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"FAIR IST MEHR" – DAS KONZEPT ZUR PRÄVENTION UND BEARBEITUNG VON GEWALT- UND DISKRIMINIERUNGSVORFÄLLEN

"Wir müssen wieder lernen, anständig - und das heißt zuallererst gewaltfrei - miteinander umzugehen. Wir haben ein gesellschaftliches Problem in Umgang, Respekt und Verhalten. Das zeigt sich nicht zuletzt im Fußball. Der DFB und seine Landesverbände bemühen sich, durch zahlreiche präventive Maßnahmen, die Anzahl von Gewaltvorfällen einzudämmen.", sagt der 1. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs. Der Deutsche Fußball-Bund nimmt die Wahrnehmung der vermehrten Gewaltvorkommnisse im Amateurfußball seitens seiner Mitglieder und der Fußballfans ernst. Auch deshalb hat sich der Verband stark aufgestellt, um Gewalt vorzubeugen und bei akuten Vorfällen schnell und angemessen reagieren zu können. Des Weiteren spielt gerade mit zunehmendem Rechtsruck in Europa das Thema Diskriminierung eine große Rolle und auch hier bezieht der DFB ganz klar Stellung gegen jegliche Diskriminierung und Ausgrenzung. Durch die Einrichtung der Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle in den Fußball-Landesverbänden wird die Meldezahl solcher Fälle erhöht und Betroffene können adäquat unterstützt werden.

Den Rahmen hierfür bot zunächst das 2014 verabschiedete Gewaltpräventionskonzept "Fair ist mehr". Das Gewaltpräventionskonzept "Fair ist mehr" bündelt zahlreiche bestehende Angebote und erprobte Maßnahmen zur Prävention und Intervention in akuten Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen der fünf Regional- und 21 Landesverbände.

Seit der Saison 2014/15 werden bundesweit die Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle auf Deutschlands Fußballplätzen durch die Angaben der Schiedsrichter*innen im Online-Spielbericht erfasst. Aus diesen Daten lässt sich zum einen ablesen, dass weit weniger Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle gemeldet werden, als häufig vermutet wird. Zum anderen können der DFB sowie seine Regional- und Landesverbände mit Hilfe der detaillierten Informationen gezielter gegen jeden einzelnen Vorfall vorgehen.
Das Konzept von 2014 wurde entlang der Entwicklungen auf den Plätzen und in den Verbänden aktualisiert und weiterentwickelt. Die Basis bildet weiterhin die verbandliche Verankerung. Folgende drei Bausteine vervollständigen das seit 2023 neue Konzept zur Prävention und Bearbeitung von Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen:

  • Baustein #1 "Aktiv Fair Play und Werte fördern"
  • Baustein #2 "Vorfälle im Fußball erfassen und entgegenwirken"
  • Baustein #3 "Vorfälle bearbeiten"
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Die einzelnen Schritte innerhalb der Bausteine werden bereits sukzessive vom DFB und seinen Regional- und Landesverbänden umgesetzt, sodass eine flächendeckende Struktur und einheitliche Vorgehensweise geschaffen wurden. Die Basis für die Umsetzung des Konzepts liegt in der institutionellen Verankerung der Arbeit für einen gewalt- und diskriminierungsfreien Fußball innerhalb der Verbände, um Wirksamkeit auf Kreisebene und in den Vereinen zu erreichen.

Baustein #1: "Aktiv Fair Play und Werte fördern"

Die erste Prävention von Gewalt und Diskriminierung auf und neben dem Fußballplatz liegt in der aktiven Förderung von Fair Play. Mit verschiedenen Maßnahmen schafft der DFB den Rahmen und positive Anreize für Fair Play, welche bereits in jungen Jahren verinnerlicht wird:

  • durch die Auszeichnung von Fair Play-Gesten
  • durch die gemeinsame Ausrichtung der Fair Play-Tage
  • durch die flächendeckende Umsetzung des Kinderfußballs mit Fair Play-Liga-Regeln
  • durch die Stärkung der Umgangskultur über Fair Play-Rituale wie z.B. den Handshake
  • durch Fair Play als Thema in der Qualifizierung

Weitere Infos und Materialien zu den einzelnen Maßnahmen finden Sie unter dem jeweiligen Reiter

Baustein #2: "Vorfälle im Fußball erfassen und entgegenwirken"

Der DFB nutzt die Ressourcen und Expertisen seiner Partner*innen, die bereits in diesem Bereich agieren, um effektive Instrumente der Früherkennung potentieller Verursacher*innen zu entwickeln. Bei bereits auffällig gewordenen Vereinen und Mannschaften werden verstärkt Spielbeobachtungen vorgenommen, um weiteren Gewalthandlungen und Diskriminierungsvorfällen vorzubeugen oder zumindest belastbare Informationen zu sammeln, mit denen die Vorkommnisse entsprechend geahndet werden können.

Die Schiedsrichter*innen tragen seit der Saison 2014/2015 im Bereich "Vorkommnisse" Diskriminierungen oder Gewalthandlungen in den Spielbericht ein. Aus diesen Angaben ergibt sich ein bundesweites Lagebild, das den Verantwortlichen in den Regional- und Landesverbänden einen Anhaltspunkt gibt, bei welchen Spielpaarungen es in der Vergangenheit zu Vorfällen kam und somit auch in Zukunft Spannungen zu erwarten sind. Da die Abgrenzung von Gewalt zu rohem Spiel und von Diskriminierungen zu Beleidigungen nicht einfach ist, stellt der DFB neben den Definitionen im Spielbericht auch dieses Merkblatt und E-Learning für Schiedsrichter*innen zur Verfügung, das auch allen anderen Fußballer*innen als Orientierung dienen soll. Im Jahr 2023 hat der DFB gemeinsam mit Zusammen1 und Collinas Erben das Video "Schiris gegen Diskriminierung" sowie begleitende Materialien (u.a. diese Checkliste) veröffentlicht, die für dieses Thema noch einmal stärker sensibilisieren sollen.

Der DFB hat gemeinsam mit Vertreter*innen seiner Landesverbände Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit im Amateurfußball erarbeitet. Um die Ordner*innen an den Sportstätten zu stärken, hat der DFB flächendeckend Ordner*innenwesten versandt. Darüber hinaus wurden Qualifizierungsmaterialien zur Schulung der Ordner*innen erstellt, die aktiv an die Vereine weitergegeben wurden, um den tatsächlichen Einsatz zu forcieren. Der DFB empfiehlt seinen Mitgliedsvereinen die Einführung der Kennzeichnungspflicht von Ordner*innen durch die versandten Ordner*innenwesten sowie eine Verankerung dieser Kennzeichnungspflicht in den vereinsinternen Sicherheitsrichtlinien. Der 2018 veröffentlichte Leitfaden "Sicherheit im Amateurfußball" versetzt jeden Verein in die Lage, in einfachen Schritten ein eigenes Sicherheitskonzept zu erstellen.

Baustein #3: "Vorfälle bearbeiten"

Trotz umfassender Präventionsmaßnahmen wird es immer wieder auch zu Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen auf und neben den Fußballplätzen kommen. Der dritte Baustein des Konzepts befasst sich daher mit Interventionshilfen und der Bearbeitung von Gewalt- und Diskriminierungsvorkommnissen. Der sichere, effiziente Umgang mit Vorfällen kann dabei – im Sinne des Statuierens eines Exempels – gleichzeitig auch als Prävention gelten.

Bei der Bearbeitung von Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen wird in der Sportgerichtsbarkeit bereits vermehrt auf Alternative Sanktionsmaßnahmen (AS) zurückgegriffen. Diese haben sukzessive Einzug in die Rechts- und Verfahrensordnungen (RuVOs) der Regional- und Landesverbände erhalten. Das Bestreben ist es, Täter*innen möglichst nicht aus dem Verein/ Verband auszuschließen, sondern mit entsprechenden Interventionsmaßnahmen und (Bewährungs)Auflagen zu einer Einstellungs- und Verhaltensänderung zu bewegen.

Um die vielen bereits bestehenden und bewährten Interventionsmaßnahmen allen Landesverbänden transparent zu machen und zur Verfügung zu stellen, entwickelte eine Projektgruppe aus Vertreter*innen der Landesverbände und des DFB bis Oktober 2018 "Handlungsempfehlungen für Fußball-Landesverbände im Umgang mit Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen". Diese sollen einen Beitrag zur Vereinheitlichung der Verfahrensweisen bei Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen leisten.

Eine Empfehlung wurde mittlerweile flächendeckend umgesetzt: In allen 21 Landesverbänden des DFB wurde eine Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle eingerichtet, die i. d. R. hauptamtlich betreut wird. Die Anlaufstelle dient als Kontaktmöglichkeit für alle auf und neben dem Fußballplatz agierenden Personen, insbesondere für von Gewalt und Diskriminierung Betroffene und deren Unterstützer*innen. Eine Übersicht zu allen 21 Landesverbands-Anlaufstellen finden Sie hier.