Mertesacker: "Wir stehen so gut da wie noch nie"

[bild1]

Per Mertesacker zählt zu den erfahrensten Spielern im deutschen Team. Seit einer Dekade gehört er der 29-Jährige dem Kader der Nationalmannschaft an, er hat schon das Sommermärchen 2006 in Deutschland miterlebt und -gestaltet. In Brasilien will er ein neues Märchen schreiben. Mit einer Mannschaft, die für den Innenverteidiger von Arsenal London so viel Qualität hat wie keine ihrer Vorgänger.

Vier Tage vor dem ersten Spiel des DFB-Teams am Montag (ab 18 Uhr MESZ, live in der ARD) ist Mertesacker optimistisch, Spiel eins gegen Portugal misst er große Bedeutung bei. ImDFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat der Abwehrchef über Teamgeist, Extremsituationen und seine Zukunft in der Nationalmannschaft gesprochen.

DFB.de: Herr Mertesacker, seit drei Tagen sind Sie mit der Nationalmannschaft in Brasilien. Am Mittwoch haben Sie den Ernstfall geprobt, es wurde in der Mittagshitze trainiert. Wie kaputt waren Sie danach?

Per Mertesacker: Wir haben uns vom ersten Tag an so belastet, dass wir ein Gefühl dafür bekommen, welche Anstrengung uns im Spiel tatsächlich erwartet. Die Simulation war sinnvoll und gut, hohe Intensität, es war bestimmt ein kleiner Vorgeschmack. Wobei ich nicht denke, dass sich die Belastungen der Spiele tatsächlich eins zu eins im Training darstellen lassen. Im Spiel müssen wir uns auf Situationen einstellen, in denen wir noch mehr leiden werden, als dies im Training möglich ist.

DFB.de: Das Team hatte am Dienstag Besuch von Abenteurer und Extremsportler Mike Horn. Er hat einen Vortrag gehalten, hat dabei auch über Leidensfähigkeit gesprochen. Welche Botschaften haben Sie aus dem Vortrag mitgenommen?

Mertesacker: Es gab ein paar Schlüsselaussagen, die mehr das Team und weniger den einzelnen Spieler betrafen. Der Vortrag hat mich berührt, beeindruckt, sogar inspiriert. Seine Erfahrungen, seine Abenteuer sind schwer mit Fußball vergleichbar. Ich glaube, dafür muss man geboren sein, muss dieses Extreme in sich haben. Er hat uns aber eine Vorstellung davon gegeben, was man alles schaffen und aushalten kann. Eine Schlüsselbotschaft war, wie sehr ich mir in schwierigen Situationen selber helfen muss - und wie sehr mir der Partner helfen kann.

DFB.de: Es geht nur zusammen, war eine Botschaft. Mit ähnlichen Worten hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Mannschaft kürzlich in Mainz verabschiedet. Wie sind Ihre Eindrücke, wie gut ist der Geist im Team?

Mertesacker: Wir sind auf einem richtig guten Weg, als Mannschaft zu wachsen und uns noch mehr aneinander zu gewöhnen. Aber die Reifeprüfung kommt noch. Die Fragen, die an die Mannschaft gestellt werden, kommen erst, wenn der Wettkampf da ist. Wie reagiert das Team auf Erfolg und Misserfolg? Während des Spiels. Nach dem Spiel. Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir als Team gute Antworten finden werden. Dass wir uns gegenseitig so unterstützen, wie dies für den Erfolg notwendig ist.

DFB.de: Das Spiel gegen Portugal findet um 13 Uhr Ortszeit statt. Ist es für Sie ein Vorteil, dass Sie diese Anstoßzeit aus der Premier League gewohnt sind?

Mertesacker: Schon ein wenig. Mein Körper hat sich von den Essensgewohnheiten an den Rhythmus gewohnt - beziehungsweise ist eine solche Uhrzeit für mich keine totale Neuheit. Bei Länderspielen kennen wir es ja nur so, dass wir am Abend unter Flutlicht spielen. Es ist ein Unterschied, ob man spät spielt und schon drei Mahlzeiten zu sich genommen hat oder am Mittag, mit nur einer oder maximal zwei Mahlzeiten. Wenn man das nicht gewohnt ist, ist es nicht einfach, genügend Nährstoffe zu sich zu nehmen. Nicht jeder kann um neun Uhr morgens Nudeln essen.

DFB.de: Sie sind mit einem frischen Erfolgserlebnis zur Nationalmannschaft gereist, mit Arsenal haben Sie den FA-Cup gewonnen. Es war erst der zweite Titel in Ihrer Karriere nach dem Sieg im DFB-Pokal mit Werder Bremen im Jahr 2009. Wie bedeutend ist dieser Erfolg für Sie?

Mertesacker: Das ist etwas Großes. In meiner Zeit in Bremen waren wir für häufig Titelanwärter, waren mehrfach Vizemeister und standen in Finals. Gewonnen haben wir dann den Pokal im Jahr 2009, allerdings habe ich damals aufgrund einer Verletzung nicht mitgespielt. Umso mehr freue ich mich über diesen Titel mit Arsenal. Für mich ist ein Titel die Bestätigung des Einsatzes und der Leistung, die man gebracht hat. Dass mir dieser Erfolg mit einem Verein wie Arsenal gelungen ist, macht mich unheimlich stolz. Man merkt an vielen kleinen Momenten, dass der Klub eine große Vergangenheit hat, eine große Geschichte. Ein Klub wie Arsenal definiert sich über Titel, umso wichtiger war es auch für unsere Fans, dass wir die lange titellose Zeit beenden konnten.

DFB.de: In drei Jahren in London wurden Sie vom "Merte-Sucker" zum "BFG", zur absoluten Identifikationsfigur. Mittlerweile sind Sie Kult. Wie wichtig ist Ihnen diese Akzeptanz bei den Fans?

Mertesacker: Respekt und Anerkennung der Fans sind wichtig. Ich kann daraus Selbstvertrauen ziehen, der Rückhalt gibt mir Stärke. Diesen Respekt muss man sich hart erarbeiten, gerade wenn man als Ausländer in ein fremdes Land kommt, vielleicht sogar ganz besonders in England. Ich habe versucht, dies von Beginn an zu machen. Meine Leistungen bei Arsenal waren nicht fehlerfrei, besonders in der ersten Saison hatte ich Schwierigkeiten. Aber nach drei Jahren bin ich auf einem richtig guten Weg. Ich habe in London noch mindestens drei schöne Jahre vor mir, will und werde dort weiter wachsen und lernen - darauf freue ich mich sehr.

DFB.de: Sie sind kurz vor Beginn der Vorbereitung zum zweiten Mal Papa geworden. Wie gelingt es Ihnen, sich hier voll auf den Fußball zu konzentrieren?

Mertesacker: Ich bin froh, dass die Geburt noch vor meiner Abreise über die Bühne gegangen ist. Es ist ja klar, dass es Situationen gibt, in denen ich gerne mal kurz zu Hause wäre. Ich bin froh, dass ich einige Leute zu Hause habe, die sich darum kümmern, dass es meiner kleinen Familie gut geht. Meine Aufgabe hier ist es, mich fit für die WM zu machen und alles zu unternehmen, um der Mannschaft zu helfen. Die WM ist nun mal in Brasilien und nicht in England, meinetwegen wird das bestimmt nicht kurzfristig geändert. (lacht) Die Familie kommt aktuell ein wenig zu kurz, aber es wird eine Zeit kommen, in der die Familie viel mehr im Vordergrund steht.

DFB.de: Wie sehr spüren Sie die Belastungen der Saison? Für Arsenal haben Sie fast alle Spiele über 90 Minuten gemacht, alleine 35 Partien in der Premier League.

Mertesacker: Es ist schon zu merken, wenn man eine gesamte Saison komplett durchgespielt hat, besonders in England, wo es keine Winterpause gibt. Spurlos an einem vorbei geht das nicht. Aber dafür ist die Vorbereitung da, die Belastung und die Belastungssteigerung werden für die Spieler individuell gesteuert. Ein Ziel ist es immer, alle Spieler auf ein ähnliches körperliches Niveau zu bringen. Und das ist uns gut gelungen. Außerdem sind wir alle jetzt vom Sog der WM erfasst. Die Vorfreude auf das Turnier ist so groß, da vergisst man schnell, dass man eine ganze Saison den Beinen hat. Vieles wird ja auch über den Kopf entschieden.

DFB.de: Wenige Tage vor dem ersten Spiel gibt es in der Mannschaft noch ein paar personelle Fragezeichen, was Positionen und Besetzung betrifft. Beunruhigt Sie das?

Mertesacker: Gar nicht.

[bild2]

DFB.de: Warum nicht?

Mertesacker: Weil es letztlich der hohen Qualität des Kaders geschuldet ist. Wir stehen so gut da wie noch nie, haben alle Position doppelt besetzt und viele Spieler, die nicht auf eine Position festgelegt sind. Daraus die Besten zu wählen und auch die Positionsfragen zu entscheiden, ist mehr Luxus als Problem. Klar ist, dass wir unter diesen Bedingungen hier den gesamten Kader brauchen, wenn wir Erfolg haben wollen. Ich glaube nicht, dass mit der Entscheidung für die Startmannschaft im ersten Spiel eine Festlegung für die weiteren Spiele getroffen ist. Alle Spieler werden eine wichtige Rolle haben, da bin ich sicher. Und dieses Wissen ist wichtig - für die gesamte Mannschaft.

DFB.de: Am Montag geht's los mit dem Spiel gegen Portugal. In der Vergangenheit wurden deutsche Teams oft von einem guten ersten Spiel weit durchs Turnier getragen. Sehen Sie das Spiel gegen Portugal auch als Schlüsselspiel?

Mertesacker: Ja. Schon mathematisch. In der Vorrunde haben wir nur drei Spiele, da kann man sich eigentlich keinen Ausrutscher erlauben. Um eine Aussage zu senden, ist das erste Spiel immer mit das wichtigste. Man kann der Konkurrenz und sich selber zeigen, dass man konkurrenzfähig ist.

DFB.de: Sie sind 29 Jahre alt. Befällt Sie manchmal der Gedanke, dass diese WM Ihre letzte sein könnte?

Mertesacker: Ich bin fast zehn Jahre dabei, da lässt es sich nicht vermeiden, dass irgendwann eine WM kommt, die die letzte sein könnte. Ich bin immer sehr realistisch mit allem umgegangen, ich kann mich und meinen Körper sehr gut einschätzen. Auch den deutschen Fußball - und welche Qualität er hervorbringt. Es gibt viele junge, gute Spieler, die bald nachrücken werden. Das weiß ich, und das ist sehr positiv. Ich habe wunderschöne Weltmeisterschaften erleben dürfen. Die in Deutschland, dann Südafrika. Und jetzt die in Brasilien. Aber das Turnier beginnt erst, und es dauert hoffentlich noch eine ganze Weile. Für Nostalgie ist da kein Platz.

[sl]

[bild1]

Per Mertesacker zählt zu den erfahrensten Spielern im deutschen Team. Seit einer Dekade gehört er der 29-Jährige dem Kader der Nationalmannschaft an, er hat schon das Sommermärchen 2006 in Deutschland miterlebt und -gestaltet. In Brasilien will er ein neues Märchen schreiben. Mit einer Mannschaft, die für den Innenverteidiger von Arsenal London so viel Qualität hat wie keine ihrer Vorgänger.

Vier Tage vor dem ersten Spiel des DFB-Teams am Montag (ab 18 Uhr MESZ, live in der ARD) ist Mertesacker optimistisch, Spiel eins gegen Portugal misst er große Bedeutung bei. ImDFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat der Abwehrchef über Teamgeist, Extremsituationen und seine Zukunft in der Nationalmannschaft gesprochen.

DFB.de: Herr Mertesacker, seit drei Tagen sind Sie mit der Nationalmannschaft in Brasilien. Am Mittwoch haben Sie den Ernstfall geprobt, es wurde in der Mittagshitze trainiert. Wie kaputt waren Sie danach?

Per Mertesacker: Wir haben uns vom ersten Tag an so belastet, dass wir ein Gefühl dafür bekommen, welche Anstrengung uns im Spiel tatsächlich erwartet. Die Simulation war sinnvoll und gut, hohe Intensität, es war bestimmt ein kleiner Vorgeschmack. Wobei ich nicht denke, dass sich die Belastungen der Spiele tatsächlich eins zu eins im Training darstellen lassen. Im Spiel müssen wir uns auf Situationen einstellen, in denen wir noch mehr leiden werden, als dies im Training möglich ist.

DFB.de: Das Team hatte am Dienstag Besuch von Abenteurer und Extremsportler Mike Horn. Er hat einen Vortrag gehalten, hat dabei auch über Leidensfähigkeit gesprochen. Welche Botschaften haben Sie aus dem Vortrag mitgenommen?

Mertesacker: Es gab ein paar Schlüsselaussagen, die mehr das Team und weniger den einzelnen Spieler betrafen. Der Vortrag hat mich berührt, beeindruckt, sogar inspiriert. Seine Erfahrungen, seine Abenteuer sind schwer mit Fußball vergleichbar. Ich glaube, dafür muss man geboren sein, muss dieses Extreme in sich haben. Er hat uns aber eine Vorstellung davon gegeben, was man alles schaffen und aushalten kann. Eine Schlüsselbotschaft war, wie sehr ich mir in schwierigen Situationen selber helfen muss - und wie sehr mir der Partner helfen kann.

DFB.de: Es geht nur zusammen, war eine Botschaft. Mit ähnlichen Worten hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Mannschaft kürzlich in Mainz verabschiedet. Wie sind Ihre Eindrücke, wie gut ist der Geist im Team?

Mertesacker: Wir sind auf einem richtig guten Weg, als Mannschaft zu wachsen und uns noch mehr aneinander zu gewöhnen. Aber die Reifeprüfung kommt noch. Die Fragen, die an die Mannschaft gestellt werden, kommen erst, wenn der Wettkampf da ist. Wie reagiert das Team auf Erfolg und Misserfolg? Während des Spiels. Nach dem Spiel. Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir als Team gute Antworten finden werden. Dass wir uns gegenseitig so unterstützen, wie dies für den Erfolg notwendig ist.

DFB.de: Das Spiel gegen Portugal findet um 13 Uhr Ortszeit statt. Ist es für Sie ein Vorteil, dass Sie diese Anstoßzeit aus der Premier League gewohnt sind?

Mertesacker: Schon ein wenig. Mein Körper hat sich von den Essensgewohnheiten an den Rhythmus gewohnt - beziehungsweise ist eine solche Uhrzeit für mich keine totale Neuheit. Bei Länderspielen kennen wir es ja nur so, dass wir am Abend unter Flutlicht spielen. Es ist ein Unterschied, ob man spät spielt und schon drei Mahlzeiten zu sich genommen hat oder am Mittag, mit nur einer oder maximal zwei Mahlzeiten. Wenn man das nicht gewohnt ist, ist es nicht einfach, genügend Nährstoffe zu sich zu nehmen. Nicht jeder kann um neun Uhr morgens Nudeln essen.

DFB.de: Sie sind mit einem frischen Erfolgserlebnis zur Nationalmannschaft gereist, mit Arsenal haben Sie den FA-Cup gewonnen. Es war erst der zweite Titel in Ihrer Karriere nach dem Sieg im DFB-Pokal mit Werder Bremen im Jahr 2009. Wie bedeutend ist dieser Erfolg für Sie?

Mertesacker: Das ist etwas Großes. In meiner Zeit in Bremen waren wir für häufig Titelanwärter, waren mehrfach Vizemeister und standen in Finals. Gewonnen haben wir dann den Pokal im Jahr 2009, allerdings habe ich damals aufgrund einer Verletzung nicht mitgespielt. Umso mehr freue ich mich über diesen Titel mit Arsenal. Für mich ist ein Titel die Bestätigung des Einsatzes und der Leistung, die man gebracht hat. Dass mir dieser Erfolg mit einem Verein wie Arsenal gelungen ist, macht mich unheimlich stolz. Man merkt an vielen kleinen Momenten, dass der Klub eine große Vergangenheit hat, eine große Geschichte. Ein Klub wie Arsenal definiert sich über Titel, umso wichtiger war es auch für unsere Fans, dass wir die lange titellose Zeit beenden konnten.

DFB.de: In drei Jahren in London wurden Sie vom "Merte-Sucker" zum "BFG", zur absoluten Identifikationsfigur. Mittlerweile sind Sie Kult. Wie wichtig ist Ihnen diese Akzeptanz bei den Fans?

Mertesacker: Respekt und Anerkennung der Fans sind wichtig. Ich kann daraus Selbstvertrauen ziehen, der Rückhalt gibt mir Stärke. Diesen Respekt muss man sich hart erarbeiten, gerade wenn man als Ausländer in ein fremdes Land kommt, vielleicht sogar ganz besonders in England. Ich habe versucht, dies von Beginn an zu machen. Meine Leistungen bei Arsenal waren nicht fehlerfrei, besonders in der ersten Saison hatte ich Schwierigkeiten. Aber nach drei Jahren bin ich auf einem richtig guten Weg. Ich habe in London noch mindestens drei schöne Jahre vor mir, will und werde dort weiter wachsen und lernen - darauf freue ich mich sehr.

DFB.de: Sie sind kurz vor Beginn der Vorbereitung zum zweiten Mal Papa geworden. Wie gelingt es Ihnen, sich hier voll auf den Fußball zu konzentrieren?

Mertesacker: Ich bin froh, dass die Geburt noch vor meiner Abreise über die Bühne gegangen ist. Es ist ja klar, dass es Situationen gibt, in denen ich gerne mal kurz zu Hause wäre. Ich bin froh, dass ich einige Leute zu Hause habe, die sich darum kümmern, dass es meiner kleinen Familie gut geht. Meine Aufgabe hier ist es, mich fit für die WM zu machen und alles zu unternehmen, um der Mannschaft zu helfen. Die WM ist nun mal in Brasilien und nicht in England, meinetwegen wird das bestimmt nicht kurzfristig geändert. (lacht) Die Familie kommt aktuell ein wenig zu kurz, aber es wird eine Zeit kommen, in der die Familie viel mehr im Vordergrund steht.

DFB.de: Wie sehr spüren Sie die Belastungen der Saison? Für Arsenal haben Sie fast alle Spiele über 90 Minuten gemacht, alleine 35 Partien in der Premier League.

Mertesacker: Es ist schon zu merken, wenn man eine gesamte Saison komplett durchgespielt hat, besonders in England, wo es keine Winterpause gibt. Spurlos an einem vorbei geht das nicht. Aber dafür ist die Vorbereitung da, die Belastung und die Belastungssteigerung werden für die Spieler individuell gesteuert. Ein Ziel ist es immer, alle Spieler auf ein ähnliches körperliches Niveau zu bringen. Und das ist uns gut gelungen. Außerdem sind wir alle jetzt vom Sog der WM erfasst. Die Vorfreude auf das Turnier ist so groß, da vergisst man schnell, dass man eine ganze Saison den Beinen hat. Vieles wird ja auch über den Kopf entschieden.

DFB.de: Wenige Tage vor dem ersten Spiel gibt es in der Mannschaft noch ein paar personelle Fragezeichen, was Positionen und Besetzung betrifft. Beunruhigt Sie das?

Mertesacker: Gar nicht.

[bild2]

DFB.de: Warum nicht?

Mertesacker: Weil es letztlich der hohen Qualität des Kaders geschuldet ist. Wir stehen so gut da wie noch nie, haben alle Position doppelt besetzt und viele Spieler, die nicht auf eine Position festgelegt sind. Daraus die Besten zu wählen und auch die Positionsfragen zu entscheiden, ist mehr Luxus als Problem. Klar ist, dass wir unter diesen Bedingungen hier den gesamten Kader brauchen, wenn wir Erfolg haben wollen. Ich glaube nicht, dass mit der Entscheidung für die Startmannschaft im ersten Spiel eine Festlegung für die weiteren Spiele getroffen ist. Alle Spieler werden eine wichtige Rolle haben, da bin ich sicher. Und dieses Wissen ist wichtig - für die gesamte Mannschaft.

DFB.de: Am Montag geht's los mit dem Spiel gegen Portugal. In der Vergangenheit wurden deutsche Teams oft von einem guten ersten Spiel weit durchs Turnier getragen. Sehen Sie das Spiel gegen Portugal auch als Schlüsselspiel?

Mertesacker: Ja. Schon mathematisch. In der Vorrunde haben wir nur drei Spiele, da kann man sich eigentlich keinen Ausrutscher erlauben. Um eine Aussage zu senden, ist das erste Spiel immer mit das wichtigste. Man kann der Konkurrenz und sich selber zeigen, dass man konkurrenzfähig ist.

DFB.de: Sie sind 29 Jahre alt. Befällt Sie manchmal der Gedanke, dass diese WM Ihre letzte sein könnte?

Mertesacker: Ich bin fast zehn Jahre dabei, da lässt es sich nicht vermeiden, dass irgendwann eine WM kommt, die die letzte sein könnte. Ich bin immer sehr realistisch mit allem umgegangen, ich kann mich und meinen Körper sehr gut einschätzen. Auch den deutschen Fußball - und welche Qualität er hervorbringt. Es gibt viele junge, gute Spieler, die bald nachrücken werden. Das weiß ich, und das ist sehr positiv. Ich habe wunderschöne Weltmeisterschaften erleben dürfen. Die in Deutschland, dann Südafrika. Und jetzt die in Brasilien. Aber das Turnier beginnt erst, und es dauert hoffentlich noch eine ganze Weile. Für Nostalgie ist da kein Platz.