MSV-Coach Gerstner: "Stolzer kann man als Trainer nicht sein"

Jubel beim MSV Duisburg: Am letzten Spieltag hat die Mannschaft den Klassenverbleib in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga geschafft. Im DFB.de-Interview unmittelbar nach Schlusspfiff ordnet Trainer Thomas Gerstner den Erfolg ein. Außerdem erklärt der 53 Jahre alte Fußball-Lehrer, wie die Gefühlslage ist.

DFB.de: Herr Gerstner, herzlichen Glückwunsch zum...

Thomas Gerstner: Moment bitte. Ich verstehe gerade gar nichts. Hier ist es extrem laut. Ich habe Sorge, dass die Spielerinnen gleich das Stadion vor Freude abreißen. Ich muss irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist.

DFB.de: Die Stimmung ist ausgelassen.

Gerstner: Nicht nur das. Sie ist sogar bombastisch. Und selbst das ist noch untertrieben. Die Stimmung ist sowas von geil, wir haben einfach wieder etwas Großartiges geschafft. Wir belegen jetzt zum dritten Mal in Folge den neunten Platz. Dieses Jahr war es noch enger, als in den beiden Jahren zuvor. Für uns ist das einfach ein unglaubliches Ergebnis. Mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, können wir eigentlich nicht mit den anderen mithalten. Aber meine Spielerinnen sind einfach so super. Stolzer kann man als Trainer nicht sein.

DFB.de: 17 Punkte waren in diesem Jahr nötig, um den Abstieg zu vermeiden.

Gerstner: Im Hinblick auf die Punktausbeute waren wir leider etwas schwächer als zuletzt. Nach der vergangenen Saison hatten wir 19 Zähler auf dem Konto, davor 18. Aber das spielt heute keine Rolle mehr. Wir sind überglücklich, dass wir es am letzten Spieltag wieder geschafft haben. Das ist eine großartige Leistung aller Beteiligten.

DFB.de: Die Rettung gelang dank eines 2:0 beim FF USV Jena. Wie haben Sie die Partie angesichts der enormen Bedeutung erlebt?

Gerstner: Alle wussten ganz genau, dass wir einen Sieg für die Rettung brauchen. Entsprechend haben wir uns auch vorbereitet. Jena hat in den vergangenen Wochen keine schlechten Leistungen gezeigt. Nach der Corona-Unterbrechung hatten sie ganz komplizierte Bedingungen. Für sie war es noch schwieriger als für alle anderen. Vor diesem Hintergrund muss man ihnen ein extremes Kompliment für ihre Leistungen aussprechen. Sie haben sich nie aufgegeben – auch nicht gegen uns. Meiner Meinung nach waren sie nach der Pause sogar stärker als vorher.

DFB.de: Wir groß war der Druck vor dem Duell?

Gerstner: Sehr groß. Aber wir wussten auch, dass wir die Qualität haben, um zu gewinnen. Und so ist es ja zum Glück auch gekommen. Wir haben in der Woche zuvor beim 0:0 gegen Turbine Potsdam unsere beste Saisonleistung gezeigt. Leider haben wir uns da nicht mit drei Punkten belohnt. Aber diese Partie hat uns viel Schwung und Selbstvertrauen gegeben. Außerdem wussten wir, dass wir es in Jena selbst in der Hand haben. Die Voraussetzungen waren optimal.

DFB.de: Und das Spiel selbst lief dann auch perfekt für Sie.

Gerstner: Jena musste früh einen Platzverweis hinnehmen. Kurz darauf sind wir in Führung gegangen und haben noch vor der Pause auf 2:0 erhöhen können. Das waren tatsächlich perfekte Bedingungen. Aber ich wusste auch ganz genau, dass nur ein Gegentor uns in größte Bedrängnis bringen könnte. Jeder weiß ja, dass dann gerne mal die Nerven auch eine Rolle spielen können. Zum Glück konnten wir uns dieses Szenario ersparen – auch weil Jena zweimal nur Aluminium getroffen hat. Heute hatten wir das nötige Quäntchen Glück auf unserer Seite. Aber das haben wir uns erarbeitet.

DFB.de: Wie geht es jetzt weiter?

Gerstner: Im Moment tanzen die Mädels vor dem Bus und warten darauf, dass wir Richtung Duisburg aufbrechen. Die Musikbox dröhnt ordentlich, die Party läuft schon. Uns steht jetzt eine fünfstündige Heimfahrt im Bus bevor. Und die Kühlschränke dort sind voll mit Getränken – die wenigstens davon sind anti-alkoholisch. (lacht) Wir sind also vorbereitet. Es ist einfach überragend, dass wir auch in der Saison 2020/2021 erstklassig sind. Das war vor der Saison unter den Voraussetzungen so kaum zu erwarten. Aber wir haben es geschafft. Wir bleiben zurecht drin, weil wir regelmäßig gepunktet haben – zum Beispiel auch gegen Bayern, Freiburg und Potsdam. Ich bin einfach megastolz.

DFB.de: Geht die Party nach der Rückkehr nach Duisburg dann weiter?

Gerstner: Ja, aber selbstverständlich unter den Corona-Bedingungen. Auch bei uns im Trainingszentrum sind die Kühlschränke gut gefüllt. Das wird eine feucht-fröhliche Nacht. Wir werden vor Ort auch den Grill anschmeißen lassen. Heute werden wir es uns richtig gut gehen lassen. Ich weiß nicht, wie lange es gehen wird. Aber ich glaube nicht, dass wir im Bett sein werden, bevor es wieder hell wird.

DFB.de: Sind Sie jetzt schon in der Lage, ein Resümee zu ziehen?

Gerstner: Schwierig, weil alles noch sehr frisch ist. Klar ist aber, dass am Ende diese extrem außergewöhnlichen Saison das Unglaublichste übrig bleibt: Und das ist unser Klassenverbleib. Zwischendurch war es sehr, sehr schwierig. Aber wir haben alle Widrigkeiten angenommen und uns dafür belohnt. Die Mädels haben teilweise unfassbare läuferische und kämpferische Fähigkeiten an den Tag gelegt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Davor habe ich extremen Respekt. So etwas habe ich vorher noch nicht erlebt. Es war ein Klassenverbleib der Moral.

DFB.de: Dreimal in Folge der neunte Platz. Wann geht es weiter nach oben?

Gerstner: Schwierig! Ganz ehrlich? Für uns geht es derzeit einzig und alleine darum, den Abstieg zu vermeiden. In den vergangenen drei Jahren war es teilweise ein Ritt auf der Rasierklinge. In dieser Saison haben wir es nur dank des besseren Torverhältnisses geschafft. Es wird immer enger – und so wird es bleiben. Es geht nur darum, am Ende über dem Strich zu stehen. Nichts anderes kann unser Ziel sein. Das wäre unrealistisch. Es wartet wieder eine Mammutaufgabe auf uns. Wir können leider nicht davon träumen, mal um Platz sieben oder acht zu spielen. Rang zehn ist immer das Ziel.

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Jubel beim MSV Duisburg: Am letzten Spieltag hat die Mannschaft den Klassenverbleib in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga geschafft. Im DFB.de-Interview unmittelbar nach Schlusspfiff ordnet Trainer Thomas Gerstner den Erfolg ein. Außerdem erklärt der 53 Jahre alte Fußball-Lehrer, wie die Gefühlslage ist.

DFB.de: Herr Gerstner, herzlichen Glückwunsch zum...

Thomas Gerstner: Moment bitte. Ich verstehe gerade gar nichts. Hier ist es extrem laut. Ich habe Sorge, dass die Spielerinnen gleich das Stadion vor Freude abreißen. Ich muss irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist.

DFB.de: Die Stimmung ist ausgelassen.

Gerstner: Nicht nur das. Sie ist sogar bombastisch. Und selbst das ist noch untertrieben. Die Stimmung ist sowas von geil, wir haben einfach wieder etwas Großartiges geschafft. Wir belegen jetzt zum dritten Mal in Folge den neunten Platz. Dieses Jahr war es noch enger, als in den beiden Jahren zuvor. Für uns ist das einfach ein unglaubliches Ergebnis. Mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, können wir eigentlich nicht mit den anderen mithalten. Aber meine Spielerinnen sind einfach so super. Stolzer kann man als Trainer nicht sein.

DFB.de: 17 Punkte waren in diesem Jahr nötig, um den Abstieg zu vermeiden.

Gerstner: Im Hinblick auf die Punktausbeute waren wir leider etwas schwächer als zuletzt. Nach der vergangenen Saison hatten wir 19 Zähler auf dem Konto, davor 18. Aber das spielt heute keine Rolle mehr. Wir sind überglücklich, dass wir es am letzten Spieltag wieder geschafft haben. Das ist eine großartige Leistung aller Beteiligten.

DFB.de: Die Rettung gelang dank eines 2:0 beim FF USV Jena. Wie haben Sie die Partie angesichts der enormen Bedeutung erlebt?

Gerstner: Alle wussten ganz genau, dass wir einen Sieg für die Rettung brauchen. Entsprechend haben wir uns auch vorbereitet. Jena hat in den vergangenen Wochen keine schlechten Leistungen gezeigt. Nach der Corona-Unterbrechung hatten sie ganz komplizierte Bedingungen. Für sie war es noch schwieriger als für alle anderen. Vor diesem Hintergrund muss man ihnen ein extremes Kompliment für ihre Leistungen aussprechen. Sie haben sich nie aufgegeben – auch nicht gegen uns. Meiner Meinung nach waren sie nach der Pause sogar stärker als vorher.

DFB.de: Wir groß war der Druck vor dem Duell?

Gerstner: Sehr groß. Aber wir wussten auch, dass wir die Qualität haben, um zu gewinnen. Und so ist es ja zum Glück auch gekommen. Wir haben in der Woche zuvor beim 0:0 gegen Turbine Potsdam unsere beste Saisonleistung gezeigt. Leider haben wir uns da nicht mit drei Punkten belohnt. Aber diese Partie hat uns viel Schwung und Selbstvertrauen gegeben. Außerdem wussten wir, dass wir es in Jena selbst in der Hand haben. Die Voraussetzungen waren optimal.

DFB.de: Und das Spiel selbst lief dann auch perfekt für Sie.

Gerstner: Jena musste früh einen Platzverweis hinnehmen. Kurz darauf sind wir in Führung gegangen und haben noch vor der Pause auf 2:0 erhöhen können. Das waren tatsächlich perfekte Bedingungen. Aber ich wusste auch ganz genau, dass nur ein Gegentor uns in größte Bedrängnis bringen könnte. Jeder weiß ja, dass dann gerne mal die Nerven auch eine Rolle spielen können. Zum Glück konnten wir uns dieses Szenario ersparen – auch weil Jena zweimal nur Aluminium getroffen hat. Heute hatten wir das nötige Quäntchen Glück auf unserer Seite. Aber das haben wir uns erarbeitet.

DFB.de: Wie geht es jetzt weiter?

Gerstner: Im Moment tanzen die Mädels vor dem Bus und warten darauf, dass wir Richtung Duisburg aufbrechen. Die Musikbox dröhnt ordentlich, die Party läuft schon. Uns steht jetzt eine fünfstündige Heimfahrt im Bus bevor. Und die Kühlschränke dort sind voll mit Getränken – die wenigstens davon sind anti-alkoholisch. (lacht) Wir sind also vorbereitet. Es ist einfach überragend, dass wir auch in der Saison 2020/2021 erstklassig sind. Das war vor der Saison unter den Voraussetzungen so kaum zu erwarten. Aber wir haben es geschafft. Wir bleiben zurecht drin, weil wir regelmäßig gepunktet haben – zum Beispiel auch gegen Bayern, Freiburg und Potsdam. Ich bin einfach megastolz.

DFB.de: Geht die Party nach der Rückkehr nach Duisburg dann weiter?

Gerstner: Ja, aber selbstverständlich unter den Corona-Bedingungen. Auch bei uns im Trainingszentrum sind die Kühlschränke gut gefüllt. Das wird eine feucht-fröhliche Nacht. Wir werden vor Ort auch den Grill anschmeißen lassen. Heute werden wir es uns richtig gut gehen lassen. Ich weiß nicht, wie lange es gehen wird. Aber ich glaube nicht, dass wir im Bett sein werden, bevor es wieder hell wird.

DFB.de: Sind Sie jetzt schon in der Lage, ein Resümee zu ziehen?

Gerstner: Schwierig, weil alles noch sehr frisch ist. Klar ist aber, dass am Ende diese extrem außergewöhnlichen Saison das Unglaublichste übrig bleibt: Und das ist unser Klassenverbleib. Zwischendurch war es sehr, sehr schwierig. Aber wir haben alle Widrigkeiten angenommen und uns dafür belohnt. Die Mädels haben teilweise unfassbare läuferische und kämpferische Fähigkeiten an den Tag gelegt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Davor habe ich extremen Respekt. So etwas habe ich vorher noch nicht erlebt. Es war ein Klassenverbleib der Moral.

DFB.de: Dreimal in Folge der neunte Platz. Wann geht es weiter nach oben?

Gerstner: Schwierig! Ganz ehrlich? Für uns geht es derzeit einzig und alleine darum, den Abstieg zu vermeiden. In den vergangenen drei Jahren war es teilweise ein Ritt auf der Rasierklinge. In dieser Saison haben wir es nur dank des besseren Torverhältnisses geschafft. Es wird immer enger – und so wird es bleiben. Es geht nur darum, am Ende über dem Strich zu stehen. Nichts anderes kann unser Ziel sein. Das wäre unrealistisch. Es wartet wieder eine Mammutaufgabe auf uns. Wir können leider nicht davon träumen, mal um Platz sieben oder acht zu spielen. Rang zehn ist immer das Ziel.

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