Monika Staab: "Eine historische Aufgabe"

Am 1. September beginnt für Monika Staab ein neues Abenteuer. Die 62-Jährige soll eine Frauen-Nationalmannschaft in Saudi-Arabien aufbauen. Im DFB.de-Interview erklärt die Pionierin des Frauenfußballs, wie das gelingen soll und welche Rolle der Fußball spielen kann, um die Frauenrechte in dem arabischen Land zu stärken.

DFB.de: Frau Staab, mit welchen Erwartungen treten sie die Aufgabe als Nationaltrainerin der Frauen von Saudi-Arabien an?

Monika Staab: Dort kann ich wieder viel entwickeln und Pionierarbeit leisten. Es wird ein Abenteuer, auf das ich mich sehr freue. Ich weiß selbst nicht genau, was auf mich zukommt. Klar ist aber, dass ich super Gespräche mit den Verantwortlichen hatte, sonst würde ich es auch nicht machen. Das war vor allem Lamia Bahaian. Sie ist Direktorin Frauenfußball beim Fußball-Verband Saudi-Arabiens. Die andere ist Adwa Al Arifi, die dort zum Vorstand gehört. Beide haben mich überzeugt und mir gezeigt, dass sie es ernst meinen. Der Frauenfußball ist im Verband voll akzeptiert. Das ist mir wichtig. Trotzdem bin ich selbst gespannt: Wenn ich ein vergleichbares Engagement bei einem Verband in Europa angenommen hätte, hätte ich ungefähr gewusst, was mich erwartet. Hier ist das nicht der Fall. Das macht auch den Reiz aus.

DFB.de: Bislang hat Saudi-Arabien noch keine Nationalmannschaft der Frauen.

Staab: Es ist eine historische Aufgabe. Ich freue mich sehr darauf, hoffentlich bald Teil des ersten Frauen-Länderspiels in der Geschichte Saudi-Arabiens sein zu können. Darauf arbeite ich nun hin. Bis dahin haben wir viel zu tun.

DFB.de: Wann geht es für Sie los Richtung Saudi-Arabien?

Staab: Ich werde am 1. September dorthin fliegen und dann die ersten Wochen nutzen, um mir ein genaues Bild über die Lage vor Ort zu verschaffen. Ich werde etwas herumreisen, um zu erkennen, welches Fundament es bereits gibt.

DFB.de: Wie ist das fußballerische Niveau in Saudi-Arabien?

Staab: Die Spielerinnen, die ich gesehen habe, sind sehr engagiert. Ich habe einige Meisterschaftsspiele beobachtet und war begeistert von der Leidenschaft, die dort an den Tag gelegt wird. Die Einstellung stimmt. Aber ich muss die Ansprüche trotzdem sehr herunterschrauben. Wir fangen nicht ganz bei null an. Technisch und taktisch gibt es dort im Grunde jedoch keine Vorbildung. Einige können ganz gut mit dem Ball umgehen. Das war es aber auch schon. Es gibt viel zu tun, aber wir können schnell riesige Fortschritte machen. Ich sehe großes Potenzial für die dortigen Verhältnisse. Ich habe unglaublichen Bock auf diese Aufgabe. Dabei muss ich aber meinen Ehrgeiz etwas zügeln.

DFB.de: Die Frauen spielen dort bislang in Neuner-Mannschaften.

Staab: Das ist ein Punkt, den wir schnellstmöglich ändern müssen. Die Frauen müssen natürlich auch elf gegen elf spielen. Aber das bekommen wir hin. Außerdem sehe ich es als sehr wichtig an, dass wir eine U 17-Nationalmannschaft ins Leben rufen. Das ist die Basis für eine erfolgreiche Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Was planen Sie vor Ort?

Staab: Wir haben bereits Strategien erarbeitet, was wir umsetzen möchten. Wir möchten zum Beispiel Akademien einrichten, in denen Mädchen ab dem zwölften Lebensjahr fußballerisch gefördert werden. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Ausbildung von Trainerinnen. Sie sind aus meiner Sicht das Fundament. Ich versuche schon etwas weiter nach vorne zu schauen, damit wir unsere Ziele erreichen können. Mir geht es nicht darum, die Frauen dort mit dem Ball zu beschäftigen. Ich möchte etwas entwickeln.

DFB.de: Wie wollen sie die Mädchen zum Fußball bringen?

Staab: Das ist nicht das Problem, denke ich. Viele wollen unbedingt kicken. Die Aufgabe liegt eher darin, die Eltern zu überzeugen, dass ihre Mädchen Fußball spielen dürfen. Wir müssen die religiösen Barrieren abbauen. Die Eltern müssen erlauben, dass sich ihre Töchter in der Öffentlichkeit zeigen dürfen. Wenn wir das schaffen, haben wir schon viel erreicht. Es ist schade, dass heutzutage solche Hürden immer noch existieren. Das wird eine Menge Arbeit, aber es lohnt sich. Der Fußball ist ein gutes Mittel, um vieles in die richtige Richtung zu bewegen. Wir wollen etwas für den Frauenfußball dort erreichen.

DFB.de: Saudi-Arabien wird dafür kritisiert, dass die Frauenrechte nicht anerkannt werden. Wie gehen Sie damit um?

Staab: Damit habe ich mich natürlich auch auseinandergesetzt. Die politische Situation ist wichtig für mich. Aber ich habe den Eindruck, dass sich hier viel in die richtige Richtung entwickelt. Inzwischen dürfen Mädchen zusammen mit Jungs in der Schule Sport treiben, und Frauen dürfen Autofahren. Das sind nur zwei Beispiele, aber sie sind wichtig für mich. Für uns ist es unvorstellbar, dass das bis vor zwei Jahren nicht erlaubt war. In anderen arabischen Ländern ist das leider noch immer nicht der Fall. Vielleicht kann ich mit meinem Engagement einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich Saudi-Arabien in dieser Hinsicht weiter für Frauen öffnet. Aber vor allem möchte ich den Mädchen und Frauen es dort ermöglichen, den Sport auszuüben, den sie lieben. Fußball ist dort extrem populär, Fußball kann die Frauen dort selbstbewusster machen. Sport kann vieles bewegen. In den Gesprächen habe ich das Gefühl bekommen, dass etwas Langfristiges und Nachhaltiges aufgebaut wird. Das war ein wichtiges Kriterium für mich. Ich werde sehr genau beobachten, ob dieses Versprechen gehalten wird. Es darf sich nicht zu einer Eintagsfliege entwickeln. Vielleicht können wir in Saudi-Arabien eine Vorreiterrolle einnehmen und weitere arabische Länder dazu bewegen, den Frauenfußball zu unterstützen.

[sw]

Am 1. September beginnt für Monika Staab ein neues Abenteuer. Die 62-Jährige soll eine Frauen-Nationalmannschaft in Saudi-Arabien aufbauen. Im DFB.de-Interview erklärt die Pionierin des Frauenfußballs, wie das gelingen soll und welche Rolle der Fußball spielen kann, um die Frauenrechte in dem arabischen Land zu stärken.

DFB.de: Frau Staab, mit welchen Erwartungen treten sie die Aufgabe als Nationaltrainerin der Frauen von Saudi-Arabien an?

Monika Staab: Dort kann ich wieder viel entwickeln und Pionierarbeit leisten. Es wird ein Abenteuer, auf das ich mich sehr freue. Ich weiß selbst nicht genau, was auf mich zukommt. Klar ist aber, dass ich super Gespräche mit den Verantwortlichen hatte, sonst würde ich es auch nicht machen. Das war vor allem Lamia Bahaian. Sie ist Direktorin Frauenfußball beim Fußball-Verband Saudi-Arabiens. Die andere ist Adwa Al Arifi, die dort zum Vorstand gehört. Beide haben mich überzeugt und mir gezeigt, dass sie es ernst meinen. Der Frauenfußball ist im Verband voll akzeptiert. Das ist mir wichtig. Trotzdem bin ich selbst gespannt: Wenn ich ein vergleichbares Engagement bei einem Verband in Europa angenommen hätte, hätte ich ungefähr gewusst, was mich erwartet. Hier ist das nicht der Fall. Das macht auch den Reiz aus.

DFB.de: Bislang hat Saudi-Arabien noch keine Nationalmannschaft der Frauen.

Staab: Es ist eine historische Aufgabe. Ich freue mich sehr darauf, hoffentlich bald Teil des ersten Frauen-Länderspiels in der Geschichte Saudi-Arabiens sein zu können. Darauf arbeite ich nun hin. Bis dahin haben wir viel zu tun.

DFB.de: Wann geht es für Sie los Richtung Saudi-Arabien?

Staab: Ich werde am 1. September dorthin fliegen und dann die ersten Wochen nutzen, um mir ein genaues Bild über die Lage vor Ort zu verschaffen. Ich werde etwas herumreisen, um zu erkennen, welches Fundament es bereits gibt.

DFB.de: Wie ist das fußballerische Niveau in Saudi-Arabien?

Staab: Die Spielerinnen, die ich gesehen habe, sind sehr engagiert. Ich habe einige Meisterschaftsspiele beobachtet und war begeistert von der Leidenschaft, die dort an den Tag gelegt wird. Die Einstellung stimmt. Aber ich muss die Ansprüche trotzdem sehr herunterschrauben. Wir fangen nicht ganz bei null an. Technisch und taktisch gibt es dort im Grunde jedoch keine Vorbildung. Einige können ganz gut mit dem Ball umgehen. Das war es aber auch schon. Es gibt viel zu tun, aber wir können schnell riesige Fortschritte machen. Ich sehe großes Potenzial für die dortigen Verhältnisse. Ich habe unglaublichen Bock auf diese Aufgabe. Dabei muss ich aber meinen Ehrgeiz etwas zügeln.

DFB.de: Die Frauen spielen dort bislang in Neuner-Mannschaften.

Staab: Das ist ein Punkt, den wir schnellstmöglich ändern müssen. Die Frauen müssen natürlich auch elf gegen elf spielen. Aber das bekommen wir hin. Außerdem sehe ich es als sehr wichtig an, dass wir eine U 17-Nationalmannschaft ins Leben rufen. Das ist die Basis für eine erfolgreiche Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Was planen Sie vor Ort?

Staab: Wir haben bereits Strategien erarbeitet, was wir umsetzen möchten. Wir möchten zum Beispiel Akademien einrichten, in denen Mädchen ab dem zwölften Lebensjahr fußballerisch gefördert werden. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Ausbildung von Trainerinnen. Sie sind aus meiner Sicht das Fundament. Ich versuche schon etwas weiter nach vorne zu schauen, damit wir unsere Ziele erreichen können. Mir geht es nicht darum, die Frauen dort mit dem Ball zu beschäftigen. Ich möchte etwas entwickeln.

DFB.de: Wie wollen sie die Mädchen zum Fußball bringen?

Staab: Das ist nicht das Problem, denke ich. Viele wollen unbedingt kicken. Die Aufgabe liegt eher darin, die Eltern zu überzeugen, dass ihre Mädchen Fußball spielen dürfen. Wir müssen die religiösen Barrieren abbauen. Die Eltern müssen erlauben, dass sich ihre Töchter in der Öffentlichkeit zeigen dürfen. Wenn wir das schaffen, haben wir schon viel erreicht. Es ist schade, dass heutzutage solche Hürden immer noch existieren. Das wird eine Menge Arbeit, aber es lohnt sich. Der Fußball ist ein gutes Mittel, um vieles in die richtige Richtung zu bewegen. Wir wollen etwas für den Frauenfußball dort erreichen.

DFB.de: Saudi-Arabien wird dafür kritisiert, dass die Frauenrechte nicht anerkannt werden. Wie gehen Sie damit um?

Staab: Damit habe ich mich natürlich auch auseinandergesetzt. Die politische Situation ist wichtig für mich. Aber ich habe den Eindruck, dass sich hier viel in die richtige Richtung entwickelt. Inzwischen dürfen Mädchen zusammen mit Jungs in der Schule Sport treiben, und Frauen dürfen Autofahren. Das sind nur zwei Beispiele, aber sie sind wichtig für mich. Für uns ist es unvorstellbar, dass das bis vor zwei Jahren nicht erlaubt war. In anderen arabischen Ländern ist das leider noch immer nicht der Fall. Vielleicht kann ich mit meinem Engagement einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich Saudi-Arabien in dieser Hinsicht weiter für Frauen öffnet. Aber vor allem möchte ich den Mädchen und Frauen es dort ermöglichen, den Sport auszuüben, den sie lieben. Fußball ist dort extrem populär, Fußball kann die Frauen dort selbstbewusster machen. Sport kann vieles bewegen. In den Gesprächen habe ich das Gefühl bekommen, dass etwas Langfristiges und Nachhaltiges aufgebaut wird. Das war ein wichtiges Kriterium für mich. Ich werde sehr genau beobachten, ob dieses Versprechen gehalten wird. Es darf sich nicht zu einer Eintagsfliege entwickeln. Vielleicht können wir in Saudi-Arabien eine Vorreiterrolle einnehmen und weitere arabische Länder dazu bewegen, den Frauenfußball zu unterstützen.

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