3:0 gegen Australien: Es müllert wieder

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

18. Juni in Hamburg - zweites Gruppenspiel: Deutschland - Australien 3:0

Vor dem Spiel:

Die Pfiffe und geharnischten Kritiken nach dem mühsamen 1:0 zum Auftakt der Heim-WM ließen Bundestrainer Helmut Schön nicht wanken: Es spielte die Chile-Elf, auch wenn die Bild am Sonntag Umbauarbeiten gefordert und sich der kicker festgelegt hatte: "Bernd Hölzenbein für Cullmann". Irrtum! "Jetzt in Panik zu verfallen, wäre grundfalsch", erklärte Schön. "Drei bis fünf Spieler rauszunehmen, das kann sich keine Mannschaft der Welt leisten."

Gegen den WM-Neuling schien jede Aufstellung richtig, nur die Höhe des Sieges wurde diskutiert. Selbst der seriöse kicker titelte: "Heute schießen wir uns warm!" Schließlich hatte es der kleine Bruder – die DDR – vorgemacht und mühelos 2:0 gewonnen. Da durfte die BRD doch nicht zurück stehen. Schöns Assistent Jupp Derwall, der das Spiel gesehen hatte, war zwar erstaunt über die gute Kondition der Australier, "vorne jedoch fehlen Killertypen".

Interessantester Spieler der Australier war der deutschstämmige Manfred Schaefer, der als Milchmann arbeitete, an diesem Tag aber als Schattenmann Gerd Müllers gefragt war. "Wenn er kein Tor schießt, wäre das der größte Erfolg meiner Karriere", teilt Schäfer mit. Sein Trainer Rale Rasic stapelte tief: "Wir haben am Dienstag nichts zu verlieren."



Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

18. Juni in Hamburg - zweites Gruppenspiel: Deutschland - Australien 3:0

Vor dem Spiel:

Die Pfiffe und geharnischten Kritiken nach dem mühsamen 1:0 zum Auftakt der Heim-WM ließen Bundestrainer Helmut Schön nicht wanken: Es spielte die Chile-Elf, auch wenn die Bild am Sonntag Umbauarbeiten gefordert und sich der kicker festgelegt hatte: "Bernd Hölzenbein für Cullmann". Irrtum! "Jetzt in Panik zu verfallen, wäre grundfalsch", erklärte Schön. "Drei bis fünf Spieler rauszunehmen, das kann sich keine Mannschaft der Welt leisten."

Gegen den WM-Neuling schien jede Aufstellung richtig, nur die Höhe des Sieges wurde diskutiert. Selbst der seriöse kicker titelte: "Heute schießen wir uns warm!" Schließlich hatte es der kleine Bruder – die DDR – vorgemacht und mühelos 2:0 gewonnen. Da durfte die BRD doch nicht zurück stehen. Schöns Assistent Jupp Derwall, der das Spiel gesehen hatte, war zwar erstaunt über die gute Kondition der Australier, "vorne jedoch fehlen Killertypen".

Interessantester Spieler der Australier war der deutschstämmige Manfred Schaefer, der als Milchmann arbeitete, an diesem Tag aber als Schattenmann Gerd Müllers gefragt war. "Wenn er kein Tor schießt, wäre das der größte Erfolg meiner Karriere", teilt Schäfer mit. Sein Trainer Rale Rasic stapelte tief: "Wir haben am Dienstag nichts zu verlieren."

###more###

Erst Pfiffe für Overath, dann trifft er

Spielbericht:

Die Deutschen spielen im grünen Auswärtstrikot, Ernst Huberty bringt dem Publikum das Spiel via ARD in ihre Wohnstuben. Wieder wird Wolfgang Overath bei der Namensnennung ausgepfiffen, während Reservist Günter Netzer Beifall bekommt. Overath findet die passende Antwort auf derlei Sympathiebekundungen und sorgt mit einem satten Linksschuss aus 18 Metern nach Vorarbeit von Uli Hoeneß für den ersten Höhepunkt, der gleich ein Treffer ist. Das Tor löst die Verkrampfung beim Turnierfavoriten, Müller köpft eine Flanke von Berti Vogts an die Latte, Hoeneß bieten sich binnen zehn Minuten gleich drei Chancen auf das 2:0, einmal wird sein Schuss von der Linie geschlagen. Als Vorbereiter hat er mehr Glück. Als er sich wieder einmal rechts durchtankt, köpft Bernd Cullmann per Aufsetzer unhaltbar ein – 2:0 nach 35 Minuten. Am Sieg gibt es keine Zweifel mehr, und in ihrer Euphorie feiern die Fans plötzlich sogar Overath, der beim Gang in die Kabinen lakonisch sagt: "So wandelbar ist die Gunst der Massen."

Drei Spieler sind angeschlagen. Paul Breitner und Cullmann können weitermachen, für Jupp Heynckes (Innenbandverletzung) ist die WM schon zu Ende - was noch keiner weiß in diesem Moment. Weil Schön die Führung nicht hoch genug ist, wagt er Netzers Einsatz noch nicht. Zum Leidwesen der Massen. Den Stimmungsumschwung auf den Rängen erfährt im zweiten Abschnitt dann die ganze Mannschaft, die nach Müllers erstem Turniertor 1974 – er verwertet eine Hoeneß-Ecke per Kopf – etwas zu früh nachlässt. Zumindest für den Geschmack der 55.000 im Volksparkstadion, die irgendwann anfangen, die Australier anzufeuern.

Warum? Das Spiel verkommt zum Langweiler, auch die Wechsel ändern daran nichts. Sepp Maier muss nur einmal eingreifen, ein Schuss von Alston wird seine sichere Beute, bei einem weiteren Versuch desselben Spielers hilft der Pfosten. Aber auch Gegenüber Jack Reilly wird nicht mehr bezwungen.

Das versprochene Schützenfest bleibt aus, dafür kommt es zu einem kleinen Eklat. Als Franz Beckenbauer eine Ecke verschuldet, wird er ausgepfiffen. Ob er deshalb ausspuckt und wem das gegolten haben mag, das bleibt offen. Aber die Reporter von Fernsehen und Radio kritisieren den Kapitän dafür, das Publikum pfeift noch lauter und Helmut Schön kündigt an: "Wir werden noch genau untersuchen, was vorgefallen ist." Beckenbauer wiegelt ab: "Das hat wohl ein Teil des Publikums missverstanden." Hinter all den Misstönen gerät beinahe in Vergessenheit, dass der Gastgeber schon nach dem zweiten Spiel die Zwischenrunde erreicht hat – aber noch lange nicht seine Bestform.

Aufstellung: Maier – Vogts, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Breitner – Hoeneß, Overath, Cullmann (68. Wimmer) – Grabowski, Müller, Heynckes (46. Hölzenbein).

Tore: 1:0 Overath (12.), 2:0 Cullmann (34.), 3:0 Müller (53.).

Zuschauer: 52.000 in Hamburg.

###more###

Schön breitet "Mantel der Nächstenliebe" aus

Stimmen zum Spiel:

Helmut Schön: "Ich habe gewünscht, daß noch ein paar Tore mehr gemacht würden. Über den letzten Teil des Spiels möchte ich den Mantel der Nächstenliebe breiten. Ich gebe zu, dass ich mich sehr geärgert habe, während mich vorher einige Spielzüge sehr erfreut haben. Gegenüber dem Chile-Spiel war wohl eine unverkennbare Steigerung zu erkennen."

Jupp Heynckes: "Die Verletzung scheint schlimmer als die aus dem Chile-Spiel, vielleicht bin ich länger nicht mehr dabei."

Gerd Müller: "Das können doch nur Irre sein, die immer gleich nach Uwe Seeler schreien, wenn es bei uns mal nicht läuft. In keinem Land der Welt habe ich so was bisher erlebt. Wir allein müssen zwar die Weltmeisterschaft gewinnen, doch ganz ohne Unterstützung des Publikums geht es nicht."

Arthur George (Präsident des Australischen Fußball-Verbands): "Die WM wird zwischen Deutschland und Holland entschieden."

Brian Le Fevre (Generalsekretär des Australischen Fußball-Verbands): "Wir sind sehr zufrieden mit diesem Resultat. Dabei war es sogar möglich, dass auch wir ein Tor gemacht hätten. Die deutsche Mannschaft ist mein Titelfavorit."

Ray Richards (Australien): "Wir haben schon jetzt dem Publikum bewiesen, dass wir auch Fußball spielen können."

Udo Lattek (Trainer Bayern München): "Das Publikum hat ein etwas gestörtes Verhältnis zu unserer Mannschaft. Jede Leistung, die unter einer Superform liegt, fordert die Kritik der Zuschauer heraus. Ein bisschen mehr Toleranz und Verständnis wären sicherlich angebracht."

Uwe Seeler: "Das Spiel lief besser als gegen Chile. Mit seinem wunderschönen Tor hat Overath bewiesen, dass er noch da ist."

"Gegen die DDR muß sich unsere Elf noch steigern! Im Stadion erst umjubelt, stürmisch angefeuert, 3:0 gewonnen – und am Schluß doch mit einem Pfeifkonzert verabschiedet. Das spiegelt die beiden Gesichter wider, die unsere Nationalmannschaft bei ihrem Sieg über Australien im zweiten WM-Spiel zeigte. Getrieben von einem selbstbewußt und spielfreudig wie lange nicht mehr auftrumpfenden Overath dirigierte sie über eine Stunde lang das Geschehen. Jedoch: viele Chancen wurden ausgelassen (...) und in der letzten Viertelstunde war dann der Zusammenhang völlig dahin."(kicker)

"Die erste Halbzeit war beschämend einseitig, sah die Deutschen immer im Angriff und die Australier unter großem Druck (...) Das Endergebnis ist sehr beachtenswert, und es hätte noch besser sein können. Erst als das dritte Tor das Spiel entschieden hatte, entschlossen sich die Australier, den Kampf mit dem Turnierfavoriten aufzunehmen - und das mit erstaunlichem Erfolg."(Soccer World/Sydney)

###more###