DFB-Trainerin Tina Theune-Meyer stellt die sieben EM-Gegner vor

DFB-Trainerin Tina Theune-Meyer sieht der Auslosung zur Europameisterschaft 2005 am Mittwoch in Manchester völlig gelassen entgegen. "Mir ist es ziemlich egal, wer in unserer Gruppe spielt", sagt sie. Keineswegs aus Hochmut, sondern vielmehr aus Respekt. Denn sie ist der Überzeugung, dass "alle Mannschaften sehr stark sind". Auf Grund des ausgeglichenen Teilnehmerfeldes erwartet Tina Theune-Meyer auch "ein spannendes Turnier". Im folgenden stellt die DFB-Trainerin die sieben Endrunden-Teilnehmer vor.

Dänemark: "Die Däninnen haben durch ihre Ergebnisse im vergangenen Jahr aufhorchen lassen. Ganz stark waren ihre Auftritte in der Qualifikation. Sie blieben ungeschlagen bei sieben Siegen und einem Unentschieden. Und das in einer Gruppe mit Norwegen. Das ist eigentlich schon aussagekräftig genug, aber dann haben sie mit einem 1:1 und 3:1 in den USA noch einmal einen drauf gesetzt. Dabei sind sie nicht nur erfolgreich, ihr Spiel ist auch sehr gut anzuschauen. Man erkennt, dass die Däninnen taktisch sehr gut geschult und eingestellt sind. Darüber hinaus verstehen sie es aber auch, leidenschaftlich zu kämpfen und die nötige Zweikampfhärte einfließen zu lassen. Als tragende Figuren sehe ich Louise Hansen und Cathrine P. Sörensen im Mittelfeld. Ich schätze die Däninnen sehr stark ein, die werden bei der Vergabe des Titels ein Wörtchen mitreden, die gehören zu den heißen Favoriten."

England: "Ich mag die Engländerinnen. Sie spielen attraktiven Fußball. Ihr Spiel ist ganz klar offensiv ausgelegt, sie sind immer auf Tore aus. Sie verfügen aber auch über entsprechende Spielercharaktere. Schnelle und gewandte Typen stehen im Angriff. Hinter den Spitzen spielt mit Kelly Smith der Kopf der Mannschaft. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt im englischen Spiel, sie versorgt ihre Mitspielerinnen nicht nur mit Pässen, sondern glänzt auch selbst als Torschützin. Allerdings riskieren sie zuweilen, mit ihrem Vorwärtsdrang die eigene Defensive zu entblößen. Doch ich bin mir sicher, dass die englische Mannschaft vor eigenem Publikum sehr konzentriert in die Spiele gehen wird. Und wenn es ihnen gelingt, sich auf die Sache zu fixieren und sie die Zuschauer im Rücken haben, warum sollte es ihnen dann nicht auch gelingen, um den Titel mitzuspielen?"

Finnland: "Dass die Finninnen bei der EM-Endrunde dabei sind, ist für mich eine große Überraschung. Aber nur insofern, weil ich erwartet hatte, dass sich die Russinnen in den Play-Off-Spielen durchsetzen würden. Das Ergebnis spricht jedoch für Finnland. Den Erfolg sehe ich darin begründet, dass dort seit Jahren gute Nachwuchsarbeit geleistet wird, das macht sich jetzt eben bezahlt. Von der Grundausrichtung sind finnische Mannschaften zunächst einmal defensiv orientiert. Dabei kommt ihnen ihre Athletik und ihr Einsatzwille entgegen. Was aber nicht heißt, dass sie gänzlich destruktiv spielen würden. Ganz im Gegenteil: Sie suchen ihre Chancen, um frech nach vorne spielen zu können. Natürlich hilft da die Erfahrung von solchen Spielerinnen wie Sanna Valkonen, Jessica Julin und Laura Kalmari die bei Umea IK unter Vertrag stehen. Mit diesem Potenzial sind die Finninnen bei der EM für die eine oder andere Überraschung gut."

Frankreich: "Ich erwarte von den Französinnen, dass sie die technisch stärkste Mannschaft der EM stellen werden. Das Team verfügt über eine hohe Spielanlage, es spielt sehr geschickt, der Ball läuft schön durch ihre Reihen – so wie man das von französischen Mannschaften kennt. Die größten Impulse gehen von Sonja Bombastor und Stéphanie Mugneret-Béghé aus. Mugneret-Béghé, die Schaltstation im Spiel der Französinnen, ist eine Spielerin mit WUSA-Erfahrung. Ihre Pässe finden bei Marinette Pichon im Angriff eine dankbare Abnehmerin. Die Torjägerin zähle ich zu den derzeit weltbesten Stürmerinnen, sie schießt links wie rechts, ist äußerst effektiv im gegnerischen Strafraum, ein ständiger Gefahrenherd. Einziges Manko der Französinnen war bisher, dass sie bei ihren Endrunden-Teilnahmen stets zu überzeugen wussten, aber am Ende doch mit leeren Händen dastanden. Das wollen sie mit Sicherheit nicht zur Regel werden lassen. Ich jedenfalls traue es ihnen zu, diese EM zu gewinnen."

Italien: "Wenn man in die Geschichte des italienischen Fußballs schaut, dann muss man sagen, dass die Nationalmannschaft bei großen Turnieren stets daran gescheitert ist, dass sie es an der nötigen Konstanz haben vermissen lassen. Das war auch jetzt wieder in der Qualifikation zu sehen. Da hat man gesehen, dass sie an guten Tagen jeden schlagen können. Wie ihr Sieg gegen Schweden zeigt. Häufig hängen diese Schwankungen von der Form der Führungsspielerinnen wie Manuela Tesse oder Patrizia Panico ab. Also, ich finde es sehr schwierig, sie einzuschätzen. Immer wenn wir gegen Italien gespielt haben, waren es ganz enge Begegnungen. Wenn sie ihre Ballgewandtheit und Cleverness permanent einsetzen, können sie für die ein oder andere Überraschung sorgen.

Norwegen: "Die Norwegerinnen zeichnen sich durch eine schnelle Auffassungsgabe aus. Diese Fähigkeit spiegelt sich zum Beispiel in dem Spieltempo wider, das sie gehen. Sie kommen sehr direkt, mit dem Moment des Ballgewinns in Richtung gegnerischen Strafraum. Was auch an den Spielerpersönlichkeiten liegt. Mit Bente Nordby haben die Norwegerinnen eine aktiv mitspielende Torfrau.

Mit Solveig Gulbrandsen zieht eine Spielerin im Mittelfeld die Fäden, die lauffreudig ist, der kein Weg zu weit ist, die individuelle Stärken einbringt, die torgefährlich ist – die einfach ein guter Typ ist. Und vorne verfügen sie mit Dagny Mellgren über eine exzellente Stürmerin. Dazu kommt noch, dass durch den Trainerwechsel von Age Steen zu Bjarne Berntsen ein neuer Wind weht. Und außerdem werden sie sehr motiviert sein, weil sie sich über ihr Abschneiden bei der WM geärgert haben, daraus ziehen sie bestimmt auch Ehrgeiz. Ich denke, mit Norwegen ist bei der Europameisterschaft zu rechnen."

Schweden: "Die Schwedinnen haben eine Mannschaft, die mit sehr viel Talent gesegnet ist. Spielerinnen wie Malin Moström, Victoria Svensson oder Hanna Ljungberg stehen für die hohe Qualität des Kaders. Sie sind gedankenschnell und können ein Spiel alleine entscheiden. Dennoch stehen die individuellen Qualitäten nicht so sehr im Vordergrund. Die Stärke der Schwedinnen ist es, dass das Team als Einheit funktioniert, es arbeitet sehr gut zusammen. Nur so ist es ihnen auch möglich, ein derart gutes Pressing zu spielen. Sie sind nicht nur gegen den Ball aggressiv, sondern auch mit dem Ball. Ihre Angriffe werden sehr gut aus dem Mittelfeld unterstützt, gefährlich sind vor allen Dingen die schnellen Bälle in die Tiefe. Wenn die Spielerinnen in einer körperlich guten Verfassung sind, zählt Schweden für mich zu den ganz heißen Kandidaten für den Titel."

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DFB-Trainerin Tina Theune-Meyer sieht der Auslosung zur Europameisterschaft 2005 am Mittwoch in Manchester völlig gelassen entgegen. "Mir ist es ziemlich egal, wer in unserer Gruppe spielt", sagt sie. Keineswegs aus Hochmut, sondern vielmehr aus Respekt. Denn sie ist der Überzeugung, dass "alle Mannschaften sehr stark sind". Auf Grund des ausgeglichenen Teilnehmerfeldes erwartet Tina Theune-Meyer auch "ein spannendes Turnier". Im folgenden stellt die DFB-Trainerin die sieben Endrunden-Teilnehmer vor.



Dänemark:

"Die Däninnen haben durch ihre Ergebnisse im vergangenen Jahr aufhorchen lassen. Ganz stark waren ihre Auftritte in der Qualifikation. Sie blieben ungeschlagen bei sieben Siegen und einem Unentschieden. Und das in einer Gruppe mit Norwegen. Das ist eigentlich schon aussagekräftig genug, aber dann haben sie mit einem 1:1 und 3:1 in den USA noch einmal einen drauf gesetzt. Dabei sind sie nicht nur erfolgreich, ihr Spiel ist auch sehr gut anzuschauen. Man erkennt, dass die Däninnen taktisch sehr gut geschult und eingestellt sind. Darüber hinaus verstehen sie es aber auch, leidenschaftlich zu kämpfen und die nötige Zweikampfhärte einfließen zu lassen. Als tragende Figuren sehe ich Louise Hansen und Cathrine P. Sörensen im Mittelfeld. Ich schätze die Däninnen sehr stark ein, die werden bei der Vergabe des Titels ein Wörtchen mitreden, die gehören zu den heißen Favoriten."



England:

"Ich mag die Engländerinnen. Sie spielen attraktiven Fußball. Ihr Spiel ist ganz klar offensiv ausgelegt, sie sind immer auf Tore aus. Sie verfügen aber auch über entsprechende Spielercharaktere. Schnelle und gewandte Typen stehen im Angriff. Hinter den Spitzen spielt mit Kelly Smith der Kopf der Mannschaft. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt im englischen Spiel, sie versorgt ihre Mitspielerinnen nicht nur mit Pässen, sondern glänzt auch selbst als Torschützin. Allerdings riskieren sie zuweilen, mit ihrem Vorwärtsdrang die eigene Defensive zu entblößen. Doch ich bin mir sicher, dass die englische Mannschaft vor eigenem Publikum sehr konzentriert in die Spiele gehen wird. Und wenn es ihnen gelingt, sich auf die Sache zu fixieren und sie die Zuschauer im Rücken haben, warum sollte es ihnen dann nicht auch gelingen, um den Titel mitzuspielen?"



Finnland:

"Dass die Finninnen bei der EM-Endrunde dabei sind, ist für mich eine große Überraschung. Aber nur insofern, weil ich erwartet hatte, dass sich die Russinnen in den Play-Off-Spielen durchsetzen würden. Das Ergebnis spricht jedoch für Finnland. Den Erfolg sehe ich darin begründet, dass dort seit Jahren gute Nachwuchsarbeit geleistet wird, das macht sich jetzt eben bezahlt. Von der Grundausrichtung sind finnische Mannschaften zunächst einmal defensiv orientiert. Dabei kommt ihnen ihre Athletik und ihr Einsatzwille entgegen. Was aber nicht heißt, dass sie gänzlich destruktiv spielen würden. Ganz im Gegenteil: Sie suchen ihre Chancen, um frech nach vorne spielen zu können. Natürlich hilft da die Erfahrung von solchen Spielerinnen wie Sanna Valkonen, Jessica Julin und Laura Kalmari die bei Umea IK unter Vertrag stehen. Mit diesem Potenzial sind die Finninnen bei der EM für die eine oder andere Überraschung gut."



Frankreich:

"Ich erwarte von den Französinnen, dass sie die technisch stärkste Mannschaft der EM stellen werden. Das Team verfügt über eine hohe Spielanlage, es spielt sehr geschickt, der Ball läuft schön durch ihre Reihen – so wie man das von französischen Mannschaften kennt. Die größten Impulse gehen von Sonja Bombastor und Stéphanie Mugneret-Béghé aus. Mugneret-Béghé, die Schaltstation im Spiel der Französinnen, ist eine Spielerin mit WUSA-Erfahrung. Ihre Pässe finden bei Marinette Pichon im Angriff eine dankbare Abnehmerin. Die Torjägerin zähle ich zu den derzeit weltbesten Stürmerinnen, sie schießt links wie rechts, ist äußerst effektiv im gegnerischen Strafraum, ein ständiger Gefahrenherd. Einziges Manko der Französinnen war bisher, dass sie bei ihren Endrunden-Teilnahmen stets zu überzeugen wussten, aber am Ende doch mit leeren Händen dastanden. Das wollen sie mit Sicherheit nicht zur Regel werden lassen. Ich jedenfalls traue es ihnen zu, diese EM zu gewinnen."



Italien:

"Wenn man in die Geschichte des italienischen Fußballs schaut, dann muss man sagen, dass die Nationalmannschaft bei großen Turnieren stets daran gescheitert ist, dass sie es an der nötigen Konstanz haben vermissen lassen. Das war auch jetzt wieder in der Qualifikation zu sehen. Da hat man gesehen, dass sie an guten Tagen jeden schlagen können. Wie ihr Sieg gegen Schweden zeigt. Häufig hängen diese Schwankungen von der Form der Führungsspielerinnen wie Manuela Tesse oder Patrizia Panico ab. Also, ich finde es sehr schwierig, sie einzuschätzen. Immer wenn wir gegen Italien gespielt haben, waren es ganz enge Begegnungen. Wenn sie ihre Ballgewandtheit und Cleverness permanent einsetzen, können sie für die ein oder andere Überraschung sorgen.



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Norwegen:

"Die Norwegerinnen zeichnen sich durch eine schnelle Auffassungsgabe aus. Diese Fähigkeit spiegelt sich zum Beispiel in dem Spieltempo wider, das sie gehen. Sie kommen sehr direkt, mit dem Moment des Ballgewinns in Richtung gegnerischen Strafraum. Was auch an den Spielerpersönlichkeiten liegt. Mit Bente Nordby haben die Norwegerinnen eine aktiv mitspielende Torfrau.


Mit Solveig Gulbrandsen zieht eine Spielerin im Mittelfeld die Fäden, die lauffreudig ist, der kein Weg zu weit ist, die individuelle Stärken einbringt, die torgefährlich ist – die einfach ein guter Typ ist. Und vorne verfügen sie mit Dagny Mellgren über eine exzellente Stürmerin. Dazu kommt noch, dass durch den Trainerwechsel von Age Steen zu Bjarne Berntsen ein neuer Wind weht. Und außerdem werden sie sehr motiviert sein, weil sie sich über ihr Abschneiden bei der WM geärgert haben, daraus ziehen sie bestimmt auch Ehrgeiz. Ich denke, mit Norwegen ist bei der Europameisterschaft zu rechnen."



Schweden:

"Die Schwedinnen haben eine Mannschaft, die mit sehr viel Talent gesegnet ist. Spielerinnen wie Malin Moström, Victoria Svensson oder Hanna Ljungberg stehen für die hohe Qualität des Kaders. Sie sind gedankenschnell und können ein Spiel alleine entscheiden. Dennoch stehen die individuellen Qualitäten nicht so sehr im Vordergrund. Die Stärke der Schwedinnen ist es, dass das Team als Einheit funktioniert, es arbeitet sehr gut zusammen. Nur so ist es ihnen auch möglich, ein derart gutes Pressing zu spielen. Sie sind nicht nur gegen den Ball aggressiv, sondern auch mit dem Ball. Ihre Angriffe werden sehr gut aus dem Mittelfeld unterstützt, gefährlich sind vor allen Dingen die schnellen Bälle in die Tiefe. Wenn die Spielerinnen in einer körperlich guten Verfassung sind, zählt Schweden für mich zu den ganz heißen Kandidaten für den Titel."