielverderber. Pikanterweise trafen die beiden Titelaspiranten im letzten Spiel in Stuttgart aufeinander, aber das Torverhältnis sprach so klar für den VfB, dass man kaum noch von einem echten Finale sprechen konnte. Der HSV hätte 5:0 gewinnen müssen.

Und so feierten die Schwaben schon in Bremen übermütig ihre dritte Meisterschaft, die erste in der Bundesliga. Für Trainer Helmut Benthaus war es die zweite, war er doch 1964 Mitglied der Kölner Mannschaft. Somit ging der Wahl-Schweizer als erste Person, die als Spieler und Trainer Bundesliga-Meister wurde, in die Annalen ein. Benthaus’ war in jenen Tagen so gefragt, dass auch der DFB an ihn dachte, als nach der EM ein Nachfolger für Jupp Derwall gesucht wurde. Doch weil Benthaus im Sommerurlaub in seinem kanadischen Blockhaus telefonisch nicht zu erreichen war, konzentrierten sich die Bemühungen schon bald auf Franz Beckenbauer.

Kleine Zufälle, große Wirkung. Stützen der Meister-Mannschaft, die nur das letzte Heimspiel (0:1 gegen den HSV) verlor, waren die Förster-Brüder Bernd und Karl-Heinz, die ebenso wie Torwart Helmut Roleder und Newcomer Guido Buchwald zur EM fuhren. Regisseur Asgeir Sigurvinsson war das vergönnt, er war Isländer. Die Bayern hatten ihn 1982 weggeschickt, nun zeigte er sein virtuoses Können eben im Schwabenland.

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Besonders machte diese Saison außer dem Vierkampf um den Titel die Torflut: Nie fielen mehr Treffer als 83/84 (1097), Bayern-Star Karl-Heinz Rummenigge beteiligte sich am eifrigsten und wurde vor seinem Abschied aus der Bundesliga (zu Inter Mailand) ein drittes Mal Torschützenkönig. Auch den DFB-Pokal gewann er zum Abschied noch, die Rückkehr von Trainer Udo Lattek trug bereits erste Rendite.

Beim HSV regierte weiter Ernst Happel, aber nach dem Abgang von Horst Hrubesch fehlte ein Vollstrecker. Dieter Schatz-Schneider, von Fortuna Köln geholt, konnte ihn nicht ersetzen.

In Köln wurde Rinus Michels schon nach dem zweiten Spieltag entlassen, ein Rekord der traurigen Art. Solche gab es auch im Abstiegskampf, der ziemlich langweilig und früh entschieden wurde: Kickers Offenbach kassierte 106 Gegentore und verfehlte Tasmanias Minusrekord nur um zwei Treffer, bei den Bayern gab es gar ein 0:9. Und der 1. FC Nürnberg brachte es fertig, alle 17 Auswärtsspiele zu verlieren, was es auch nie wieder gegeben hat.

Eintracht Frankfurt setzte nach Fehlstart auf die eigene Jugend, eroberte die Herzen der Fans und setzte sich in der Relegation souverän durch (5:0 und 1:1 gegen Duisburg). Was sie sich nach ihrem Einsatz als Zünglein an der Meister-Waage redlich verdient hatten.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 21. BUNDESLIGASAISON

Tore: 1097 (3,58 pro Spiel) Rekord
Torschützenkönig: Karl-Heinz Rummenigge (Bayern München/26)
Zuschauer: 5.918.003 (19.340 pro Spiel)
Meister: VfB Stuttgart
Absteiger: Kickers Offenbach 1. FC Nürnberg
Aufsteiger: Karlsruher SC Schalke 04
Trainerentlassungen: 8