"Fair ist mehr": DFB würdigt vorbildliche Fußballer

Seit 1997 läuft der Wettbewerb "Fair ist mehr", mit dem der DFB faires Verhalten auf dem Fußballplatz auszeichnet. Im Jahr 2009 verzeichnete der Wettbewerb mit knapp 500 Einsendungen ein Rekordergebnis. Die Sieger, die eigentlich bereits beim ausgefallen Länderspiel in Köln gegen Chile geehrt werden sollten, durften sich nun über eine Einladung nach München freuen. Unmittelbar vor dem Länderspiel gegen Argentinien fand die stimmungsvolle Ehrung in der Geschäftszentrale des FC Bayern München statt. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth stellt einen der sechs Sieger vor.

Ein Sturm der Entrüstung entlud sich, nachdem Frankreichs Kapitän Thierry Henry vergangenen November im Playoff-Spiel gegen die irische Nationalmannschaft das für die WM-Qualifikation entscheidende 1:0 durch William Gallas per zweimaligem Handspiel vorbereitet hatte. Obwohl Henry sich öffentlich entschuldigte, prasselten die Beschuldigungen auf ihn ein. So harsch wurde die öffentliche Schelte, dass der 32-jährige Stürmer des FC Barcelona im Interview mit „L’Equipe“ sogar vom Ende seiner Karriere sprach. „Das war hart“, sagte Henry. „Ich habe mich sehr, sehr alleine gefühlt.“

Ist die Kritik am Verhalten Henrys ein Indiz dafür, dass auch im umkämpften Spitzenfußball für eine Mehrheit der Fans Fairness immer noch eine große Bedeutung und verbindliche Gültigkeit hat? Selbst wenn der Hochleistungssport sicher längst nicht mehr eine heile Welt gentlemanartigen Wohlverhaltens darstellt, sondern ein Spiegelbild der Leistungsgesellschaft. Profisport ist Spektakel und magnetisch anziehende Show, auch das macht den Reiz aus. Aber wenn der Wettbewerb schranken- und regellos zu werden droht, reagieren – das zeigt auch das Echo auf Henrys Handspiel – Fans mit Kritik und Widerspruch.

Mehr als 4000 Meldungen seit dem Wettbewerbsauftakt 1997

Fairness hat für die Elite wie an der Basis eine wichtige Funktion. Fairness ist sogar Grundvoraussetzung für jeden Wettbewerb. Wenn zu viele zu oft den Ball mit der Hand spielen, können wir schließlich kaum noch von Fußball sprechen. Die Ahndung des Regelbruchs leisten zwei wichtige Instanzen des Deutsche Fußball-Bundes: die Schiedsrichter und das DFB-Sportgericht. Darüber hinaus gilt es, die Fairness zu verteidigen, und für die Empfindung, ihr verpflichtet zu sein, bei Spielern, Trainern und Zuschauern offensiv zu werben.

Genau hierfür wurde „Fair ist mehr“ ins Leben gerufen, eine gemeinsame Initiative des DFB, seiner Landesverbände und Vereine, die bemerkenswerte Fairness auf dem Fußballplatz würdigt. Mehr als 4000 Meldungen gingen seit dem Wettbewerbsauftakt 1997 beim DFB ein. Am Mittwoch wurde Ralf Klohr gemeinsam mit fünf weiteren Siegern des Wettbewerbs in München für sein vorbildliches Handeln ausgezeichnet. Der 47-jährige Klimatechniker hat im Fußballkreis Aachen eine "Fairplay Liga" für E- und F-Jugendliche aufgezogen.

Die Idee war lange in ihm gereift, über 18 Jahre hatte er den Weg seiner beiden Söhne durch den Fußball begleitet, als Vater, Trainer und Jugendleiter. Ein Zeitungsbericht über eine Spruchkammer-Sitzung nach dem Abbruch eines F-Jugend-Spiels! wurde schließlich zum auslösenden Moment. Nun musste er handeln. „Ich hatte doch schon seit Jahren diese negative Entwicklung im Jugendbereich miterlebt: jedes Jahr höhere Erwartungen, jedes Jahr mehr Druck und jedes Jahr hatten die Kinder weniger Spaß.“ Sein Ärger wurde zu Engagement. 2007 startete er ein Pilotprojekt mit sechs Mannschaften. Vergangenes Jahr nahmen 93 Bambini-Mannschaften, 58 F- und 16 E-Jugend-Mannschaften an Klohrs erfolgreicher „Fairplay Liga“ teil.

"Kinder- und Jugendfußball sind grundverschiedene Dinge"

Statt des Betreuers einer Mannschaft, der in den jüngsten Altersklassen meist schiedst, nahm Klohr die Kinder selbst in die Verantwortung. Eine wichtige Grundregel: "Wer Foul spielt, lässt den Ball für den Gegenspieler liegen und entschuldigt sich per Handschlag." Das funktioniert, wie Ralf Klohr berichtet. Ausschlaggebend sei die Haltung des Trainers, der seiner erzieherischen Verantwortung gerecht werden muss, wie Klohr meint. „Kinder- und Jugendfußball sind grundverschiedene Dinge. Wir dürfen unseren Kindern doch nicht den Spaß am Spiel nehmen. Für sechs- oder achtjährige Knirpse ist doch nicht entscheidend, ob das Spiel gewonnen wird.“ Mittels Kurzschulungen wurden die beteiligten Trainer, die bei strittigen Spielsituationen gemeinsam urteilen mussten, auf die Philosophie des Jugendfußballs vorbereitet.

Klohr erntete für seine Liga reichlich Lob und Zustimmung, auch die lokalen Medien berichteten enthusiastisch über die moralische Wende im Aachener Jugendfußball. „Aber wir haben auch Trainer, die mit ihren Jugendmannschaften aus unserer Liga geflüchtet sind, weil sie diese weniger leistungsbezogene Art des Kinderfußballs für falsch halten“, berichtet Klohr.

Die Ehrung der Sieger, an der unter anderem die DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch, Rolf Hocke und Dr. Hans-Dieter Drewitz sowie die Weltmeister Sandra Minnert und Hansi Pflügler teilnahmen, fand unmittelbar vor dem Länderspiel gegen Argentinien in der Geschäftszentrale des FC Bayern München an der Säbener Straße statt. [th]


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Seit 1997 läuft der Wettbewerb "Fair ist mehr", mit dem der DFB faires Verhalten auf dem Fußballplatz auszeichnet. Im Jahr 2009 verzeichnete der Wettbewerb mit knapp 500 Einsendungen ein Rekordergebnis. Die Sieger, die eigentlich bereits beim ausgefallen Länderspiel in Köln gegen Chile geehrt werden sollten, durften sich nun über eine Einladung nach München freuen. Unmittelbar vor dem Länderspiel gegen Argentinien fand die stimmungsvolle Ehrung in der Geschäftszentrale des FC Bayern München statt. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth stellt einen der sechs Sieger vor.

Ein Sturm der Entrüstung entlud sich, nachdem Frankreichs Kapitän Thierry Henry vergangenen November im Playoff-Spiel gegen die irische Nationalmannschaft das für die WM-Qualifikation entscheidende 1:0 durch William Gallas per zweimaligem Handspiel vorbereitet hatte. Obwohl Henry sich öffentlich entschuldigte, prasselten die Beschuldigungen auf ihn ein. So harsch wurde die öffentliche Schelte, dass der 32-jährige Stürmer des FC Barcelona im Interview mit „L’Equipe“ sogar vom Ende seiner Karriere sprach. „Das war hart“, sagte Henry. „Ich habe mich sehr, sehr alleine gefühlt.“

Ist die Kritik am Verhalten Henrys ein Indiz dafür, dass auch im umkämpften Spitzenfußball für eine Mehrheit der Fans Fairness immer noch eine große Bedeutung und verbindliche Gültigkeit hat? Selbst wenn der Hochleistungssport sicher längst nicht mehr eine heile Welt gentlemanartigen Wohlverhaltens darstellt, sondern ein Spiegelbild der Leistungsgesellschaft. Profisport ist Spektakel und magnetisch anziehende Show, auch das macht den Reiz aus. Aber wenn der Wettbewerb schranken- und regellos zu werden droht, reagieren – das zeigt auch das Echo auf Henrys Handspiel – Fans mit Kritik und Widerspruch.

Mehr als 4000 Meldungen seit dem Wettbewerbsauftakt 1997

Fairness hat für die Elite wie an der Basis eine wichtige Funktion. Fairness ist sogar Grundvoraussetzung für jeden Wettbewerb. Wenn zu viele zu oft den Ball mit der Hand spielen, können wir schließlich kaum noch von Fußball sprechen. Die Ahndung des Regelbruchs leisten zwei wichtige Instanzen des Deutsche Fußball-Bundes: die Schiedsrichter und das DFB-Sportgericht. Darüber hinaus gilt es, die Fairness zu verteidigen, und für die Empfindung, ihr verpflichtet zu sein, bei Spielern, Trainern und Zuschauern offensiv zu werben.

Genau hierfür wurde „Fair ist mehr“ ins Leben gerufen, eine gemeinsame Initiative des DFB, seiner Landesverbände und Vereine, die bemerkenswerte Fairness auf dem Fußballplatz würdigt. Mehr als 4000 Meldungen gingen seit dem Wettbewerbsauftakt 1997 beim DFB ein. Am Mittwoch wurde Ralf Klohr gemeinsam mit fünf weiteren Siegern des Wettbewerbs in München für sein vorbildliches Handeln ausgezeichnet. Der 47-jährige Klimatechniker hat im Fußballkreis Aachen eine "Fairplay Liga" für E- und F-Jugendliche aufgezogen.

Die Idee war lange in ihm gereift, über 18 Jahre hatte er den Weg seiner beiden Söhne durch den Fußball begleitet, als Vater, Trainer und Jugendleiter. Ein Zeitungsbericht über eine Spruchkammer-Sitzung nach dem Abbruch eines F-Jugend-Spiels! wurde schließlich zum auslösenden Moment. Nun musste er handeln. „Ich hatte doch schon seit Jahren diese negative Entwicklung im Jugendbereich miterlebt: jedes Jahr höhere Erwartungen, jedes Jahr mehr Druck und jedes Jahr hatten die Kinder weniger Spaß.“ Sein Ärger wurde zu Engagement. 2007 startete er ein Pilotprojekt mit sechs Mannschaften. Vergangenes Jahr nahmen 93 Bambini-Mannschaften, 58 F- und 16 E-Jugend-Mannschaften an Klohrs erfolgreicher „Fairplay Liga“ teil.

"Kinder- und Jugendfußball sind grundverschiedene Dinge"

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Statt des Betreuers einer Mannschaft, der in den jüngsten Altersklassen meist schiedst, nahm Klohr die Kinder selbst in die Verantwortung. Eine wichtige Grundregel: "Wer Foul spielt, lässt den Ball für den Gegenspieler liegen und entschuldigt sich per Handschlag." Das funktioniert, wie Ralf Klohr berichtet. Ausschlaggebend sei die Haltung des Trainers, der seiner erzieherischen Verantwortung gerecht werden muss, wie Klohr meint. „Kinder- und Jugendfußball sind grundverschiedene Dinge. Wir dürfen unseren Kindern doch nicht den Spaß am Spiel nehmen. Für sechs- oder achtjährige Knirpse ist doch nicht entscheidend, ob das Spiel gewonnen wird.“ Mittels Kurzschulungen wurden die beteiligten Trainer, die bei strittigen Spielsituationen gemeinsam urteilen mussten, auf die Philosophie des Jugendfußballs vorbereitet.

Klohr erntete für seine Liga reichlich Lob und Zustimmung, auch die lokalen Medien berichteten enthusiastisch über die moralische Wende im Aachener Jugendfußball. „Aber wir haben auch Trainer, die mit ihren Jugendmannschaften aus unserer Liga geflüchtet sind, weil sie diese weniger leistungsbezogene Art des Kinderfußballs für falsch halten“, berichtet Klohr.

Die Ehrung der Sieger, an der unter anderem die DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch, Rolf Hocke und Dr. Hans-Dieter Drewitz sowie die Weltmeister Sandra Minnert und Hansi Pflügler teilnahmen, fand unmittelbar vor dem Länderspiel gegen Argentinien in der Geschäftszentrale des FC Bayern München an der Säbener Straße statt.