1. FCK anno 1996: Zwischen Freud und Leid

Das Siegerfoto sah aus wie ein Siegerfoto eben aussah in Zeiten vor dem Konfettiregen. 15 junge Männer lächelten in die Kamera, machten Faxen, einer legte sich quer vor die Gruppe. Im Mittelpunkt: der Pokal. Klatschnasse Haare verrieten: Es war ein regnerischer Tag vor 25 Jahren in Berlin, als das Pokalfinale 1995/1996 seinen traurigsten Sieger sah – den 1. FC Kaiserslautern.

Eine Woche zuvor war nämlich ein anderes Bild um die Fußballwelt gegangen, eines das es in jeden Bundesligarückblick schaffen wird – egal nach wie vielen Jahrzehnten. Weltmeister Andy Brehme schluchzend in den Armen von Weltmeister Rudi Völler im Fernsehstudio, Minuten nach dem ersten Abstieg des 1. FC Kaiserslautern in Leverkusen, nach 33 Jahren Bundesliga.

FCK-Coach Krautzun verbreitet Optimismus

Man schrieb den 18. Mai 1996. In der Pfalz flossen die Tränen und nicht nur Gerhard Mayer-Vorfelder, Vorsitzender des DFB-Ligaausschusses, hatte ein Problem damit, sich "eine Bundesliga ohne den FCK vorzustellen". Doch es war Fakt. Der Schrei nach Aufräumarbeiten und personellen Konsequenzen war vernehmlich, aber es musste ja noch ein Pokalfinale gespielt werden, in das sich die Pfälzer mit Siegen über drei Zweitligisten und die "Klassenkameraden" Schalke 04 und Bayer Leverkusen gekämpft hatten.

So durften sie an Pfingsten 1996 nach Berlin reisen, wo der Karlsruher SC wartete – es war quasi ein Südwestderby auf neutralem Boden. FCK-Trainer Eckhard Krautzun versuchte, in Optimismus zu machen: "Die Wehwehchen sind abgeklungen, die Tränen der Enttäuschung verwischt." Da machte er auf gut Wetter, während es im Verein brodelte. Präsident Norbert Thines, stark in der Kritik, berief noch in der Finalwoche ein "Beraterteam Wiederaufstieg", in das die Klubikonen Horst Eckel, Weltmeister 1954, und Hans-Peter Briegel, Europameister 1980, bestellt wurden. Thines sagte: "Kritik in dieser schwierigen Situation kann nur reinigend sein. Der FCK muss wieder ein Klub werden, an dem sich eine gebeutelte Region aufrichten und anlehnen kann."

Wagner: "Wenn wir Pokal holen, bleibe ich"

Die Region sendete spontane Zeichen der Versöhnung, spontan wurden 3000 Dauerkarten für die 2. Liga geordert und es gab 130 neue Mitgliedsanträge – alles in der Woche vor dem Finale. Doch was würde aus der Mannschaft, wer trug sich mit Wechselgedanken vor diesem wichtigen Spiel? Thomas Hengen hatte sie schon abgeschlossen, er ging ausgerechnet zu Finalgegner KSC, "aber für mich zählt nur der FCK, mit dem ich unbedingt den Pokal gewinnen will". Eine andere Variante zog Martin Wagner in Betracht. "Wenn wir den Pokal holen, dann bleibe ich", versprach der Ex-Nationalspieler.

Der Pokalsieg hatte nicht nur Prestigewert für den FCK, er würde auch den Einzug in den Europapokal bringen – und damit neue Ressourcen, um eine Aufstiegsmannschaft bilden und bezahlen zu können. So dachten sie vor dem Spiel gegen Winfried Schäfers Karlsruher. Beide Vereine lobten eine Prämie über 500.000 DM (insgesamt) aus. Den FCK begleiteten 17.000 Fans nach Berlin, das volle Kontingent wurde ausgeschöpft. Warum auch nicht? So oft kommt ein Finaltag nicht im Leben eines Fans. Der FCK hatte sein letztes Finale in Berlin 1990 bestritten und 3:2 gegen Bremen gewonnen. Die Niederlagen gab es in früheren Zeiten in anderen Stadien.

Wagner schießt sich selbst in 2. Bundesliga

Berlin war also ein gutes Omen und das sollte sich bestätigen. Die Zuschauer*innen sahen kein gutes Spiel, der kicker schrieb, es sei "für fußballerische Gourmets eine totale Enttäuschung" gewesen, aber es bekam den verdienten Sieger. Nur ein Tor fiel, ausgerechnet durch den Mann, der seinen Verbleib vom Pokalsieg abhängig machen wollte: Martin Wagner schoss sich in der 42. Minute selbst in die 2. Liga – und zum Pokalsieg. Sein direkter Freistoß flutschte gleich durch zwei Tunnel. Dirk Schuster in der Mauer und Claus Reitmaier im Tor ließen das Geschoss auf regennassem Boden durch ihre Beine. "Den musst du doch haben", schimpfte Thorsten Fink mit seinem Keeper, einst selbst beim FCK. Der Torhüter wehrte sich: "Ich möchte gerne einmal wissen, was ich gegen dieses Ding machen soll. Das war ein Riesenknaller, den ich erst ganz spät sehe."

Den Roten Teufeln war es recht, sie retteten die knappe Führung über die Zeit, obwohl Kapitän Brehme nach 75 Minuten erstmals in seiner Karriere vom Platz flog. "Ich bin der Mannschaft dankbar, dass sie es souverän geschafft hat." Was bei aller Freude über den zweiten Pokalsieg des Vereins den Eindruck verstärkte, dass der Abstieg absolut vermeidbar gewesen wäre. Er schwebte über den Feierlichkeiten am Abend auf dem Bankett und am nächsten Tag auf dem Rathausplatz in der Heimat, als nochmal 15.000 Fans gekommen waren. Der kicker beschrieb die Gemengelage so: "Zwischen Traum und Trauma." Und Andy Brehme, der Kapitän des traurigsten Siegers von Berlin, gestand offen ein: "Ich hätte lieber den Abstieg verhindert, als den Pokal gewonnen." Es war nicht sein letzter Titel, ein Jahr später war er Zweitligameister, ein weiteres Jahr später Deutscher Meister. Mit dem Kern der Mannschaft, die 1996 den Pokal gewann.

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Das Siegerfoto sah aus wie ein Siegerfoto eben aussah in Zeiten vor dem Konfettiregen. 15 junge Männer lächelten in die Kamera, machten Faxen, einer legte sich quer vor die Gruppe. Im Mittelpunkt: der Pokal. Klatschnasse Haare verrieten: Es war ein regnerischer Tag vor 25 Jahren in Berlin, als das Pokalfinale 1995/1996 seinen traurigsten Sieger sah – den 1. FC Kaiserslautern.

Eine Woche zuvor war nämlich ein anderes Bild um die Fußballwelt gegangen, eines das es in jeden Bundesligarückblick schaffen wird – egal nach wie vielen Jahrzehnten. Weltmeister Andy Brehme schluchzend in den Armen von Weltmeister Rudi Völler im Fernsehstudio, Minuten nach dem ersten Abstieg des 1. FC Kaiserslautern in Leverkusen, nach 33 Jahren Bundesliga.

FCK-Coach Krautzun verbreitet Optimismus

Man schrieb den 18. Mai 1996. In der Pfalz flossen die Tränen und nicht nur Gerhard Mayer-Vorfelder, Vorsitzender des DFB-Ligaausschusses, hatte ein Problem damit, sich "eine Bundesliga ohne den FCK vorzustellen". Doch es war Fakt. Der Schrei nach Aufräumarbeiten und personellen Konsequenzen war vernehmlich, aber es musste ja noch ein Pokalfinale gespielt werden, in das sich die Pfälzer mit Siegen über drei Zweitligisten und die "Klassenkameraden" Schalke 04 und Bayer Leverkusen gekämpft hatten.

So durften sie an Pfingsten 1996 nach Berlin reisen, wo der Karlsruher SC wartete – es war quasi ein Südwestderby auf neutralem Boden. FCK-Trainer Eckhard Krautzun versuchte, in Optimismus zu machen: "Die Wehwehchen sind abgeklungen, die Tränen der Enttäuschung verwischt." Da machte er auf gut Wetter, während es im Verein brodelte. Präsident Norbert Thines, stark in der Kritik, berief noch in der Finalwoche ein "Beraterteam Wiederaufstieg", in das die Klubikonen Horst Eckel, Weltmeister 1954, und Hans-Peter Briegel, Europameister 1980, bestellt wurden. Thines sagte: "Kritik in dieser schwierigen Situation kann nur reinigend sein. Der FCK muss wieder ein Klub werden, an dem sich eine gebeutelte Region aufrichten und anlehnen kann."

Wagner: "Wenn wir Pokal holen, bleibe ich"

Die Region sendete spontane Zeichen der Versöhnung, spontan wurden 3000 Dauerkarten für die 2. Liga geordert und es gab 130 neue Mitgliedsanträge – alles in der Woche vor dem Finale. Doch was würde aus der Mannschaft, wer trug sich mit Wechselgedanken vor diesem wichtigen Spiel? Thomas Hengen hatte sie schon abgeschlossen, er ging ausgerechnet zu Finalgegner KSC, "aber für mich zählt nur der FCK, mit dem ich unbedingt den Pokal gewinnen will". Eine andere Variante zog Martin Wagner in Betracht. "Wenn wir den Pokal holen, dann bleibe ich", versprach der Ex-Nationalspieler.

Der Pokalsieg hatte nicht nur Prestigewert für den FCK, er würde auch den Einzug in den Europapokal bringen – und damit neue Ressourcen, um eine Aufstiegsmannschaft bilden und bezahlen zu können. So dachten sie vor dem Spiel gegen Winfried Schäfers Karlsruher. Beide Vereine lobten eine Prämie über 500.000 DM (insgesamt) aus. Den FCK begleiteten 17.000 Fans nach Berlin, das volle Kontingent wurde ausgeschöpft. Warum auch nicht? So oft kommt ein Finaltag nicht im Leben eines Fans. Der FCK hatte sein letztes Finale in Berlin 1990 bestritten und 3:2 gegen Bremen gewonnen. Die Niederlagen gab es in früheren Zeiten in anderen Stadien.

Wagner schießt sich selbst in 2. Bundesliga

Berlin war also ein gutes Omen und das sollte sich bestätigen. Die Zuschauer*innen sahen kein gutes Spiel, der kicker schrieb, es sei "für fußballerische Gourmets eine totale Enttäuschung" gewesen, aber es bekam den verdienten Sieger. Nur ein Tor fiel, ausgerechnet durch den Mann, der seinen Verbleib vom Pokalsieg abhängig machen wollte: Martin Wagner schoss sich in der 42. Minute selbst in die 2. Liga – und zum Pokalsieg. Sein direkter Freistoß flutschte gleich durch zwei Tunnel. Dirk Schuster in der Mauer und Claus Reitmaier im Tor ließen das Geschoss auf regennassem Boden durch ihre Beine. "Den musst du doch haben", schimpfte Thorsten Fink mit seinem Keeper, einst selbst beim FCK. Der Torhüter wehrte sich: "Ich möchte gerne einmal wissen, was ich gegen dieses Ding machen soll. Das war ein Riesenknaller, den ich erst ganz spät sehe."

Den Roten Teufeln war es recht, sie retteten die knappe Führung über die Zeit, obwohl Kapitän Brehme nach 75 Minuten erstmals in seiner Karriere vom Platz flog. "Ich bin der Mannschaft dankbar, dass sie es souverän geschafft hat." Was bei aller Freude über den zweiten Pokalsieg des Vereins den Eindruck verstärkte, dass der Abstieg absolut vermeidbar gewesen wäre. Er schwebte über den Feierlichkeiten am Abend auf dem Bankett und am nächsten Tag auf dem Rathausplatz in der Heimat, als nochmal 15.000 Fans gekommen waren. Der kicker beschrieb die Gemengelage so: "Zwischen Traum und Trauma." Und Andy Brehme, der Kapitän des traurigsten Siegers von Berlin, gestand offen ein: "Ich hätte lieber den Abstieg verhindert, als den Pokal gewonnen." Es war nicht sein letzter Titel, ein Jahr später war er Zweitligameister, ein weiteres Jahr später Deutscher Meister. Mit dem Kern der Mannschaft, die 1996 den Pokal gewann.

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