Julius Hirsch Preis für Yilmaz: "Ich konnte es nicht richtig glauben"

Aufgewachsen in Duisburg als Enkel türkischer Gastarbeiter, muss Burak Yilmaz sich schon in seiner Kindheit mit Diskriminierung und der Frage der eigenen Identität auseinandersetzen. Ein Schlüsselerlebnis als Pädagoge erschüttert ihn so sehr, dass er beginnt, sich aktiv gegen Antisemitismus einzusetzen. Vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) wurde der 35-Jährige in der letzten Woche für sein langjähriges Engagement mit dem Julius Hirsch Preis ausgezeichnet.

Unterschiedliche Kulturen und vor allem Religionen haben das Leben von Burak schon sehr früh geprägt: Als Kind türkisch-kurdischer Eltern geht er vormittags auf ein katholisches Gymnasium, nachmittags besucht er die Koranschule. Im Zwiespalt zwischen zwei Kulturen und dessen Glaubensüberzeugungen merkt er früh, dass vor allem die Aufklärung und die eigene Wissensbildung eines jeden Einzelnen wichtig ist, um Vorurteile zu vermeiden. In seinem Umfeld erlebt er immer wieder Islamphobie, aber auch Judenhass von muslimischen Jugendlichen, die sich durch radikale Propaganda beeinflussen lassen.

"Rassistische Äußerungen und Antisemitismus leider weitverbreitet"

Das Jugendzentrum, in dem Burak in Duisburg arbeitet, stürmen eines Tages vier Jugendliche und zeigen dabei den Hitlergruß. "Wir sind Antisemiten, daran kannst du nicht ändern", machen sie sich über ihn lustig. Dieses Erlebnis prägt Burak so sehr, dass er sich noch verstärkter gegen Antisemitismus einsetzen möchte. Seit 2012 fährt er regelmäßig mit Jugendlichen an die Gedenkstätte nach Auschwitz – "Muslime in Auschwitz" heißt das Projekt. Außerdem konzipiert er mit Jugendlichen Theaterstücke.

Doch auch der Fußball prägt das Leben von Burak: Mit 14 Jahren begibt er sich auf einen Perspektivwechsel, wird 2003 Schiedsrichter. "Dort habe ich das Schlichten gelernt", erklärt er. Für seine spätere Arbeit als Pädagoge sei diese Zeit enorm wertvoll gewesen. Seinem damaligen Schiedsrichter-Obmann Gerd Henning war es schon immer wichtig gewesen, dass Schiedsrichter*innen gegen Diskriminierung jeglicher Art und vor allem auch Antisemitismus vorgehen. Früh merkt auch Burak, dass der Fußball ebenfalls politisch ist. "Rassistische Äußerungen und auch Antisemitismus sind leider auf den Sportplätzen weitverbreitet."

Deshalb spezialisiert sich Burak in seiner Aufklärungsarbeit bis heute auch auf Fußballvereine und den Sportunterricht in Schulen. Er sucht den Dialog mit Schülern, hält Lesungen und Vorträge in Schulen, wird aber auch aktiv von Schülern angeschrieben und nach Hilfe gefragt. Seine Karriere als Schiedsrichter gibt er nach zehn Jahren schweren Herzens auf, weil er auch am Wochenende Aufklärungsarbeit betreiben möchte.

Zwischen Bundesverdienstorden und Club-Verbot

Von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird er 2018 für sein Engagement mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Eine Woche später wird Burak in Duisburg von einem Türsteher nicht in den Club gelassen – Ausländer seien an diesem Abend unerwünscht. Es sind diese Höhen und Tiefen, die Burak im Zuge seiner über zehnjährigen Präventionsarbeit gegen Rassismus und Antisemitismus immer wieder begleiten. "Antisemitismus ist in der Gesellschaft leider immer noch vorhanden. Deshalb ist es für jeden Einzelnen so wichtig, sich zu engagieren und seine Wachsamkeit der Thematik gegenüber zu stärken." Inzwischen ist er auch als Berater des Antisemitismusbeauftragten tätig.

Am vergangenen Montagabend wurde der 35-Jährige mit dem Ehrenpreis des Julius Hirsch Preises durch den DFB ausgezeichnet. Seit 2005 ehrt der DFB in Andenken an den deutschen Nationalspieler Julius Hirsch mit diesem Preis Vereine, Institutionen und Einzelpersonen, die sich gegen ​Diskriminierung und Antisemitismus einsetzen. "Über die Auszeichnung habe ich mich sehr gefreut und konnte es erst nicht richtig glauben." Für Burak sei es besonders inspirierend gewesen, bei der Preisverleihung in Dresden so viele Menschen zu treffen, die sich ebenfalls gegen den Antisemitismus engagieren und Aufklärungsarbeit betreiben. "Das ist sehr wertvoll für unsere Gesellschaft und ein zusätzlicher Ansporn für mich."

Im Jahr 2021 hat Burak Yilmaz seine Biografie "Ehrensache – Kämpfen gegen Judenhass" veröffentlicht. Dort verarbeitet er die Konflikte zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen, die er bisher erlebt hat und gibt einen Einblick in die Wurzeln seiner Aufklärungsarbeit.

[sy]

Aufgewachsen in Duisburg als Enkel türkischer Gastarbeiter, muss Burak Yilmaz sich schon in seiner Kindheit mit Diskriminierung und der Frage der eigenen Identität auseinandersetzen. Ein Schlüsselerlebnis als Pädagoge erschüttert ihn so sehr, dass er beginnt, sich aktiv gegen Antisemitismus einzusetzen. Vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) wurde der 35-Jährige in der letzten Woche für sein langjähriges Engagement mit dem Julius Hirsch Preis ausgezeichnet.

Unterschiedliche Kulturen und vor allem Religionen haben das Leben von Burak schon sehr früh geprägt: Als Kind türkisch-kurdischer Eltern geht er vormittags auf ein katholisches Gymnasium, nachmittags besucht er die Koranschule. Im Zwiespalt zwischen zwei Kulturen und dessen Glaubensüberzeugungen merkt er früh, dass vor allem die Aufklärung und die eigene Wissensbildung eines jeden Einzelnen wichtig ist, um Vorurteile zu vermeiden. In seinem Umfeld erlebt er immer wieder Islamphobie, aber auch Judenhass von muslimischen Jugendlichen, die sich durch radikale Propaganda beeinflussen lassen.

"Rassistische Äußerungen und Antisemitismus leider weitverbreitet"

Das Jugendzentrum, in dem Burak in Duisburg arbeitet, stürmen eines Tages vier Jugendliche und zeigen dabei den Hitlergruß. "Wir sind Antisemiten, daran kannst du nicht ändern", machen sie sich über ihn lustig. Dieses Erlebnis prägt Burak so sehr, dass er sich noch verstärkter gegen Antisemitismus einsetzen möchte. Seit 2012 fährt er regelmäßig mit Jugendlichen an die Gedenkstätte nach Auschwitz – "Muslime in Auschwitz" heißt das Projekt. Außerdem konzipiert er mit Jugendlichen Theaterstücke.

Doch auch der Fußball prägt das Leben von Burak: Mit 14 Jahren begibt er sich auf einen Perspektivwechsel, wird 2003 Schiedsrichter. "Dort habe ich das Schlichten gelernt", erklärt er. Für seine spätere Arbeit als Pädagoge sei diese Zeit enorm wertvoll gewesen. Seinem damaligen Schiedsrichter-Obmann Gerd Henning war es schon immer wichtig gewesen, dass Schiedsrichter*innen gegen Diskriminierung jeglicher Art und vor allem auch Antisemitismus vorgehen. Früh merkt auch Burak, dass der Fußball ebenfalls politisch ist. "Rassistische Äußerungen und auch Antisemitismus sind leider auf den Sportplätzen weitverbreitet."

Deshalb spezialisiert sich Burak in seiner Aufklärungsarbeit bis heute auch auf Fußballvereine und den Sportunterricht in Schulen. Er sucht den Dialog mit Schülern, hält Lesungen und Vorträge in Schulen, wird aber auch aktiv von Schülern angeschrieben und nach Hilfe gefragt. Seine Karriere als Schiedsrichter gibt er nach zehn Jahren schweren Herzens auf, weil er auch am Wochenende Aufklärungsarbeit betreiben möchte.

Zwischen Bundesverdienstorden und Club-Verbot

Von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird er 2018 für sein Engagement mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Eine Woche später wird Burak in Duisburg von einem Türsteher nicht in den Club gelassen – Ausländer seien an diesem Abend unerwünscht. Es sind diese Höhen und Tiefen, die Burak im Zuge seiner über zehnjährigen Präventionsarbeit gegen Rassismus und Antisemitismus immer wieder begleiten. "Antisemitismus ist in der Gesellschaft leider immer noch vorhanden. Deshalb ist es für jeden Einzelnen so wichtig, sich zu engagieren und seine Wachsamkeit der Thematik gegenüber zu stärken." Inzwischen ist er auch als Berater des Antisemitismusbeauftragten tätig.

Am vergangenen Montagabend wurde der 35-Jährige mit dem Ehrenpreis des Julius Hirsch Preises durch den DFB ausgezeichnet. Seit 2005 ehrt der DFB in Andenken an den deutschen Nationalspieler Julius Hirsch mit diesem Preis Vereine, Institutionen und Einzelpersonen, die sich gegen ​Diskriminierung und Antisemitismus einsetzen. "Über die Auszeichnung habe ich mich sehr gefreut und konnte es erst nicht richtig glauben." Für Burak sei es besonders inspirierend gewesen, bei der Preisverleihung in Dresden so viele Menschen zu treffen, die sich ebenfalls gegen den Antisemitismus engagieren und Aufklärungsarbeit betreiben. "Das ist sehr wertvoll für unsere Gesellschaft und ein zusätzlicher Ansporn für mich."

Im Jahr 2021 hat Burak Yilmaz seine Biografie "Ehrensache – Kämpfen gegen Judenhass" veröffentlicht. Dort verarbeitet er die Konflikte zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen, die er bisher erlebt hat und gibt einen Einblick in die Wurzeln seiner Aufklärungsarbeit.

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