Kellermann: Der Titelsammler der Wölfinnen

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Ralf Kellermann, der 2013 als Trainer des VfL Wolfsburg das "Triple" gewann und daraufhin als Welttrainer ausgezeichnet wurde.

Selbst fünf Minuten vor der nächsten Deutschen Meisterschaft hält es Ralf Kellermann im Spiel gegen den SC Freiburg am 17. Juni kaum auf seinem Platz. Aber nicht, weil er das Ende des Spiels nicht erwarten kann, sondern weil er sich über einen Fehlpass ärgert. Ein lautes "Nein" ist unter seiner Schutzmaske, mit der er auf der Tribüne des Wolfsburger AOK-Stadions sitzt, zu vernehmen. "Ich bin dann immer noch genauso nervös wie zu der Zeit, als ich noch Trainer war", erzählt Kellermann.

2008 auf die Trainerbank

Diese Zeit ist nun schon vor drei Jahren abgelaufen. Seit Sommer 2017 ist Stephan Lerch der Chef an der Seitenlinie. Und Kellermann sitzt wahlweise mit auf der Bank. Oder eben auf der Tribüne. Für den Blutdruck ist die Entfernung zum Spielfeld nicht relevant - denn der bewegt sich ohnehin im nicht mehr gesunden Bereich. Auch wenn der Ex-Coach die Spiele immer noch mit Traineraugen beobachtet und mitunter Mühe hat, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten, möchte er mit Stephan Lerch aber nicht mehr tauschen. "So, wie es ist, so ist es auch gut", erzählt der ehemalige Profitorwart, der offen zugibt, dass er die Entscheidung, die jahrelange Personalunion von Trainer und Sportlichem Leiter 2017 aufzulösen, zu spät getroffen habe. "Es war grenzwertig. Die Belastung war einfach zu groß. Eigentlich war ich zu lange Trainer und über meinen Zenit hinaus", gibt der ehemalige Torwart rückblickend zu.

Dabei war Ralf Kellermann einer der erfolgreichsten Trainer der Welt. Eine Karriere, die so nicht unbedingt abzusehen und geplant war, denn Kellermanns Torwartkarriere war der große Erfolg nicht beschieden. Der gebürtige Duisburger spielte zunächst sieben Jahre beim MSV in der 2. und 3. Liga, beziehungsweise saß meistens auf der Bank. Danach wechselte er zum FSV Frankfurt, später zum SC Verl, den Sportfreunden Siegen, dem SC Paderborn. Der SV Lippstadt war schließlich Kellermanns letzte Station, bevor er 2004 seine Fußballschuhe an den Nagel hing und 2005 als Trainer beim SV Brunsrode-Flechtorf in der Nähe von Wolfsburg begann und beim VfL Wolfsburg als Scout einstieg.

Im Sommer 2008 übernahm er die Frauen-Mannschaft, die damals in der Bundesliga hinter den Platzhirschen aus Potsdam, Duisburg und Frankfurt lediglich eine Nebenrolle spielte. 2010 wurde Kellermann außerdem zum Sportlicher Leiter befördert. Und die Erfolgsgeschichte des VfL im Frauenfußball nahm Fahrt auf. Nach dem 7. Platz 2011 folgte 2012 schon die Vizemeisterschaft.

Titelsammler und Welttrainer

Kellermann hatte Spielerinnen nach Wolfsburg geholt, von denen andere Klubs lieber Abstand genommen haben. "Ralf hat ein Gefühl dafür, wer auch charakterlich ins Team passt", erzählt Britta Carlson, die Co-Trainerin der deutschen Nationalmannschaft, die mit Kellermann seit 2008 beim VfL zusammenarbeitete. Spielerinnen wie Nadine Keßler oder Lena Goeßling (die mit 34 Jahren immer noch in Wolfsburg kickt) wurden seit 2011 zu Eckpfeilern des VfL, der 2013 sein bislang erfolgreichstes Jahr erlebte. Nach der Meisterschaft und dem Pokal gelang an der Londoner Stamford Bridge, der Heimat des FC Chelsea, auch noch der Triumpf in der Champions League gegen den haushohen Favoriten Olympique Lyon.

Der Durchbruch des VfL auf internationaler Ebene war geschafft. Und 2014 konnten die Wolfsburgerinnen ihren Titel in der Meisterschaft und der Königsklasse sogar verteidigen: In einem legendären Endspiel besiegten sie die Schwedinnen von Tyresö FF in Lissabon mit 4:3. Im selben Jahr feierte Ralf Kellermann auch noch einen persönlichen Triumpf: Er wurde zum Welttrainer 2014 gewählt.

DFB-Pokal: Sechs Titel in Folge

"Die Freude darauf, etwas zu gewinnen, muss größer sein als die Angst davor, etwas zu verlieren", ist Kellermanns Motto. Und gewonnen hat er mit dem VfL Wolfsburg in den vergangenen Jahren viel und reichlich: Nach dem erwähnten Triple 2013 und dem Double 2014 holte der VfL von 2015 bis 2020 sechsmal in Folge den DFB-Pokal und löste damit den bisherigen Rekordhalter 1. FFC Frankfurt ab. Außerdem gewann der VfL zuletzt viermal in Serie die Meisterschaft. Auch der Champions-League-Titel ist in dieser Saison noch möglich. Die Endrunde beginnt am 21. August in Nordspanien. "Die Champions League zu gewinnen, wird von Jahr zu Jahr schwieriger", sagt Kellermann.

Sollte es dem VfL nicht gelingen, in diesem Jahr die Königsklasse zu gewinnen, geht die Saison 2019/20 trotzdem als ein weiteres Kapitel in der Erfolgsgeschichte des Wolfsburger Frauenfußballs ein. Dazu hat Ralf Kellermann wieder einen großen Teil beigetragen. Das nächste Kapitel wird folgen. So viel ist sicher.

[dfb]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Ralf Kellermann, der 2013 als Trainer des VfL Wolfsburg das "Triple" gewann und daraufhin als Welttrainer ausgezeichnet wurde.

Selbst fünf Minuten vor der nächsten Deutschen Meisterschaft hält es Ralf Kellermann im Spiel gegen den SC Freiburg am 17. Juni kaum auf seinem Platz. Aber nicht, weil er das Ende des Spiels nicht erwarten kann, sondern weil er sich über einen Fehlpass ärgert. Ein lautes "Nein" ist unter seiner Schutzmaske, mit der er auf der Tribüne des Wolfsburger AOK-Stadions sitzt, zu vernehmen. "Ich bin dann immer noch genauso nervös wie zu der Zeit, als ich noch Trainer war", erzählt Kellermann.

2008 auf die Trainerbank

Diese Zeit ist nun schon vor drei Jahren abgelaufen. Seit Sommer 2017 ist Stephan Lerch der Chef an der Seitenlinie. Und Kellermann sitzt wahlweise mit auf der Bank. Oder eben auf der Tribüne. Für den Blutdruck ist die Entfernung zum Spielfeld nicht relevant - denn der bewegt sich ohnehin im nicht mehr gesunden Bereich. Auch wenn der Ex-Coach die Spiele immer noch mit Traineraugen beobachtet und mitunter Mühe hat, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten, möchte er mit Stephan Lerch aber nicht mehr tauschen. "So, wie es ist, so ist es auch gut", erzählt der ehemalige Profitorwart, der offen zugibt, dass er die Entscheidung, die jahrelange Personalunion von Trainer und Sportlichem Leiter 2017 aufzulösen, zu spät getroffen habe. "Es war grenzwertig. Die Belastung war einfach zu groß. Eigentlich war ich zu lange Trainer und über meinen Zenit hinaus", gibt der ehemalige Torwart rückblickend zu.

Dabei war Ralf Kellermann einer der erfolgreichsten Trainer der Welt. Eine Karriere, die so nicht unbedingt abzusehen und geplant war, denn Kellermanns Torwartkarriere war der große Erfolg nicht beschieden. Der gebürtige Duisburger spielte zunächst sieben Jahre beim MSV in der 2. und 3. Liga, beziehungsweise saß meistens auf der Bank. Danach wechselte er zum FSV Frankfurt, später zum SC Verl, den Sportfreunden Siegen, dem SC Paderborn. Der SV Lippstadt war schließlich Kellermanns letzte Station, bevor er 2004 seine Fußballschuhe an den Nagel hing und 2005 als Trainer beim SV Brunsrode-Flechtorf in der Nähe von Wolfsburg begann und beim VfL Wolfsburg als Scout einstieg.

Im Sommer 2008 übernahm er die Frauen-Mannschaft, die damals in der Bundesliga hinter den Platzhirschen aus Potsdam, Duisburg und Frankfurt lediglich eine Nebenrolle spielte. 2010 wurde Kellermann außerdem zum Sportlicher Leiter befördert. Und die Erfolgsgeschichte des VfL im Frauenfußball nahm Fahrt auf. Nach dem 7. Platz 2011 folgte 2012 schon die Vizemeisterschaft.

Titelsammler und Welttrainer

Kellermann hatte Spielerinnen nach Wolfsburg geholt, von denen andere Klubs lieber Abstand genommen haben. "Ralf hat ein Gefühl dafür, wer auch charakterlich ins Team passt", erzählt Britta Carlson, die Co-Trainerin der deutschen Nationalmannschaft, die mit Kellermann seit 2008 beim VfL zusammenarbeitete. Spielerinnen wie Nadine Keßler oder Lena Goeßling (die mit 34 Jahren immer noch in Wolfsburg kickt) wurden seit 2011 zu Eckpfeilern des VfL, der 2013 sein bislang erfolgreichstes Jahr erlebte. Nach der Meisterschaft und dem Pokal gelang an der Londoner Stamford Bridge, der Heimat des FC Chelsea, auch noch der Triumpf in der Champions League gegen den haushohen Favoriten Olympique Lyon.

Der Durchbruch des VfL auf internationaler Ebene war geschafft. Und 2014 konnten die Wolfsburgerinnen ihren Titel in der Meisterschaft und der Königsklasse sogar verteidigen: In einem legendären Endspiel besiegten sie die Schwedinnen von Tyresö FF in Lissabon mit 4:3. Im selben Jahr feierte Ralf Kellermann auch noch einen persönlichen Triumpf: Er wurde zum Welttrainer 2014 gewählt.

DFB-Pokal: Sechs Titel in Folge

"Die Freude darauf, etwas zu gewinnen, muss größer sein als die Angst davor, etwas zu verlieren", ist Kellermanns Motto. Und gewonnen hat er mit dem VfL Wolfsburg in den vergangenen Jahren viel und reichlich: Nach dem erwähnten Triple 2013 und dem Double 2014 holte der VfL von 2015 bis 2020 sechsmal in Folge den DFB-Pokal und löste damit den bisherigen Rekordhalter 1. FFC Frankfurt ab. Außerdem gewann der VfL zuletzt viermal in Serie die Meisterschaft. Auch der Champions-League-Titel ist in dieser Saison noch möglich. Die Endrunde beginnt am 21. August in Nordspanien. "Die Champions League zu gewinnen, wird von Jahr zu Jahr schwieriger", sagt Kellermann.

Sollte es dem VfL nicht gelingen, in diesem Jahr die Königsklasse zu gewinnen, geht die Saison 2019/20 trotzdem als ein weiteres Kapitel in der Erfolgsgeschichte des Wolfsburger Frauenfußballs ein. Dazu hat Ralf Kellermann wieder einen großen Teil beigetragen. Das nächste Kapitel wird folgen. So viel ist sicher.

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