Von anderen Sportarten lernen: Mit Schiedsrichter*innen respektvoll umgehen!

Fußball ist ein emotional aufgeladenes Spiel! Es begeistert Millionen von Menschen rund um den Globus, die aktiv auf dem Platz oder vom Seitenrand aus das Geschehen gestalten. Und bei so viel Begeisterung ist es nur logisch, dass es Menschen geben muss, die für die Einhaltung von Regeln zuständig sind: unsere Schiedsrichter*innen. Allerdings können und sollten sich die Fußballer dabei einiges vom Handball abschauen!

Bei der Handball-WM in Polen und Schweden läuft gerade die stimmungsgeladene Hauptrunde! Mit jedem Spiel werden die Entscheidungen knapper und die Atmosphäre hitziger! Und dennoch – irgendwie liegt ein unglaublicher Geist des Fairplays über den Begegnungen. Nach dem Spiel klatschen sich alle Spieler*innen ab und umarmen sich – auch, wenn sie sich zuvor auf dem Feld keinen Zentimeter geschenkt haben! Da ist kein Raum für respektlose und unsportliche Nickeligkeiten in der Mixed Zone, wie sie beispielsweise Lionel Messi bei der WM gegen den Niederländer Wout Weghorst gezeigt hat!

Und selbst, wenn es auf dem Feld einmal äußerst eng zugeht – meistens akzeptieren die Akteure getroffene Entscheidungen der Schiedsrichter*innen auf eine ganz andere Art und Weise, als dies im Fußball der Fall ist. Man hat irgendwie viel mehr das Gefühl: Der/die Schiedsrichter*innen gehören dazu!

Einen ganz besonderen Fairplay-Moment erlebten die Zuschauer beim letzten Vorrunden-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Algerien. Nach einem vermeintlichen Kopftreffer von Torhüter Andreas Wolff, der laut Regelwerk eine Zwei-Minuten-Strafe gegen den Schützen nach sich gezogen hätte, klärte Wolff die Schiedsrichter darüber auf, dass der Ball erst von seinem Unterarm gegen seinen Kopf prallte – und bewahrte den Algerier so vor der genannten Strafe. Sowohl der betreffende Spieler als auch die Schiedsrichter bedankten sich hierfür bereits während des Spiels per Handschlag bei unserem Nationaltorhüter!

Im Fußball? Erschreckende Entwicklungen

Schiedsrichter*innen im Fußball hingegen brauchen neben ihrer Leidenschaft für den Sport vor allem ein dickes Fell. Wenn sie am Wochenende die Sportanlagen betreten (egal ob in der Kreis- oder Bundesliga), wissen sie, dass sie es nicht allen Anwesenden Recht machen werden. Beschimpfungen vom Seitenrand gehören für sie leider genauso zum Alltag wie die leidigen Diskussionen mit den Akteuren auf dem Platz. Doch hat all das jemals etwas Positives bewirkt? Wie oft habt ihr erlebt, dass Entscheidungen über Strafstöße, Rote Karten oder ähnliches zurückgenommen wurden? Vielmehr treiben diese Anfeindungen die Schiedsrichter*innen dazu, weitaus drastischere Maßnahmen zu ergreifen – für alle Beteiligten.

So liest man in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger von Spielabbrüchen, weil Schiedsrichter*innen sich bedroht und nicht in der Lage fühlten, das Spiel bis zum Ende pfeifen zu können. Und selbst, wenn dieser Punkt erreicht ist, schlägt ihnen selten das Verständnis der anwesenden Mannschaften und Fans entgegen. Schließlich fühlen sich diese ihres Anrechts auf ein Fußballspiel beraubt und kochen lieber noch weiter hoch, anstatt darüber nachzudenken, dass sie sich mit ihrem eigenen Verhalten den Fußball-Sonntag kaputt gemacht haben könnten.

Nach einem solchen Spiel gehen alle Parteien als Verlierer vom Platz! Weitreichende Konsequenzen, die vor allem für die Basis ein Problem sind, resultieren daraus. Dabei geht es nicht nur um persönliche Strafen und Sperren für Spieler*innen oder die möglichen Sanktionen für die beteiligten Vereine. Es geht vielmehr darum, dass das ohnehin schon stark ausgedünnte Schiedsrichterwesen womöglich weitere wichtige Kräfte verliert. Kräfte, ohne die wir am Wochenende noch weniger Fußball genießen können. Ohne Schiedsrichter*innen geht es einfach nicht!

Der Blick über den Tellerrand

Das Thema "Schiedsrichter" steht auch im Mittelpunkt der Diskussion um die laufende Handball-Weltmeisterschaft der Herren. Dort allerdings ist diese Diskussion nicht negativ behaftet. Und das, obwohl man meinen könnte, dass der Handball ein noch schwierigeres Umfeld darstellt. Schließlich kochen in der Halle die Emotionen für gewöhnlich noch höher und sind auch für die Akteure auf dem Spielfeld sehr präsent. Es ist ein dynamisches und enorm physisches Spiel, in dem blaue Flecken und Hautabschürfungen so normal sind wie die quietschenden Schuhe auf dem Hallenboden. Und trotzdem erleben wir im Handball meist ein sportlich faires und respektvolles Miteinander – sowohl zwischen den konkurrierenden Teams als auch im Umgang der Spieler*innen mit den Schiedsrichter*innen.

Diesem Verhalten zugrunde liegt eine grundsätzliche Akzeptanz getroffener Entscheidungen. Es gibt kaum Spielraum für Diskussionen, und der Fokus liegt stets auf der jeweils nächsten Aktion. Das mag sicherlich auch daran liegen, dass eine vermeintliche Fehlentscheidung nicht zwangsläufig die selben Konsequenzen in puncto "Spielentscheidung" wie im Fußball hat. Dennoch ist es eine Frage des Respekts und des sportlichen Geistes, die Entscheidungen der Schiedsrichter hinzunehmen und das Spielergebnis nur durch eigene Leistung beeinflussen zu wollen.

Das eigene Verhalten reflektieren

Was können wir also tun, um den Umgang mit Schiedsrichter*innen auch im Fußball zu verbessern? Zunächst einmal gilt es zu akzeptieren, dass Fehler passieren. Gerade in den niedrigeren Spielklassen, wo den Referees keine wirklichen Hilfsmittel zur Verfügung stehen, werden Entscheidungen getroffen, mit denen nicht immer alle einverstanden sind. In den seltensten Fällen ist dies auf bewusste Benachteiligung einer Mannschaft zurückzuführen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf die gesamte Spielzeit gesehen – bzw. allerspätestens im gesamten Saisonverlauf – "ausgleichende Gerechtigkeit" alles in die geregelten Bahnen lenkt. Gerade im 11 gegen 11 ist es ohne Linienrichter beispielsweise nahezu unmöglich, jede Abseitsentscheidung richtig zu treffen. Und auch, wenn ihr es vom Seitenrand vielleicht richtig erkannt habt – der Ton macht die Musik!

Häufen sich die Entscheidungen gegen euch, und ihr beginnt euch benachteiligt zu fühlen, lohnt es sich, zunächst einmal freundlich bei der Spielleitung nachzufragen und eure Sicht der Dinge zu schildern. Im Idealfall nutzt ihr dafür den Weg in die Kabine zur Halbzeit oder einen anderen ruhigen Moment – beispielsweise während einer Verletzungsunterbrechung oder bei einem Wechsel. So könnt ihr signalisieren, dass ihr euch ungerecht behandelt fühlt, ohne dem/der Schiedsrichter*in im Eifer des Gefechts die typischen Sprüche an den Kopf zu werfen: "Schon wieder der!" – "Immer gegen uns!“ – "Dann war das aber auch Abseits!" Solche Ausrufe haben die Schiedsrichter*innen tausendfach gehört, und dennoch scheinen Trainer*innen immer noch zu glauben, dass sie mit ihrem Reinrufen etwas bewirken und an der getroffenen Entscheidung doch noch etwas ändern können.

Eines aber ändert sich bei genauer Betrachtung schon: Ein zum x-ten Mal heftig kritisierter Schiedsrichter mag in einer ruhigen Sekunde sehr wohl reflektieren, ob er in der kommenden Woche erneut die Motivation aufbringen möchte, sich wieder ansetzen zu lassen. Sinkt so die Anzahl der vorhandenen Spielleiter*innen, so ist dies für den Fußball die weitaus drastischere Konsequenz als eine vermeintlich falsche Abseitsentscheidung oder ein unberechtigter Strafstoß!

Macht es euch also zum Vorsatz: Geht achtsam und respektvoll in die Rückrunde! Kümmert euch um die Schiedsrichter*innen, die für eure Spiele angesetzt werden! Heißt sie auf eurer Anlage willkommen und zeigt ihnen die Örtlichkeiten. Bietet ihnen die Möglichkeit, sich zu verpflegen und bedankt euch nach dem Spiel für ihren Einsatz – egal, ob euch das Ergebnis passt oder nicht! So können wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft noch genügend Unparteiische haben, die die Leitung unserer Fußballspiele übernehmen.