
Die Fair Play-Liga
Zu oft werden bei Jugendfußballspielen Kinder laut angegangen, Trainer*innen beleidigt, Schiedsrichter*innen angegriffen. Auslöser dafür sind zumeist nicht die jugendlichen Fußballer*innen selbst, sondern oftmals übermotivierte Zuschauer*innen am Spielfeldrand. Dabei scheinen diese manchmal zu vergessen, dass sie auch auf dem Sportplatz eine Vorbildrolle einnehmen und durch ihr Verhalten auf die Nachwuchskicker*innen schon viel zu früh einen großen Leistungsdruck ausüben.
Ralf Klohr, selbst Vater und Jugendleiter, erkannte dieses Problem bereits zum Ende des Jahres 2005. Eine Schiedsrichterentscheidung bei einem F-Jugendspiel hatte damals eine körperliche Auseinandersetzung bei den Eltern ausgelöst. Das Spiel musste abgebrochen werden. Ralf Klohr hatte eine brillante Antwort parat: die Fair Play-Liga.
Bei der Fair Play-Liga handelt es sich um eine innovative, leicht verständliche Form des Fußballspiels, deren Rahmenbedingungen einen kindgerechten Wettkampfspielbetrieb ermöglichen sollen. Dabei verschafft sie den Kindern eine maximale Freiheit und Ruhe, damit sie ungestört ihr Spiel spielen können und Spaß am Kicken haben. Das Spielen und (noch) nicht das Ergebnis stehen im Mittelpunkt.
So funktioniert die Fair Play-Liga
Drei einfache Verhaltensregeln ergänzen die geltenden Spielregeln und sind das Markenzeichen der Fair Play-Liga: die Schiedsrichter-, die Trainer- und die Fan-Regel.
Die Schiedsrichter-Regel besagt, dass bis zum Alter von zehn Jahren kein*e Unparteiische*r das Spiel leitet, sondern die Spieler*innen selbst. Die Kinder sollen früh darin unterstützt werden zu lernen, Verantwortung für ihr Verhalten und für die Einhaltung der Spielregeln zu übernehmen. Bei den über Zehnjährigen steht hingegen ein*e Schiedsrichter*in auf dem Platz, Entscheidungen über Einwurf, Ecke und Foul treffen jedoch die Spieler*innen weiterhin eigenständig.
Die Trainer-Regel besagt, dass sich die Trainer*innen und Betreuer*innen in der sogenannten Coaching-Zone (10 Meter an der Mittellinie) aufhalten müssen und sie den Kindern – sollten diese einmal überfordert sein, das Spiel selbst zu regeln –gemeinsam in der Entscheidungsfindung helfen. Bei den Trainer*innen soll dadurch ein Bewusstsein entstehen, dass gegenseitiges Kritisieren oder gar Beschimpfen insbesondere bei einem Kinderfußballspiel nichts zu suchen hat. So werden die jungen Spieler*innen vor Emotionen siegorientierter Ausbilder*innen geschützt. Dies soll später dazu beigetragen, dass die Trainer*innen Schiedsrichterentscheidungen nicht ständig kritisieren.
Die Fan-Regel besagt, dass die Zuschauer*innen einen Abstand von ca. 15 Metern zum Spielfeld einhalten müssen. Die Erfahrungen zeigen, dass sie allein durch die Verpflichtung eines größeren Abstandhaltens zum Spielfeld beginnen, über den Grund dieser Regelung nachzudenken. Sie verhalten sich in der Konsequenz viel zurückhaltender, sodass es um das Spielfeld herum bedeutend ruhiger zugeht. Anfeuerungsrufe, die auch weiterhin gewünscht sind, erfolgen in einer angemessenen, dem kindlichen Spielbedürfnis entsprechenden Form. Die Kinder sind wiederum den teilweise aggressiven Kommandos, die sie oft nicht verarbeiten können, nicht mehr ausgesetzt. Dabei ist der Weg und nicht das Ergebnis das Ziel.
Für Ralf Klohr ist die Schiedsrichter-Regel das zentrale Element der Fair Play-Liga: „Da im Kinderfußball die Spielregeln vereinfacht sind, es nicht um Sieg oder Niederlage, Aufstieg oder Abstieg geht, sondern um die persönliche und sportliche Entwicklung der Kinder, fördert man mit der Schiedsrichter-Regel die Konfliktfähigkeit und Entscheidungskompetenz der Kinder. Sollte dies im Spiel mal nicht funktionieren, können die Trainer aus der gemeinsamen Coaching-Zone helfend eingreifen."
Bundesweite Umsetzung der Fair Play-Liga
Der Erfolg der Fair Play-Liga gibt Klohr Recht. Laut einer Untersuchung aus dem Fußball-Verband Mittelrhein, in dem die Fair Play-Liga entwickelt wurde, fällen die Kinder 76 Prozent der Entscheidungen ohne Streit.
Aus diesem Grund nahm der Deutsche Fußball-Bund im Jahr 2014 die Empfehlung zur bundesweiten Umsetzung dieser Spielform in die DFB-Jugendordnung auf. Bereits ein Jahr zuvor verständigten sich der DFB und seine Mitgliedsverbände im Rahmen des Masterplans Amateurfußball darauf, die Fair Play-Liga bis zur Saison 2016/17 in den Spielklassen der G- und F-Junioren*innen deutschlandweit umzusetzen.
Für die Saison 2017/2018 legte der DFB allgemeinverbindliche Regelungen fest. Über den DFB-Bundestag 2016 wurde die Fair Play-Liga dann mit der Saison 2017/18 bundesweit flächendeckend etabliert. Im selben Jahr erstellte der DFB unterstützende Begleitmaterialien und leitete diese an die Landesverbände weiter.
Schließlich profitieren von der Fair Play-Liga nicht nur die jungen Fußballer*innen, sondern auch der Fußballsport an sich. Denn unsere Jugendspieler*innen von heute sind die Spieler*innen, Trainer*innen, Schiedsrichter*innen, Fans und Funktionäre von Morgen. Wenn es also gelingt, beim Nachwuchs bereits in frühen Jahren ein Verständnis füreinander, für den Umgang mit Regeln und für die eigene Verantwortung für das Spiel zu schaffen, wird sich dies langfristig auszahlen.
Eine ausführliche Erklärung zu den Spielregeln sowie zur Entstehungsgeschichte finden Sie sowohl auf der Homepage der Fair Play-Liga als auch im Bereich Training und Wissen online.