Curtius: "Es geht um so viel mehr"

Dr. Friedrich Curtius ist seit dem 15. April 2016 Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes. Der 43 Jahre alte Jurist führt die DFB-Zentralverwaltung und ist Mitglied des Kuratoriums der DFB-Stiftungen Egidius Braun und Sepp Herberger. Anlässlich des bundesweiten Tags der Stiftungen spricht Dr. Friedrich Curtius im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thomas Hackbarth über die Arbeit der DFB-Stiftungen.

DFB.de: Herr Curtius, als Sie vor dreieinhalb Jahren Ihr Amt übernahmen, waren Sie 39 Jahre jung. Wie groß war anfangs der Respekt vor der neuen Aufgabe?

Dr. Friedrich Curtius: Natürlich hatte und habe ich Respekt vor der Aufgabe, aber durch meine früheren Tätigkeiten im DFB wusste ich auch, was auf mich zukommen wird. Tatsächlich waren wir im DFB 2016 nach dem Rücktritt von Präsident Wolfgang Niersbach und dem Ausscheiden von Helmut Sandrock als Generalsekretär in herausfordernden Zeiten. Mit den nunmehr beim 43. Ordentlichen DFB-Bundestag gefassten Beschlüssen und der Wahl von Fritz Keller zum DFB-Präsidenten kehren wir hoffentlich dauerhaft in ruhigere Fahrwasser zurück.

DFB.de: Wie viele Mitarbeiter hat der DFB heute?

Curtius: In der Frankfurter DFB-Zentrale sind aktuell mehr als 400 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. In den zurückliegenden Jahren, vor allem nach der Heim-WM 2006, sind stetig neue Themengebiete und Projekte hinzugekommen. Denken Sie beispielsweise an die DFB-Akademie. Vor diesem Hintergrund war es wichtig, stetig neue qualifizierte Kolleginnen und Kollegen für unseren Verband zu begeistern.

DFB.de: Wie wichtig sind Identität und Zusammenhalt in einem so großen Haus?

Curtius: Wir alle, die ehren- oder hauptamtlich für den Fußballsport und den DFB arbeiten, identifizieren uns zu 100 Prozent mit unserer Aufgabe. Es macht uns stolz, für unseren Verband und die rund 25.000 Fußballvereine wirken zu dürfen. Manchmal merkt man gar nicht, dass man arbeitet, denn wir dürfen uns tagein, tagaus mit dem Thema beschäftigen, das sprichwörtlich des Deutschen liebstes Kind ist und so vielen Menschen Freude bereitet - mit dem Fußball. Bei allen Herausforderungen und allem Trubel dürfen wir das nie vergessen. Und ebenso nicht, dass sich im Team auch die größte Herausforderung gemeinsam meistern lässt.

DFB.de: Wie Oliver Bierhoff, Silvia Neid und Rudi Völler gehören Sie dem Kuratorium der Egidius Braun gewidmeten DFB-Stiftung an. Zum Stiftungsengagement zählen etwa die Initiative 2:0 für ein Willkommen oder auch die Fußball-Ferienfreizeiten. Wie wichtig ist die Arbeit der Stiftung für den DFB?

Curtius: Die Arbeit der Braun-Stiftung, aber auch der anderen beiden DFB-Stiftungen ist von immenser Bedeutung für unseren Verband. Die Stiftungen sind da, wenn sie gebraucht werden - oft bewusst im Stillen, ohne breite Öffentlichkeit. Mit Serdal Celebis "Tor des Monats" im August 2018 und der jüngsten Auszeichnung der UEFA für die Initiative "Anstoß für ein neues Leben" gelingt uns mit den DFB-Stiftungen aber auch eine gute öffentliche Durchdringung, um die wichtigen sozialen und gesellschaftlichen Botschaften zu transportieren. Durch die Initiativen "1:0 für ein Willkommen" und "2:0 für ein Willkommen" konnten wir bis heute mehr als 3700 Anträge bewilligen und das großartige ehrenamtliche Engagement gerade in den Vereinen an der Fußballbasis damit finanziell unterstützen. 80.000 geflüchtete Menschen spielen heute im Wettbewerb Fußball, für mich eine großartige Integrationsleistung. Auch durch die Fußball-Ferienfreizeiten fördern wir Amateurvereine im Land. Es ist gut, dass wir mit der Stiftungsarbeit etwas zurückgeben und die wichtige ehrenamtliche Arbeit an der oft zitierten Basis wertschätzen können.

DFB.de: Was verbinden Sie mit Egidius Braun?

Curtius: Egidius Braun hat mir unlängst in einem Brief geschrieben, dass wir nicht wegsehen dürfen, wenn wir Not und Elend erkennen, wir die Verpflichtung haben, uns mit den Möglichkeiten unseres Verbandes und unserer Sportart einzubringen. Mit 94 Jahren lebt er noch immer sein Credo "Fußball - mehr als ein 1:0". Genau das verbinde ich mit ihm. Es geht nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg und Tore, es geht um so viel mehr. Herr Braun hat im DFB große Spuren hinterlassen und sich an vielen Stellen um den Fußballsport verdient gemacht. Allein schon deshalb hat die Stiftung meine volle Unterstützung.

DFB.de: Haben Sie eine persönliche Erinnerung?

Curtius: Die Weltmeisterschaft 1998 verbinde ich bis heute mit Egidius Braun. Ich habe die Spiele unserer Nationalmannschaft am TV verfolgt. Ich kann mich nach dem Angriff auf den französischen Gendarmen Daniel Nivel an die Bilder des weinenden DFB-Präsidenten im Arm seines Freundes, dem Anfang Juni verstorbenen UEFA-Ehrenpräsidenten Lennart Johannson, erinnern. Egidius Braun hat ohne zu zögern für den DFB die Verantwortung für diese schreckliche Gewalttat übernommen und sich für die Familie Nivel vom ersten Tag an eingesetzt. Der Kontakt ist bis heute nicht abgerissen, und ich weiß aus den Gesprächen mit Daniel und Lorette Nivel um deren Dankbarkeit und Wertschätzung für ihn. Ein solches Verbrechen darf sich nie mehr wiederholen, deshalb unterstützen wir auch die Arbeit der Daniel-Nivel-Stiftung.

DFB.de: Eigentlich wird turnusmäßig alle zwei Jahre ein Benefizländerspiel ausgetragen. Die Einnahmen kommen den Stiftungen zugute. Warum findet 2019 keins statt?

Curtius: Ja, in der Regel findet tatsächlich alle zwei Jahre ein Benefizländerspiel statt, aber bekanntlich kann es zu jeder Regel auch Ausnahmen geben. Durch die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte durch die UEFA haben sich neue vertragliche Konstellationen ergeben, die in diesem Jahr der Durchführung eines "echten" Benefizländerspiels entgegenstehen. Wir veranstalteten am 5. Juni stattdessen ein besonderes Charity-Match in Aachen, der Heimatstadt von Egidius Braun, er war persönlich im Stadion. Das hat uns und gerade auch die Mannschaft besonders gefreut. Unser klares Ziel ist und bleibt es aber, in den nächsten Jahren wieder zum ursprünglichen Modus zurückzukehren.

DFB.de: Oft engagieren sich eher ehemalige Spieler und Trainer sozial. Zum Jahresbeginn hat die Braun-Stiftung einen aktiven Nationalspieler als Botschafter gewonnen.

Curtius: Dass Jonathan Tah sich in der Stiftung engagiert, ist ein großartiges Signal, denn damit wird deutlich, dass sich die Spieler in jeder Hinsicht mit unserem Verband und unserem Wirken identifizieren. Jonathan hat das Gespräch mit der Stiftung gesucht und sich aktiv um eine Mitarbeit bemüht. Das ehrt ihn und hat uns sehr gefreut. Wir spielen im sozialen und gesellschaftspolitischen Kontext gerne den "Doppelpass" mit den Nationalspielerinnen und -spielern.

DFB.de: Zum Abschluss: Fußball findet eben auch auf dem Platz statt. Spielen Sie heute noch manchmal selbst?

Curtius: Ehrlich gesagt, fehlt mir heute tatsächlich leider die Zeit dazu. Bis vor wenigen Jahren war das Fußballspielen aber eine willkommene Abwechslung zum Büroalltag und gerade im Kreis der DFB-Betriebsmannschaft auch sehr lustig. Aber auch ambitioniert. (lacht)

[th]

Dr. Friedrich Curtius ist seit dem 15. April 2016 Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes. Der 43 Jahre alte Jurist führt die DFB-Zentralverwaltung und ist Mitglied des Kuratoriums der DFB-Stiftungen Egidius Braun und Sepp Herberger. Anlässlich des bundesweiten Tags der Stiftungen spricht Dr. Friedrich Curtius im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thomas Hackbarth über die Arbeit der DFB-Stiftungen.

DFB.de: Herr Curtius, als Sie vor dreieinhalb Jahren Ihr Amt übernahmen, waren Sie 39 Jahre jung. Wie groß war anfangs der Respekt vor der neuen Aufgabe?

Dr. Friedrich Curtius: Natürlich hatte und habe ich Respekt vor der Aufgabe, aber durch meine früheren Tätigkeiten im DFB wusste ich auch, was auf mich zukommen wird. Tatsächlich waren wir im DFB 2016 nach dem Rücktritt von Präsident Wolfgang Niersbach und dem Ausscheiden von Helmut Sandrock als Generalsekretär in herausfordernden Zeiten. Mit den nunmehr beim 43. Ordentlichen DFB-Bundestag gefassten Beschlüssen und der Wahl von Fritz Keller zum DFB-Präsidenten kehren wir hoffentlich dauerhaft in ruhigere Fahrwasser zurück.

DFB.de: Wie viele Mitarbeiter hat der DFB heute?

Curtius: In der Frankfurter DFB-Zentrale sind aktuell mehr als 400 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. In den zurückliegenden Jahren, vor allem nach der Heim-WM 2006, sind stetig neue Themengebiete und Projekte hinzugekommen. Denken Sie beispielsweise an die DFB-Akademie. Vor diesem Hintergrund war es wichtig, stetig neue qualifizierte Kolleginnen und Kollegen für unseren Verband zu begeistern.

DFB.de: Wie wichtig sind Identität und Zusammenhalt in einem so großen Haus?

Curtius: Wir alle, die ehren- oder hauptamtlich für den Fußballsport und den DFB arbeiten, identifizieren uns zu 100 Prozent mit unserer Aufgabe. Es macht uns stolz, für unseren Verband und die rund 25.000 Fußballvereine wirken zu dürfen. Manchmal merkt man gar nicht, dass man arbeitet, denn wir dürfen uns tagein, tagaus mit dem Thema beschäftigen, das sprichwörtlich des Deutschen liebstes Kind ist und so vielen Menschen Freude bereitet - mit dem Fußball. Bei allen Herausforderungen und allem Trubel dürfen wir das nie vergessen. Und ebenso nicht, dass sich im Team auch die größte Herausforderung gemeinsam meistern lässt.

DFB.de: Wie Oliver Bierhoff, Silvia Neid und Rudi Völler gehören Sie dem Kuratorium der Egidius Braun gewidmeten DFB-Stiftung an. Zum Stiftungsengagement zählen etwa die Initiative 2:0 für ein Willkommen oder auch die Fußball-Ferienfreizeiten. Wie wichtig ist die Arbeit der Stiftung für den DFB?

Curtius: Die Arbeit der Braun-Stiftung, aber auch der anderen beiden DFB-Stiftungen ist von immenser Bedeutung für unseren Verband. Die Stiftungen sind da, wenn sie gebraucht werden - oft bewusst im Stillen, ohne breite Öffentlichkeit. Mit Serdal Celebis "Tor des Monats" im August 2018 und der jüngsten Auszeichnung der UEFA für die Initiative "Anstoß für ein neues Leben" gelingt uns mit den DFB-Stiftungen aber auch eine gute öffentliche Durchdringung, um die wichtigen sozialen und gesellschaftlichen Botschaften zu transportieren. Durch die Initiativen "1:0 für ein Willkommen" und "2:0 für ein Willkommen" konnten wir bis heute mehr als 3700 Anträge bewilligen und das großartige ehrenamtliche Engagement gerade in den Vereinen an der Fußballbasis damit finanziell unterstützen. 80.000 geflüchtete Menschen spielen heute im Wettbewerb Fußball, für mich eine großartige Integrationsleistung. Auch durch die Fußball-Ferienfreizeiten fördern wir Amateurvereine im Land. Es ist gut, dass wir mit der Stiftungsarbeit etwas zurückgeben und die wichtige ehrenamtliche Arbeit an der oft zitierten Basis wertschätzen können.

DFB.de: Was verbinden Sie mit Egidius Braun?

Curtius: Egidius Braun hat mir unlängst in einem Brief geschrieben, dass wir nicht wegsehen dürfen, wenn wir Not und Elend erkennen, wir die Verpflichtung haben, uns mit den Möglichkeiten unseres Verbandes und unserer Sportart einzubringen. Mit 94 Jahren lebt er noch immer sein Credo "Fußball - mehr als ein 1:0". Genau das verbinde ich mit ihm. Es geht nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg und Tore, es geht um so viel mehr. Herr Braun hat im DFB große Spuren hinterlassen und sich an vielen Stellen um den Fußballsport verdient gemacht. Allein schon deshalb hat die Stiftung meine volle Unterstützung.

DFB.de: Haben Sie eine persönliche Erinnerung?

Curtius: Die Weltmeisterschaft 1998 verbinde ich bis heute mit Egidius Braun. Ich habe die Spiele unserer Nationalmannschaft am TV verfolgt. Ich kann mich nach dem Angriff auf den französischen Gendarmen Daniel Nivel an die Bilder des weinenden DFB-Präsidenten im Arm seines Freundes, dem Anfang Juni verstorbenen UEFA-Ehrenpräsidenten Lennart Johannson, erinnern. Egidius Braun hat ohne zu zögern für den DFB die Verantwortung für diese schreckliche Gewalttat übernommen und sich für die Familie Nivel vom ersten Tag an eingesetzt. Der Kontakt ist bis heute nicht abgerissen, und ich weiß aus den Gesprächen mit Daniel und Lorette Nivel um deren Dankbarkeit und Wertschätzung für ihn. Ein solches Verbrechen darf sich nie mehr wiederholen, deshalb unterstützen wir auch die Arbeit der Daniel-Nivel-Stiftung.

DFB.de: Eigentlich wird turnusmäßig alle zwei Jahre ein Benefizländerspiel ausgetragen. Die Einnahmen kommen den Stiftungen zugute. Warum findet 2019 keins statt?

Curtius: Ja, in der Regel findet tatsächlich alle zwei Jahre ein Benefizländerspiel statt, aber bekanntlich kann es zu jeder Regel auch Ausnahmen geben. Durch die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte durch die UEFA haben sich neue vertragliche Konstellationen ergeben, die in diesem Jahr der Durchführung eines "echten" Benefizländerspiels entgegenstehen. Wir veranstalteten am 5. Juni stattdessen ein besonderes Charity-Match in Aachen, der Heimatstadt von Egidius Braun, er war persönlich im Stadion. Das hat uns und gerade auch die Mannschaft besonders gefreut. Unser klares Ziel ist und bleibt es aber, in den nächsten Jahren wieder zum ursprünglichen Modus zurückzukehren.

DFB.de: Oft engagieren sich eher ehemalige Spieler und Trainer sozial. Zum Jahresbeginn hat die Braun-Stiftung einen aktiven Nationalspieler als Botschafter gewonnen.

Curtius: Dass Jonathan Tah sich in der Stiftung engagiert, ist ein großartiges Signal, denn damit wird deutlich, dass sich die Spieler in jeder Hinsicht mit unserem Verband und unserem Wirken identifizieren. Jonathan hat das Gespräch mit der Stiftung gesucht und sich aktiv um eine Mitarbeit bemüht. Das ehrt ihn und hat uns sehr gefreut. Wir spielen im sozialen und gesellschaftspolitischen Kontext gerne den "Doppelpass" mit den Nationalspielerinnen und -spielern.

DFB.de: Zum Abschluss: Fußball findet eben auch auf dem Platz statt. Spielen Sie heute noch manchmal selbst?

Curtius: Ehrlich gesagt, fehlt mir heute tatsächlich leider die Zeit dazu. Bis vor wenigen Jahren war das Fußballspielen aber eine willkommene Abwechslung zum Büroalltag und gerade im Kreis der DFB-Betriebsmannschaft auch sehr lustig. Aber auch ambitioniert. (lacht)

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