Kölns Ujah: "Ich werde Deutschland die Daumen drücken"

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Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Nigerianer Anthony Ujah vom 1. FC Köln.

Dass das Liedgut in der Karnevalshochburg Köln ein bisschen umfang- und einfallsreicher ist als im Rest der Republik ist bekannt. Auch, dass die Kölner Fans extrem leidenschaftlich sind und ihre Spieler oft zu Helden stilisieren. Wie es dazu kommt, dass der in Benue (Nigeria) geborene Anthony Ujah innerhalb von zwei Jahren als "kölsche Jong" besungen wird, ist aber doch eine Nachfrage wert.

Nur: der Besungene weiß es selbst nicht so genau. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Peter Scheffler versucht der 23-Jährige zumindest es zu erklären. Außerdem spricht er über die Mentalität der Rheinländer, die ihn an Nigeria erinnert, seine Ziele mit dem FC und den Traum mit den Super Eagles nach Brasilien zu fliegen.

DFB.de: Herr Ujah, die Kölner Fans haben Ihnen zu Ehren das Lied "Ujah is ne kölsche Jong" entworfen. Wie kam es dazu?

Anthony Ujah: Das weiß ich selbst nicht so genau. Es kam auch für mich überraschend. Manchmal überlegen sich Profis spezielle Aktionen, damit die Fans sie mögen. Ich war in den letzten zwei Jahren einfach nur ich selbst. Deshalb ist es umso schöner zu sehen, dass genau dies gut ankommt. Ich hoffe, dass ich die Fans auch in Zukunft glücklich machen kann.

DFB.de: Sie gelten als robuster Stürmer, gehen keinem Zweikampf oder Luftduell aus dem Weg. Ist es auch Ihre Spielweise, die zur Beliebtheit beiträgt?

Ujah: Das kann sein. In jedem Spiel gehe ich mit der Einstellung auf dem Platz, alles zu geben. Die Fans schenken uns soviel Energie, egal ob zuhause oder auswärts, dass es unsere Pflicht ist, etwas zurück zu geben. So können sie stolz auf uns sein, selbst wenn wir verlieren. Diese Philosophie hat unser ganzes Team verinnerlicht. Anders wären Ergebnisse wie gegen Cottbus (2:1 nach 0:1) oder Aue (2:2 nach 0:2) mit Toren in den letzten Minuten nicht möglich. Natürlich wollen wir nicht immer erst hinten liegen, aber wenn es der Fall ist, müssen wir zurück kommen. Diese Energie ist nur mit unseren tollen Fans im Rücken möglich.

DFB.de: Es scheint, als wären sie auf und neben dem Platz nun in Deutschland angekommen…

Ujah: Das stimmt. Ich genieße gerade jeden Moment meiner Karriere. Bei meinen vorherigen Stationen habe ich immer irgendetwas vermisst, aber Köln ist mittlerweile mein zweites Zuhause. Ich kenne viele Ecken, brauche kein Navigationsgerät mehr (lacht). Aber es gibt noch etwas viel Wichtigeres…

DFB.de: Erzählen Sie!

Ujah: Seit ich in Köln bin, kann ich auch endlich meine Familie aus Nigeria einladen. Bei meinen früheren Stationen hatte ich immer das Gefühl, dass sich in den nächsten Monaten etwas ändert. Da hätte es sich nicht gelohnt, Einreiseanträge zu stellen, Visa zu beantragen und so weiter. Nun fühle ich mich verwurzelt und vermisse nichts mehr.

DFB.de: Jay-Jay Okocha, Jonathan Akpoborie oder Sunday Oliseh: Bereits vor Ihnen gab es bekannte und beliebte Spieler aus Nigeria in der Bundesliga. Haben Sie diese Spieler als Jugendlicher verfolgt?

Ujah: Natürlich. Okocha war einer der besten Spieler aus Nigeria und Oliseh, der ebenfalls für den FC spielte, gilt immer noch als großer Kapitän unserer Super Eagles (Spitzname der nigerianischen Nationalmannschaft, Anm. d. Red.). Ich habe in meiner Jugend viel über sie gelesen und wollte Ihnen nacheifern.

DFB.de: Waren diese Spieler auch ein Grund für Sie in die Bundesliga zu wechseln?

Ujah: Ja. Ich wollte mir und vielen anderen beweisen, dass ich mich hier durchsetzen kann. Wissen Sie, die Menschen in Nigeria sind manchmal ein bisschen negativ eingestellt, wenn es um Profifußballer geht. Sie reden dann mehr über die Spieler, die sich in Deutschland nicht durchsetzen konnten, wie zum Beispiel Obafemi Martins in Wolfsburg. Diese negativen Kommentare haben mich aber nur angespornt, es den Leuten zu zeigen und die Herausforderung Bundesliga anzunehmen. Ich hatte keinen leichten Start in Mainz. Aber aufgeben? Das bin nicht ich. In Köln habe ich nun die Chance zu zeigen, dass ich es in Deutschland packen kann. Auch wenn ich noch viel verbessern muss.

DFB.de: Wie bekannt ist die Bundesliga in Nigeria?

Ujah: Sie gehört neben der Premier League, der Seria A und der Primera Division zu den vier Ligen, die im Pay-TV übertragen werden. Seit dem Champions League Finale 2013 hat sich der Fokus mehr Richtung Bundesliga verschoben. In meiner Stadt ist vor allem Köln bekannt. Kein Wunder: Mittlerweile laufen ja fast alle in FC-Trikots herum (lacht).

DFB.de: Die Hinrunde mit dem FC war sehr erfolgreich. Nun scheint es, dass Ihnen die Leichtigkeit abhanden gekommen ist.

Ujah: Auch in der Hinrunde haben wir fünf Spiele gebraucht, bis wir in Schwung kamen. Diesen Rhythmus müssen wir uns wieder zurück erarbeiten. Wenn wir ruhig und fokussiert bleiben, kommen wir wieder dorthin.

DFB.de: Auch Sie wurden aufgrund Ihres teilweise unglücklichen Zusammenspiels mit Ex-Nationalspieler Patrick Helmes kritisiert. Sprechen Sie mit Ihrem Sturmpartner darüber?

Ujah: Nicht ständig, nein. Wir wollen beide dem Team helfen und geben unser Bestes. Das wissen der Trainer, das Team und die Fans. In der Rückrunde hat uns der Trainer auch mal einzeln ins Rennen geschickt. Auch das ist okay für uns. Patrick ist ein sehr erfahrener Spieler, von dem ich noch eine Menge lernen kann.

DFB.de: Sie haben bereits vorhin ihre erste Saison in Deutschland bei Mainz 05 angesprochen. Warum hat es dort nicht gepasst?

Ujah: Ich möchte gar nicht mehr soviel an diese Zeit zurück denken. In Köln passt es nun einfach besser. Ich kenne das Team, das Umfeld, die Stadt und die Menschen hier nun sehr gut und wenn wir aufsteigen sollten, wäre das ein Traum für mich. Natürlich müsste ich in der Bundesliga noch härter um meinen Platz kämpfen, aber diese Herausforderung nehme ich gerne an.

DFB.de: Auch in Nigerias Nationalmannschaft müssen Sie um Ihren Platz kämpfen. Wie stehen momentan Ihre Chancen?

Ujah: Im Moment ist es schwer für mich, in das Team zu kommen. Sie haben ohne mich 2013 den Africa Cup gewonnen und sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Aber: je erfolgreicher ich mit Köln bin, desto besser stehen die Chancen. Ich bin mit Trainer Stephen Keshi in Kontakt. Er weiß, dass ich hart dafür arbeite, ins Team zu kommen.

DFB.de: Was ist es für ein Gefühl, für Nigeria aufzulaufen?

Ujah: Wir sind ein großes und stolzes Land mit 168 Millionen Einwohnern. Es ist eine große Ehre für mich, dieses Land zu repräsentieren. Meine bisherigen vier Länderspiele werde ich nie vergessen. Und ich hoffe, dass noch viele dazukommen. Vor allem natürlich bei der WM in Brasilien. Das wäre eine der tollsten Erfahrungen meines Lebens.

DFB.de: Welche Atmosphäre herrscht bei den Super Eagles?

Ujah: Die meisten Nationalspieler sind im Ausland unter Vertrag und sind es gewohnt, sich in Teams mit vielen Nationalitäten und fremden Sprachen zu integrieren. Aber, wenn wir mit den Super Eagles zusammen sind, sprechen wir alle eine Sprache. Jeder versteht den Witz, den der andere erzählt. Das macht alles sehr vertraut und familiär.

DFB.de: Sie treffen in der Gruppe F auf Argentinien, Bosnien-Herzegowina und Iran. Wie stehen Ihre Chancen?

Ujah: Unglaublich, dass wir wieder Argentinien erwischt haben (Nigeria trifft 2014 zum vierten Mal bei fünf WM-Teilnahmen auf Argentinien, Anm. d. Red.). Die Leute in Nigeria sagen alle: "Nicht schon wieder!" (lacht). Gegen Messi, Aguero und Co wird es sehr schwer.

DFB.de: Und gegen die anderen Teams?

Ujah: Dort rechnen wir uns mehr aus. Nicht, weil wir sie unterschätzen, sondern weil wir positiv denken sollten. Das Achtelfinale ist also möglich für uns, trotz Argentinien.

DFB.de: Wo liegen die Stärken der Super Eagles?

Ujah: Für den Trainer ist eine gute Ordnung auf dem Platz sehr wichtig. Wir haben eine starke Defensive, die sich während des Africa Cup sehr gut eingespielt hat. Davor zieht John Obi Mikel (FC Chelsea) die Fäden im Mittelfeld. So kann unsere Offensive befreit aufspielen, denn auch dort sind wir mit Emmanuel Emenike (Fenerbahce Istanbul), Victor Moses (FC Liverpool) oder Ahmed Musa (ZSKA Moskau) sehr gut aufgestellt.

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DFB.de: Wer ist Ihr Favorit auf den WM-Titel?

Ujah: Ich würde sehr gerne Deutschland nennen, aber ich schätze Brasilien als noch stärker ein. Ich war beeindruckt von ihren Leistungen beim Confed-Cup. Sie erinnern mich an die starken, früheren Mannschaften aus Brasilien. Dazu kommt noch der Heimvorteil durch die euphorischen Fans in Südamerika.

DFB.de: Was halten Sie vom deutschen Team?

Ujah: Deutschland gehört neben Argentinien für mich zu den erweiterten Favoriten. Sie haben schon oft bewiesen, dass sie Top-Leistungen bei Turnieren abliefern. Ich als Stürmer hoffe, dass meine Kollegen Klose und Gomez fit werden, weil du solche Spieler einfach brauchst, um weit zu kommen. Ich werde Deutschland in jedem Spiel die Daumen drücken, außer es geht gegen Nigeria.

DFB.de: In der Kölner Mannschaft spielen Sie mit vielen jungen deutschen Spielern zusammen. Wer hat das Potenzial, es bis in die Nationalmannschaft zu schaffen?

Ujah: Ich bin von Yannick Gerhardt (U-Nationalspieler) beeindruckt. Als ich nach Köln kam, hat er noch in der Jugend gespielt. Nun ist er seit einem knappen Jahr dabei, und es fühlt sich an, als hätte er immer dazu gehört. Yannick ist ein Kämpfertyp, der keine Angst kennt und für sein Alter extrem abgebrüht am Ball ist. Deshalb kann er ein Kandidat für die Nationalmannschaft werden.

DFB.de: Sie sind mit Abstand der aktivste Twitter-User im FC-Team. Was fasziniert Sie an den sozialen Medien?

Ujah: Es macht mir sehr viel Spaß, meine Erlebnisse mit den Fans zu teilen. Ich muss nur aufpassen, dass ich eine gute Balance finde. Denn, wenn meine Leistung nicht stimmt, schreiben die Follower zurück: Hör' lieber auf zu twittern und üb' ein paar Torschüsse! (lacht)

DFB.de: Sie engagieren sich auch gegen Rassismus.

Ujah: Das stimmt. Ich war zwar noch niemals selbst Opfer von Rassismus, kann mir aber vorstellen, wie es sich anfühlt und was die Menschen durchmachen. Deshalb helfe ich, wann immer ich kann. In Deutschland wird meiner Meinung nach gute Präventionsarbeit geleistet. Ich unterstütze zum Beispiel die Kampagne "Zeig Rassismus die Rote Karte". Mir ist es wichtig, Jugendliche aufzuklären und ihnen Werte zu vermitteln.

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Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Nigerianer Anthony Ujah vom 1. FC Köln.

Dass das Liedgut in der Karnevalshochburg Köln ein bisschen umfang- und einfallsreicher ist als im Rest der Republik ist bekannt. Auch, dass die Kölner Fans extrem leidenschaftlich sind und ihre Spieler oft zu Helden stilisieren. Wie es dazu kommt, dass der in Benue (Nigeria) geborene Anthony Ujah innerhalb von zwei Jahren als "kölsche Jong" besungen wird, ist aber doch eine Nachfrage wert.

Nur: der Besungene weiß es selbst nicht so genau. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Peter Scheffler versucht der 23-Jährige zumindest es zu erklären. Außerdem spricht er über die Mentalität der Rheinländer, die ihn an Nigeria erinnert, seine Ziele mit dem FC und den Traum mit den Super Eagles nach Brasilien zu fliegen.

DFB.de: Herr Ujah, die Kölner Fans haben Ihnen zu Ehren das Lied "Ujah is ne kölsche Jong" entworfen. Wie kam es dazu?

Anthony Ujah: Das weiß ich selbst nicht so genau. Es kam auch für mich überraschend. Manchmal überlegen sich Profis spezielle Aktionen, damit die Fans sie mögen. Ich war in den letzten zwei Jahren einfach nur ich selbst. Deshalb ist es umso schöner zu sehen, dass genau dies gut ankommt. Ich hoffe, dass ich die Fans auch in Zukunft glücklich machen kann.

DFB.de: Sie gelten als robuster Stürmer, gehen keinem Zweikampf oder Luftduell aus dem Weg. Ist es auch Ihre Spielweise, die zur Beliebtheit beiträgt?

Ujah: Das kann sein. In jedem Spiel gehe ich mit der Einstellung auf dem Platz, alles zu geben. Die Fans schenken uns soviel Energie, egal ob zuhause oder auswärts, dass es unsere Pflicht ist, etwas zurück zu geben. So können sie stolz auf uns sein, selbst wenn wir verlieren. Diese Philosophie hat unser ganzes Team verinnerlicht. Anders wären Ergebnisse wie gegen Cottbus (2:1 nach 0:1) oder Aue (2:2 nach 0:2) mit Toren in den letzten Minuten nicht möglich. Natürlich wollen wir nicht immer erst hinten liegen, aber wenn es der Fall ist, müssen wir zurück kommen. Diese Energie ist nur mit unseren tollen Fans im Rücken möglich.

DFB.de: Es scheint, als wären sie auf und neben dem Platz nun in Deutschland angekommen…

Ujah: Das stimmt. Ich genieße gerade jeden Moment meiner Karriere. Bei meinen vorherigen Stationen habe ich immer irgendetwas vermisst, aber Köln ist mittlerweile mein zweites Zuhause. Ich kenne viele Ecken, brauche kein Navigationsgerät mehr (lacht). Aber es gibt noch etwas viel Wichtigeres…

DFB.de: Erzählen Sie!

Ujah: Seit ich in Köln bin, kann ich auch endlich meine Familie aus Nigeria einladen. Bei meinen früheren Stationen hatte ich immer das Gefühl, dass sich in den nächsten Monaten etwas ändert. Da hätte es sich nicht gelohnt, Einreiseanträge zu stellen, Visa zu beantragen und so weiter. Nun fühle ich mich verwurzelt und vermisse nichts mehr.

DFB.de: Jay-Jay Okocha, Jonathan Akpoborie oder Sunday Oliseh: Bereits vor Ihnen gab es bekannte und beliebte Spieler aus Nigeria in der Bundesliga. Haben Sie diese Spieler als Jugendlicher verfolgt?

Ujah: Natürlich. Okocha war einer der besten Spieler aus Nigeria und Oliseh, der ebenfalls für den FC spielte, gilt immer noch als großer Kapitän unserer Super Eagles (Spitzname der nigerianischen Nationalmannschaft, Anm. d. Red.). Ich habe in meiner Jugend viel über sie gelesen und wollte Ihnen nacheifern.

DFB.de: Waren diese Spieler auch ein Grund für Sie in die Bundesliga zu wechseln?

Ujah: Ja. Ich wollte mir und vielen anderen beweisen, dass ich mich hier durchsetzen kann. Wissen Sie, die Menschen in Nigeria sind manchmal ein bisschen negativ eingestellt, wenn es um Profifußballer geht. Sie reden dann mehr über die Spieler, die sich in Deutschland nicht durchsetzen konnten, wie zum Beispiel Obafemi Martins in Wolfsburg. Diese negativen Kommentare haben mich aber nur angespornt, es den Leuten zu zeigen und die Herausforderung Bundesliga anzunehmen. Ich hatte keinen leichten Start in Mainz. Aber aufgeben? Das bin nicht ich. In Köln habe ich nun die Chance zu zeigen, dass ich es in Deutschland packen kann. Auch wenn ich noch viel verbessern muss.

DFB.de: Wie bekannt ist die Bundesliga in Nigeria?

Ujah: Sie gehört neben der Premier League, der Seria A und der Primera Division zu den vier Ligen, die im Pay-TV übertragen werden. Seit dem Champions League Finale 2013 hat sich der Fokus mehr Richtung Bundesliga verschoben. In meiner Stadt ist vor allem Köln bekannt. Kein Wunder: Mittlerweile laufen ja fast alle in FC-Trikots herum (lacht).

DFB.de: Die Hinrunde mit dem FC war sehr erfolgreich. Nun scheint es, dass Ihnen die Leichtigkeit abhanden gekommen ist.

Ujah: Auch in der Hinrunde haben wir fünf Spiele gebraucht, bis wir in Schwung kamen. Diesen Rhythmus müssen wir uns wieder zurück erarbeiten. Wenn wir ruhig und fokussiert bleiben, kommen wir wieder dorthin.

DFB.de: Auch Sie wurden aufgrund Ihres teilweise unglücklichen Zusammenspiels mit Ex-Nationalspieler Patrick Helmes kritisiert. Sprechen Sie mit Ihrem Sturmpartner darüber?

Ujah: Nicht ständig, nein. Wir wollen beide dem Team helfen und geben unser Bestes. Das wissen der Trainer, das Team und die Fans. In der Rückrunde hat uns der Trainer auch mal einzeln ins Rennen geschickt. Auch das ist okay für uns. Patrick ist ein sehr erfahrener Spieler, von dem ich noch eine Menge lernen kann.

DFB.de: Sie haben bereits vorhin ihre erste Saison in Deutschland bei Mainz 05 angesprochen. Warum hat es dort nicht gepasst?

Ujah: Ich möchte gar nicht mehr soviel an diese Zeit zurück denken. In Köln passt es nun einfach besser. Ich kenne das Team, das Umfeld, die Stadt und die Menschen hier nun sehr gut und wenn wir aufsteigen sollten, wäre das ein Traum für mich. Natürlich müsste ich in der Bundesliga noch härter um meinen Platz kämpfen, aber diese Herausforderung nehme ich gerne an.

DFB.de: Auch in Nigerias Nationalmannschaft müssen Sie um Ihren Platz kämpfen. Wie stehen momentan Ihre Chancen?

Ujah: Im Moment ist es schwer für mich, in das Team zu kommen. Sie haben ohne mich 2013 den Africa Cup gewonnen und sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Aber: je erfolgreicher ich mit Köln bin, desto besser stehen die Chancen. Ich bin mit Trainer Stephen Keshi in Kontakt. Er weiß, dass ich hart dafür arbeite, ins Team zu kommen.

DFB.de: Was ist es für ein Gefühl, für Nigeria aufzulaufen?

Ujah: Wir sind ein großes und stolzes Land mit 168 Millionen Einwohnern. Es ist eine große Ehre für mich, dieses Land zu repräsentieren. Meine bisherigen vier Länderspiele werde ich nie vergessen. Und ich hoffe, dass noch viele dazukommen. Vor allem natürlich bei der WM in Brasilien. Das wäre eine der tollsten Erfahrungen meines Lebens.

DFB.de: Welche Atmosphäre herrscht bei den Super Eagles?

Ujah: Die meisten Nationalspieler sind im Ausland unter Vertrag und sind es gewohnt, sich in Teams mit vielen Nationalitäten und fremden Sprachen zu integrieren. Aber, wenn wir mit den Super Eagles zusammen sind, sprechen wir alle eine Sprache. Jeder versteht den Witz, den der andere erzählt. Das macht alles sehr vertraut und familiär.

DFB.de: Sie treffen in der Gruppe F auf Argentinien, Bosnien-Herzegowina und Iran. Wie stehen Ihre Chancen?

Ujah: Unglaublich, dass wir wieder Argentinien erwischt haben (Nigeria trifft 2014 zum vierten Mal bei fünf WM-Teilnahmen auf Argentinien, Anm. d. Red.). Die Leute in Nigeria sagen alle: "Nicht schon wieder!" (lacht). Gegen Messi, Aguero und Co wird es sehr schwer.

DFB.de: Und gegen die anderen Teams?

Ujah: Dort rechnen wir uns mehr aus. Nicht, weil wir sie unterschätzen, sondern weil wir positiv denken sollten. Das Achtelfinale ist also möglich für uns, trotz Argentinien.

DFB.de: Wo liegen die Stärken der Super Eagles?

Ujah: Für den Trainer ist eine gute Ordnung auf dem Platz sehr wichtig. Wir haben eine starke Defensive, die sich während des Africa Cup sehr gut eingespielt hat. Davor zieht John Obi Mikel (FC Chelsea) die Fäden im Mittelfeld. So kann unsere Offensive befreit aufspielen, denn auch dort sind wir mit Emmanuel Emenike (Fenerbahce Istanbul), Victor Moses (FC Liverpool) oder Ahmed Musa (ZSKA Moskau) sehr gut aufgestellt.

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DFB.de: Wer ist Ihr Favorit auf den WM-Titel?

Ujah: Ich würde sehr gerne Deutschland nennen, aber ich schätze Brasilien als noch stärker ein. Ich war beeindruckt von ihren Leistungen beim Confed-Cup. Sie erinnern mich an die starken, früheren Mannschaften aus Brasilien. Dazu kommt noch der Heimvorteil durch die euphorischen Fans in Südamerika.

DFB.de: Was halten Sie vom deutschen Team?

Ujah: Deutschland gehört neben Argentinien für mich zu den erweiterten Favoriten. Sie haben schon oft bewiesen, dass sie Top-Leistungen bei Turnieren abliefern. Ich als Stürmer hoffe, dass meine Kollegen Klose und Gomez fit werden, weil du solche Spieler einfach brauchst, um weit zu kommen. Ich werde Deutschland in jedem Spiel die Daumen drücken, außer es geht gegen Nigeria.

DFB.de: In der Kölner Mannschaft spielen Sie mit vielen jungen deutschen Spielern zusammen. Wer hat das Potenzial, es bis in die Nationalmannschaft zu schaffen?

Ujah: Ich bin von Yannick Gerhardt (U-Nationalspieler) beeindruckt. Als ich nach Köln kam, hat er noch in der Jugend gespielt. Nun ist er seit einem knappen Jahr dabei, und es fühlt sich an, als hätte er immer dazu gehört. Yannick ist ein Kämpfertyp, der keine Angst kennt und für sein Alter extrem abgebrüht am Ball ist. Deshalb kann er ein Kandidat für die Nationalmannschaft werden.

DFB.de: Sie sind mit Abstand der aktivste Twitter-User im FC-Team. Was fasziniert Sie an den sozialen Medien?

Ujah: Es macht mir sehr viel Spaß, meine Erlebnisse mit den Fans zu teilen. Ich muss nur aufpassen, dass ich eine gute Balance finde. Denn, wenn meine Leistung nicht stimmt, schreiben die Follower zurück: Hör' lieber auf zu twittern und üb' ein paar Torschüsse! (lacht)

DFB.de: Sie engagieren sich auch gegen Rassismus.

Ujah: Das stimmt. Ich war zwar noch niemals selbst Opfer von Rassismus, kann mir aber vorstellen, wie es sich anfühlt und was die Menschen durchmachen. Deshalb helfe ich, wann immer ich kann. In Deutschland wird meiner Meinung nach gute Präventionsarbeit geleistet. Ich unterstütze zum Beispiel die Kampagne "Zeig Rassismus die Rote Karte". Mir ist es wichtig, Jugendliche aufzuklären und ihnen Werte zu vermitteln.