Bayer gegen Bayern: Siebtes Pokalduell, erstmals im Finale

Zum siebten Mal treffen sich am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) Bayer 04 Leverkusen und der FC Bayern München im DFB-Pokal. Erstmals ist es das Finale, zuvor gab es zwei Halbfinal- und vier Viertelfinalspiele. Die Bayern führen nicht ganz überraschend mit 5:1 - und trotz eines 0:0 fielen im Schnitt genau vier Tore. DFB.de blickt auf die bisherigen Duelle zurück

26. März 1985, Viertelfinale: Leverkusen – FC Bayern 1:3

Mit großen Hoffnungen ging die Werkself in die Flutlichtpartie, die an einem Dienstagabend stattfand. Zwar war der FC Bayern damals wie heute Tabellenführer, aber noch keine Übermacht. Leverkusen wollte die enttäuschende Saison retten und wenigstens im Pokal Erfolge feiern, für Trainer Dettmar Cramer – ein Mann mit großer Bayern-Vergangenheit – ging es in diesen Tagen schon um seinen Job.

Aber die in gestreiften Trikots angetretenen Bayern übernahmen schnell das Kommando. Torjäger Roland Wohlfarth, damals in seiner ersten Saison in München, schoss vor der Pause zwei Treffer (4., 40.), Leverkusens Falko Götz schied ausgerechnet an seinem 23. Geburtstag verletzt aus. Mit 0:2 ging es in die Kabinen. Als der Süd-Koreaner Bum-kun Cha in der 53. Minute auf 1:2 verkürzte, keimte im mit 17.000 Zuschauern besetzten Ulrich-Haberland-Stadion neue Hoffnung auf. Jean-Marie Pfaff im Gäste-Tor wurde nun starkgefordert, die Partie drohte zu kippen - ehe sein Gegenüber die Partie entschied. Rüdiger Vollborn zögerte beim Rauslaufen, Reinhold Mathy kam nach Sören Lerbys Pass eher an den Ball und schob zum 1:3-Endstand ein.

"War das denn wirklich so schlimm?", fragte der Torwart die Reporter nach dem Spiel, ehe er sich nach Ansicht der TV-Bilder davon überzeugen konnte. "Die Torhüter entschieden", titelte der Kicker hart. "Wir hätten die Bayern noch packen können, wenn wir nicht dieses dumme Tor zum 1:3 kassiert hätten", klagte Abwehrchef Dieter Bast. Kleiner Trost: im Finale rächte die andere Bayer-Werkself die Leverkusener, sensationell wurde Uerdingen durch ein 2:1 erster Pokalsieger in Berlin.

17. Dezember 1997, Viertelfinale: FC Bayern – Leverkusen 2:0

Die Parole sah Christoph Daum gar nicht ähnlich: "Wir wollen so lange wie möglich das 0:0 halten", gab der Trainer der Leverkusener, der sonst für Forschheit stand, aus. Der Ausfall von Torjäger Ulf Kirsten und die fatale Bilanz im Olympia-Stadion, wo Bayer bis dahin nur einen Sieg in 17 Jahren hatte feiern konnten, drückten die Erwartungen. Trotz des 4:2-Siegs gegen die Münchner in der Liga, der erst drei Wochen zurücklag. Bei den Bayern war auch nicht gerade Hochstimmung, der Meister musste um die Titelverteidigung bangen, hatte gerade erst bei Überraschungsaufsteiger Kaiserslautern 0:2 verloren und lag vier Punkte hinter den Pfälzern zurück. Außerdem war Manager Uli Hoeneß zu einer Geldstrafe wegen Schiedsrichter-Kritik verurteilt worden, und Oliver Kahn bemängelte Grundsätzliches: "Wir sind nicht mehr dazu bereit, rustikal dazwischenzuhauen."

Im Olympiastadion verliefen sich an diesem kalten Mittwochabend nur 12.000 Menschen, Pokalfieber fühlt sich gewiss anders an. Die Partie nahm ihren gewohnten Verlauf, wenn Bayer bei Bayern spielt. Leverkusen spielte gefällig, aber ineffizient mit, fürs Auge war es schöner die Gäste zu sehen. Auf der Anzeigetafel aber stand zur Pause ein 1:0, das Christian Nerlinger nach Mehmet Scholls Vorlage erzielte (42.). Während Daum sein Wechselkontingent voll ausschöpfte, ließ Giovanni Trapattoni seine Elf durchspielen – eine Seltenheit. Aber es war auch Ausdruck der Zufriedenheit mit dem Gebotenen nach der Pause, als sich die Bayern, von Libero Lothar Matthäus angetrieben, deutlich steigerten. Matthäus bereitete auch das 2:0 durch Giovane Elber (74.) vor, der seine Linksflanke einköpfte. Dann beendete Schiedsrichter Edgar Steinborn ein durch und durch unspektakuläres Spiel, in dem es nicht mal eine Gelbe Karte gab. Diesmal nahm Bayern auch alle weiteren Hürden und wurde Pokalsieger 1998 (2:1 gegen Duisburg).

5. März 2003, Halbfinale: FC Bayern – Leverkusen 3:1

Die Ausgangslage vor diesem Duell war ungewöhnlich. Bayern war souveräner Tabellenführer, aber die Leverkusener, in den vergangenen Jahren oft ein heißer Titelaspirant, steckten 2002/2003 im Abstiegskampf. Gerade erst hatten sie Trainer Klaus Toppmöller, der sie 2002 ins Champions-League-Finale geführt hatte, entlassen und durch Thomas Hörster ersetzt. In der Champions League waren sie zwar über den Winter gekommen, nun aber weit abgeschlagen. Das Aus in der damals noch ausgetragenen Zwischenrunde stand nach einer Niederlagenserie bereits fest. So blieb der DFB-Pokal die letzte Chance auf das internationale Geschäft. Manager Reiner Calmund gab sich aber keinen Illusionen hin, wie er nach dem Spiel zugab: "Wir sind hier als ganz krasser Außenseiter hingefahren." Trotz Namen wie Ramelow, Schneider und Neuville, die im Sommer 2002 Vizeweltmeister geworden waren. Ex-Kollege Michael Ballack, frisch nach München gewechselt, warnte noch: "Auch wenn sie gegen den Abstieg spielen, haben sie tolle Fußballer. Man spürt eine allgemeine Verunsicherung, aber man darf diese Mannschaft nie unterschätzen."

Nur 16.000 im Olympiastadion sahen denn auch eine unerwartet offene Partie. Ballack köpfte seinem alten Kollegen Hans-Jörg Butt das einzige Tor vor der Pause ins Netz (30.), nach Scholl-Ecke. Giovane Elber traf noch den Pfosten, aber mit der Ausbeute konnte Trainer Ottmar Hitzfeld nicht zufrieden sein. Plötzlich gelang Carsten Ramelow der überraschende Ausgleich (57.) und bewies, "dass mit etwas mehr Mut viel mehr drin gewesen wäre für die Gäste" (Kicker). Fünf Minuten währte der Gleichstand, dann kam die große und doch äußerst kurze Zeit von Elber. In der 57. Minute traf er mit links, in der 58. mit rechts – der Doppelschlag war auch der K.o.-Schlag. Zwei Gegentore in weniger als zwei Minuten, typisch für eine verunsicherte Mannschaft. Hitzfeld riskierte nun nichts mehr, schonte Ballack, Elber und Mehmet Scholl für die Bundesliga, von Leverkusen ging keine Gefahr mehr aus. Das Chancenverhältnis (7:1) sprach Bände. Wieder führte Bayerns Weg zum Pokal-Sieg über Leverkusen, im Finale schlugen sie Kaiserslautern 3:1.

4. März 2009, Viertelfinale: Bayer Leverkusen – FC Bayern 4:2

An diese Paarung haben  die Münchner schlechte Erinnerungen. Die Partie, die wegen Umbauarbeiten an der BayArena in Düsseldorf stattfand und 50.500 Zuschauer anlockte, steht für den Anfang vom Ende der Klinsmann-Zeit, die zu kurz war, um Ära genannt zu werden. An diesem Abend mussten sich die Bayern von ihrem ersten Saisonziel definitiv verabschieden und die anderen rückten in immer weitere Ferne. "In der Bundesliga ist es fünf vor zwölf", gab Klinsmann zu, in der Champions League wartete Barcelona. "Kriegt Klinsmann die Kurve?", fragte der Kicker, wonach es nach diesem Spiel nicht wirklich aussah. Vorher hatte Klinsmann noch versichert: "Die liegen uns!" Ja, im Magen, durfte man hinterher spotten.

Klinsmanns Aufstellung verwunderte, Bastian Schweinsteiger fand sich neben Spezi Lukas Podolski  auf der schon damals hochkarätig besetzten Bank wieder, stattdessen spielte Andreas Ottl. Philipp Lahm wurde durch Massimo Oddo vertreten. Bayern begann schwach, Kahn-Nachfolger Michael Rensing verhinderte einen frühen Rückstand. Nach torloser erster Hälfte brachen die Bayern dann regelrecht zusammen. Tranquillo Barnetta (54.), Arturo Vidal per Kopf (60.) und Patrick Helmes (70.) schossen binnen einer Viertelstunde drei Tore, auf den Rängen erklang der beliebte Lederhosen-Song. Zu früh, es wurde plötzlich spannend: der Ex-Leverkusener Lucio (72.) und Nationalstürmer Miroslav Klose (74.) brachten Bayern auf 2:3 heran, beide trafen mit Köpfchen.

Erst in der Nachspielzeit fiel die Entscheidung durch einen Treffer von Stefan Kießling, verdient war es allemal. Leverkusens Torwart Rene Adler sagte: "Wir wussten, dass ganz Deutschland auf dieses Spiel schaut, und wollten alles daran setzen, es zu gewinnen." Auch auf das Finale schaute ganz Deutschland, die Labbadia-Auswahl verlor es trotzdem (0:1 gegen Werder Bremen). Da war Jürgen Klinsmann schon nicht mehr im Amt und Bayern schaute auf ein Jahr ohne Titel zurück.

8. April 2015, Viertelfinale: Leverkusen – FC Bayern 0:0 n.V., 3:5 nach Elfmeterschießen

Längst spielte Bayer wieder im eigenen Stadion, das natürlich ausverkauft war an diesem April-Mittwoch. Leverkusen spielte eine gute Saison, stand auf Platz vier und hatte gegen Atletico Madrid erst im Elfmeterschießen in der Champions League das Nachsehen gehabt. Bayern stand wie immer in der Guardiola-Ära zu diesem Saisonzeitpunkt souverän an der Spitze, hatte aber erhebliche Personalsorgen. Außer auf Arjen Robben, Franck Ribery, Javi Martinez und David Alaba musste der Gast kurzfristig noch auf Bastian Schweinsteiger verzichten, den Mario Götze ersetzte. Nach 34 Minuten musste auch der Marokkaner Mehdi Benatia vom Feld, wegen einer Oberschenkelzerrung. Was Guardiola mit höhnischem Beifall für die medizinische Abteilung quittierte, mit der der Spanier in jenen Tagen über Kreuz lag. Auf die erste richtige Torchance mussten die Zuschauer bis zur 40. Minute warten, als Thomas Müller allein vor Bernd Leno auftauchte, aber scheiterte. Nach der Pause gab Leverkusen seine zurückhaltende Taktik (bis dahin nur 27 % Ballbesitz) auf und erspielte sich ein Chancenplus von 5:2, aber Tore fielen nicht.

Für die Bayern auch nicht, obwohl sie in der 60. Minute schon jubelten. Schiedsrichter Felix Zwayer entschied beim Kopfballtreffer von Robert Lewandowski jedoch auf ein Foul des Polen an Ömir Toprak – was Proteste der Bayern hervorrief.  Das Spiel wurde immer rassiger, innerhalb weniger Sekunden hätten auf der einen Seite Karim Bellarabi nach einer tollen Kombination über Stefan Kießling und Julian Brandt und im Gegenzug Lewandowski treffen müssen (65.). Doch es war der Tag der Torhüter, Manuel Neuer und Leno reagierten exzellent. Im Anschluss beruhigte sich das Spiel wieder, Torgefahr gab es nur noch nach individuellen Fehlern der Gäste. Der für Philipp Lahm (!) eingewechselte Thiago verantwortete mit einem Fehlpass die nächste Schusschance von Bellarabi, die Neuer erneut parierte (78.). Der Torhüter war auch bei Jerome Boatengs zu kurzem Rückpass zur Stelle (80.) In der Nachspielzeit setzte Brandt eine Vorarbeit von Bellarabi aus kurzer Distanz neben das Tor und Thiago hatte bei seiner Attacke mit dem hohen Bein gegen Kießling Glück, nur die Gelbe statt einer Roten Karte zu sehen. Kießling musste mit einer Kopfverletzung ausscheiden und verpasste die Verlängerung.

In dieser hatte der ansonsten blasse Götze den Siegtreffer auf dem Fuß, nach einer Flanke von Rafinha setzte er den Ball aus drei Metern mit links ans Außennetz (98.). Beide Mannschaften gingen nicht mehr volles Risiko, auch weil die Kräfte nach einem laufintensiven Match schwanden. So endete nach 120 Minuten ein 0:0 der besseren Sorte. Das Kicker-Urteil: "intensive Partie, spannend, temporeich und zumindest phasenweise mitreißend." Aber das Beste kam ja noch, die immer wieder Nerven zerfetzende Elfmeterlotterie. Alle zehn Schützen schossen mit rechts, neun machten es gut. Nur gleich der erste Leverkusener, Kießling-Ersatz Josip Drmic, schoss halbhoch und nicht sehr fest, Neuer holte sich den Ball. Den Vorsprung verteidigten die Bayern bis zuletzt, ausgerechnet "Buhmann" Thiago sorgte für die Entscheidung. Zur Freude von Guardiola, der das Elfmeterschießen auf einem Klappstuhl verfolgte, und der Kollegen, die nach der Entscheidung mit allen Reservisten eine einzige Jubeltraube bildeten. Lob galt auch dem Verlierer dieses Spiels. "Bayer Leverkusen hat alles dazu beigetragen, dass wir einen hochklassigen Pokalabend erlebten", stellte ARD-Kommentator Tom Bartels fest. Dazu braucht es nicht immer Tore.

17. April 2018, Halbfinale: Leverkusen – FC Bayern 2:6

Das Halbfinale 2018 war hochkarätig besetzt. Die ersten Drei der Bundesligatabelle und Vorjahresfinalist Eintracht Frankfurt waren noch im Rennen. Das Los hatte die schon vier Spiele vor Schluss als Meister feststehenden Münchner nach Leverkusen geführt, das vier der letzten sechs Ligaspiele gewonnen hatte. Die Partie schien offener zu sein als Schalke (Zweiter) gegen Frankfurt, wo nach der Bekanntgabe des Wechsels von Trainer Niko Kovac zu den Bayern nur noch wenig zusammenlief. Wenn es in einem Halbfinale einen hohen Sieg geben würde, dann wohl eher auf und für Schalke. Doch der Pokal hat seine eigenen Gesetze und es kam ganz anders. Während die Eintracht auf Schalke 1:0 gewann, blieb den Zuschauern in Leverkusen ein spannendes Spiel verwehrt.

Die zum vierten Mal von Jupp Heynckes trainierten Bayern fegten Heiko Herrlichs Leverkusener mit 6:2 von deren Platz. Schon nach neun Minuten hatte Robert Lewandowski zwei Tore erzielt, Lars Benders Kopfballtor (16.) sorgte noch für Spannung. Denn so stand die hochklassige Partie (Kicker-Note 1) noch bei Halbzeit, Neuer-Vertreter Sven Ulreich musste mehrmals retten und verdiente sich ebenfalls die Bestnote. Hinterher forderte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge, er müsse mit zur WM nach Russland. Nach der Pause legten die Bayern einen Zahn zu, ihre berühmte Flügelzange Robben/Ribery produzierte Chancen im Fünf-Minuten-Takt. Die Mitspieler profitieren davon: Thomas Müller (52., 64.) und Thiago (60.) entschieden die Partie frühzeitig. Dass Joker Leon Bailey einen Freistoß zum 2:5 direkt verwandelte (72.), interessierte nur noch die Statistiker, die nach 78 Minuten ein drittes Tor von Müller (Kicker: "kaum zu fassen, sehr umtriebig") vermerken durften.

Das 2:6 war gemessen an den Spielanteilen sicher etwas zu hoch, doch im Fußball zählen die Tore. Während die Bayern zwei Drittel ihrer Großchancen nutzten, war es bei Leverkusen nur ein Viertel. Die Teams wurden mit Beifall verabschiedet, Müller fand es "war Werbung für den deutschen Fußball". Selbst der gestrenge Jupp Heynckes war hochzufrieden: "Es war über weite Strecken eine Fußballdemonstration. Wir haben eine Top-Leistung gezeigt gegen einen guten Gegner." Und Maßstäbe gesetzt. Sechs Auswärtstore in einem Halbfinale schossen zuvor nur die Bayern – 1984 beim legendären 6:6 auf Schalke, damals Zweitligist. Gegen einen Bundesligisten war das noch keiner Elf geglückt. Noch so ein Rekord des Rekordmeisters, der ihm im Finale allerdings auch nichts half. Das gewann Eintracht Frankfurt.

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Zum siebten Mal treffen sich am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) Bayer 04 Leverkusen und der FC Bayern München im DFB-Pokal. Erstmals ist es das Finale, zuvor gab es zwei Halbfinal- und vier Viertelfinalspiele. Die Bayern führen nicht ganz überraschend mit 5:1 - und trotz eines 0:0 fielen im Schnitt genau vier Tore. DFB.de blickt auf die bisherigen Duelle zurück

26. März 1985, Viertelfinale: Leverkusen – FC Bayern 1:3

Mit großen Hoffnungen ging die Werkself in die Flutlichtpartie, die an einem Dienstagabend stattfand. Zwar war der FC Bayern damals wie heute Tabellenführer, aber noch keine Übermacht. Leverkusen wollte die enttäuschende Saison retten und wenigstens im Pokal Erfolge feiern, für Trainer Dettmar Cramer – ein Mann mit großer Bayern-Vergangenheit – ging es in diesen Tagen schon um seinen Job.

Aber die in gestreiften Trikots angetretenen Bayern übernahmen schnell das Kommando. Torjäger Roland Wohlfarth, damals in seiner ersten Saison in München, schoss vor der Pause zwei Treffer (4., 40.), Leverkusens Falko Götz schied ausgerechnet an seinem 23. Geburtstag verletzt aus. Mit 0:2 ging es in die Kabinen. Als der Süd-Koreaner Bum-kun Cha in der 53. Minute auf 1:2 verkürzte, keimte im mit 17.000 Zuschauern besetzten Ulrich-Haberland-Stadion neue Hoffnung auf. Jean-Marie Pfaff im Gäste-Tor wurde nun starkgefordert, die Partie drohte zu kippen - ehe sein Gegenüber die Partie entschied. Rüdiger Vollborn zögerte beim Rauslaufen, Reinhold Mathy kam nach Sören Lerbys Pass eher an den Ball und schob zum 1:3-Endstand ein.

"War das denn wirklich so schlimm?", fragte der Torwart die Reporter nach dem Spiel, ehe er sich nach Ansicht der TV-Bilder davon überzeugen konnte. "Die Torhüter entschieden", titelte der Kicker hart. "Wir hätten die Bayern noch packen können, wenn wir nicht dieses dumme Tor zum 1:3 kassiert hätten", klagte Abwehrchef Dieter Bast. Kleiner Trost: im Finale rächte die andere Bayer-Werkself die Leverkusener, sensationell wurde Uerdingen durch ein 2:1 erster Pokalsieger in Berlin.

17. Dezember 1997, Viertelfinale: FC Bayern – Leverkusen 2:0

Die Parole sah Christoph Daum gar nicht ähnlich: "Wir wollen so lange wie möglich das 0:0 halten", gab der Trainer der Leverkusener, der sonst für Forschheit stand, aus. Der Ausfall von Torjäger Ulf Kirsten und die fatale Bilanz im Olympia-Stadion, wo Bayer bis dahin nur einen Sieg in 17 Jahren hatte feiern konnten, drückten die Erwartungen. Trotz des 4:2-Siegs gegen die Münchner in der Liga, der erst drei Wochen zurücklag. Bei den Bayern war auch nicht gerade Hochstimmung, der Meister musste um die Titelverteidigung bangen, hatte gerade erst bei Überraschungsaufsteiger Kaiserslautern 0:2 verloren und lag vier Punkte hinter den Pfälzern zurück. Außerdem war Manager Uli Hoeneß zu einer Geldstrafe wegen Schiedsrichter-Kritik verurteilt worden, und Oliver Kahn bemängelte Grundsätzliches: "Wir sind nicht mehr dazu bereit, rustikal dazwischenzuhauen."

Im Olympiastadion verliefen sich an diesem kalten Mittwochabend nur 12.000 Menschen, Pokalfieber fühlt sich gewiss anders an. Die Partie nahm ihren gewohnten Verlauf, wenn Bayer bei Bayern spielt. Leverkusen spielte gefällig, aber ineffizient mit, fürs Auge war es schöner die Gäste zu sehen. Auf der Anzeigetafel aber stand zur Pause ein 1:0, das Christian Nerlinger nach Mehmet Scholls Vorlage erzielte (42.). Während Daum sein Wechselkontingent voll ausschöpfte, ließ Giovanni Trapattoni seine Elf durchspielen – eine Seltenheit. Aber es war auch Ausdruck der Zufriedenheit mit dem Gebotenen nach der Pause, als sich die Bayern, von Libero Lothar Matthäus angetrieben, deutlich steigerten. Matthäus bereitete auch das 2:0 durch Giovane Elber (74.) vor, der seine Linksflanke einköpfte. Dann beendete Schiedsrichter Edgar Steinborn ein durch und durch unspektakuläres Spiel, in dem es nicht mal eine Gelbe Karte gab. Diesmal nahm Bayern auch alle weiteren Hürden und wurde Pokalsieger 1998 (2:1 gegen Duisburg).

5. März 2003, Halbfinale: FC Bayern – Leverkusen 3:1

Die Ausgangslage vor diesem Duell war ungewöhnlich. Bayern war souveräner Tabellenführer, aber die Leverkusener, in den vergangenen Jahren oft ein heißer Titelaspirant, steckten 2002/2003 im Abstiegskampf. Gerade erst hatten sie Trainer Klaus Toppmöller, der sie 2002 ins Champions-League-Finale geführt hatte, entlassen und durch Thomas Hörster ersetzt. In der Champions League waren sie zwar über den Winter gekommen, nun aber weit abgeschlagen. Das Aus in der damals noch ausgetragenen Zwischenrunde stand nach einer Niederlagenserie bereits fest. So blieb der DFB-Pokal die letzte Chance auf das internationale Geschäft. Manager Reiner Calmund gab sich aber keinen Illusionen hin, wie er nach dem Spiel zugab: "Wir sind hier als ganz krasser Außenseiter hingefahren." Trotz Namen wie Ramelow, Schneider und Neuville, die im Sommer 2002 Vizeweltmeister geworden waren. Ex-Kollege Michael Ballack, frisch nach München gewechselt, warnte noch: "Auch wenn sie gegen den Abstieg spielen, haben sie tolle Fußballer. Man spürt eine allgemeine Verunsicherung, aber man darf diese Mannschaft nie unterschätzen."

Nur 16.000 im Olympiastadion sahen denn auch eine unerwartet offene Partie. Ballack köpfte seinem alten Kollegen Hans-Jörg Butt das einzige Tor vor der Pause ins Netz (30.), nach Scholl-Ecke. Giovane Elber traf noch den Pfosten, aber mit der Ausbeute konnte Trainer Ottmar Hitzfeld nicht zufrieden sein. Plötzlich gelang Carsten Ramelow der überraschende Ausgleich (57.) und bewies, "dass mit etwas mehr Mut viel mehr drin gewesen wäre für die Gäste" (Kicker). Fünf Minuten währte der Gleichstand, dann kam die große und doch äußerst kurze Zeit von Elber. In der 57. Minute traf er mit links, in der 58. mit rechts – der Doppelschlag war auch der K.o.-Schlag. Zwei Gegentore in weniger als zwei Minuten, typisch für eine verunsicherte Mannschaft. Hitzfeld riskierte nun nichts mehr, schonte Ballack, Elber und Mehmet Scholl für die Bundesliga, von Leverkusen ging keine Gefahr mehr aus. Das Chancenverhältnis (7:1) sprach Bände. Wieder führte Bayerns Weg zum Pokal-Sieg über Leverkusen, im Finale schlugen sie Kaiserslautern 3:1.

4. März 2009, Viertelfinale: Bayer Leverkusen – FC Bayern 4:2

An diese Paarung haben  die Münchner schlechte Erinnerungen. Die Partie, die wegen Umbauarbeiten an der BayArena in Düsseldorf stattfand und 50.500 Zuschauer anlockte, steht für den Anfang vom Ende der Klinsmann-Zeit, die zu kurz war, um Ära genannt zu werden. An diesem Abend mussten sich die Bayern von ihrem ersten Saisonziel definitiv verabschieden und die anderen rückten in immer weitere Ferne. "In der Bundesliga ist es fünf vor zwölf", gab Klinsmann zu, in der Champions League wartete Barcelona. "Kriegt Klinsmann die Kurve?", fragte der Kicker, wonach es nach diesem Spiel nicht wirklich aussah. Vorher hatte Klinsmann noch versichert: "Die liegen uns!" Ja, im Magen, durfte man hinterher spotten.

Klinsmanns Aufstellung verwunderte, Bastian Schweinsteiger fand sich neben Spezi Lukas Podolski  auf der schon damals hochkarätig besetzten Bank wieder, stattdessen spielte Andreas Ottl. Philipp Lahm wurde durch Massimo Oddo vertreten. Bayern begann schwach, Kahn-Nachfolger Michael Rensing verhinderte einen frühen Rückstand. Nach torloser erster Hälfte brachen die Bayern dann regelrecht zusammen. Tranquillo Barnetta (54.), Arturo Vidal per Kopf (60.) und Patrick Helmes (70.) schossen binnen einer Viertelstunde drei Tore, auf den Rängen erklang der beliebte Lederhosen-Song. Zu früh, es wurde plötzlich spannend: der Ex-Leverkusener Lucio (72.) und Nationalstürmer Miroslav Klose (74.) brachten Bayern auf 2:3 heran, beide trafen mit Köpfchen.

Erst in der Nachspielzeit fiel die Entscheidung durch einen Treffer von Stefan Kießling, verdient war es allemal. Leverkusens Torwart Rene Adler sagte: "Wir wussten, dass ganz Deutschland auf dieses Spiel schaut, und wollten alles daran setzen, es zu gewinnen." Auch auf das Finale schaute ganz Deutschland, die Labbadia-Auswahl verlor es trotzdem (0:1 gegen Werder Bremen). Da war Jürgen Klinsmann schon nicht mehr im Amt und Bayern schaute auf ein Jahr ohne Titel zurück.

8. April 2015, Viertelfinale: Leverkusen – FC Bayern 0:0 n.V., 3:5 nach Elfmeterschießen

Längst spielte Bayer wieder im eigenen Stadion, das natürlich ausverkauft war an diesem April-Mittwoch. Leverkusen spielte eine gute Saison, stand auf Platz vier und hatte gegen Atletico Madrid erst im Elfmeterschießen in der Champions League das Nachsehen gehabt. Bayern stand wie immer in der Guardiola-Ära zu diesem Saisonzeitpunkt souverän an der Spitze, hatte aber erhebliche Personalsorgen. Außer auf Arjen Robben, Franck Ribery, Javi Martinez und David Alaba musste der Gast kurzfristig noch auf Bastian Schweinsteiger verzichten, den Mario Götze ersetzte. Nach 34 Minuten musste auch der Marokkaner Mehdi Benatia vom Feld, wegen einer Oberschenkelzerrung. Was Guardiola mit höhnischem Beifall für die medizinische Abteilung quittierte, mit der der Spanier in jenen Tagen über Kreuz lag. Auf die erste richtige Torchance mussten die Zuschauer bis zur 40. Minute warten, als Thomas Müller allein vor Bernd Leno auftauchte, aber scheiterte. Nach der Pause gab Leverkusen seine zurückhaltende Taktik (bis dahin nur 27 % Ballbesitz) auf und erspielte sich ein Chancenplus von 5:2, aber Tore fielen nicht.

Für die Bayern auch nicht, obwohl sie in der 60. Minute schon jubelten. Schiedsrichter Felix Zwayer entschied beim Kopfballtreffer von Robert Lewandowski jedoch auf ein Foul des Polen an Ömir Toprak – was Proteste der Bayern hervorrief.  Das Spiel wurde immer rassiger, innerhalb weniger Sekunden hätten auf der einen Seite Karim Bellarabi nach einer tollen Kombination über Stefan Kießling und Julian Brandt und im Gegenzug Lewandowski treffen müssen (65.). Doch es war der Tag der Torhüter, Manuel Neuer und Leno reagierten exzellent. Im Anschluss beruhigte sich das Spiel wieder, Torgefahr gab es nur noch nach individuellen Fehlern der Gäste. Der für Philipp Lahm (!) eingewechselte Thiago verantwortete mit einem Fehlpass die nächste Schusschance von Bellarabi, die Neuer erneut parierte (78.). Der Torhüter war auch bei Jerome Boatengs zu kurzem Rückpass zur Stelle (80.) In der Nachspielzeit setzte Brandt eine Vorarbeit von Bellarabi aus kurzer Distanz neben das Tor und Thiago hatte bei seiner Attacke mit dem hohen Bein gegen Kießling Glück, nur die Gelbe statt einer Roten Karte zu sehen. Kießling musste mit einer Kopfverletzung ausscheiden und verpasste die Verlängerung.

In dieser hatte der ansonsten blasse Götze den Siegtreffer auf dem Fuß, nach einer Flanke von Rafinha setzte er den Ball aus drei Metern mit links ans Außennetz (98.). Beide Mannschaften gingen nicht mehr volles Risiko, auch weil die Kräfte nach einem laufintensiven Match schwanden. So endete nach 120 Minuten ein 0:0 der besseren Sorte. Das Kicker-Urteil: "intensive Partie, spannend, temporeich und zumindest phasenweise mitreißend." Aber das Beste kam ja noch, die immer wieder Nerven zerfetzende Elfmeterlotterie. Alle zehn Schützen schossen mit rechts, neun machten es gut. Nur gleich der erste Leverkusener, Kießling-Ersatz Josip Drmic, schoss halbhoch und nicht sehr fest, Neuer holte sich den Ball. Den Vorsprung verteidigten die Bayern bis zuletzt, ausgerechnet "Buhmann" Thiago sorgte für die Entscheidung. Zur Freude von Guardiola, der das Elfmeterschießen auf einem Klappstuhl verfolgte, und der Kollegen, die nach der Entscheidung mit allen Reservisten eine einzige Jubeltraube bildeten. Lob galt auch dem Verlierer dieses Spiels. "Bayer Leverkusen hat alles dazu beigetragen, dass wir einen hochklassigen Pokalabend erlebten", stellte ARD-Kommentator Tom Bartels fest. Dazu braucht es nicht immer Tore.

17. April 2018, Halbfinale: Leverkusen – FC Bayern 2:6

Das Halbfinale 2018 war hochkarätig besetzt. Die ersten Drei der Bundesligatabelle und Vorjahresfinalist Eintracht Frankfurt waren noch im Rennen. Das Los hatte die schon vier Spiele vor Schluss als Meister feststehenden Münchner nach Leverkusen geführt, das vier der letzten sechs Ligaspiele gewonnen hatte. Die Partie schien offener zu sein als Schalke (Zweiter) gegen Frankfurt, wo nach der Bekanntgabe des Wechsels von Trainer Niko Kovac zu den Bayern nur noch wenig zusammenlief. Wenn es in einem Halbfinale einen hohen Sieg geben würde, dann wohl eher auf und für Schalke. Doch der Pokal hat seine eigenen Gesetze und es kam ganz anders. Während die Eintracht auf Schalke 1:0 gewann, blieb den Zuschauern in Leverkusen ein spannendes Spiel verwehrt.

Die zum vierten Mal von Jupp Heynckes trainierten Bayern fegten Heiko Herrlichs Leverkusener mit 6:2 von deren Platz. Schon nach neun Minuten hatte Robert Lewandowski zwei Tore erzielt, Lars Benders Kopfballtor (16.) sorgte noch für Spannung. Denn so stand die hochklassige Partie (Kicker-Note 1) noch bei Halbzeit, Neuer-Vertreter Sven Ulreich musste mehrmals retten und verdiente sich ebenfalls die Bestnote. Hinterher forderte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge, er müsse mit zur WM nach Russland. Nach der Pause legten die Bayern einen Zahn zu, ihre berühmte Flügelzange Robben/Ribery produzierte Chancen im Fünf-Minuten-Takt. Die Mitspieler profitieren davon: Thomas Müller (52., 64.) und Thiago (60.) entschieden die Partie frühzeitig. Dass Joker Leon Bailey einen Freistoß zum 2:5 direkt verwandelte (72.), interessierte nur noch die Statistiker, die nach 78 Minuten ein drittes Tor von Müller (Kicker: "kaum zu fassen, sehr umtriebig") vermerken durften.

Das 2:6 war gemessen an den Spielanteilen sicher etwas zu hoch, doch im Fußball zählen die Tore. Während die Bayern zwei Drittel ihrer Großchancen nutzten, war es bei Leverkusen nur ein Viertel. Die Teams wurden mit Beifall verabschiedet, Müller fand es "war Werbung für den deutschen Fußball". Selbst der gestrenge Jupp Heynckes war hochzufrieden: "Es war über weite Strecken eine Fußballdemonstration. Wir haben eine Top-Leistung gezeigt gegen einen guten Gegner." Und Maßstäbe gesetzt. Sechs Auswärtstore in einem Halbfinale schossen zuvor nur die Bayern – 1984 beim legendären 6:6 auf Schalke, damals Zweitligist. Gegen einen Bundesligisten war das noch keiner Elf geglückt. Noch so ein Rekord des Rekordmeisters, der ihm im Finale allerdings auch nichts half. Das gewann Eintracht Frankfurt.

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