50 Jahre, 50 Gesichter: Gerd Müllers Torrekord

50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute: die Saison 1971/1972 mit Gerd Müller, der einen Torrekord aufstellt - wahrscheinlich für die Ewigkeit.

Vor der Saison 1971/1972 wusste Gerd Müller, dass er etwas gutzumachen hatte. In der abgelaufenen Spielzeit hatte er "nur" 22 Tore geschossen, und seine Bayern waren nicht Meister geworden. Ein verlorenes Jahr also für die aufstrebende Supermacht der Bundesliga und ihren schon damals größten Torjäger. Seit dem 25. Februar 1970 firmierte Müller bereits als Rekordtorjäger, damals löste er Dortmunds Lothar Emmerich (115 Tore) ab. Am Saisonende 1969/1970 hatte er stolze 38 Tore geschossen, damals auch ein Bundesligarekord, und spätestens nach seinen zehn Toren bei der WM in Mexiko - ein Weltrekord - war er der "Bomber der Nation".

Von daher war die Ausbeute der Saison 1970/1971, deren Ende er gesperrt auf der Bank erlebte, nicht ganz standesgemäß. Schließlich hatte er einen Ruf zu verlieren, im Ausland war er "das Strafraumgespenst" oder "der Scharfrichter". Die Antwort, die Gerd Müller seinen Kritikern in seiner siebten Bundesligasaison gab, war phänomenal - wenn dieses Adjektiv überhaupt genügt.

"Rekorde sind des Müllers Lust"

Nach eher behäbigem Start mit vier Toren nach zehn Spielen explodierte der Bomber geradezu. Nach der Vorrunde hatte er 17-mal getroffen, viermal beim 11:1 gegen den späteren Absteiger Borussia Dortmund. Die Rückrunde sollte alles in den Schatten stellen: Weitere 23 Tore, also mehr als im gesamten Vorjahr, gingen auf sein Konto. Fünfmal schlug er gegen Oberhausen zu, womit er einen weiteren Bundesligarekord einstellte, Namensvetter Dieter aus Köln sollte ihn 1977 (sechs Tore gegen Bremen) übertreffen.

Den anderen Rekord - 40 Tore in einer Saison - wird ihm zu Lebzeiten wohl kaum einer nehmen. Wenn überhaupt. Dabei legte Müller auch in seiner Supersaison hin und wieder ein Päuschen in punkto Torproduktion ein, verteilte seine Treffer auf 19 Spiele, obwohl er alle 34 bestritt. Seinen 40. Treffer hatte er bereits nach 32 Spieltagen erzielt. Nach dem 6:3 gegen Eintracht Frankfurt an jenem 3. Juni 1972 titelte der Kicker: "Rekorde sind des Müllers Lust".

Reporter fragten ihn hinterher, wie hoch der prozentuale Anteil der Mitspieler an seinem Rekord sei. "Da muss ich erst nachrechnen", witzelte der Gerd und blieb die ohnehin unmögliche Antwort schuldig. Präsident Wilhelm Neudecker schwärmte: "Er ist eine einmalige Erscheinung." Und sein genialer Doppelpass-Partner Franz Beckenbauer adelte ihn so: "Wir sind froh, dass wir ihn haben. Er ist der torgefährlichste Stürmer auf der Welt." Das war nicht mal übertrieben.

Messi auf Müllers Spuren

Im Sommer 1972 erhielt Müller den "Goldenen Schuh" als bester Torjäger Europas, am Jahresende wurden 85 Tore in Pflichtspielen gezählt - denn er traf ja auch unentwegt in internationalen Begegnungen. Wie im EM-Finale 1972, als zwei Müller-Tore Deutschland beim 3:0 gegen die UdSSR erstmals zum Europameistertitel verhalfen. Lionel Messi, Weltfußballer in Diensten des FC Barcelona, schickt sich dieser Tage an, den Weltrekord zu brechen. Noch fehlen ihm fünf Tore, um den Bestwert einzustellen. Ob es der Argentinier schafft oder nicht - Gerd Müller war und ist einmalig.

Sein Erfolgsgeheimnis? Neben der Begabung, fast immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu stehen, und dem Instinkt, dann auch das Richtige zu tun, eine Riesenportion Fleiß und Ehrgeiz. "Der Gerd hat nie aufgegeben", huldigte ihm der langjährige Weggefährte, Torwart Sepp Maier. Der Kicker widmete Müller 26. Juni 1972 eine Story unter dem Titel "Der Mann, der nicht verlieren kann". Trainer Udo Lattek wird darin so zitiert: "Der Gerd ist der erste, der zum Training kommt, und der letzte, der wieder geht." Und er wusste immer, wohin der Ball musste. Also sprach der Bomber: "Mir war's Wurscht, wie der Ball ins Tor geht."

Gerd Müllers Bundesligabilanz: 427 Spiele, 365 Tore, vier Meisterschaften (1969, 1972, 1973, 1974), siebenmal Torschützenkönig (1967, 1969, 1970, 1972, 1973, 1974, 1978)

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50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute: die Saison 1971/1972 mit Gerd Müller, der einen Torrekord aufstellt - wahrscheinlich für die Ewigkeit.

Vor der Saison 1971/1972 wusste Gerd Müller, dass er etwas gutzumachen hatte. In der abgelaufenen Spielzeit hatte er "nur" 22 Tore geschossen, und seine Bayern waren nicht Meister geworden. Ein verlorenes Jahr also für die aufstrebende Supermacht der Bundesliga und ihren schon damals größten Torjäger. Seit dem 25. Februar 1970 firmierte Müller bereits als Rekordtorjäger, damals löste er Dortmunds Lothar Emmerich (115 Tore) ab. Am Saisonende 1969/1970 hatte er stolze 38 Tore geschossen, damals auch ein Bundesligarekord, und spätestens nach seinen zehn Toren bei der WM in Mexiko - ein Weltrekord - war er der "Bomber der Nation".

Von daher war die Ausbeute der Saison 1970/1971, deren Ende er gesperrt auf der Bank erlebte, nicht ganz standesgemäß. Schließlich hatte er einen Ruf zu verlieren, im Ausland war er "das Strafraumgespenst" oder "der Scharfrichter". Die Antwort, die Gerd Müller seinen Kritikern in seiner siebten Bundesligasaison gab, war phänomenal - wenn dieses Adjektiv überhaupt genügt.

"Rekorde sind des Müllers Lust"

Nach eher behäbigem Start mit vier Toren nach zehn Spielen explodierte der Bomber geradezu. Nach der Vorrunde hatte er 17-mal getroffen, viermal beim 11:1 gegen den späteren Absteiger Borussia Dortmund. Die Rückrunde sollte alles in den Schatten stellen: Weitere 23 Tore, also mehr als im gesamten Vorjahr, gingen auf sein Konto. Fünfmal schlug er gegen Oberhausen zu, womit er einen weiteren Bundesligarekord einstellte, Namensvetter Dieter aus Köln sollte ihn 1977 (sechs Tore gegen Bremen) übertreffen.

Den anderen Rekord - 40 Tore in einer Saison - wird ihm zu Lebzeiten wohl kaum einer nehmen. Wenn überhaupt. Dabei legte Müller auch in seiner Supersaison hin und wieder ein Päuschen in punkto Torproduktion ein, verteilte seine Treffer auf 19 Spiele, obwohl er alle 34 bestritt. Seinen 40. Treffer hatte er bereits nach 32 Spieltagen erzielt. Nach dem 6:3 gegen Eintracht Frankfurt an jenem 3. Juni 1972 titelte der Kicker: "Rekorde sind des Müllers Lust".

Reporter fragten ihn hinterher, wie hoch der prozentuale Anteil der Mitspieler an seinem Rekord sei. "Da muss ich erst nachrechnen", witzelte der Gerd und blieb die ohnehin unmögliche Antwort schuldig. Präsident Wilhelm Neudecker schwärmte: "Er ist eine einmalige Erscheinung." Und sein genialer Doppelpass-Partner Franz Beckenbauer adelte ihn so: "Wir sind froh, dass wir ihn haben. Er ist der torgefährlichste Stürmer auf der Welt." Das war nicht mal übertrieben.

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Messi auf Müllers Spuren

Im Sommer 1972 erhielt Müller den "Goldenen Schuh" als bester Torjäger Europas, am Jahresende wurden 85 Tore in Pflichtspielen gezählt - denn er traf ja auch unentwegt in internationalen Begegnungen. Wie im EM-Finale 1972, als zwei Müller-Tore Deutschland beim 3:0 gegen die UdSSR erstmals zum Europameistertitel verhalfen. Lionel Messi, Weltfußballer in Diensten des FC Barcelona, schickt sich dieser Tage an, den Weltrekord zu brechen. Noch fehlen ihm fünf Tore, um den Bestwert einzustellen. Ob es der Argentinier schafft oder nicht - Gerd Müller war und ist einmalig.

Sein Erfolgsgeheimnis? Neben der Begabung, fast immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu stehen, und dem Instinkt, dann auch das Richtige zu tun, eine Riesenportion Fleiß und Ehrgeiz. "Der Gerd hat nie aufgegeben", huldigte ihm der langjährige Weggefährte, Torwart Sepp Maier. Der Kicker widmete Müller 26. Juni 1972 eine Story unter dem Titel "Der Mann, der nicht verlieren kann". Trainer Udo Lattek wird darin so zitiert: "Der Gerd ist der erste, der zum Training kommt, und der letzte, der wieder geht." Und er wusste immer, wohin der Ball musste. Also sprach der Bomber: "Mir war's Wurscht, wie der Ball ins Tor geht."

Gerd Müllers Bundesligabilanz: 427 Spiele, 365 Tore, vier Meisterschaften (1969, 1972, 1973, 1974), siebenmal Torschützenkönig (1967, 1969, 1970, 1972, 1973, 1974, 1978)