2:1 gegen Schottland: Sieg nach Rückstand

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

8. Juni 1986 in Queretaro - zweites Gruppenspiel: Deutschland - Schottland 2:1

Vor dem Spiel:

Kaum zurück im Quartier, musste Franz Beckenbauer zwei Spieler sanktionieren. Die Reservisten Uli Stein, der beim Spiel demonstrativ ein Sonnenbad mit blankem Oberkörper nahm, und Matthias Herget, der seinem Ärger gegenüber Reportern Luft machte ("Erst war ich Libero Nummer eins, jetzt bin ich Nummer null“), erhielten die Gelbe Karte. Dann galt die Konzentration dem nächsten Gegner Schottland, der nach dem 0:1 gegen die Dänen schon mit dem Rücken zur Wand stand. Beckenbauer hatte sie live beobachtet und konditionelle Schwächen erkannt: "Vielleicht war es ein Fehler, dass sie erst am letzten Sonntag angereist sind."

Gegen die Schotten wollte er Norbert Eder in die Abwehr zurückziehen, dafür sollte Hans-Peter Briegel ins Mittelfeld. Den Platz hatte zuvor Andreas Brehme inne, der als einziger rausflog - für ihn kam Pierre Littbarski. Fraglich blieb bis zuletzt Karl-Heinz Rummenigges Einsatz und damit gärte ein Problem weiter vor sich hin. Dass der Kapitän nicht spielte, schob er nämlich der Kölner Fraktion in die Schuhe. Toni Schumacher, so glaubte er, mache sich für seine Klubkameraden Klaus Allofs und Littbarski stark, außerdem neide er ihm die Kapitänsbinde. Anzeichen für einen Hauskrach bekamen die im Quartier wohnenden Journalisten mit, doch der Kaiser bügelte sie noch ab: "Die Stimmung in der Mannschaft ist super."

Bei den Schotten traf das aus rein sportlichen Gründen nicht zu. Nach der Auftaktpleite, die zudem zwei Ausfälle im Sturm mit sich brachte, stöhnte Trainer Alex Ferguson: "Schlimmer hätte es nicht kommen können. Ich muss meine gesamte Angriffsstrategie umwerfen. Und dabei müssen wir gegen Deutschland voll auf Sieg spielen und jedes Risiko in Kauf nehmen."

Bei einem Turnier trafen sich diese Länder erstmals, auch hatte noch keiner aus dem DFB-Kader je gegen die Schotten gespielt. Das letzte Treffen datierte von 1974. Unbekannte waren sie dennoch nicht, insbesondere die Bayern-Spieler kannten einige Cracks des FC Aberdeen, der sie auf seinem Weg zum Europacupsieg 1983 ausgeschaltet hatte. Mit Ausnahme von Steve Archibald (FC Barcelona) spielten alle auf der britischen Insel.



Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

8. Juni 1986 in Queretaro - zweites Gruppenspiel: Deutschland - Schottland 2:1

Vor dem Spiel:

Kaum zurück im Quartier, musste Franz Beckenbauer zwei Spieler sanktionieren. Die Reservisten Uli Stein, der beim Spiel demonstrativ ein Sonnenbad mit blankem Oberkörper nahm, und Matthias Herget, der seinem Ärger gegenüber Reportern Luft machte ("Erst war ich Libero Nummer eins, jetzt bin ich Nummer null“), erhielten die Gelbe Karte. Dann galt die Konzentration dem nächsten Gegner Schottland, der nach dem 0:1 gegen die Dänen schon mit dem Rücken zur Wand stand. Beckenbauer hatte sie live beobachtet und konditionelle Schwächen erkannt: "Vielleicht war es ein Fehler, dass sie erst am letzten Sonntag angereist sind."

Gegen die Schotten wollte er Norbert Eder in die Abwehr zurückziehen, dafür sollte Hans-Peter Briegel ins Mittelfeld. Den Platz hatte zuvor Andreas Brehme inne, der als einziger rausflog - für ihn kam Pierre Littbarski. Fraglich blieb bis zuletzt Karl-Heinz Rummenigges Einsatz und damit gärte ein Problem weiter vor sich hin. Dass der Kapitän nicht spielte, schob er nämlich der Kölner Fraktion in die Schuhe. Toni Schumacher, so glaubte er, mache sich für seine Klubkameraden Klaus Allofs und Littbarski stark, außerdem neide er ihm die Kapitänsbinde. Anzeichen für einen Hauskrach bekamen die im Quartier wohnenden Journalisten mit, doch der Kaiser bügelte sie noch ab: "Die Stimmung in der Mannschaft ist super."

Bei den Schotten traf das aus rein sportlichen Gründen nicht zu. Nach der Auftaktpleite, die zudem zwei Ausfälle im Sturm mit sich brachte, stöhnte Trainer Alex Ferguson: "Schlimmer hätte es nicht kommen können. Ich muss meine gesamte Angriffsstrategie umwerfen. Und dabei müssen wir gegen Deutschland voll auf Sieg spielen und jedes Risiko in Kauf nehmen."

Bei einem Turnier trafen sich diese Länder erstmals, auch hatte noch keiner aus dem DFB-Kader je gegen die Schotten gespielt. Das letzte Treffen datierte von 1974. Unbekannte waren sie dennoch nicht, insbesondere die Bayern-Spieler kannten einige Cracks des FC Aberdeen, der sie auf seinem Weg zum Europacupsieg 1983 ausgeschaltet hatte. Mit Ausnahme von Steve Archibald (FC Barcelona) spielten alle auf der britischen Insel.

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Erneuter Rückstand in Mexikos Hitze

Spielbericht:

Auch das zweite Gruppenspiel steigt um zwölf Uhr mittags. Im Schatten werden 38 Grad gemessen, die Ersatzspieler legen feuchte Handtücher auf die Plexiglasdächer der Bank, die die Hitze ansonsten noch potenziert hätte. Die Mannschaft trägt das traditionelle Schwarz-weiß. Das Stadion La Corregidora ist etwas voller, aber 12.000 Plätze bleiben frei. Kein Wunder bei Preisen bis zu umgerechnet 132 DM. Für das ZDF sitzt Rolf Kramer am Mikrofon. Er hat zunächst viel Grund, sich lobend zu äußern. In den ersten zehn Minuten gibt es schon vier deutsche Chancen, die größte hat Rudi Völler, dessen Kopfball von einem Verteidiger noch auf der Linie geklärt wird. In der elften Minute ein erster schottischer Warnschuss, Malpas schießt nach Schumachers zu kurzer Abwehr frei hoch über das leere Tor. Dabei belassen sie es nicht, Bannon prüft Schumacher aus 25 Metern und dann passiert es schon wieder: Deutschland gerät in Rückstand.

Gordon Strachan von Manchester United, um den sich eigentlich Eder kümmern soll, dringt ohne Gegenspieler von rechts in den Strafraum ein. Nun wirft sich ihm Klaus Augenthaler entgegen und fälscht den Ball ab, weshalb der im kurzen Eck einschlägt und Schumacher nicht gut aussehen lässt. Beckenbauers Zorn aber gilt seinem Schützling Eder, der schon gegen Uruguay enttäuscht hat: "Turnt da irgendwo in der Gegend rum, anstatt seine Aufgabe zu erfüllen." 

Wieder ein Rückstand unter Mexikos Mittagssonne, wie viel Kraft wird es diesmal kosten? Nicht annähernd so viel, denn schon vier Minuten später fällt der Ausgleich. Er entspringt einer sehenswerten Kombination. Über Littbarski und Allofs kommt der Ball von links halbhoch zum sträflich frei stehenden Völler, der wuchtet ihn aus zwei Metern mit dem Knie ins Tor. "Das kann nur der Rudi", brüllt sein stolzer Bremer Vereinstrainer Otto Rehhagel, in Mexiko Co-Kommentator für das ZDF.

Die Schotten werden wütend, Archibald verdient sich die Gelbe Karte für ein Revanchefoul an Karlheinz Förster. Souness legt seine Wut in einen 30-Meter-Schuss, der knapp übers Lattenkreuz streicht. Noch vor der Pause muss Deutschland in Führung gehen, Völler steht nach 30-Meter-Sprint allein vor Keeper Leighton, bringt aber nur ein Schüsschen zustande, auch der nachrückende Felix Magath macht es nicht besser. Was die großartige Leistung des Hamburgers kaum schmälert, mancher Kritiker attestiert ihm sein bestes Länderspiel.

Unverändert kommen beide Teams zurück. Aber schon nach fünf Minuten ändert sich der Spielstand, es folgt die erste deutsche Führung in Mexiko, und wieder ist es eine Co-Produktion des neuen Sturmduos. Wenn auch keine aus dem Lehrbuch. Völler dribbelt sich fest, kein Wunder bei gleich drei Gegenspielern. Eher zufällig trudelt der Ball zum freistehenden Allofs und der trifft auch in seinem zweiten WM-Spiel. Für Kramer ist er "der Mann mit dem perfekten linken Fuß". Und der kicker stellt fest: "Er strotzte vor Selbstbewußtsein. Eines seiner besten Länderspiele. In dieser Form aus der Elf nicht wegzudenken." 

Was fangen sie mit der Führung an in dieser Hitze? Beckenbauer wechselt einen Innenverteidiger ein, der 32-jährige Hamburger Ditmar Jakobs gibt sein WM-Debüt, denn Briegel hat sich verletzt. Eder rückt an Briegels Stelle ins Mittelfeld. Beckenbauer wird es mulmig, wie er in seinem WM-Buch verrät: "Deshalb habe ich mir Sorgen erst gemacht, als wir bereits führten und die Schotten auf einmal versuchten, mit Manndeckung zum Erfolg zu kommen. Sie machten durch ihr frühes Stören teilweise einen ruhigeren und ordentlicheren Spielaufbau aus der eigenen Spielhälfte unmöglich." 

Auch die Einwechslung Rummenigges, diesmal bekommt er nur 14 Minuten, bringt wenig Entlastung. Vielmehr häufen sich die brenzligen Szenen im deutschen Strafraum, aber da nun vier gelernte Innenverteidiger in der Abwehr stehen, wird alles abgeblockt. Als Strachan in der 86. Minute abzieht, blockt keiner, aber der Ball verfehlt das deutsche Tor. Dann ist es vorbei. Der Sieg ist angesichts der optischen Eindrücke und Fakten (14:8 Torschüsse) unzweifelhaft verdient, nur über die Leistung sind sich Teamchef, Mannschaft und Kritiker nicht einig.

Der zur Perfektion neigende Beckenbauer ärgert sich, dass kein drittes Tor mehr gefallen ist und bis zuletzt gezittert werden muss und wirkt auf der Pressekonferenz unzufrieden. Klaus Allofs entgegnet: "Der Franz sieht das alles zu kritisch." Und mit der Distanz einiger Tage ganz anders. In seinem WM-Tagebuch schreibt er: "Wegen mir durfte es in dieser Form weitergehen." Wegen des komplizierten Turniermodus ist es indes noch nicht gesichert, ob die bisherigen drei Punkte schon fürs Achtelfinale reichen würden. Platz drei ist sicher, aber ist es einer der vier Besten?

Aufstellung: Schumacher – Berthold, Augenthaler, Kh. Förster, Briegel (63. Jakobs) – Littbarski (76. Rummenigge), Eder, Matthäus , Magath – Völler, Allofs.

Tore: 0:1 Strachan (18.), 1:1 Völler (23.), 2:1 Allofs (49.)

Zuschauer: 28.000

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"Das Positivste an dem Spiel war der Sieg"

Stimmen zum Spiel:

Franz Beckenbauer: "Das Positivste an dem Spiel war der Sieg. Leider mussten wir bis zum Schluss zittern, hundertprozentige Sicherheit gab es nie. Wir haben diesmal nicht zu unserem Rhythmus gefunden, es fehlte auch an Einsatz und Power. Insgesamt klappte einfach im Defensivbereich die Abstimmung nicht…Littbarski hat gut gespielt und war einer der Fleißigsten. Ich habe ihn ausgewechselt, weil er leer wurde und wir neue Impulse brauchten. Die Schotten waren der erwartet starke Gegner, der uns bis zum Schlusspfiff alles abverlangt hat."

Alex Ferguson (Trainer Schottlands): "Die Niederlage ist für mich eine so große Enttäuschung dass es mir schwer fällt, überhaupt einen Kommentar abzugeben. Nach unserem Tor waren wir uns offensichtlich zu sicher. Daher der schnelle Ausgleich. Es ist immer schwer, die Deutschen zu schlagen, aber diesmal waren die Bedingungen besonders hart. Einige Spieler haben erklärt, noch nie in solcher Hitze gespielt zu haben."

Karlheinz Förster: "Dieses Spiel hat sehr an unseren Kräften gezehrt, weil wir wie schon gegen Uruguay einem Rückstand nachlaufen mussten."

Rudi Völler: "Der Sieg ist uns sehr schwer gefallen. Die Schotten haben alles gegeben. Nach dem Rückstand mussten wir wie gegen Uruguay den inneren Schweinehund überwinden."

Klaus Allofs: "Heute lief es für mich viel besser. Mit 3:1 Punkten sind wir weiter. Jetzt wollen wir aber auch Erster werden, um hier weiter spielen zu dürfen."

"Bei 30 Grad im Schatten erlebten 28.000 Zuschauer einen der bisherigen WM-Höhepunkte… Hätte es nicht gegen die keineswegs schlechten Schotten immer wieder Lücken in der Abwehr gegeben, man könnte sogar von einem tadellosen Auftritt des Teams von Franz Beckenbauer sprechen können." (dpa)

"Mit deutlichen spielerischen Fortschritten gegenüber dem Auftaktspiel erreichte die deutsche Nationalelf mit dem 2:1 gegen Schottland den ersten Sieg bei diesem 13. WM-Turnier. Fährt sie auf diesem Wege fort und nutzt sie ihre Torchancen noch besser, dann können wir dem weiteren Turnierverlauf in Mexiko optimistisch entgegensehen…Die erfreulichste Erkenntnis war die Tatsache, daß wir mit Klaus Allofs endlich wieder einen zweiten gefährlichen Angreifer gefunden haben." (kicker)

"Schottland wurde lächelnd in Bier eingelegt" (Liberation/Frankreich)

"Bestes Spiel der WM - erstmals gewinnt eine Mannschaft nach Rückstand" (El Pais/Spanien)

"Die 'eiserne Runde' hält, was sie versprochen hat i aber Beckenbauer ist außer sich wegen der zu vielen Fehler." (Gazzetta dello Sport/Italien)

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