Turbine-Rückkehrerin Cramer: "Den Resetknopf gedrückt"

Beim 1. FFC Turbine Potsdam schaffte Jennifer Cramer einst den Sprung aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft, feierte zahlreiche Erfolge. Nach ihrer Rückkehr kämpft die 29 Jahre alte Ex-Nationalspielerin mit "ihrem" Verein um den Klassenverbleib in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Im DFB.de-Interview spricht die Polizeikommissarin mit Mitarbeiter Ralf Debat über die schwierige Lage.

DFB.de: Mit den beiden Nachholpartien am Samstag gegen den FC Bayern München und am 1. März gegen den SV Werder Bremen startet für Turbine Potsdam mit Verspätung die "Mission Klassenverbleib". Der Abstand zum rettenden zehnten Rang beträgt neun Punkte. Mal ehrlich: Wie realistisch ist eine weitere Bundesligasaison für Turbine, Frau Cramer?

Jennifer Cramer: Wir wissen alle, dass es sehr schwer wird, den Klassenverbleib noch zu schaffen. Es muss auf jeden Fall einiges zusammenkommen, um unseren Rückstand aufzuholen. Auf der anderen Seite haben wir in dieser Situation aber auch nichts mehr zu verlieren. Für viele stehen wir schon als Absteiger fest. Wir bleiben positiv und werden alles versuchen, um die Sache noch zu drehen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe für das bisherige Abschneiden?

Cramer: Da sind viele Faktoren zusammengekommen. Es gab einen großen Umbruch im Kader, wir sind praktisch mit einer komplett neuen Mannschaft und einem neuen Trainer in die Saison gestartet. Die Zusammenarbeit hat von Beginn nicht so funktioniert wie erhofft, auch im Umfeld des Vereins gab es viel Unruhe. Dazu kamen zahlreiche Verletzungen, immer wieder brachen Stammspielerinnen weg. Das war auf Dauer nicht zu kompensieren.

DFB.de: Der jüngste Auftritt in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga liegt bereits zweieinhalb Monate zurück. Kam die Winterpause für Turbine genau zur richtigen Zeit?

Cramer: Es war schon gut, dass wir uns über einen längeren Zeitraum sammeln konnten. Wir haben nach der missglückten Hinserie den Resetknopf gedrückt und wollen jetzt zeigen, dass wir es besser können.

DFB.de: Durch die beiden Spielabsagen verlängerte sich die Pause noch um knapp drei Wochen. War es schwierig, die Spannung zu halten?

Cramer: Die kurzfristigen Ausfälle waren sicherlich nicht optimal, doch wir sollten es positiv sehen. So hatten wir noch etwas mehr Zeit, um uns gut vorzubereiten.

DFB.de: Wie hat das Team den erneuten Trainerwechsel weggesteckt?

Cramer: Ich denke, das ist uns gut gelungen. Irgendwie hatte wohl jeder das Gefühl, dass bei uns etwas passieren muss, wenn wir noch eine Chance haben wollen.

DFB.de: Interimstrainer Dirk Heinrichs ist schon seit vielen Jahren im Verein. Wie stimmt er die Mannschaft auf den Ligastart ein?

Cramer: Man merkt, dass er viel Erfahrung besitzt. Der Trainer fordert volles Engagement ein und versucht immer, uns zu pushen. Wir bekommen die Fehler aufgezeigt, müssen daraus lernen.

DFB.de: Sie gehören zu den erfahrensten Spielerinnen im Aufgebot. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Kader?

Cramer: Ich versuche, die jungen Spielerinnen mitzureißen, will immer mit Leidenschaft und Einsatz vorangehen. Dafür muss natürlich zunächst einmal die eigene Leistung stimmen. Gerade im Abstiegskampf ist es notwendig, das Herz auf dem Platz zu lassen. 

DFB.de: Als junge Spielerin haben Sie noch die besten Zeiten von Turbine miterlebt, wurden unter anderem zweimal Deutsche Meisterin und schafften den Sprung in die Nationalmannschaft. Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn Sie das mit der aktuellen Situation vergleichen?

Cramer: Die Entwicklung ist sehr schade, kommt aber auch nicht ganz unerwartet. Reine Frauenfußballvereine haben es schwer, sich auf Dauer gegen die Konkurrenz mit männlichen Profiabteilungen im Rücken zu behaupten.

DFB.de: Hatten Sie sich bei Ihrer Rückkehr im vergangenen Sommer deshalb schon auf eine so schwierige Saison eingestellt?

Cramer: Dass wir unter den gegebenen Umständen nicht mehr oben mitspielen würden, war klar. Dass wir so weit ins Hintertreffen geraten könnten, damit hatte ich aber nicht gerechnet.

DFB.de: Was würde ein möglicher Abstieg für den Verein bedeuten?

Cramer: Es wäre definitiv ein sehr harter Schlag. Ich kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht absehen, welche Konsequenzen das hätte. Umso mehr werden wir alles versuchen, um dieses Szenario zu verhindern.

DFB.de: Was macht Ihnen Hoffnung, dass Turbine noch rechtzeitig die Kurve bekommt?

Cramer: Während der Vorbereitung war zumindest schon zu erkennen, welchen Fußball wir spielen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Qualität, die wir im bisherigen Saisonverlauf nicht zeigen konnten, künftig besser und häufiger auf den Platz bekommen werden. Dann wird es für die anderen Teams schwer, gegen uns zu spielen.

DFB.de: Der Auftaktgegner FC Bayern München will Tabellenführer und Titelverteidiger VfL Wolfsburg auf den Fersen bleiben, kann sich daher keinen Punktverlust erlauben. Wie könnte eine Überraschung gelingen?

Cramer: Klar ist, dass wir die Bayern ärgern wollen. Um überhaupt eine Chance zu haben, muss unsere Leistung zu 100 Prozent stimmen.

DFB.de: Es folgen anschließend die Duelle mit den direkten Konkurrenten SV Werder Bremen, MSV Duisburg und 1. FC Köln. Da helfen dann nur noch Siege, oder?

Cramer: Das sind im wahrsten Sinne Endspiele für uns, in denen wir punkten müssen. Daran führt kein Weg vorbei.

DFB.de: Seit 2018 hatten Sie - abgesehen von einem Gastspiel beim früheren italienischen Erstligisten Pink Bari Calcio Femminile - mit dem Fußball ausgesetzt. Warum?

Cramer: Mein Vertrag in Potsdam lief damals aus und ich hatte gerade eine Operation wegen eines Knorpelschadens hinter mir. Die Reha war äußerst langwierig, es hat etwa eineinhalb Jahre gedauert, bis ich wieder fit war. Dadurch war es natürlich schwer, einen neuen Verein zu finden.

DFB.de: Welche Erfahrungen hatten Sie in Italien gesammelt?

Cramer: Das Engagement im Ausland war wie ein kleiner Neuanfang für mich und definitiv eine wertvolle Erfahrung. Was das Niveau und die Rahmenbedingungen angeht, habe ich in dieser Zeit aber auch erkannt, was man an Deutschland hat.

DFB.de: Was motiviert Sie jetzt, Turbine Potsdam noch einmal zu helfen?

Cramer: Nachdem ich von vielen schon abgeschrieben war, wollte ich zeigen, dass ich noch einmal Bundesliga spielen kann. Das war ein großer Antrieb für mich. Als ich dann von Turbine angesprochen wurde, ob ich mir das vorstellen kann, wollte ich das dann auch unbedingt machen.

DFB.de: Würden Sie auch den Weg in die 2. Frauen-Bundesliga mitgehen?

Cramer: Diese Frage kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Klar, ich bin nicht mehr die Jüngste. Außerdem gibt es gewisse Voraussetzungen für die Sportfördergruppe der Polizei, um den Beruf in der Weise, wie es aktuell der Fall ist, weiter ausüben zu können. Am Ende werden es verschiedene Faktoren sein, von denen meine fußballerische Zukunft abhängt.

[mspw]

Beim 1. FFC Turbine Potsdam schaffte Jennifer Cramer einst den Sprung aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft, feierte zahlreiche Erfolge. Nach ihrer Rückkehr kämpft die 29 Jahre alte Ex-Nationalspielerin mit "ihrem" Verein um den Klassenverbleib in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Im DFB.de-Interview spricht die Polizeikommissarin mit Mitarbeiter Ralf Debat über die schwierige Lage.

DFB.de: Mit den beiden Nachholpartien am Samstag gegen den FC Bayern München und am 1. März gegen den SV Werder Bremen startet für Turbine Potsdam mit Verspätung die "Mission Klassenverbleib". Der Abstand zum rettenden zehnten Rang beträgt neun Punkte. Mal ehrlich: Wie realistisch ist eine weitere Bundesligasaison für Turbine, Frau Cramer?

Jennifer Cramer: Wir wissen alle, dass es sehr schwer wird, den Klassenverbleib noch zu schaffen. Es muss auf jeden Fall einiges zusammenkommen, um unseren Rückstand aufzuholen. Auf der anderen Seite haben wir in dieser Situation aber auch nichts mehr zu verlieren. Für viele stehen wir schon als Absteiger fest. Wir bleiben positiv und werden alles versuchen, um die Sache noch zu drehen.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe für das bisherige Abschneiden?

Cramer: Da sind viele Faktoren zusammengekommen. Es gab einen großen Umbruch im Kader, wir sind praktisch mit einer komplett neuen Mannschaft und einem neuen Trainer in die Saison gestartet. Die Zusammenarbeit hat von Beginn nicht so funktioniert wie erhofft, auch im Umfeld des Vereins gab es viel Unruhe. Dazu kamen zahlreiche Verletzungen, immer wieder brachen Stammspielerinnen weg. Das war auf Dauer nicht zu kompensieren.

DFB.de: Der jüngste Auftritt in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga liegt bereits zweieinhalb Monate zurück. Kam die Winterpause für Turbine genau zur richtigen Zeit?

Cramer: Es war schon gut, dass wir uns über einen längeren Zeitraum sammeln konnten. Wir haben nach der missglückten Hinserie den Resetknopf gedrückt und wollen jetzt zeigen, dass wir es besser können.

DFB.de: Durch die beiden Spielabsagen verlängerte sich die Pause noch um knapp drei Wochen. War es schwierig, die Spannung zu halten?

Cramer: Die kurzfristigen Ausfälle waren sicherlich nicht optimal, doch wir sollten es positiv sehen. So hatten wir noch etwas mehr Zeit, um uns gut vorzubereiten.

DFB.de: Wie hat das Team den erneuten Trainerwechsel weggesteckt?

Cramer: Ich denke, das ist uns gut gelungen. Irgendwie hatte wohl jeder das Gefühl, dass bei uns etwas passieren muss, wenn wir noch eine Chance haben wollen.

DFB.de: Interimstrainer Dirk Heinrichs ist schon seit vielen Jahren im Verein. Wie stimmt er die Mannschaft auf den Ligastart ein?

Cramer: Man merkt, dass er viel Erfahrung besitzt. Der Trainer fordert volles Engagement ein und versucht immer, uns zu pushen. Wir bekommen die Fehler aufgezeigt, müssen daraus lernen.

DFB.de: Sie gehören zu den erfahrensten Spielerinnen im Aufgebot. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Kader?

Cramer: Ich versuche, die jungen Spielerinnen mitzureißen, will immer mit Leidenschaft und Einsatz vorangehen. Dafür muss natürlich zunächst einmal die eigene Leistung stimmen. Gerade im Abstiegskampf ist es notwendig, das Herz auf dem Platz zu lassen. 

DFB.de: Als junge Spielerin haben Sie noch die besten Zeiten von Turbine miterlebt, wurden unter anderem zweimal Deutsche Meisterin und schafften den Sprung in die Nationalmannschaft. Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn Sie das mit der aktuellen Situation vergleichen?

Cramer: Die Entwicklung ist sehr schade, kommt aber auch nicht ganz unerwartet. Reine Frauenfußballvereine haben es schwer, sich auf Dauer gegen die Konkurrenz mit männlichen Profiabteilungen im Rücken zu behaupten.

DFB.de: Hatten Sie sich bei Ihrer Rückkehr im vergangenen Sommer deshalb schon auf eine so schwierige Saison eingestellt?

Cramer: Dass wir unter den gegebenen Umständen nicht mehr oben mitspielen würden, war klar. Dass wir so weit ins Hintertreffen geraten könnten, damit hatte ich aber nicht gerechnet.

DFB.de: Was würde ein möglicher Abstieg für den Verein bedeuten?

Cramer: Es wäre definitiv ein sehr harter Schlag. Ich kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht absehen, welche Konsequenzen das hätte. Umso mehr werden wir alles versuchen, um dieses Szenario zu verhindern.

DFB.de: Was macht Ihnen Hoffnung, dass Turbine noch rechtzeitig die Kurve bekommt?

Cramer: Während der Vorbereitung war zumindest schon zu erkennen, welchen Fußball wir spielen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Qualität, die wir im bisherigen Saisonverlauf nicht zeigen konnten, künftig besser und häufiger auf den Platz bekommen werden. Dann wird es für die anderen Teams schwer, gegen uns zu spielen.

DFB.de: Der Auftaktgegner FC Bayern München will Tabellenführer und Titelverteidiger VfL Wolfsburg auf den Fersen bleiben, kann sich daher keinen Punktverlust erlauben. Wie könnte eine Überraschung gelingen?

Cramer: Klar ist, dass wir die Bayern ärgern wollen. Um überhaupt eine Chance zu haben, muss unsere Leistung zu 100 Prozent stimmen.

DFB.de: Es folgen anschließend die Duelle mit den direkten Konkurrenten SV Werder Bremen, MSV Duisburg und 1. FC Köln. Da helfen dann nur noch Siege, oder?

Cramer: Das sind im wahrsten Sinne Endspiele für uns, in denen wir punkten müssen. Daran führt kein Weg vorbei.

DFB.de: Seit 2018 hatten Sie - abgesehen von einem Gastspiel beim früheren italienischen Erstligisten Pink Bari Calcio Femminile - mit dem Fußball ausgesetzt. Warum?

Cramer: Mein Vertrag in Potsdam lief damals aus und ich hatte gerade eine Operation wegen eines Knorpelschadens hinter mir. Die Reha war äußerst langwierig, es hat etwa eineinhalb Jahre gedauert, bis ich wieder fit war. Dadurch war es natürlich schwer, einen neuen Verein zu finden.

DFB.de: Welche Erfahrungen hatten Sie in Italien gesammelt?

Cramer: Das Engagement im Ausland war wie ein kleiner Neuanfang für mich und definitiv eine wertvolle Erfahrung. Was das Niveau und die Rahmenbedingungen angeht, habe ich in dieser Zeit aber auch erkannt, was man an Deutschland hat.

DFB.de: Was motiviert Sie jetzt, Turbine Potsdam noch einmal zu helfen?

Cramer: Nachdem ich von vielen schon abgeschrieben war, wollte ich zeigen, dass ich noch einmal Bundesliga spielen kann. Das war ein großer Antrieb für mich. Als ich dann von Turbine angesprochen wurde, ob ich mir das vorstellen kann, wollte ich das dann auch unbedingt machen.

DFB.de: Würden Sie auch den Weg in die 2. Frauen-Bundesliga mitgehen?

Cramer: Diese Frage kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Klar, ich bin nicht mehr die Jüngste. Außerdem gibt es gewisse Voraussetzungen für die Sportfördergruppe der Polizei, um den Beruf in der Weise, wie es aktuell der Fall ist, weiter ausüben zu können. Am Ende werden es verschiedene Faktoren sein, von denen meine fußballerische Zukunft abhängt.

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