Hegering: "Ich habe echt Lust auf 2020"

Für Marina Hegering war 2019 ein besonderes Jahr. Die Abwehrspielerin der SGS Essen hat im April ihr Debüt in der Frauen-Nationalmannschaft gefeiert. Zuvor musste die 29-Jährige eine fast sechsjährige Verletzungsodyssee hinter sich bringen, die sie beinahe ihre Karriere gekostet hätte. Im DFB.de-Interview blickt Hegering noch mal zurück und erklärt, was sie sich vom neuen Jahr erhofft.

DFB.de: Frau Hegering, 2019 ist Geschichte. Für Sie ein persönlich sehr ereignisreiches Jahr, oder?

Marina Hegering: Ja, auf jeden Fall. Ich habe auf unserer Weihnachtsfeier mit der SGS Essen noch zu einer Mitspielerin gesagt, dass 2019 für mich wirklich ein Wahnsinnsjahr war. Hätte mir jemand diesen Verlauf prophezeit, hätte ich diese Person für verrückt erklärt. Ich denke dabei natürlich unter anderem an mein Debüt in der Nationalmannschaft und wenige Wochen später die Weltmeisterschaft in Frankreich.

DFB.de: Sind für Sie mehrere Träume in Erfüllung gegangen?

Hegering: Für mich waren das gar keine Träume mehr. Bis zu meiner ersten Nominierung hatte ich das Thema Nationalmannschaft für mich völlig abgehakt. Das war echt überhaupt kein Thema mehr. Es war nicht auf meinem Radar. Umso dankbarer bin ich für die Erfahrungen, die ich in diesem Jahr machen durfte. Man kann es kaum in Worte fassen, was in den vergangenen Monaten alles passiert ist.

DFB.de: Versuchen wir es trotzdem: Im April 2019 haben Sie Ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert, ein paar Wochen später waren Sie Stammkraft während der Weltmeisterschaft in Frankreich.

Hegering: Das war für mich eine unfassbare Aneinanderreihung von großartigen Ereignissen. Ich habe lange gebraucht, um das alles zu begreifen. Obwohl wir alle nach der WM und dem Aus im Viertelfinale enttäuscht waren, denke ich gerne und stolz an dieses Turnier zurück. Ich bin nach der WM erstmal in ein kleines Loch gefallen, weil ich alles irgendwie verarbeiten musste. Dann habe ich mir auch noch einen Muskelfaserriss zugezogen, der mich zurückgeworfen hat. Jetzt bin ich wieder völlig fit. Aber ich freue mich dennoch, dass nun ein paar ruhige Tage anstehen. Das Jahr war nicht nur sehr ereignisreich, sondern auch vom Kopf her sehr anstrengend. Die Winterpause kommt zu einer guten Zeit.

DFB.de: Wie schauen Sie jetzt mit einem Abstand von rund einem halben Jahr zurück auf die zehn Wochen, die zwischen ihrem Debüt gegen Schweden und dem WM-Aus gegen Schweden lagen?

Hegering: Was mich im Rückblick wirklich ärgert, ist der sportliche Aspekt an der Geschichte. Wir haben in Schweden eine starke Leistung gezeigt und hochverdient in deren ausverkauftem Stadion gewonnen. Bei der Weltmeisterschaft konnten wir daran nicht anknüpfen. Das Ausscheiden war total bitter. Ich kann gar nicht beschreiben, was da passiert und schief gelaufen ist. Im Rückblick nehme ich jede Menge Dinge mit, die mich auf jeden Fall weitergebracht haben. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es wichtig ist, aus Rückschlägen die richtigen Lehren zu ziehen. Daraus kann man viele Dinge mitnehmen, die einen persönlich weiterbringen und langfristig stärker machen.

DFB.de: Ihre Vita ist geprägt durch eine Fersenverletzung, die Sie fast durchgängig sechs Jahre daran gehindert hat, Fußball zu spielen. Sehen Sie dieses Jahr nun als Lohn für diese schwere Zeit?

Hegering: Das war schon eine extreme Phase in meinem Leben, in der ich viele Höhen und Tiefen erlebt habe. Es gab immer wieder Abschnitte, in denen ich komplett raus war und in denen an Fußballspielen überhaupt nicht zu denken war. Und dann gab es auch wieder Zeiträume, in denen die Hoffnung bei mir zurückgekommen ist. Aber der nächste Rückschlag hat meist nicht lange auf sich warten lassen. Ich bin körperlich einfach nicht vorwärts gekommen.

DFB.de: Wie sind Sie damit umgegangen?

Hegering: In dieser Zeit war es sehr wichtig, dass meine Familie und meine Freunde hinter mir gestanden haben. Alle haben mich unfassbar unterstützt und auch aufgebaut, wenn ich nach einem gescheiterten Comebackversuch mal wieder am Boden zerstört war. Sie waren für mich da und haben mich aufgefangen, als es mir wirklich schlecht ging. Ich konnte sehr, sehr lange nicht das machen, was mir echt wichtig ist, ich konnte einfach nicht Fußball spielen. Das hat mich belastet. Ich habe mehrfach mit dem Gedanken gespielt, einfach aufzuhören. Alles andere wäre eine Lüge. Ich habe mich oft gefragt, warum und für wen ich das alles eigentlich noch mache. Aber der Glaube, dass es noch mal wieder funktionieren könnte, war am Ende größer, als die Option aufzugeben. Heute bin ich glücklich und freue mich auf alles, was hoffentlich noch kommt.

DFB.de: Waren die gescheiterten Comebackversuche die schlimmsten Momente, weil immer wieder Ihre Hoffnung auf Besserung radikal zerstört wurde?

Hegering: Das war wirklich unfassbar schlimm und irgendwann auch nicht mehr rational zu verstehen für mich. In dieser Leidenszeit hatte ich fünf Operationen. Ich bin in jede OP mit der Hoffnung gegangen, dass es danach besser wird. Aber so war es nicht. Jedes Mal habe ich alle Energie in die Reha gesteckt. Jedes Mal habe ich wirklich alles gegeben, um gesund und fit zu werden. Aber dann kamen immer wieder der Rückschlag und die Erkenntnis, dass es eben nicht besser geworden war. Ich wusste nicht, warum das gerade passierte. Die ursprüngliche Verletzung war ja eigentlich eine Lappalie. Die Ärzte hatten mir vorher prognostiziert, dass ich drei Monate später wieder auf dem Platz stehen werde. Aus dem Vierteljahr sind am Ende sechs Jahre geworden.

DFB.de: Gab es irgendwann den Moment, in dem Sie wussten, dass es jetzt tatsächlich wieder aufwärts geht?

Hegering: Es gab nicht den einen Moment, in dem ich von heute auf morgen wieder schmerzfrei war. Das war ein Prozess, der sich über Wochen hingezogen hat. Ich habe im Herbst 2015 meine Osteopathin kennengelernt. Und als ich dort in Behandlung war, ging es langsam, aber stetig aufwärts. Erst waren die Schritte in die richtige Richtung klein, nach und nach wurden sie immer größer. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich für mein Privatleben schon ganz andere Pläne gemacht. Mit dem Fußball hatte ich weitestgehend abgeschlossen. Ich wollte mich nicht weiter damit belasten, mir immer wieder Hoffnungen zu machen, die dann wieder zerstört werden. Im März 2016 ging es dann aber plötzlich wieder zurück auf den Platz. In diesem Moment habe ich erstmals gedacht: "Okay, krass. Geht es vielleicht doch nochmal?" Nach und nach hat es immer besser funktioniert. Das waren sehr schöne Gefühle, als ich merkte, dass ich wirklich auf einem guten Weg war.

DFB.de: Wissen Sie im Rückblick, was falsch gelaufen ist?

Hegering: Nein, das spielt für mich heute auch keine Rolle mehr. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich bin weit davon entfernt, irgendjemandem den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das wäre dumm und ungerecht.

DFB.de: Trauern Sie diesen sechs Jahren sportlich manchmal hinterher?

Hegering: Ich bin schon häufiger gefragt worden, was wohl aus mir ohne diese Geschichte geworden wäre. Ich war nach dem Gewinn der U-20 WM zum Leistungstest eingeladen, den ich nie absolvieren konnte. Alex Popp gehörte auch zum WM-Team der U 20, und sie hat eine beeindruckende Karriere hingelegt. Davor habe ich allerhöchsten Respekt. Ich freue mich riesig für sie, ich bin gut mit ihr befreundet. Es ist Wahnsinn, was sie für einen Weg eingeschlagen hat. Vielleicht wäre mir das ohne meine Verletzung auch gelungen. Vielleicht aber auch nicht. Wer kann das schon seriös beantworten? Letztlich würde es mich auch nicht weiterbringen, groß darüber nachzudenken. Es würde sowieso nichts ändern. Ich musste meinen ganz eigenen Weg finden, der mir ganz eigene Aspekte abverlangt hat. Mich als Persönlichkeit hat das unheimlich geprägt. Ich bin glücklich, so wie es gekommen ist. Die Verletzung hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Man kann viel darüber nachdenken: "Was wäre wenn…". Aber am Ende bringt das einen nicht weiter. Ich schaue lieber nach vorne als zurück.

DFB.de: 2020 ist nicht mehr weit weg. Mit welchen persönlichen Zielen gehen Sie ins neue Jahr?

Hegering: Das wird ein spannendes Jahr. Für mich persönlich, aber auch für uns als Verein. Wir haben mit der SGS Essen im ersten Halbjahr in der Frauen-Bundesliga extreme Höhen und Tiefen erlebt und belegen derzeit trotzdem einen ordentlichen vierten Platz. Wir haben noch viel Potenzial und eine super Mannschaft. Ich freue mich auf die Herausforderungen, die da kommen werden.

DFB.de: Und bei der Nationalmannschaft?

Hegering: Werde ich hoffentlich weiter eine wichtige Rolle spielen. Wir sind nach drei Jahren mal wieder mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup, und ich werde dafür arbeiten, dass ich dabei sein darf.   Das ist eine wichtige Standortbestimmung für uns auf unserem Weg Richtung Europameisterschaft 2021 in England. Es wird ein spannendes Turnier. Alles, was jetzt kommt, nehme ich gerne mit. Ich habe es mir grundsätzlich abgewöhnt, mir Ziele zu setzen, die zu weit in der Zukunft liegen. Auch das ist eine Lehre aus meiner Verletzungsgeschichte.

DFB.de: Und was wünschen Sie sich gesundheitlich?

Hegering: Das alles so weiterläuft wie in den vergangenen paar Wochen. Mir geht es körperlich gut. Ich habe es gut im Griff. Auch in dieser Hinsicht blicke ich sehr positiv nach vorne. Ich habe echt Lust auf 2020.

[sw]

Für Marina Hegering war 2019 ein besonderes Jahr. Die Abwehrspielerin der SGS Essen hat im April ihr Debüt in der Frauen-Nationalmannschaft gefeiert. Zuvor musste die 29-Jährige eine fast sechsjährige Verletzungsodyssee hinter sich bringen, die sie beinahe ihre Karriere gekostet hätte. Im DFB.de-Interview blickt Hegering noch mal zurück und erklärt, was sie sich vom neuen Jahr erhofft.

DFB.de: Frau Hegering, 2019 ist Geschichte. Für Sie ein persönlich sehr ereignisreiches Jahr, oder?

Marina Hegering: Ja, auf jeden Fall. Ich habe auf unserer Weihnachtsfeier mit der SGS Essen noch zu einer Mitspielerin gesagt, dass 2019 für mich wirklich ein Wahnsinnsjahr war. Hätte mir jemand diesen Verlauf prophezeit, hätte ich diese Person für verrückt erklärt. Ich denke dabei natürlich unter anderem an mein Debüt in der Nationalmannschaft und wenige Wochen später die Weltmeisterschaft in Frankreich.

DFB.de: Sind für Sie mehrere Träume in Erfüllung gegangen?

Hegering: Für mich waren das gar keine Träume mehr. Bis zu meiner ersten Nominierung hatte ich das Thema Nationalmannschaft für mich völlig abgehakt. Das war echt überhaupt kein Thema mehr. Es war nicht auf meinem Radar. Umso dankbarer bin ich für die Erfahrungen, die ich in diesem Jahr machen durfte. Man kann es kaum in Worte fassen, was in den vergangenen Monaten alles passiert ist.

DFB.de: Versuchen wir es trotzdem: Im April 2019 haben Sie Ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert, ein paar Wochen später waren Sie Stammkraft während der Weltmeisterschaft in Frankreich.

Hegering: Das war für mich eine unfassbare Aneinanderreihung von großartigen Ereignissen. Ich habe lange gebraucht, um das alles zu begreifen. Obwohl wir alle nach der WM und dem Aus im Viertelfinale enttäuscht waren, denke ich gerne und stolz an dieses Turnier zurück. Ich bin nach der WM erstmal in ein kleines Loch gefallen, weil ich alles irgendwie verarbeiten musste. Dann habe ich mir auch noch einen Muskelfaserriss zugezogen, der mich zurückgeworfen hat. Jetzt bin ich wieder völlig fit. Aber ich freue mich dennoch, dass nun ein paar ruhige Tage anstehen. Das Jahr war nicht nur sehr ereignisreich, sondern auch vom Kopf her sehr anstrengend. Die Winterpause kommt zu einer guten Zeit.

DFB.de: Wie schauen Sie jetzt mit einem Abstand von rund einem halben Jahr zurück auf die zehn Wochen, die zwischen ihrem Debüt gegen Schweden und dem WM-Aus gegen Schweden lagen?

Hegering: Was mich im Rückblick wirklich ärgert, ist der sportliche Aspekt an der Geschichte. Wir haben in Schweden eine starke Leistung gezeigt und hochverdient in deren ausverkauftem Stadion gewonnen. Bei der Weltmeisterschaft konnten wir daran nicht anknüpfen. Das Ausscheiden war total bitter. Ich kann gar nicht beschreiben, was da passiert und schief gelaufen ist. Im Rückblick nehme ich jede Menge Dinge mit, die mich auf jeden Fall weitergebracht haben. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es wichtig ist, aus Rückschlägen die richtigen Lehren zu ziehen. Daraus kann man viele Dinge mitnehmen, die einen persönlich weiterbringen und langfristig stärker machen.

DFB.de: Ihre Vita ist geprägt durch eine Fersenverletzung, die Sie fast durchgängig sechs Jahre daran gehindert hat, Fußball zu spielen. Sehen Sie dieses Jahr nun als Lohn für diese schwere Zeit?

Hegering: Das war schon eine extreme Phase in meinem Leben, in der ich viele Höhen und Tiefen erlebt habe. Es gab immer wieder Abschnitte, in denen ich komplett raus war und in denen an Fußballspielen überhaupt nicht zu denken war. Und dann gab es auch wieder Zeiträume, in denen die Hoffnung bei mir zurückgekommen ist. Aber der nächste Rückschlag hat meist nicht lange auf sich warten lassen. Ich bin körperlich einfach nicht vorwärts gekommen.

DFB.de: Wie sind Sie damit umgegangen?

Hegering: In dieser Zeit war es sehr wichtig, dass meine Familie und meine Freunde hinter mir gestanden haben. Alle haben mich unfassbar unterstützt und auch aufgebaut, wenn ich nach einem gescheiterten Comebackversuch mal wieder am Boden zerstört war. Sie waren für mich da und haben mich aufgefangen, als es mir wirklich schlecht ging. Ich konnte sehr, sehr lange nicht das machen, was mir echt wichtig ist, ich konnte einfach nicht Fußball spielen. Das hat mich belastet. Ich habe mehrfach mit dem Gedanken gespielt, einfach aufzuhören. Alles andere wäre eine Lüge. Ich habe mich oft gefragt, warum und für wen ich das alles eigentlich noch mache. Aber der Glaube, dass es noch mal wieder funktionieren könnte, war am Ende größer, als die Option aufzugeben. Heute bin ich glücklich und freue mich auf alles, was hoffentlich noch kommt.

DFB.de: Waren die gescheiterten Comebackversuche die schlimmsten Momente, weil immer wieder Ihre Hoffnung auf Besserung radikal zerstört wurde?

Hegering: Das war wirklich unfassbar schlimm und irgendwann auch nicht mehr rational zu verstehen für mich. In dieser Leidenszeit hatte ich fünf Operationen. Ich bin in jede OP mit der Hoffnung gegangen, dass es danach besser wird. Aber so war es nicht. Jedes Mal habe ich alle Energie in die Reha gesteckt. Jedes Mal habe ich wirklich alles gegeben, um gesund und fit zu werden. Aber dann kamen immer wieder der Rückschlag und die Erkenntnis, dass es eben nicht besser geworden war. Ich wusste nicht, warum das gerade passierte. Die ursprüngliche Verletzung war ja eigentlich eine Lappalie. Die Ärzte hatten mir vorher prognostiziert, dass ich drei Monate später wieder auf dem Platz stehen werde. Aus dem Vierteljahr sind am Ende sechs Jahre geworden.

DFB.de: Gab es irgendwann den Moment, in dem Sie wussten, dass es jetzt tatsächlich wieder aufwärts geht?

Hegering: Es gab nicht den einen Moment, in dem ich von heute auf morgen wieder schmerzfrei war. Das war ein Prozess, der sich über Wochen hingezogen hat. Ich habe im Herbst 2015 meine Osteopathin kennengelernt. Und als ich dort in Behandlung war, ging es langsam, aber stetig aufwärts. Erst waren die Schritte in die richtige Richtung klein, nach und nach wurden sie immer größer. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich für mein Privatleben schon ganz andere Pläne gemacht. Mit dem Fußball hatte ich weitestgehend abgeschlossen. Ich wollte mich nicht weiter damit belasten, mir immer wieder Hoffnungen zu machen, die dann wieder zerstört werden. Im März 2016 ging es dann aber plötzlich wieder zurück auf den Platz. In diesem Moment habe ich erstmals gedacht: "Okay, krass. Geht es vielleicht doch nochmal?" Nach und nach hat es immer besser funktioniert. Das waren sehr schöne Gefühle, als ich merkte, dass ich wirklich auf einem guten Weg war.

DFB.de: Wissen Sie im Rückblick, was falsch gelaufen ist?

Hegering: Nein, das spielt für mich heute auch keine Rolle mehr. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich bin weit davon entfernt, irgendjemandem den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das wäre dumm und ungerecht.

DFB.de: Trauern Sie diesen sechs Jahren sportlich manchmal hinterher?

Hegering: Ich bin schon häufiger gefragt worden, was wohl aus mir ohne diese Geschichte geworden wäre. Ich war nach dem Gewinn der U-20 WM zum Leistungstest eingeladen, den ich nie absolvieren konnte. Alex Popp gehörte auch zum WM-Team der U 20, und sie hat eine beeindruckende Karriere hingelegt. Davor habe ich allerhöchsten Respekt. Ich freue mich riesig für sie, ich bin gut mit ihr befreundet. Es ist Wahnsinn, was sie für einen Weg eingeschlagen hat. Vielleicht wäre mir das ohne meine Verletzung auch gelungen. Vielleicht aber auch nicht. Wer kann das schon seriös beantworten? Letztlich würde es mich auch nicht weiterbringen, groß darüber nachzudenken. Es würde sowieso nichts ändern. Ich musste meinen ganz eigenen Weg finden, der mir ganz eigene Aspekte abverlangt hat. Mich als Persönlichkeit hat das unheimlich geprägt. Ich bin glücklich, so wie es gekommen ist. Die Verletzung hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Man kann viel darüber nachdenken: "Was wäre wenn…". Aber am Ende bringt das einen nicht weiter. Ich schaue lieber nach vorne als zurück.

DFB.de: 2020 ist nicht mehr weit weg. Mit welchen persönlichen Zielen gehen Sie ins neue Jahr?

Hegering: Das wird ein spannendes Jahr. Für mich persönlich, aber auch für uns als Verein. Wir haben mit der SGS Essen im ersten Halbjahr in der Frauen-Bundesliga extreme Höhen und Tiefen erlebt und belegen derzeit trotzdem einen ordentlichen vierten Platz. Wir haben noch viel Potenzial und eine super Mannschaft. Ich freue mich auf die Herausforderungen, die da kommen werden.

DFB.de: Und bei der Nationalmannschaft?

Hegering: Werde ich hoffentlich weiter eine wichtige Rolle spielen. Wir sind nach drei Jahren mal wieder mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup, und ich werde dafür arbeiten, dass ich dabei sein darf.   Das ist eine wichtige Standortbestimmung für uns auf unserem Weg Richtung Europameisterschaft 2021 in England. Es wird ein spannendes Turnier. Alles, was jetzt kommt, nehme ich gerne mit. Ich habe es mir grundsätzlich abgewöhnt, mir Ziele zu setzen, die zu weit in der Zukunft liegen. Auch das ist eine Lehre aus meiner Verletzungsgeschichte.

DFB.de: Und was wünschen Sie sich gesundheitlich?

Hegering: Das alles so weiterläuft wie in den vergangenen paar Wochen. Mir geht es körperlich gut. Ich habe es gut im Griff. Auch in dieser Hinsicht blicke ich sehr positiv nach vorne. Ich habe echt Lust auf 2020.

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