Frankfurts Manager Siggi Dietrich: "Es waren echte Pionierjahre"

Die Frauen-Bundesliga geht in ihr 30. Jahr. In einer Serie schaut DFB.de ebenso auf besondere Momente in der Historie zurück wie auf aktuelle Entwicklungen zum heutigen Start der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Heute im Fokus: Manager-"Urgestein" Siegfried Dietrich und die Entwicklung des 1. FFC Frankfurt.

Der 1. FFC Frankfurt ist der einzige Klub in der Frauen-Bundesliga, der seit 30 Jahren ohne Unterbrechung in der höchsten deutschen Spielklasse dabei ist. Zum Start im Sommer 1990 trug der Verein noch den Namen SG Praunheim. Seitdem hat der Klub viele Höhen und einige Tiefen erlebt. Fast die ganze Zeit mit dabei: Manager Siegfried Dietrich. Zur Saison 2020/2021 plant der 1. FFC Frankfurt, sich Eintracht Frankfurt anzuschließen. Siegfried Dietrich über...

... die ersten Jahre in der Bundesliga als SG Praunheim:

Das waren echte Pionierjahre, in denen starke Frauen und Männer mit viel Herzblut und leidenschaftlichem Engagement die Grundlage für eine einmalige Erfolgsära gelegt haben. Vor allem Monika Staab war die treibende Kraft. Sie hat mich, wie so viele andere auch, begeistert und davon überzeugt, in den Frauenfußball zu investieren. Das haben wir dann auch gemeinsam getan und uns mit ersten Erfolgen im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich dazu motiviert, die Voraussetzungen für nächste Schritte zu schaffen. Es war zudem keine einfache Zeit: Denn wir hatten neben starken Ligakonkurrenten im Tagesgeschäft auch gegen viele Vorurteile zu kämpfen.

... die Gründung des 1. FFC Frankfurt im Sommer 1998 als eigenständigen Frauenfußballverein:

Eine Professionalisierung war zum damaligen Zeitpunkt nur mit neuem Namen, neuer Spielstätte und Gesichtern, mit denen man den Frauenfußball identifizierte, möglich. Das war unsere Vision für einen neuen, eigenständigen Weg. Das hieß aber zugleich, dass die damaligen Verantwortlichen völlig umdenken mussten und die Gründungsmitglieder Doris Dietmayr, Annelie Hauptvogel, Vera Heck, Pia Hess, Gabriela und Roman Schmidt sowie Monika Staab mit breiter Zustimmung der SG Praunheim am 27. August 1998 den 1. FFC Frankfurt ins Leben riefen.

... den Gewinn der ersten Deutschen Meisterschaft 1999:

Der erste Titel ist immer ein Besonderer, ich weiß noch wie heute, wie der Jubel der Spielerinnen, der Fans und aller Beteiligten grenzenlos war und durchaus auch medial breite Anerkennung fand. Das war ein wirklich großartiges Gefühl! Im Sport gibt es bekanntlich keine Garantien, aber wir wussten durchaus um unsere Stärke. Umso schöner, dass wir uns mit dem Double 1999 gleich die ersten beiden Titel auf den Briefkopf schreiben konnten. Die Erfolge in den Anfangsjahren machten Hunger auf mehr, und dann wurde ja 2002 der UEFA Women's Cup eingeführt.

... die "Königssaison" 2001/2002 mit Gewinn der Deutschen Meisterschaft, des DFB-Pokals, UEFA Women's Cups und Hallenpokals:

Gleich vier Trophäen am Ende einer Spielzeit gewonnen zu haben, war einfach großartig und ist heute in dieser Vielfalt wohl kaum noch möglich. Dass wir in der ersten UEFA-Cup-Saison den Titel gewinnen konnten, war sensationell - zudem war es das letzte Spiel überhaupt im altehrwürdigen Waldstadion. Schon damals sind wir neue Wege gegangen, haben mit der Austragung in einem großen "Männerstadion" Neuland betreten. Mit dem ersten Quadruple-Gewinn in jenem Jahr wurde die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland plötzlich ganz anders wahrgenommen - und das immer in Verbindung mit dem besonderen Geschäftsmodell 1. FFC Frankfurt. Damals reifte auch die Erkenntnis, dass der Wert des sportlichen Erfolgs auch immer daran bemessen wird, wie er wahrgenommen wird. Dementsprechend waren für uns Marketing und Kommunikation in eigener Sache - und das über die Gesichter unseres Vereins - wichtig. Namen wie Birgit Prinz, Steffi Jones und Nia Künzer stehen auch heute noch für unseren Sport.

... den großen Zweikampf mit Turbine Potsdam in den folgenden Jahren:

Beide Vereine haben auf ihre Weise und mit vielen Erfolgen den deutschen Frauenfußball geprägt und vorangebracht - nicht umsonst zeigt das offizielle Eröffnungsspiel der Jubiläumssaison, heute (ab 18.30 Uhr), welch hohen Stellenwert auch heute noch dieser Klassiker des deutschen Frauenfußballs hat.

... die Zeit des Umbruchs und die Idee, nach und nach auf junge Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen:

Wir haben früher gesehen, wie andere Vereine junge Spielerinnen entwickeln - und selbst davon profitiert. Jetzt sind wir auf einem guten Weg, mit eigenen Toptalenten wieder nach vorne zu schauen. Dass dieser Schritt der absolut richtige war und ist, zeigt allein die Tatsache, dass mit Laura Freigang, Janina Hechler, Sjoeke Nüsken sowie den beiden vor einem Jahr mit Fritz-Walter-Medaillen ausgezeichneten Sophia Kleinherne und Tanja Pawollek fünf FFC-Spielerinnen aus dem aktuellen Kader im Fokus der deutschen A-Nationalmannschaft stehen und wir auch in den U-Teams des DFB - beispielsweise mit unserer Torjägerin Shekiera Martinez - stark vertreten sind: ein Sextett aus starken FFC-Nachwuchsspielerinnen, die für die Zukunft stehen.

... die Ziele für die nun beginnende Bundesligasaison:

Wir werden auch diesmal kein konkretes Saisonziel mit einer bestimmten Punktzahl oder einem Tabellenplatz nennen. Aber unser Ziel ist es, wie in der vergangenen Spielzeit mit offensivfreudigem und herzerfrischendem Fußball die Fans zu begeistern und eine Rolle in der oberen Tabellenhälfte zu spielen. Im Vordergrund steht die Weiterentwicklung als Mannschaft, aber auch individuell jeder einzelne Spielerin - und wir wollen das Potenzial unserer jungen Truppe weiter zur Entfaltung bringen.

... das Auftaktspiel gegen Turbine Potsdam:

Alle Frauenfußballfans können sich auf ein Fest freuen. Flutlichtspiele im Frankfurter Stadion am Brentanobad vor vielen Zuschauern sind immer etwas ganz Besonderes - und dann auch noch der ewig junge Klassiker im Frauenfußball. Welcher Fan unseres Sports will das nicht im Stadion oder via Liveübertragung erleben?

... die Gründe dafür, dass der 1. FFC plant, sich ab der Saison 2020/2021 der Frankfurter Eintracht anzuschließen und damit nicht mehr als eigenständiger Frauenfußballverein in der Frauen-Bundesliga antreten würde:

Beide Vereine zeigen mit ihrem Bekenntnis zu diesem Schritt, mit der Zeit mitzugehen, und wollen die Synergien einer Kooperation nutzen. Im heutigen Frauenfußball spielen fast ausschließlich Männerlizenzvereine oben mit, das ist die aktuelle Situation. Unser Champions-League-Titel 2015 war wahrscheinlich der letzte Sieg eines eigenständigen Frauenfußballklubs. Mit dem angedachten Zusammenschluss liegen beide Vereine nicht nur im Trend der Zeit, sondern sie nutzen konsequent den Standort Frankfurt, an dem der deutsche und europäische Frauenfußball in den vergangenen Jahrzehnten Geschichte geschrieben hat, um eine Win-Win-Situation zu realisieren. Die Kooperation mit einem Männerverein ist grundsätzlich sinnvoll, um den Frauenfußball dort unterzubringen, wo die besten Strukturen und Möglichkeiten bestehen - wie mittlerweile prominente Beispiele nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Frankreich, Spanien und bald auch in Italien zeigen.

[sw]

Die Frauen-Bundesliga geht in ihr 30. Jahr. In einer Serie schaut DFB.de ebenso auf besondere Momente in der Historie zurück wie auf aktuelle Entwicklungen zum heutigen Start der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Heute im Fokus: Manager-"Urgestein" Siegfried Dietrich und die Entwicklung des 1. FFC Frankfurt.

Der 1. FFC Frankfurt ist der einzige Klub in der Frauen-Bundesliga, der seit 30 Jahren ohne Unterbrechung in der höchsten deutschen Spielklasse dabei ist. Zum Start im Sommer 1990 trug der Verein noch den Namen SG Praunheim. Seitdem hat der Klub viele Höhen und einige Tiefen erlebt. Fast die ganze Zeit mit dabei: Manager Siegfried Dietrich. Zur Saison 2020/2021 plant der 1. FFC Frankfurt, sich Eintracht Frankfurt anzuschließen. Siegfried Dietrich über...

... die ersten Jahre in der Bundesliga als SG Praunheim:

Das waren echte Pionierjahre, in denen starke Frauen und Männer mit viel Herzblut und leidenschaftlichem Engagement die Grundlage für eine einmalige Erfolgsära gelegt haben. Vor allem Monika Staab war die treibende Kraft. Sie hat mich, wie so viele andere auch, begeistert und davon überzeugt, in den Frauenfußball zu investieren. Das haben wir dann auch gemeinsam getan und uns mit ersten Erfolgen im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich dazu motiviert, die Voraussetzungen für nächste Schritte zu schaffen. Es war zudem keine einfache Zeit: Denn wir hatten neben starken Ligakonkurrenten im Tagesgeschäft auch gegen viele Vorurteile zu kämpfen.

... die Gründung des 1. FFC Frankfurt im Sommer 1998 als eigenständigen Frauenfußballverein:

Eine Professionalisierung war zum damaligen Zeitpunkt nur mit neuem Namen, neuer Spielstätte und Gesichtern, mit denen man den Frauenfußball identifizierte, möglich. Das war unsere Vision für einen neuen, eigenständigen Weg. Das hieß aber zugleich, dass die damaligen Verantwortlichen völlig umdenken mussten und die Gründungsmitglieder Doris Dietmayr, Annelie Hauptvogel, Vera Heck, Pia Hess, Gabriela und Roman Schmidt sowie Monika Staab mit breiter Zustimmung der SG Praunheim am 27. August 1998 den 1. FFC Frankfurt ins Leben riefen.

... den Gewinn der ersten Deutschen Meisterschaft 1999:

Der erste Titel ist immer ein Besonderer, ich weiß noch wie heute, wie der Jubel der Spielerinnen, der Fans und aller Beteiligten grenzenlos war und durchaus auch medial breite Anerkennung fand. Das war ein wirklich großartiges Gefühl! Im Sport gibt es bekanntlich keine Garantien, aber wir wussten durchaus um unsere Stärke. Umso schöner, dass wir uns mit dem Double 1999 gleich die ersten beiden Titel auf den Briefkopf schreiben konnten. Die Erfolge in den Anfangsjahren machten Hunger auf mehr, und dann wurde ja 2002 der UEFA Women's Cup eingeführt.

... die "Königssaison" 2001/2002 mit Gewinn der Deutschen Meisterschaft, des DFB-Pokals, UEFA Women's Cups und Hallenpokals:

Gleich vier Trophäen am Ende einer Spielzeit gewonnen zu haben, war einfach großartig und ist heute in dieser Vielfalt wohl kaum noch möglich. Dass wir in der ersten UEFA-Cup-Saison den Titel gewinnen konnten, war sensationell - zudem war es das letzte Spiel überhaupt im altehrwürdigen Waldstadion. Schon damals sind wir neue Wege gegangen, haben mit der Austragung in einem großen "Männerstadion" Neuland betreten. Mit dem ersten Quadruple-Gewinn in jenem Jahr wurde die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland plötzlich ganz anders wahrgenommen - und das immer in Verbindung mit dem besonderen Geschäftsmodell 1. FFC Frankfurt. Damals reifte auch die Erkenntnis, dass der Wert des sportlichen Erfolgs auch immer daran bemessen wird, wie er wahrgenommen wird. Dementsprechend waren für uns Marketing und Kommunikation in eigener Sache - und das über die Gesichter unseres Vereins - wichtig. Namen wie Birgit Prinz, Steffi Jones und Nia Künzer stehen auch heute noch für unseren Sport.

... den großen Zweikampf mit Turbine Potsdam in den folgenden Jahren:

Beide Vereine haben auf ihre Weise und mit vielen Erfolgen den deutschen Frauenfußball geprägt und vorangebracht - nicht umsonst zeigt das offizielle Eröffnungsspiel der Jubiläumssaison, heute (ab 18.30 Uhr), welch hohen Stellenwert auch heute noch dieser Klassiker des deutschen Frauenfußballs hat.

... die Zeit des Umbruchs und die Idee, nach und nach auf junge Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen:

Wir haben früher gesehen, wie andere Vereine junge Spielerinnen entwickeln - und selbst davon profitiert. Jetzt sind wir auf einem guten Weg, mit eigenen Toptalenten wieder nach vorne zu schauen. Dass dieser Schritt der absolut richtige war und ist, zeigt allein die Tatsache, dass mit Laura Freigang, Janina Hechler, Sjoeke Nüsken sowie den beiden vor einem Jahr mit Fritz-Walter-Medaillen ausgezeichneten Sophia Kleinherne und Tanja Pawollek fünf FFC-Spielerinnen aus dem aktuellen Kader im Fokus der deutschen A-Nationalmannschaft stehen und wir auch in den U-Teams des DFB - beispielsweise mit unserer Torjägerin Shekiera Martinez - stark vertreten sind: ein Sextett aus starken FFC-Nachwuchsspielerinnen, die für die Zukunft stehen.

... die Ziele für die nun beginnende Bundesligasaison:

Wir werden auch diesmal kein konkretes Saisonziel mit einer bestimmten Punktzahl oder einem Tabellenplatz nennen. Aber unser Ziel ist es, wie in der vergangenen Spielzeit mit offensivfreudigem und herzerfrischendem Fußball die Fans zu begeistern und eine Rolle in der oberen Tabellenhälfte zu spielen. Im Vordergrund steht die Weiterentwicklung als Mannschaft, aber auch individuell jeder einzelne Spielerin - und wir wollen das Potenzial unserer jungen Truppe weiter zur Entfaltung bringen.

... das Auftaktspiel gegen Turbine Potsdam:

Alle Frauenfußballfans können sich auf ein Fest freuen. Flutlichtspiele im Frankfurter Stadion am Brentanobad vor vielen Zuschauern sind immer etwas ganz Besonderes - und dann auch noch der ewig junge Klassiker im Frauenfußball. Welcher Fan unseres Sports will das nicht im Stadion oder via Liveübertragung erleben?

... die Gründe dafür, dass der 1. FFC plant, sich ab der Saison 2020/2021 der Frankfurter Eintracht anzuschließen und damit nicht mehr als eigenständiger Frauenfußballverein in der Frauen-Bundesliga antreten würde:

Beide Vereine zeigen mit ihrem Bekenntnis zu diesem Schritt, mit der Zeit mitzugehen, und wollen die Synergien einer Kooperation nutzen. Im heutigen Frauenfußball spielen fast ausschließlich Männerlizenzvereine oben mit, das ist die aktuelle Situation. Unser Champions-League-Titel 2015 war wahrscheinlich der letzte Sieg eines eigenständigen Frauenfußballklubs. Mit dem angedachten Zusammenschluss liegen beide Vereine nicht nur im Trend der Zeit, sondern sie nutzen konsequent den Standort Frankfurt, an dem der deutsche und europäische Frauenfußball in den vergangenen Jahrzehnten Geschichte geschrieben hat, um eine Win-Win-Situation zu realisieren. Die Kooperation mit einem Männerverein ist grundsätzlich sinnvoll, um den Frauenfußball dort unterzubringen, wo die besten Strukturen und Möglichkeiten bestehen - wie mittlerweile prominente Beispiele nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Frankreich, Spanien und bald auch in Italien zeigen.

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