1000 Länderspiele: Die großen Siege

Von fast 1000 Länderspielen hat die Nationalmannschaft 578 gewonnen. Das ist eine eindrucksvolle Bilanz, die die Antwort auf die Frage nach dem oder den größten Siegen fast unmöglich macht. Es hat nie jemand gelebt, der alle Spiele hat sehen können, vom ersten Sieg am 4. April 1909 gegen die Schweiz (1:0 in Karlsruhe) bis zum 2:0 über Peru am 25. März diesen Jahres vergingen knapp 114 Jahre.

Auch wer sich auf die absoluten Highlights bei Turnieren konzentrieren will, kommt in Schwierigkeiten. Am Anfang stand das "Wunder von Bern", das von Historikern zur "eigentlichen Gründung der Bundesrepublik" überhöht wurde, aber den Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg doch unheimlich viel an Selbstwertgefühl zurückgab. Entsprechend euphorisch wurden die nun leider alle verstorbenen "Helden von Bern" in der Heimat begrüßt und das Andenken an sie wird nicht nur zu Jubiläen gepflegt. Das mythische 3:2 gegen die Ungarn liegt nun auch bald 70 Jahre zurück und war es lange Zeit bei Umfragen zu den größten Länderspielen noch als Nummer eins gesetzt, doch nun hat es Konkurrenz bekommen. Bei einer Umfrage im aktuellen DFB-Journal unter ehemaligen Nationalspielern landete das schier unglaubliche 7:1 im WM-Halbfinale von Belo Horizonte gegen Gastgeber Brasilien 2014 auf dem ersten Platz. Obwohl Deutschland doch viermal Weltmeister und dreimal Europameister wurde – von den sieben gewonnenen Finals schaffte es nur Bern (Platz zwei) in die Top fünf. 

Das Abstimmungsergebnis der Nationalspieler

1.) 7:1 gegen Brasilien Halbfinale, WM 2014 (41,6 Prozent)

2.) 3:2 gegen Ungarn Finale, WM 1954 (19,5 Prozent)

3.) 3:4 n.V. gegen Italien Halbfinale, WM 1970 (9,7 Prozent)

4.) 8:7 n.E. gegen Frankreich, Halbfinale WM 1982 (7,1 Prozent)

5.) 2:1 gegen Niederlande, Achtelfinale WM 1990 (6,2 Prozent)

Ob die mehr von Emotionen geleiteten Fans eine Halbfinalniederlage (1970) auch so hoch gewichtet hätten wie die Experten? Nicht immer zählt das Ergebnis, für manchen ist das Erlebnis noch wichtiger. Im Idealfall passt beides.

Bei großen Turnieren hat oft viel gepasst bei Deutschland, keine Auswahl stand häufiger in einem WM-Finale (achtmal). Die großen Siege, die keiner vergisst, der sie vor dem Bildschirm, am Radio oder im Stadion erlebt hat, sind deutsches Kulturgut

Vier Sterne für vier WM-Triumphe

Bern 1954 – als Helmut Rahn aus dem Hintergrund schoss.

München 1974 – als Gerd Müller aus der Drehung das 2:1 gegen die Niederlande machte und Sepp Maier im Tor das Spiel seines Lebens.

Rom 1990 – als Andy Brehme für Lothar Matthäus als Elfmeterschütze einsprang und Diego Maradona zum Weinen brachte, während der Kaiser unter einem Vollmondhimmel gedankenverloren über den Rasen schlenderte.

Maracana 2014 – als Mario Götze, wieder bei einem 1:0 gegen Argentinien, der Welt zeigte, dass er zumindest in diesem Moment nicht schlechter als Messi war.

Vier Sterne trägt die Mannschaft seitdem auf der Brust, acht hätten es sein können. Zumindest das Finale von Wembley 1966 (2:4 n.V.) zählt auch zu den ganz großen Spielen der Nationalmannschaft, mit seiner besonderen Geschichte vom dritten Tor, das nur besonders sture Engländer noch anerkennen wollen.

Erfolge bei Europameisterschaften

Dreimal wurde die Nationalelf Europameister und gleich bei der ersten Teilnahme spielte sie "Fußball 2000", dabei schrieb man erst das Jahr 1972. Im Vorfeld des Triumphs von Brüssel gab es den ersten Sieg in England, das 3:1 von Wembley am 29. April 1972 galt lange als bestes Länderspiel überhaupt. In jedem Fall war es das im Leben des Günter Netzer, der "aus der Tiefe des Raumes kam". Legendäre Worte als Nachklang eines legendären Spiels, das auch deshalb so hoch geschätzt wurde, weil keiner mit dem Sieg beim Lehrmeister des Fußballs rechnete. Aber auch dieses Spiel schaffte es nicht mehr in die Top fünf der Alt-Internationalen – es ist eben über 50 Jahre her.

1972 - 3:0 gegen die Sowjetunion in Brüssel mit zwei Müller-Toren und einem überragenden Regenten-Duo Beckenbauer/Netzer

1980 - 2:1 gegen Belgien in Rom, als der Zweitälteste im Team der jüngsten Mannschaft des Turniers mit seinen ersten Länderspieltoren zum Titel verhalf. Horst Hrubesch hatte nur den Auftrag des Papstes erfüllt, sagt die Legende

1996 - 2:1 nach Golden Goal gegen die Tschechen in Wembley, als Oliver Bierhoff ins schon verloren geglaubte Spiel kam und es mit seinen ersten von zwölf Joker-Toren drehte. Über Nacht wurde der spätere DFB-Direktor zum Liebling der Nation, obwohl der Star die Mannschaft war

Die Fußball Woche titelt: "Triumph!"

Welche Spiele sonst haben einen Ehrenplatz in der Geschichte? Jene 198, die bis zur Kriegspause 1942 stattfanden, sind im Nachteil: keine Fernsehkamera hat sie je gezeigt. Ausschnitte kamen zuweilen im Kino, aber wer sie in voller Länge sehen wollte, musste eine der begehrten Eintrittskarten bekommen. Sofern man sich auf die Presseberichte von damals verlassen kann, gehören das 2:1 von Turin im April 1929, als erstmals Italien besiegt wurde und zwei weitere Wende-Siege gegen Ungarn nach deutlichem Rückstand (1930 in Dresden und 1942 in Budapest, jeweils 5:3) dazu.

Nicht zu vergessen die Breslau-Elf, die an Pfingsten 1937 die Dänen mit 8:0 filetierte und vom großen Sepp Herberger als seine beste Mannschaft in 26 Dienstjahren angesehen wurde. Auch ein 3:3 gegen England galt 1930 als Sieg, die Fußball Woche titelte damals schlicht "Triumph!"

Siege im Elfmeterschießen gegen England und Frankreich

Nach dem Krieg, als die Ansprüche von Jahr zu Jahr wuchsen, wurden Siege zur Normalität und keine Unentschieden mehr gefeiert. Es sei denn, im Anschluss folgte ein gewonnenes Elfmeterschießen wie bei der WM 1990 und der EM 1996 jeweils in Halbfinals gegen die Engländer oder bei der WM 1982 in Sevilla gegen die Franzosen.

Dramen, die gut ausgehen, haben Ehrenplätze in den Herzen der Fans wie das 3:2 nach 0:2 gegen England 1970 in Mexiko. Sie überstrahlen so manche Glanzleistung, wie etwa die Siege bei der WM 2010 gegen England (4:1) und Argentinien (4:0).

Wie dem auch sei, um die Qual der Wahl, die größten Siege sicher zu bestimmen, dürften uns viele Nationen beneiden. Das ist Ansporn und Verpflichtung zugleich für die nächsten 1000 Spiele.

[um]

Von fast 1000 Länderspielen hat die Nationalmannschaft 578 gewonnen. Das ist eine eindrucksvolle Bilanz, die die Antwort auf die Frage nach dem oder den größten Siegen fast unmöglich macht. Es hat nie jemand gelebt, der alle Spiele hat sehen können, vom ersten Sieg am 4. April 1909 gegen die Schweiz (1:0 in Karlsruhe) bis zum 2:0 über Peru am 25. März diesen Jahres vergingen knapp 114 Jahre.

Auch wer sich auf die absoluten Highlights bei Turnieren konzentrieren will, kommt in Schwierigkeiten. Am Anfang stand das "Wunder von Bern", das von Historikern zur "eigentlichen Gründung der Bundesrepublik" überhöht wurde, aber den Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg doch unheimlich viel an Selbstwertgefühl zurückgab. Entsprechend euphorisch wurden die nun leider alle verstorbenen "Helden von Bern" in der Heimat begrüßt und das Andenken an sie wird nicht nur zu Jubiläen gepflegt. Das mythische 3:2 gegen die Ungarn liegt nun auch bald 70 Jahre zurück und war es lange Zeit bei Umfragen zu den größten Länderspielen noch als Nummer eins gesetzt, doch nun hat es Konkurrenz bekommen. Bei einer Umfrage im aktuellen DFB-Journal unter ehemaligen Nationalspielern landete das schier unglaubliche 7:1 im WM-Halbfinale von Belo Horizonte gegen Gastgeber Brasilien 2014 auf dem ersten Platz. Obwohl Deutschland doch viermal Weltmeister und dreimal Europameister wurde – von den sieben gewonnenen Finals schaffte es nur Bern (Platz zwei) in die Top fünf. 

Das Abstimmungsergebnis der Nationalspieler

1.) 7:1 gegen Brasilien Halbfinale, WM 2014 (41,6 Prozent)

2.) 3:2 gegen Ungarn Finale, WM 1954 (19,5 Prozent)

3.) 3:4 n.V. gegen Italien Halbfinale, WM 1970 (9,7 Prozent)

4.) 8:7 n.E. gegen Frankreich, Halbfinale WM 1982 (7,1 Prozent)

5.) 2:1 gegen Niederlande, Achtelfinale WM 1990 (6,2 Prozent)

Ob die mehr von Emotionen geleiteten Fans eine Halbfinalniederlage (1970) auch so hoch gewichtet hätten wie die Experten? Nicht immer zählt das Ergebnis, für manchen ist das Erlebnis noch wichtiger. Im Idealfall passt beides.

Bei großen Turnieren hat oft viel gepasst bei Deutschland, keine Auswahl stand häufiger in einem WM-Finale (achtmal). Die großen Siege, die keiner vergisst, der sie vor dem Bildschirm, am Radio oder im Stadion erlebt hat, sind deutsches Kulturgut

Vier Sterne für vier WM-Triumphe

Bern 1954 – als Helmut Rahn aus dem Hintergrund schoss.

München 1974 – als Gerd Müller aus der Drehung das 2:1 gegen die Niederlande machte und Sepp Maier im Tor das Spiel seines Lebens.

Rom 1990 – als Andy Brehme für Lothar Matthäus als Elfmeterschütze einsprang und Diego Maradona zum Weinen brachte, während der Kaiser unter einem Vollmondhimmel gedankenverloren über den Rasen schlenderte.

Maracana 2014 – als Mario Götze, wieder bei einem 1:0 gegen Argentinien, der Welt zeigte, dass er zumindest in diesem Moment nicht schlechter als Messi war.

Vier Sterne trägt die Mannschaft seitdem auf der Brust, acht hätten es sein können. Zumindest das Finale von Wembley 1966 (2:4 n.V.) zählt auch zu den ganz großen Spielen der Nationalmannschaft, mit seiner besonderen Geschichte vom dritten Tor, das nur besonders sture Engländer noch anerkennen wollen.

Erfolge bei Europameisterschaften

Dreimal wurde die Nationalelf Europameister und gleich bei der ersten Teilnahme spielte sie "Fußball 2000", dabei schrieb man erst das Jahr 1972. Im Vorfeld des Triumphs von Brüssel gab es den ersten Sieg in England, das 3:1 von Wembley am 29. April 1972 galt lange als bestes Länderspiel überhaupt. In jedem Fall war es das im Leben des Günter Netzer, der "aus der Tiefe des Raumes kam". Legendäre Worte als Nachklang eines legendären Spiels, das auch deshalb so hoch geschätzt wurde, weil keiner mit dem Sieg beim Lehrmeister des Fußballs rechnete. Aber auch dieses Spiel schaffte es nicht mehr in die Top fünf der Alt-Internationalen – es ist eben über 50 Jahre her.

1972 - 3:0 gegen die Sowjetunion in Brüssel mit zwei Müller-Toren und einem überragenden Regenten-Duo Beckenbauer/Netzer

1980 - 2:1 gegen Belgien in Rom, als der Zweitälteste im Team der jüngsten Mannschaft des Turniers mit seinen ersten Länderspieltoren zum Titel verhalf. Horst Hrubesch hatte nur den Auftrag des Papstes erfüllt, sagt die Legende

1996 - 2:1 nach Golden Goal gegen die Tschechen in Wembley, als Oliver Bierhoff ins schon verloren geglaubte Spiel kam und es mit seinen ersten von zwölf Joker-Toren drehte. Über Nacht wurde der spätere DFB-Direktor zum Liebling der Nation, obwohl der Star die Mannschaft war

Die Fußball Woche titelt: "Triumph!"

Welche Spiele sonst haben einen Ehrenplatz in der Geschichte? Jene 198, die bis zur Kriegspause 1942 stattfanden, sind im Nachteil: keine Fernsehkamera hat sie je gezeigt. Ausschnitte kamen zuweilen im Kino, aber wer sie in voller Länge sehen wollte, musste eine der begehrten Eintrittskarten bekommen. Sofern man sich auf die Presseberichte von damals verlassen kann, gehören das 2:1 von Turin im April 1929, als erstmals Italien besiegt wurde und zwei weitere Wende-Siege gegen Ungarn nach deutlichem Rückstand (1930 in Dresden und 1942 in Budapest, jeweils 5:3) dazu.

Nicht zu vergessen die Breslau-Elf, die an Pfingsten 1937 die Dänen mit 8:0 filetierte und vom großen Sepp Herberger als seine beste Mannschaft in 26 Dienstjahren angesehen wurde. Auch ein 3:3 gegen England galt 1930 als Sieg, die Fußball Woche titelte damals schlicht "Triumph!"

Siege im Elfmeterschießen gegen England und Frankreich

Nach dem Krieg, als die Ansprüche von Jahr zu Jahr wuchsen, wurden Siege zur Normalität und keine Unentschieden mehr gefeiert. Es sei denn, im Anschluss folgte ein gewonnenes Elfmeterschießen wie bei der WM 1990 und der EM 1996 jeweils in Halbfinals gegen die Engländer oder bei der WM 1982 in Sevilla gegen die Franzosen.

Dramen, die gut ausgehen, haben Ehrenplätze in den Herzen der Fans wie das 3:2 nach 0:2 gegen England 1970 in Mexiko. Sie überstrahlen so manche Glanzleistung, wie etwa die Siege bei der WM 2010 gegen England (4:1) und Argentinien (4:0).

Wie dem auch sei, um die Qual der Wahl, die größten Siege sicher zu bestimmen, dürften uns viele Nationen beneiden. Das ist Ansporn und Verpflichtung zugleich für die nächsten 1000 Spiele.

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