Neid: "Die Spielerinnen wissen jetzt, worauf es uns ankommt"

Die Frauen-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat den Algarve-Cup auf Platz acht beendet. Mit dem 0:1 gegen Italien im Platzierungsspiel in Olhao beendete der amtierende Welt- und Europameister das hochkarätig besetzte Turnier. Welche Erkenntnisse die vier Spiele an der Südküste Portugals brachten, schildert DFB-Trainerin Silvia Neid im folgenden Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer.

Frage: Frau Neid, der Algarve-Cup ist vorbei, wie beurteilen Sie insgesamt die Leistung ihrer Mannschaft?

Silvia Neid: Wir sind weiter zurück, als ich vor dem Turnier gedacht habe. Das muss ich so ganz deutlich sagen. Aber es ist gut, dass wir diese Erkenntnis jetzt und nicht später gewonnen haben. Von daher bin ich sehr, sehr froh, dass wir am Algarve-Cup teilgenommen haben. Es ist auch gut, dass wir hier kein Spiel glücklich gewonnen haben, so wie das vergangenes Jahr bei den Begegnungen mit Norwegen und den USA war. Hier wurden unsere Schwächen aufgedeckt, so dass sie auch für die Spielerinnen deutlich wurden. Sie haben gemerkt, dass sie noch lange nicht in der Verfassung sind, in der sie zum jetzigen Zeitpunkt sein sollten.

Frage: Wie kommt das?

Silvia Neid: Wir haben im Dezember einen Leistungstest in Köln durchgeführt und danach für jede Spielerin einen individuellen Trainingsplan erstellt. Damit waren klare Anforderungen verbunden. Wie damit umgegangen worden ist, da muss man nun differenzieren. Manche haben zu viel gemacht, die fallen dann schon mal in ein kleines Loch. Einige haben ganz einfach zu wenig gemacht. Ein paar waren auch verletzt und konnten deswegen nicht das vorgesehene Pensum absolvieren. Andere wiederum haben einen falschen Schwerpunkt in ihrer Trainingsarbeit gesetzt. Aber das haben wir jetzt herausgefunden.

Frage: Wie haben Sie darauf reagiert?

Silvia Neid: Wir haben viel mit den Spielerinnen gesprochen, vor allem auch unser Konditionstrainer Dr. Norbert Stein. Das war sehr gut, weil wir so ein Feedback von den Spielerinnen erhalten haben, auf dessen Basis wir nun weitere Tipps geben können, um ihr Training zu verbessern. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass wir einmal Trainingspläne erstellen, und die gelten dann für die Ewigkeit, das ist eher ein ständiger Prozess der Optimierung, die Spielerinnen entwickeln sich ja auch weiter. Das ist eine sehr aufwändige Arbeit.

Frage: Was macht Sie optimistisch, dass die Spielerinnen ihr Training nun intensivieren?

Silvia Neid: Wir haben das Glück, dass wir mit sehr selbstkritischen und intelligenten Spielerinnen zusammenarbeiten. Die erkennen die Notwendigkeit selbst. Ich denke, hier haben alle gemerkt, dass man im Training zu Hause 110 Prozent geben muss, dass man an die eigene Grenze gehen muss, denn nur wenn ich das mache, kann ich den Level nach oben verschieben. Umgekehrt, wenn ich im Training immer darunter bleibe, verschiebt sich diese Marke nach unten.

Frage: Wie läuft die Abstimmung mit den Heimklubs der Spielerinnen?

Silvia Neid: Idealerweise hat jeder Trainer einen Wochenplan, so dass sich jede Spielerin zumindest wochenweise gut organisieren kann. So weiß sie, wann sie ihre Extraschichten abhalten kann. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mit den Vereinen sehr gut. Ich stehe in permanentem Austausch mit den Bundesliga-Trainern. Und die sind auch sehr aufgeschlossen gegenüber den Bedürfnissen der Nationalspielerinnen. Das Angebot von Dr. Norbert Stein, mit seinem Wissen auch für die Klubs zur Verfügung zu stehen, kam sehr gut an.

Frage: Sind Sie mit der rein fußballerischen Leistung Ihrer Mannschaft zufrieden?

Silvia Neid: Nein, ich denke, das Eine bedingt das Andere. Wenn die nötige Fitness fehlt, kann man auch nicht unser System 90 Minuten durchspielen. Wenn ich nicht fit bin, leidet die Konzentration, und dann kommt die Flanke halt nicht. Ohne Kondition laufe ich die letzten fünf Meter nicht mehr, die aber entscheidend sind, wenn ich vor dem Tor stehe oder wenn ich eine Lücke für meine Mitspielerin reißen muss. Außerdem hat man bei uns häufig gesehen, dass wir nicht in der Lage sind, uns zu behaupten, wenn wir in Ballbesitz unter Druck geraten. So wie das international üblich ist. Es muss alles zusammenpassen, dann läuft das Rad – sonst nicht.

Frage: Das klingt nach ziemlich viel Arbeit für das kommende halbe Jahr.

Silvia Neid: Ja, aber ich bin da ganz optimistisch. Die Spielerinnen wissen jetzt, worauf es uns ankommt, dass sie noch eine Schippe drauflegen müssen. Ich bin auch froh, dass ich die Mannschaft im April und Mai bei den EM-Qualifikationsspielen gegen die Niederlande und Wales noch einmal sehen kann. Außerdem sind wir in der direkten Vorbereitung auf die WM ziemlich lange zusammen. Wir machen sieben Lehrgänge, die sich über eine Zeit von rund zweieinhalb Monate erstrecken.

Frage: Haben Sie nach den Turnieren in China und in Portugal jetzt größere Klarheit, wie der WM-Kader aussehen wird?

Silvia Neid: Nein, ich dachte auch, dass ich nach dem Algarve-Cup weiter sein würde. Dadurch, dass hier einige Spielerinnen nicht das gezeigt haben, was sie können, ich aber weiß, was sie können, halte ich mich mit meinen Äußerungen diesbezüglich sehr zurück. Ich habe die 21 Spielerinnen, die mit zur WM fahren werden, noch nicht im Kopf.

Frage: Wie viele Spielerinnen haben Sie auf der Rechnung?

Silvia Neid: Wir haben einen erweiterten Kader von 32 Spielerinnen. Den Kreis der Kandidatinnen werde ich zum Start der direkten Vorbereitung auf die WM zum ersten Lehrgang Ende Juni in Köln auf 24 oder 25 Spielerinnen reduzieren. Ich habe mir keine Frist gesetzt, bis ich mich auf diese Gruppe festlegen will. Diese Entscheidung werde ich sehr gewissenhaft in Zusammenarbeit mit meinem Trainerteam treffen.

[nb/cm]

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Die Frauen-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat den Algarve-Cup auf Platz acht beendet. Mit dem 0:1 gegen Italien im Platzierungsspiel in Olhao beendete der amtierende Welt- und Europameister das hochkarätig besetzte Turnier. Welche Erkenntnisse die vier Spiele an der Südküste Portugals brachten, schildert DFB-Trainerin Silvia Neid im folgenden Interview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer.

Frage: Frau Neid, der Algarve-Cup ist vorbei, wie beurteilen Sie insgesamt die Leistung ihrer Mannschaft?

Silvia Neid: Wir sind weiter zurück, als ich vor dem Turnier gedacht habe. Das muss ich so ganz deutlich sagen. Aber es ist gut, dass wir diese Erkenntnis jetzt und nicht später gewonnen haben. Von daher bin ich sehr, sehr froh, dass wir am Algarve-Cup teilgenommen haben. Es ist auch gut, dass wir hier kein Spiel glücklich gewonnen haben, so wie das vergangenes Jahr bei den Begegnungen mit Norwegen und den USA war. Hier wurden unsere Schwächen aufgedeckt, so dass sie auch für die Spielerinnen deutlich wurden. Sie haben gemerkt, dass sie noch lange nicht in der Verfassung sind, in der sie zum jetzigen Zeitpunkt sein sollten.

Frage: Wie kommt das?

Silvia Neid: Wir haben im Dezember einen Leistungstest in Köln durchgeführt und danach für jede Spielerin einen individuellen Trainingsplan erstellt. Damit waren klare Anforderungen verbunden. Wie damit umgegangen worden ist, da muss man nun differenzieren. Manche haben zu viel gemacht, die fallen dann schon mal in ein kleines Loch. Einige haben ganz einfach zu wenig gemacht. Ein paar waren auch verletzt und konnten deswegen nicht das vorgesehene Pensum absolvieren. Andere wiederum haben einen falschen Schwerpunkt in ihrer Trainingsarbeit gesetzt. Aber das haben wir jetzt herausgefunden.

Frage: Wie haben Sie darauf reagiert?

Silvia Neid: Wir haben viel mit den Spielerinnen gesprochen, vor allem auch unser Konditionstrainer Dr. Norbert Stein. Das war sehr gut, weil wir so ein Feedback von den Spielerinnen erhalten haben, auf dessen Basis wir nun weitere Tipps geben können, um ihr Training zu verbessern. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass wir einmal Trainingspläne erstellen, und die gelten dann für die Ewigkeit, das ist eher ein ständiger Prozess der Optimierung, die Spielerinnen entwickeln sich ja auch weiter. Das ist eine sehr aufwändige Arbeit.

Frage: Was macht Sie optimistisch, dass die Spielerinnen ihr Training nun intensivieren?

Silvia Neid: Wir haben das Glück, dass wir mit sehr selbstkritischen und intelligenten Spielerinnen zusammenarbeiten. Die erkennen die Notwendigkeit selbst. Ich denke, hier haben alle gemerkt, dass man im Training zu Hause 110 Prozent geben muss, dass man an die eigene Grenze gehen muss, denn nur wenn ich das mache, kann ich den Level nach oben verschieben. Umgekehrt, wenn ich im Training immer darunter bleibe, verschiebt sich diese Marke nach unten.

Frage: Wie läuft die Abstimmung mit den Heimklubs der Spielerinnen?

Silvia Neid: Idealerweise hat jeder Trainer einen Wochenplan, so dass sich jede Spielerin zumindest wochenweise gut organisieren kann. So weiß sie, wann sie ihre Extraschichten abhalten kann. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mit den Vereinen sehr gut. Ich stehe in permanentem Austausch mit den Bundesliga-Trainern. Und die sind auch sehr aufgeschlossen gegenüber den Bedürfnissen der Nationalspielerinnen. Das Angebot von Dr. Norbert Stein, mit seinem Wissen auch für die Klubs zur Verfügung zu stehen, kam sehr gut an.

Frage: Sind Sie mit der rein fußballerischen Leistung Ihrer Mannschaft zufrieden?

Silvia Neid: Nein, ich denke, das Eine bedingt das Andere. Wenn die nötige Fitness fehlt, kann man auch nicht unser System 90 Minuten durchspielen. Wenn ich nicht fit bin, leidet die Konzentration, und dann kommt die Flanke halt nicht. Ohne Kondition laufe ich die letzten fünf Meter nicht mehr, die aber entscheidend sind, wenn ich vor dem Tor stehe oder wenn ich eine Lücke für meine Mitspielerin reißen muss. Außerdem hat man bei uns häufig gesehen, dass wir nicht in der Lage sind, uns zu behaupten, wenn wir in Ballbesitz unter Druck geraten. So wie das international üblich ist. Es muss alles zusammenpassen, dann läuft das Rad – sonst nicht.

Frage: Das klingt nach ziemlich viel Arbeit für das kommende halbe Jahr.

Silvia Neid: Ja, aber ich bin da ganz optimistisch. Die Spielerinnen wissen jetzt, worauf es uns ankommt, dass sie noch eine Schippe drauflegen müssen. Ich bin auch froh, dass ich die Mannschaft im April und Mai bei den EM-Qualifikationsspielen gegen die Niederlande und Wales noch einmal sehen kann. Außerdem sind wir in der direkten Vorbereitung auf die WM ziemlich lange zusammen. Wir machen sieben Lehrgänge, die sich über eine Zeit von rund zweieinhalb Monate erstrecken.

Frage: Haben Sie nach den Turnieren in China und in Portugal jetzt größere Klarheit, wie der WM-Kader aussehen wird?

Silvia Neid: Nein, ich dachte auch, dass ich nach dem Algarve-Cup weiter sein würde. Dadurch, dass hier einige Spielerinnen nicht das gezeigt haben, was sie können, ich aber weiß, was sie können, halte ich mich mit meinen Äußerungen diesbezüglich sehr zurück. Ich habe die 21 Spielerinnen, die mit zur WM fahren werden, noch nicht im Kopf.

Frage: Wie viele Spielerinnen haben Sie auf der Rechnung?

Silvia Neid: Wir haben einen erweiterten Kader von 32 Spielerinnen. Den Kreis der Kandidatinnen werde ich zum Start der direkten Vorbereitung auf die WM zum ersten Lehrgang Ende Juni in Köln auf 24 oder 25 Spielerinnen reduzieren. Ich habe mir keine Frist gesetzt, bis ich mich auf diese Gruppe festlegen will. Diese Entscheidung werde ich sehr gewissenhaft in Zusammenarbeit mit meinem Trainerteam treffen.