Argentinien zählt Messis Minuten ohne Treffer

Auch Mexiko beklagte eine klare Benachteiligung beim 1:3 gegen Argentinien, als Carlos Tevez ein Tor aus eindeutiger Abseitsposition erzielte. In beiden Fällen aber gewann dennoch die bessere Mannschaft. Mexiko setzte seine mysteriöse Serie fort und schied zum fünften Mal in Folge im Achtelfinale aus. In Argentinien zählte man bei aller Freude leicht besorgt die Minuten der Torlosigkeit von Weltstar Lionel Messi, der in Südafrika einfach nicht treffen wollte.

Hollands Stars fanden dagegen auch gegen die Slowakei das Tor. Arjen Robben, erstmals in der Startelf, und Wesley Sneijder entschieden ein einseitiges Spiel, das durch Vitteks Ehrentor in der Nachspielzeit den Anschein eines harten Fights bekam. Dem war nicht so, der Sieg von "Oranje" war nie gefährdet. Aber die Slowaken waren stolze Verlierer: "Wir haben eine sehr schöne WM gespielt und konnten es mit einigen der weltbesten Mannschaften aufnehmen", sagte Torwart Robert Mucha. Und doch: Auch der Besieger des Weltmeisters war ausgeschieden, das slowakische Strohfeuer brannte nur kurz. Am selben Tag endeten auch die Träume der wackeren Chilenen, die Angstgegner Brasilien mit 0:3 unterlagen. Es war die siebte Niederlage in Folge gegen den übermächtigen Nachbarn, der allmählich in Form kam, ohne an den Glanz der Ahnen heranzureichen. Das neue Brasilien spielte europäisch – sprich diszipliniert und effizient. "Dieses Spiel ist das Ergebnis von dreieinhalb Jahren harter Arbeit", sagte Trainer Dunga.

In Pretoria komplettierte am nächsten Tag Paraguay gegen Japan den südamerikanischen Triumph. 36.742 Zuschauer im bei weitem nicht ausverkauften Stadion sahen zwei zermürbende Stunden harter Fußball-Arbeit ohne Tore. Im Elfmeterschießen hielten die Torhüter dann keinen Ball, aber der Schuss des Japaners Yuichi Komano prallte an die Latte. Damit verabschiedete sich Asien von dieser WM, während Südamerika noch mit vier Mannschaften vertreten war.

In Paraguay trat Staatspräsident Fernando Lugo um 13 Uhr Ortszeit vor die Presse und erklärte den Rest des Tages zum Feiertag. Dabei trug er das rot-weiß gestreifte Trikot der Nationalmannschaft. Rot war auch die Farbe des Siegers im letzten Achtelfinale. Spanien gewann den iberischen Bruderkampf gegen Portugal und brauchte wieder mal nur ein Tor von David Villa. "Das war eines meiner besten Tore, weil es uns in die nächste Runde gebracht hat", sagte Villa. Dass er einen halben Meter im Abseits stand, kümmerte ihn weniger. Verdient war der Sieg des Europameisters dennoch und Portugal musste nach seinem einzigen Gegentor von dieser WM Abschied nehmen.

Europäischer Triumph im Viertelfinale

Mit dem Juli kam das Viertelfinale. Es brachte drei Duelle zwischen Europa und Südamerika – und einen totalen europäischen Triumph. Und es brachte das denkbar tragische Ende der letzten afrikanischen Mannschaft.

Ghana forderte am 2. Juli in Johannesburg Uruguay und stand schon mit mehr als einem Bein im Halbfinale. Eine ausgeglichene Partie hatte ihren Höhepunkt in der 120. Minute, als der eigentlich für das Toreschießen zuständige Uruguayer Luis Suarez ein Tor verhinderte. Da er dies in bester Torwartmanier mit beiden Händen tat, gab es Elfmeter und der Sünder flog vom Platz. Der Druck, der auf Asamoah Gyan lastete, war zu groß. Zwei Elfmeter hatte er bei dieser WM schon verwandelt, doch nie stand so viel auf dem Spiel wie in Johannesburg.

Sein Tor hätte erstmals überhaupt eine afrikanische Mannschaft in ein WM-Halbfinale befördert, doch Gyan traf nur die Latte. Und so mussten weitere Elfmeter geschossen werden, denn die Verlängerung wurde danach sofort abgepfiffen. Und hier zeigte ein weiterer Ghanaer Nerven, freilich war niemand bereit, den Fehlschuss von Dominic Adiyiah zu entschuldigen. Beim Stand von 2:3 kam er auf die Idee, den Ball im Stile eines Panenka lasch in die Tormitte zu schlenzen. Fernando Muslera bedankte sich und hielt den Ball, danach schoss Sebastian Abreu Urugay erstmals seit 1970 unter die letzten Vier. Der Rest war Heulen und Schweigen. Viele der 84.000 Zuschauer gingen weinend nach Hause, obwohl nicht mal ihre Mannschaft verloren hatte – aber ihr Kontinent. Im Nachgang schlug die Stunde der Poeten. "Shakespeare und Dickens hätten Schwierigkeiten, die richtigen Worte hierfür zu finden. Afrikas Fußballträume wurden im Elfmeterschießen beim dramatischsten Spiel dieser WM zerstört", schrieb eine afrikanische Zeitung. Luis Suarez, der verhinderte Torwart, fand: "Das war die Parade der WM. Jetzt habe ich die Hand Gottes."

Diego Maradona konnte damit sicher besser leben als mit dem, was am 3. Juli in Kapstadt passierte. Im Viertelfinale trafen seine Argentinier auf Deutschland und sie erlebten einen schwarzen Tag. Die Deutschen, in unveränderter Formation, zeigten die beste Leistung bei diesem Turnier und auch altgediente Reporter taten sich schwer damit, sich überhaupt an eine bessere in der DFB-Historie zu erinnern. Der hohe Besuch mag sein Übriges getan haben, die Kanzlerin kam extra eingeflogen und auch der noch amtierende Kapitän Michael Ballack war da.

Mit ihnen wurden 64.000 Zuschauer im Stadion und 25,9 Millionen in der Heimat an den Bildschirmen Zeugen einer Sternstunde. Thomas Müller machte da weiter, wo er gegen England aufgehört hatte und traf schon nach 158 Sekunden. Eine argentinische Trotzreaktion blieb aus, Manuel Neuer musste nur sieben Bälle halten. Nach der Pause machte das DFB-Team den Sack mit einem Doppelschlag zu: Miroslav Klose (68.) und erstmals in seinem 77. Länderspiel auch Arne Friedrich (71.) schossen Deutschland ins Halbfinale. Das 4:0 von Miroslav Klose war noch eine schöne Zugabe, er beschenkte sich selbst zu seinem 100. Länderspiel.

Merkel schwärmt: "Einfach überwältigend"

"Es war einfach überwältigend. Es ist eine junge Mannschaft, aber wie abgeklärt und ruhig die ihre Chancen genutzt hat, hat mich einfach nur begeistert", schwärmte Angela Merkel. Die Weltpresse wand Girlanden für das neue Deutschland. "Der charismatische Trainer Löw hat aus einer langweiligen, berechnenden und grundsoliden Mannschaft ein neues Ganzes geformt, das sexy, sinnlich und innovativ ist", schrieb Belgiens Blatt De Morgen. Die Franzosen wähnten "Deutschland auf einem anderen Planeten" (Le Parisien) und Spaniens El Mundo stellte fest: "Deutschland ist eine Bestie. Wie Obelix sammelt Deutschland die Helme der Römer und zerlegt alles, was es berührt."

Durchaus mit mulmigen Gefühlen blickte Spanien auf die Deutschen, ihren nächsten Gegner. Der Europameister hatte sich weit weniger glanzvoll durchgesetzt und gewann zum dritten Mal in Folge 1:0, nun gegen Paraguay, und wieder traf David Villa. Spaniens Weiterkommen hing am seidenen Faden, denn Paraguays Cardozo scheiterte in der 59. Minute mit einem Elfmeter an Iker Casilla. Beinahe im Gegenzug verschoss auch Xabi Alonso einen Elfmeter, so dass die 55.000 Zuschauer in Johannesburg schon eine Verlängerung befürchteten – ehe Villa sie erlöste (83.). Trainer Vicente del Bosques Fazit sprach Bände: "Das Beste an diesem Spiel war das Ergebnis."

Auch das dritte Duell gegen Südamerika ging an die Europäer. In Port Elizabeth warfen die noch immer nicht überzeugenden Niederländer Favorit Brasilien raus (2:1) – mit Toren, die nicht alle Tage fallen. Brasilien bot an diesem Tag seine beste Leistung und hätte zur Pause höher als nur 1:0 führen können, wie auch Bert van Marwijk zugab: "Es hätte 0:3 heißen können und wäre die Entscheidung gewesen." Aber nur Robinho überwand Maarten Stekelnburg. Dann begann die Malaise des Felipe Melo, der als Vorbereiter des Robinho-Tores zunächst positiv in Erscheinung getreten war.

In der 53. Minute köpfte der Mittelfeldspieler eine Freistoßflanke von Wesley Sneijder ins eigene Tor, offiziell gab die FIFA dem Niederländer den Treffer – der ohne Melo aber nie gefallen wäre. Das Pech sah man ihm noch nach, doch zehn Minuten später verlor er die Nerven, trat den am Boden liegenden Arjen Robben auf den Oberschenkel. Der japanische Schiedsrichter schickte ihn vom Platz und Brasilien hatte seinen Sündenbock für das WM-Aus, das ein Kopfballtor Sneijders besiegelte. Was aufgrund der Körpergröße des Schützen (1,68 Meter) zum Spott reizte. Sneijder konnte es selbst nicht fassen und erklärte den Reportern: "In Holland nennen sie mich Kobold." Ein Kobold trieb seine Scherze mit Brasilien, das wie 2006 im Viertelfinale ausschied. Trainer Carlos Dunga trat noch im Stadion zurück und bei der Landung in Rio wurde der Rekord-Weltmeister beschimpft und benötigte Personenschutz.

Zwei Tage später zog auch Diego Maradona nach, obwohl die Argentinier weit freundlicher empfangen wurden. 20.000 Anhänger feierten die Mannschaft und die Menge skandierte "Diego, geh nicht!". Er blieb hart: "Das war es, meine Zeit ist vorüber. Ich habe alles gegeben, was ich konnte."

In Deutschland wuchs die Euphorie derweil stündlich und am Tag als Uruguay und die Niederlande das Halbfinale eröffneten, tönte die Bild: "Heute kriegen wir unseren Finalgegner." Die Mannschaft wandte sich derweil in einem offenen Brief an die Fans zu Hause: "Eure Unterstützung trägt hier jeden einzelnen von uns. Eure Begeisterung gibt uns einen zusätzlichen Kick." Im deutschen Lager gab es aber auch ein Reizthema: Philipp Lahm sorgte für Aufregung, als er mitteilte, er wolle gerne Spielführer bleiben, was als Kampfansage gegen den gerade wieder abgereisten Ballack aufgefasst wurde. Woran sich die Frage anschloss, ob der vor dem Abflug als unersetzlich betrachtete Ballack überhaupt noch gebraucht werde. 72 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage der Welt meinten "Nein" und Lothar Matthäus empfahl via Bild: "Ballack würde mit einem Rücktritt Größe beweisen."

Die Konzentration auf das Wesentliche litt ein wenig und die Chancen auf ein Weiterkommen trübte auch die Gelb-Sperre gegen Top-Torjäger Thomas Müller. Eine auffällige Parallele zur WM 2006, als ebenfalls nach dem Viertelfinale gegen Argentinien ein unverzichtbarer Spieler (Thorsten Frings) gesperrt wurde. Aus deutscher Sicht in beiden Fällen zu Unrecht. Und diese Konstellation sollte sich als böses Omen erweisen. Zwar wussten die Deutschen am Morgen des 7. Juli, wer ihr Finalgegner werden würde, aber letztlich bekamen sie es mit dem Verlierer von Kapstadt zu.

Das waren die Uruguayer, die die niederländische Dampfwalze (25 Spiele ungeschlagen) auch nicht stoppen konnten. Vor der Pause war das Spiel ein Weitschuss-Festival: Bei van Bronckhorsts 1:0 wurden 36,7 Meter gemessen, der Ausgleich von Superstar Diego Farlan fiel aus 26 Metern. Zur zweiten Hälfte kam Rafael van der Vaart und mit ihm mehr Schwung in die Kombinationsmaschinerie von "Oranje". Van Marwijk lobte: "In der zweiten Halbzeit hat man gesehen, dass wir Fußball spielen können." Und wieder stellte Wesley Sneijder die Weichen, diesmal nahm er allerdings den Fuß für sein Tor zum 2:1. Dafür traf Arjen Robben, auch nicht als Kopfballwunder verschrien, mit der Stirn. Binnen drei Minuten waren die Niederländer mit 3:1 enteilt und doch mussten sie noch einmal zittern, weil Pereira in der fünfminütigen Nachspielzeit auf 3:2 verkürzte. "Ich habe in meinem Leben noch nie so viel Angst gehabt wie in den letzten Minuten", gestand van der Vaart.

Mit dem Abpfiff begann die wilde Final-Party, die fragwürdige Bilder produzierte. Als Robben auf die Bande kletterte, um mit den Fans zu feiern, zog ihm Andre Ooijer die Hose runter und die Welt erblickte das Hinterteil des Bayern-Stürmers. Kindische Freude hier, Stolz da: "Wir haben verloren, das aber in großer Würde", sagte Uruguays Präsident José Mujica. Es würde also ein europäisches Finale in Südafrika geben. Die Deutschen wollten es zum achten Mal erreichen, Spanien erstmals überhaupt. In Durban wollten die Deutschen auch Revanche für das verlorene EM-Finale 2008 nehmen, als das DFB-Team chancenloser war als es das Resultat (0:1) ausdrückte.

Hitzfeld irrt sich in seiner Vermutung zum deutschen Halbfinale

Hatte die Mannschaft dazugelernt, würde sie nun ein Mittel gegen das zermürbende Tiki-taka finden? Ottmar Hitzfeld, der einzige Trainer, der es bei dieser WM gefunden hatte (mit der Schweiz), machte seinen Landsleuten Mut: "Ich glaube, dass das Spiel der Spanier der deutschen Mannschaft liegt."

82 Millionen wollten das glauben, aber sie wurden alle enttäuscht. Was England und Argentinien zuließen, war mit den Spaniern nicht zu machen. Für Kombinationswirbel braucht man den Ball, aber den geben spanische Mannschaften der Neuzeit nur äußerst ungern her. Durban sah im Grunde eine Kopie des Wiener Finales: Spanien dominierte, Deutschland war buchstäblich ohne (Tor-)Chance. Da die Spanier sich aber am eigenen Spiel zu berauschen pflegen und den Ball ins Tor tragen wollten, kam es zu einem Spiel fast ohne Höhepunkte. Im Pausen-Interview sagte Co-Trainer Hans-Dieter Flick: "Wir haben der Mannschaft gesagt, dass das zu ängstlich war, jetzt müssen mehr Offensivaktionen kommen."

Viel änderte sich nicht, und doch war das 1:0 plötzlich möglich, als Joker Toni Kroos, der Müller-Ersatz Piotr Trochowski nach einer Stunde ablöste, eine Podolski-Flanke freistehend aufnahm. Sein Volleyschuss aber war kein Problem für Casillas. Vier Minuten danach rächte sich die vergebene Großchance. Nach einer Ecke rammte Abwehrchef Puyol den Ball mit dem Kopf ins deutsche Tor. 17 Minuten waren noch Zeit, aber alle spürten: Das war es. Es blieb beim 1:0, es gab nicht mal mehr eine kleine Ausgleichschance. Der "Guardiola-Style", der heute die Bundesliga dominiert, prägte auch dieses Halbfinale. "Der Barcelona-Block um Iniesta beherrschte das Spiel. Beeindruckend wie der Ball zirkulierte", analysierte Bild.

Die Verlierer waren vor den Mikrofonen den Tränen nahe. Joachim Löw fand ehrliche Worte: "Ich glaube, die Spanier gewinnen das Turnier. Sie sind spielerisch so gut, dass sie uns an die Grenzen gebracht haben. Es ist schade, traurig. Die Mannschaft kann spielerisch viel mehr, als sie heute gezeigt hat." Doch eine WM erlaubt ab dem K.o.-Modus keine Ausrutscher mehr. Für Deutschland ging es nun wie 2006, 1970 und 1934 um Platz drei.

Und wie immer gewann die DFB-Auswahl das "kleine Finale", trotz zahlreicher Umstellungen. Ohne Neuer, Lahm, Klose und Podolski ging die Mannschaft in den Dauerregen von Port Elizabeth und zog noch einmal die siegbringenden schwarzen Trikots an. Wie gegen Ghana und Argentinien erwiesen sie sich als gutes Omen. Aber Uruguay war nicht zum Abschenken gekommen. Thomas Müllers Führung glich Cavani vor der Pause aus, und als Forlan sein fünftes WM-Tor schoss, mussten sie sich zu einem letzten Kraftakt aufraffen. Mit Marcell Janssen und Sami Khedira gab es zwei ausgesprochen seltene Torschützen, beide trafen per Kopf. Khediras 3:2 entschied das Spiel, das "wir unbedingt gewinnen wollten", wie der Mann, der so bravourös in die Ballack-Rolle geschlüpft war, hinterher sagte. Und er machte der Heimat Hoffnung auf mehr: "Wir können uns noch verbessern, werden noch konstanter. Und dann bin ich zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren den Titel nach Deutschland holen." Einen nahmen sie schon 2010 mit: Thomas Müller wurde von der FIFA zum Torschützenkönig ernannt, da er aus dem Quartett der Spieler mit fünf Treffern der mit den meisten Torvorlagen war. Das aber erfuhr er erst hoch über den Wolken. Die Mannschaft war bereits auf dem Rückflug in die Heimat, als Spanien und die Niederlande den neuen Weltmeister ausspielten. Müllers Rivalen David Villa und Wesley Sneijder gingen beim Finale in Johannesburg leer aus.

Spanien wird verdient Weltmeister in schwachem Finale

Viel hätte nicht gefehlt und das hätte für alle 26 eingesetzten Akteure gegolten. In einem Spiel, das eines WM-Finales nicht würdig war, trafen die Akteure vor allem die Beine des Gegners. Die Niederländer erhielten sieben Verwarnungen, die Spanier fünf und in der 108. Minute stellte der Engländer Howard Webb John Heitinga vom Platz. Vorher hätte es schon den Ex-HSV'ler Nigel de Jong erwischen müssen, aber dessen Kung Fu-Tritt gegen Xabi Alonsos Brust wurde nur mit Gelb geahndet.

Spanien, das schon vor dem Platzverweis die überlegene Mannschaft war, wollte das Elfmeterschießen unbedingt vermeiden und erhöhte den Druck. In der 116. Minute kam Andres Iniesta im Strafraum frei zum Schuss seines Lebens – der unscheinbare Dirigent des spanischen Spiels hatte den denkbar günstigsten Moment ausgesucht, aus dem Schatten zu treten. David Villa saß schon auf der Bank, Fernando Torres hatte nicht mehr die Klasse von 2008, als er das EM-Finale entschied. So musste eben ein Mittelfeldspieler den Torjäger geben. Vier Minuten später pfiff Howard Webb ab, der fünfte 1:0-Sieg in Folge machte Spanien zum Weltmeister.

Um 23.17 Uhr an jenem 11. Juli fasste mit Kapitän Iker Casillas erstmals ein Spanier den Goldpokal an, dessen Entweihung durch einen Flitzer Sicherheitskräfte vor dem Anpfiff verhindern konnten. Es war bezeichnend für diese WM und diesen Weltmeister, dass ein Torwart den Pokal aus den Händen von FIFA-Präsident Josef Blatter bekam. Nur 1990 fielen pro Spiel weniger Tore als in Südafrika (2,27). Die meisten schoss die deutsche Mannschaft und das Fazit von Bild traf das Gefühl der Heimat: "Was war das nur für ein Treter-Finale! Da hätten wir mit unserem schönen Fußball nur gestört."

Unter dem Strich zog die FIFA eine positive Bilanz, allen Unkenrufen zum Trotz war es eine perfekt organisierte WM, die Stadionauslastung betrug 97 Prozent. OK-Chef Danny Jordaan wurde bei seinem Fazit ein wenig pathetisch: "Von diesem neuen Südafrika haben wir geträumt, als Nelson Mandela vor 20 Jahren das Gefängnis verlassen hat. Im Jahr 2010 ist es Wirklichkeit geworden, das ist etwas ganz Besonderes."